Kurz­fris­ti­ge Preis­schocks ge­fähr­den den Werk­platz Schweiz

Die Kon­junk­tur­for­schungs­stel­le der ETH (KOF) hat im Auf­trag von eco­no­mie­su­is­se den ak­tu­el­len Stand der For­schung zur Re­ak­ti­on der Nach­fra­ge auf stei­gen­de Strom­prei­se zu­sam­men­ge­tra­gen. Kurz­fris­ti­ge star­ke Preis­er­hö­hun­gen füh­ren nicht zu einer Sen­kung des Ver­brauchs, sie ver­schlech­tern vor allem die Kon­kur­renz­fä­hig­keit. Erst län­ger­fris­tig re­agie­ren die Un­ter­neh­men mit Ef­fi­zi­enz­ver­bes­se­run­gen – so­fern sie in die­ser Zeit nicht vom Markt ver­drängt wer­den.
Der Aus­stieg aus der Kern­ener­gie würde zu einer er­heb­li­chen Ver­knap­pung des Strom­an­ge­bots in der Schweiz füh­ren. Be­reits der Ent­scheid der deut­schen Bun­des­re­gie­rung, sie­ben Kern­kraft­wer­ke vor­läu­fig vom Netz zu neh­men, hat den Strom­preis Mitte März 2011 um rund 20 Pro­zent an­stei­gen las­sen. Die Schweiz wäre mit dem von links-grü­ner Seite ge­for­der­ten Aus­stieg im Win­ter­halb­jahr mit einer mas­si­ven An­ge­bots­ver­knap­pung kon­fron­tiert. Ein Ei­gen­ver­sor­gungs­grad im Monat Ja­nu­ar von ge­ra­de noch 40 Pro­zent würde den Strom um ein Viel­fa­ches des heu­ti­gen Prei­ses ver­teu­ern. Über­dies steht die For­de­rung im Raum, die heu­ti­gen Strom­prei­se über ein Ab­ga­be zu ver­teu­ern, um da­durch den An­reiz zu mehr En­er­gie­ef­fi­zi­enz zu ver­stär­ken.

eco­no­mie­su­is­se hat des­halb die KOF be­auf­tragt, den Zu­sam­men­hang von Preis­auf­schlä­gen und der Ver­än­de­rung der Nach­fra­ge an­hand der be­ste­hen­den wirt­schafts­wis­sen­schaft­li­chen Li­te­ra­tur auf­zu­zei­gen. Die Re­sul­ta­te geben ein re­la­tiv kla­res Bild: Kurz­fris­ti­ge Preis­än­de­run­gen auf die Nach­fra­ge mit Zeit­ho­ri­zont von bis zu einem Jahr be­wir­ken ge­rin­ge Ver­brauchs­än­de­run­gen. Die Schätz­wer­te zur lang­fris­ti­gen Preis­re­ak­ti­on zei­gen, dass die Prei­selas­ti­zi­tät der Nach­fra­ge je nach Ver­brau­cher­seg­ment noch immer deut­lich klei­ner als eins und damit re­la­tiv un­elas­tisch ist. Lang­fris­ti­ge Preis­än­de­run­gen müss­ten re­la­tiv hoch sein, um die Nach­fra­ge sub­stan­zi­ell zu be­ein­flus­sen. Die­sen stär­ke­ren Rück­gang in der lan­gen Frist kön­nen die Un­ter­neh­men in der Regel mit einem er­höh­ten Ein­satz en­er­gie­ef­fi­zi­en­ter In­ves­ti­tio­nen er­rei­chen.

Keine schmerz­lo­se An­pas­sung
In der Rea­li­tät lau­fen die An­pas­sun­gen an Strom­preis­er­hö­hun­gen für die Un­ter­neh­men nicht schmerz­los ab. Zah­len dazu wur­den an­läss­lich der Me­di­en­kon­fe­renz von eco­no­mie­su­is­se am 17. Mai 2011 vor­ge­legt. Eine Strom­preis­er­hö­hung um einen Rap­pen pro kWh be­deu­tet für die in der Schweiz an­säs­si­gen strom­in­ten­si­ven Un­ter­neh­men Mehr­kos­ten von 36 Mil­lio­nen Fran­ken pro Jahr. Das ent­spricht den Kos­ten von über 400 di­rek­ten Ar­beits­plät­zen. Eine Er­hö­hung um einen Rap­pen pro Ki­lo­watt­stun­de ent­spricht einer Lohn­sum­men­er­hö­hung von 0,5 Pro­zent in der che­misch-phar­ma­zeu­ti­schen In­dus­trie. Un­ter­neh­men im in­ter­na­tio­na­len Wett­be­werb bleibt wenig Spiel­raum, star­ke Preis­an­stie­ge über Ef­fi­zi­enz­ver­bes­se­run­gen zu kom­pen­sie­ren. Um nicht vom Markt ver­drängt zu wer­den, wird die Pro­duk­ti­on des­halb in kos­ten­güns­ti­ge Län­der aus­ge­la­gert.

Aus Sicht von eco­no­mie­su­is­se ma­chen über­stürz­te Ent­schei­de in der En­er­gie­po­li­tik kei­nen Sinn. Nötig ist hin­ge­gen eine en­er­gie­po­li­ti­sche Ge­samt­stra­te­gie auf der Grund­la­ge kla­rer Fak­ten. Für diese braucht es Zeit.