Labormaus in Hand

Par­la­ment sagt ein­stim­mig Nein zu For­schungs­ver­bo­ten

Mit dem heu­ti­gen Ent­scheid des Stän­de­rats lehnt das Par­la­ment die Tier- und Men­schen­ver­suchs­ver­bot­s­in­itia­ti­ve in aller Deut­lich­keit ab. Die ra­di­ka­len For­de­run­gen der In­iti­an­ten sties­sen bei kei­ner ein­zi­gen Par­tei im Par­la­ment auf of­fe­ne Ohren, denn die In­itia­ti­ve hätte gra­vie­ren­de Aus­wir­kun­gen auf die Volks­ge­sund­heit.

An sei­ner heu­ti­gen Sit­zung hat der Stän­de­rat die Volks­in­itia­ti­ve «Ja zum Tier- und Men­schen­ver­suchs­ver­bot – Ja zu For­schungs­we­gen mit Im­pul­sen für Si­cher­heit und Fort­schritt» ein­stim­mig ab­ge­lehnt und ist somit dem Na­tio­nal­rat ge­folgt. Die In­itia­ti­ve for­dert ein voll­um­fäng­li­ches Ver­bot von Tier­ver­su­chen und von For­schung am Men­schen. Die Durch­füh­rung von Tier­ver­su­chen soll als Tier­quä­le­rei ein­ge­stuft und daher be­straft wer­den. Zudem sol­len die Ein­fuhr und der Han­del für sämt­li­che Pro­duk­te (unter an­de­rem me­di­zi­ni­sche Güter wie Impf­stof­fe), die unter An­wen­dung von Tier­ver­su­chen ent­wi­ckelt wur­den, ver­bo­ten wer­den.

Kein Co­ro­na-Impf­stoff ohne Tier­ver­su­che und kli­ni­sche Stu­di­en

Dass die In­itia­ti­ve viele ne­ga­ti­ve Fol­gen für die Schweiz haben würde, liegt auf der Hand. Ers­tens würde damit der For­schungs­stand­ort ge­schwächt. Seine At­trak­ti­vi­tät und Stär­ke zählt zu den zen­tra­len Er­folgs­fak­to­ren der Schweiz. So­wohl die For­schung von Pri­va­ten wie auch der Schwei­zer Hoch­schu­len wären von der In­itia­ti­ve ne­ga­tiv be­trof­fen. Zwei­tens hätte die In­itia­ti­ve gra­vie­ren­de Aus­wir­kun­gen auf die Volks­ge­sund­heit. Bei­spiel­haft zeigt sich dies an der Tat­sa­che, dass es heute in der Schweiz kei­nen Co­ro­na-Impf­stoff gäbe, wären die Be­stim­mun­gen des In­itia­tiv­texts be­reits in Kraft. Die Schwei­zer Be­völ­ke­rung wäre vom me­di­zi­ni­schen Fort­schritt weit­ge­hend aus­ge­schlos­sen. Nicht zu­letzt ver­letzt das Ein­fuhr- und Han­dels­ver­bot ge­mäss Bun­des­rat die in­ter­na­tio­na­len Ver­pflich­tun­gen der Schweiz. Die Schweiz müss­te zudem einen ri­go­ro­sen Kon­trol­lap­pa­rat auf­zie­hen. Schwei­zer Be­am­te müss­ten über­prü­fen kön­nen, unter wel­chen Be­din­gun­gen für den Im­port in die Schweiz be­stimm­te Pro­duk­te her­ge­stellt wur­den, was zu einem un­ver­hält­nis­mäs­si­gen Auf­wand füh­ren würde.

Stren­ges Tier­schutz­ge­setz und sin­ken­de Tier­ver­suchs­zah­len

Die Tier­ver­suchs­zah­len in der Schweiz sind seit dem Be­ginn der 1980er-Jahre stark rück­läu­fig. Sie er­rei­chen heute kaum einen Drit­tel des­sen, was vor 40 Jah­ren an Ex­pe­ri­men­ten durch­ge­führt wurde. Die Schweiz hat eines der strik­tes­ten Tier­schutz­ge­set­ze der Welt. Jeder ein­zel­ne Ver­such sowie das Hal­ten von Ver­suchs­tie­ren sind zu be­wil­li­gen. Dabei muss dar­ge­legt wer­den, was der Nut­zen des Ver­suchs ist und wie stark die Tiere dabei vor­aus­sicht­lich be­las­tet wer­den. Das Ge­such wird von einer kan­to­na­len Tier­ver­suchs­kom­mis­si­on be­ur­teilt. Die Kom­mis­si­on, in der auch Tier­schutz­or­ga­ni­sa­tio­nen sit­zen, gibt eine Emp­feh­lung ab. Das kan­to­na­le Ve­te­ri­när­amt er­teilt schliess­lich die Be­wil­li­gung. In der Tier­schutz­ver­ord­nung sind zu­sätz­lich auch Ab­bruch­kri­te­ri­en fest­ge­legt. Somit wird si­cher­ge­stellt, dass eine über­mäs­si­ge Be­las­tung der Tiere ver­hin­dert wird.

Schliess­lich gibt es viele Be­mü­hun­gen, Tier­ver­su­che zu re­du­zie­ren. Ge­mäss dem heu­ti­gen Stand der Wis­sen­schaft kann nicht gänz­lich dar­auf ver­zich­tet wer­den. Be­reits seit 1978 gibt es die Stif­tung For­schung 3R (seit 2018 3R-Kom­pe­tenz­zen­trum), wel­che die For­schung auf dem Ge­biet der Al­ter­na­tiv­me­tho­den zu Tier­ver­su­chen durch Fi­nan­zie­rung von For­schungs­pro­jek­ten för­dert und sich für die Um­set­zung und Ver­brei­tung der 3R-Grund­sät­ze ein­setzt (Re­place, Re­du­ce, Re­fi­ne/Ver­mei­den, Ver­min­dern, Ver­bes­sern). In­dus­trie und Hoch­schu­len haben gleich­sam Ein­sitz und neh­men somit ihre Ver­ant­wor­tung wahr. Zudem lan­cier­te der Bun­des­rat die­ses Jahr das mit 20 Mil­lio­nen Fran­ken do­tier­te For­schungs­pro­gramm:«Ad­van­cing 3R – Tiere, For­schung und Ge­sell­schaft». Mit dem Pro­gramm wird er­forscht, wie die An­zahl Tier­ver­su­che wei­ter re­du­ziert wer­den kann und wie die Ver­su­che selbst we­ni­ger be­las­tend wer­den.

An­ge­sichts die­ser Be­stre­bun­gen und den gra­vie­ren­den Aus­wir­kun­gen der In­itia­ti­ve auf For­schung, Wirt­schaft und Ge­sund­heit, schiesst die Vor­la­ge deut­lich übers Ziel hin­aus. eco­no­mie­su­is­se lehnt die In­itia­ti­ve eben­falls ab und wird sich im Ab­stim­mungs­kampf für ein Nein en­ga­gie­ren.