Geschäftsmann steht auf Leiter und schaut mit einem Fernglas voraus

Mit weitsichtiger Wirtschaftspolitik zurück an die Spitze

economiesuisse lehnt die im Mai zur Volksabstimmung kommende Kündigungsinitiative entschieden ab, ebenso wie die extreme Unternehmens-Verantwortungs-Initiative. An seiner Jahresmedienkonferenz in Bern forderte der Wirtschaftsdachverband den Bundesrat auf, das Rahmenabkommen noch in diesem Jahr zu unterzeichnen. Zudem erwartet er von der Politik konkrete Taten zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Schweiz. Dazu gehören marktwirtschaftliche, international abgestimmte Massnahmen zur Erreichung der Klimaziele von Paris, der Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes und die Einführung einer elektronischen Identität.

Die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz gerät immer mehr unter Druck. Deshalb ist ein Reformstau, wie er die vergangene Legislatur geprägt hat, für den Wirtschaftsstandort Schweiz gefährlich. «Wenn die Wettbewerbsfähigkeit sinkt, hat das früher oder später Konsequenzen für unseren Wohlstand», sagte economiesuisse-Präsident Heinz Karrer an der heutigen Jahresmedienkonferenz des Wirtschaftsdachverbands in Bern. «Wollen wir Vorreiter bleiben – sei es in der Forschung, der nachhaltigen Entwicklung, beim Klimaschutz oder bei der Digitalisierung –, müssen wir zuallererst die Wettbewerbsfähigkeit wieder stärken», erklärte Karrer. In der heute veröffentlichten Publikation «Kompass 2023 – Mit guter Wirtschaftspolitik für unser Land punkten» zeigt economiesuisse detailliert auf, was es für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit in der laufenden Legislatur braucht und welche Vorhaben entschlossen angepackt werden müssen.

Der seit Monaten herrschende Stillstand beim Rahmenabkommen etwa schafft für die Unternehmen grosse Unsicherheiten. Als erster Industriezweig der Schweiz spürt die Medizintechnikbranche die negativen Konsequenzen der aktuellen Rechtsunsicherheit. Wenn das Abkommen über die Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA) bis Ende Mai 2020 nicht aktualisiert wird, verliert die Branche ab diesem Tag den privilegierten Zugang. Bereits heute sind die Unternehmen zu strategischen Entscheiden gezwungen, die den Interessen des Forschungs- und Werkplatzes Schweiz zuwiderlaufen. Erste Stellenverlagerungen ins Ausland wurden bereits bekannt gegeben. Die Erosion des bilateralen Wegs hat begonnen.

Gar das abrupte Ende des bilateralen Wegs würde eine Annahme der Kündigungsinitiative in der Volksabstimmung vom 17. Mai bedeuten. Aus wirtschaftlicher Sicht handelt es sich deshalb um die bedeutendste Abstimmung in diesem Jahr. «Die Kündigungsinitiative zerstört den bilateralen Weg der Schweiz und damit die Basis einer erfolgreichen Europapolitik», warnte Monika Rühl, Vorsitzende der Geschäftsleitung. Die Initianten hätten keine brauchbare Alternative zu den bilateralen Verträgen mit der EU. Gerade in global unsicheren Zeiten seien stabile Beziehungen zum wichtigsten Handelspartner unverzichtbar. Auf dem Spiel steht nicht nur das Personenfreizügigkeitsabkommen, sondern das gesamte Paket der Bilateralen I. Auch die eng mit der Personenfreizügigkeit verknüpften Abkommen von Schengen/Dublin werden mit der Kündigungsinitiative gefährdet. Die Auswirkungen der Kündigungsinitiative auf die Unternehmen stellt economiesuisse in der heute publizierten Broschüre «Kündigungsinitiative – Lähmt die Schweiz und ihre KMU» ausführlich dar. Am 17. Mai stehe also eine Grundsatzentscheidung an, sagte Rühl und ergänzte: «Die Schweizer Wirtschaft ist bereit, einen engagierten Abstimmungskampf gegen diese Initiative zu führen.»

