kernenergie

Neue Stu­die zeigt: Kern­kraft würde die En­er­gie­wen­de si­che­rer und güns­ti­ger ma­chen – auch in Zu­kunft

Für eine ver­läss­li­che, kli­ma­neu­tra­le und wirt­schaft­li­che Strom­ver­sor­gung braucht es ins­be­son­de­re im Win­ter «viel von allem» – Er­neu­er­ba­re und Kern­kraft kön­nen eine wich­ti­ge Rolle spie­len. Im Auf­trag von eco­no­mie­su­is­se hat das En­er­gy Sci­ence Cen­ter der ETH Zü­rich ent­spre­chen­de Sze­na­ri­en be­rech­net. Län­ge­re KKW-Lauf­zei­ten sen­ken die Kos­ten des En­er­gie­sys­tems um etwa 11 Mil­li­ar­den Fran­ken und ent­schär­fen die Win­ter­strom­lü­cke. In einem Sze­na­rio mit zu­sätz­lich einem neuen KKW nach 2040 würde die Ver­sor­gungs­si­cher­heit wei­ter ge­stärkt.

Der «Man­tel­erlass» ist im Par­la­ment auf der Ziel­ge­ra­den, die er­neu­er­ba­ren En­er­gi­en sol­len bis 2050 mas­siv aus­ge­baut wer­den. Doch sind die Ziele die­ses neuen Re­fe­renz­sze­na­ri­os er­reich­bar und haben wir damit auch ge­nü­gend Win­ter­strom? Und kön­nen wir in Zu­kunft ganz auf KKW ver­zich­ten? Die­sen Fra­gen ist das En­er­gy Sci­ence Cen­ter der ETH Zü­rich im Auf­trag von eco­no­mie­su­is­se nach­ge­gan­gen. Die nun vor­lie­gen­den Stu­di­en­er­geb­nis­se zei­gen: Der Man­tel­erlass ist not­wen­dig, reicht aber nicht aus, um die am­bi­tio­nier­ten Ziele zu er­rei­chen (bis 2035 sol­len 35 TWh Er­neu­er­ba­re zu­ge­baut wer­den, bis 2050 45 TWh). Im Re­fe­renz­sze­na­rio wach­sen die Netto-Im­por­te im Win­ter aus­ser­dem auf bis zu zehn Ter­ra­watt­stun­den an – das ent­spricht etwa drei­mal dem jähr­li­chen Strom­ver­brauch der Stadt Zü­rich. Al­ter­na­tiv­sze­na­ri­en mit lan­gen Lauf­zei­ten der be­ste­hen­den KKW sind deut­lich güns­ti­ger und si­che­rer. Ein zu­sätz­li­ches, neues KKW ab 2040 würde die Ver­sor­gungs­si­cher­heit wei­ter stär­ken und hätte auch wirt­schaft­li­che Per­spek­ti­ven, wobei Un­si­cher­hei­ten bei den In­ves­ti­ti­ons- und Fi­nan­zie­rungs­kos­ten be­ste­hen. Dabei kon­kur­ren­ziert der KKW-Strom den So­lar­aus­bau auf den Dä­chern prak­tisch nicht – Er­neu­er­ba­re und Kern­kraft sind kein «Ent­we­der oder», son­dern ein «So­wohl als auch».

Lange KKW-Lauf­zei­ten re­du­zie­ren die Sys­tem­kos­ten deut­lich und er­hö­hen die Ver­sor­gungs­si­cher­heit

Stand heute ist damit zu rech­nen, dass Bez­nau 1 und 2 60 Jahre in Be­trieb ste­hen, Gös­gen und Leib­stadt je­weils 50 Jahre. Damit würde das letz­te KKW in der Schweiz 2034 vom Netz gehen. Die vor­lie­gen­de Stu­die ana­ly­siert die Aus­wir­kun­gen einer Lauf­zeit­ver­län­ge­rung auf 65, re­spek­ti­ve 80 Jahre. Die Er­geb­nis­se spre­chen eine deut­li­che Spra­che: Lange Lauf­zei­ten ma­chen das Strom­sys­tem bis 2050 ins­ge­samt rund 11 Mil­li­ar­den Fran­ken güns­ti­ger. Damit könn­ten die För­der­mass­nah­men des kürz­lich vom Sou­ve­rän an­ge­nom­me­nen Kli­ma­schutz­ge­set­zes drei Mal be­zahlt wer­den. Die er­wähn­te Win­ter­strom­lü­cke lies­se sich bis 2050 schlies­sen. Die KKW ste­hen in einer Sym­bio­se mit der Fo­to­vol­ta­ik und lie­fern zu­ver­läs­sig, vor allem zur kal­ten Jah­res­zeit.

