Bundeshaus

Licht und Schat­ten in der Fi­nanz­po­li­tik: Wei­chen­stel­lung zu mehr Ehr­lich­keit und Trans­pa­renz?

Der Na­tio­nal­rat hat neue Aus­ga­ben be­schlos­sen, ob­wohl diese nicht fi­nan­ziert sind und be­rech­tig­te Sor­gen um die Bun­des­fi­nan­zen noch ver­grös­sern. Gleich­zei­tig hat das Par­la­ment den Um­gang mit den Co­ro­na-Schul­den ge­re­gelt: Sie sol­len ohne Buch­hal­tungs­tricks über einen län­ge­ren Zeit­raum nach einem ver­bind­li­chen Plan ab­ge­baut wer­den. Der Ent­scheid ist von Ehr­lich­keit, Trans­pa­renz und Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­sein ge­tra­gen. Er soll­te für das künf­ti­ge Fi­nanz­ge­ba­ren weg­wei­send sein.

An kla­ren Spät­som­mer- und Früh­herbst­ta­gen lie­gen Licht und Schat­ten manch­mal in schar­fem Kon­trast ne­ben­ein­an­der. In der Bun­des­po­li­tik kann das auch vor­kom­men. Zum Bei­spiel in der ak­tu­el­len Herbst­ses­si­on beim Thema Fi­nanz­po­li­tik.

Co­ro­na-Schul­den wer­den nicht unter den Tisch ge­kehrt, son­dern ab­ge­baut

Das Par­la­ment hat einen weg­wei­sen­den Ent­scheid zu den Co­ro­na-Schul­den des Bun­des ge­fällt: Diese Schul­den in der Höhe von 25 bis 30 Mil­li­ar­den Fran­ken sind auf ver­bind­li­che Weise in einem län­ge­ren Zeit­ho­ri­zont ab­zu­bau­en. Haus­halts­ein­schrän­kun­gen oder Mehr­ein­nah­men sind nicht vor­ge­se­hen. Ein­ge­setzt wer­den die Ende Jahr meist re­gel­mäs­sig an­fal­len­den Kre­dit­res­te und all­fäl­li­ge wei­te­re Über­schüs­se sowie even­tu­el­le Zu­satz­aus­schüt­tun­gen der Schwei­ze­ri­schen Na­tio­nal­bank SNB. Der Bund hat für den Abbau bis 2035 und not­falls bis 2039 Zeit.

Der Ent­scheid ist weg­wei­send, weil das Par­la­ment auf einen vor­her dis­ku­tier­ten Trick ver­zich­tet hat (siehe Au­gen­wi­sche­rei bei den Co­ro­na-Schul­den). Durch eine buch­hal­te­ri­sche Ver­rech­nung hätte die Hälf­te des Fehl­be­trags auf einen Schlag zum Ver­schwin­den ge­bracht wer­den sol­len. Das Vor­ge­hen hätte einen Ein­griff in die Re­geln der Schul­den­brem­se be­deu­tet, denn neue Aus­ga­ben kön­nen nicht mit alten Über­schüs­sen fi­nan­ziert wer­den. Zudem hätte es zu In­trans­pa­renz ge­führt, weil der Fehl­be­trag auf dem Pa­pier zwar hälf­tig aus­ra­diert wor­den wäre, ef­fek­tiv aber in Form von Schul­den in Fran­ken und Rap­pen un­ver­än­dert wei­ter be­stan­den hätte mit allen Fol­gen­kos­ten wie Zin­sen und einer all­fäl­li­gen spä­te­ren Re­fi­nan­zie­rung. Gegen die­ses Vor­ge­hen haben sich nun klar beide Kam­mern aus­ge­spro­chen.

Der Ent­scheid ist auch des­halb weg­wei­send, weil er für Ehr­lich­keit und Trans­pa­renz im Fi­nanz­ge­ba­ren steht und po­li­ti­sche Ver­ant­wor­tung zum Aus­druck kommt, indem un­ge­deck­te Aus­ga­ben – aka Schul­den – nicht ein­fach unter den Tisch ge­kehrt wer­den. Ein lich­ter Mo­ment unter der Bun­des­haus­kup­pel, dem al­ler­dings über­schat­te­te Be­schlüs­se vor­aus­ge­gan­gen waren.

Mehr­aus­ga­ben für AHV und zur Prä­mi­en­ver­bil­li­gung trotz an­ge­spann­ter Fi­nanz­la­ge

In der aus­ser­or­dent­li­chen De­bat­te zur Kauf­kraft be­schloss der Na­tio­nal­rat für das Jahr 2023 Auf­sto­ckun­gen der AHV-Ren­ten sowie einen zu­sätz­li­chen Bun­des­bei­trag an die Prä­mi­en­ver­bil­li­gung. Es han­del­te sich um For­de­run­gen in zwei par­la­men­ta­ri­schen Vor­stös­sen, die beide mit sehr knap­pen Mehr­hei­ten an­ge­nom­men wur­den. Die AHV hat be­kannt­lich ein Fi­nan­zie­rungs­pro­blem, das sich in den nächs­ten Jah­ren ver­grös­sert und ohne Mass­nah­men zu Mil­li­ar­den­fehl­be­trä­gen an­wach­sen wird.

Ren­ten­er­hö­hun­gen, auch wenn sie ein­ma­lig sind, füh­ren zu fi­nan­zi­el­len Zu­satz­be­las­tun­gen. Mil­li­ar­den­fehl­be­trä­ge dro­hen auch auf den Bund zu­zu­kom­men. Zwar nicht be­reits 2023, aber auch in die­sem Jahr ist das Bud­get so knapp, dass eine hö­he­re Prä­mi­en­ver­bil­li­gung – die Rede ist von einem Zu­satz­be­trag von einer Mil­li­ar­de Fran­ken – darin kei­nen Platz hat oder nur auf Kos­ten an­de­rer Aus­ga­ben. Pläne für hö­he­re bis sehr viel hö­he­re Prä­mi­en­ver­bil­li­gun­gen gibt es auch für die fol­gen­den Jahre. Sie sind mass­geb­lich dafür ver­ant­wort­lich, dass der Bun­des­rat heute De­fi­zi­te von drei und mehr Mil­li­ar­den Fran­ken ab 2024 pla­nen muss. Sol­che De­fi­zi­te sind nicht er­laubt und müs­sen kraft Bun­des­ver­fas­sung und Ge­setz (Schul­den­brem­se) be­rei­nigt wer­den. Wie ist der­zeit völ­lig un­klar.

Klar ist aber, dass zu­sätz­li­che Aus­ga­ben­be­schlüs­se zu­sätz­li­che Be­las­tun­gen schaf­fen, und klar ist auch, dass dies in Kennt­nis der dro­hen­den fi­nan­zi­el­len Über­las­tung des Bun­des durch ge­plan­te neue und er­wei­ter­te Auf­ga­ben ge­schieht (siehe Bun­des­haus­halt in Schief­la­ge). Un­ehr­lich­keit wird so in Kauf ge­nom­men, das le­gi­ti­me An­lie­gen, dass Po­li­tik trans­pa­rent sein muss – auch hin­sicht­lich ihrer Fol­gen – und auch fi­nan­zi­ell Ver­ant­wor­tung tra­gen soll, wird nicht ein­ge­löst.

Im­mer­hin: Dass die über­schat­te­te Kauf­kraft-De­bat­te zu­erst statt­fand und der Schritt ins Licht bei den Co­ro­na-Schul­den an­schlies­send folg­te, darf als gutes Omen ge­le­sen wer­den.