Eine weitere grosse Herausforderung für die Schweizer Unternehmen ist die extreme Unternehmens-Verantwortungs-Initiative (UVI), die von der Wirtschaft klar abgelehnt wird. Der Ständerat hat in der Wintersession mit deutlicher Mehrheit einen Gegenvorschlag verabschiedet. Dieser verzichtet auf eine verschuldensunabhängige Haftung. economiesuisse kann sich mit der Lösung arrangieren, auch wenn diese sehr weit geht. Sie verhindert aber einen internationalen Alleingang. Auf eine Sonderregulierung, die Schweizer Unternehmen erpresserischen Klagen aussetzt, unseren Standort schwächt und in den betroffenen Ländern kontraproduktiv wirkt, verzichtet sie. Zudem ergänzt der Gegenvorschlag die freiwilligen Massnahmen mit zielgerichteten Regulierungen bei der generellen Transparenz sowie mit griffigen – aber auch weitgehenden – Sorgfaltspflichten bei Kinderarbeit und Konfliktmineralien. Er ermöglicht einen Fortschritt entlang der internationalen Entwicklungen und geht im internationalen Vergleich bereits sehr weit. Er schafft die von der Politik gesuchte Verbindlichkeit zur Einhaltung zentraler internationaler Standards durch Lieferanten von Schweizer Firmen im In- und Ausland.

Ein sehr wichtiges Thema für economiesuisse ist schliesslich auch die Klimapolitik. In der laufenden CO2-Revision braucht es marktwirtschaftliche und international abgestimmte Massnahmen. Die ehrgeizigen klimapolitischen Ziele der Schweiz liessen sich auch auf eine wirtschaftsfreundliche Art und Weise erreichen, sagte Heinz Karrer. Mit marktwirtschaftlichen Instrumenten – insbesondere Lenkungsabgaben und handelbaren, zertifizierten Emissionseinsparungen – können die externen Kosten einbezogen und die klima- und energiepolitischen Ziele mit den geringsten Kosten für Gesellschaft und Wirtschaft erreicht werden. Konkret lehnt der Verband die vom Ständerat neu vorgeschlagene Klimaverträglichkeitsprüfung, aber auch den Klimafonds und die Flugticketabgabe ab. Hingegen unterstützt er die Streichung der Eintrittsschwelle für eine Zielvereinbarung mit Verminderungspflichten.

Auch das Gesetz zur elektronischen Identität (E-ID) unterstützt die Wirtschaft. Mit der E-ID wird die Basis für ein staatlich anerkanntes Login geschaffen, auf das die Bevölkerung vertrauen kann. Die Schweizer Wirtschaft hat sich von Anfang an für eine gesetzliche Grundlage bei der Einführung einer E-ID eingesetzt. Der Handlungsbedarf ist hoch, haben doch zahlreiche andere Länder längst ein vergleichbares Instrument eingeführt. Der Wirtschaftsstandort Schweiz wird dadurch klar gestärkt.

Geradezu schlecht schneidet die Schweiz bei Wireless-Breitband ab. Hier verhindert die Politik den raschen Ausbau der 5G-Technologie. Eine moderne Mobilfunkinfrastruktur ist eine wichtige Grundlage für die erfolgreiche Etablierung neuer Technologien. Nur sie ermöglicht den flächendeckenden, breitbandigen, standortunabhängigen Zugang zu digitalen Diensten und die Entwicklung von massgeschneiderten Diensten für jeden Ort und Nutzer. Mit 5G wird nicht nur eine neue Mobilfunkgeneration mit leistungsfähigeren Übertragungsverfahren vorbereitet, das Netzwerk wird insgesamt intelligenter und flexibler, sodass höherwertige Services erst möglich werden.