Die Welt endet nicht 2050: Neue KKW si­chern die Ver­sor­gung lang­fris­tig

Auch ein Sze­na­rio mit einem neuen KKW ab 2040 schnei­det im Ver­gleich zum Re­fe­renz­sze­na­rio «Man­tel­erlass» gut ab (Sys­tem­kos­ten­re­duk­ti­on von rund 12 Mil­li­ar­den Fran­ken und Schlies­sung Win­ter­strom­lü­cke – ohne Be­rück­sich­ti­gung der In­ves­ti­ti­ons­kos­ten eines neuen KKW). Bei den In­ves­ti­ti­ons- und Fi­nan­zie­rungs­kos­ten be­ste­hen Un­si­cher­hei­ten, wes­halb wirt­schaft­lich im End­ef­fekt bis 2050 so­wohl Ein­spa­run­gen als auch Mehr­kos­ten mög­lich sind. Da der Be­trach­tungs­zeit­raum des Mo­dells 2050 endet, sind die Ef­fek­te des Zu­baus al­ler­dings nicht voll­stän­dig ab­ge­bil­det. Sub­stan­zi­el­le zu­sätz­li­che Vor­tei­le in den Be­rei­chen Ver­sor­gungs­si­cher­heit mit kli­ma­neu­tra­lem Strom bis etwa 2100 sind sehr wahr­schein­lich.

Kern­ener­gie oder mas­siv mehr Al­pin­so­lar- und Wind­strom – auf bei­des kön­nen wir nicht ver­zich­ten

Wei­te­re Ver­glei­che von Sze­na­ri­en und Sen­si­ti­vi­tä­ten ma­chen aus­ser­dem deut­lich, dass für die Ver­sor­gungs­si­cher­heit im Win­ter al­ter­na­tiv auch er­neu­er­ba­re Gross­an­la­gen hel­fen kön­nen: Fo­to­vol­ta­ik auf Dä­chern wird in jedem Sze­na­rio mas­siv aus­ge­baut, stellt aber al­lein keine Ver­sor­gungs­si­cher­heit her. Dafür braucht es ent­we­der die En­er­gie aus ver­län­ger­ten oder neuen Kern­kraft­wer­ken, oder einen gleich­wer­ti­gen Aus­bau von Wind- und al­pi­nen So­lar­an­la­gen (Frei­flä­chen). Die Re­sul­ta­te deu­ten klar dar­auf hin, dass ein Viel­fa­ches der im «So­lar­ex­press» und in der «Wind­be­schleu­ni­gungs­vor­la­ge» vor­ge­se­he­nen Ka­pa­zi­tä­ten nötig wären. So­wohl auf KKW als auch auf an­de­re er­neu­er­ba­re Gross­an­la­gen zu ver­zich­ten, geht nicht.

Sen­si­ti­vi­tä­ten zei­gen: Strom­han­del in jeder Welt un­ver­zicht­bar

Auch zum Ver­hält­nis Schweiz-Eu­ro­pa lie­fert die Stu­die In­ter­es­san­tes zu­ta­ge: Die EU sieht ab 2025 vor, dass 70 Pro­zent der Netz­ka­pa­zi­tä­ten für den Strom­han­del im Bin­nen­markt re­ser­viert sind. Der Han­del mit der Schweiz könn­te damit ein­ge­schränkt wer­den, was die Stu­die in einer Sen­si­ti­vi­tät ab­bil­det. Es zeigt sich: Ohne einen Aus­tausch mit Eu­ro­pa wird das Strom­sys­tem bis 2050 ins­ge­samt rund 50 Mil­li­ar­den Fran­ken teu­rer und es braucht noch grös­se­re An­stren­gun­gen, um den Win­ter­be­darf mit in­län­di­scher Pro­duk­ti­on zu de­cken.

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