Knapp an der «schwar­zen Liste» vor­bei

Der ECO­FIN-Rat der EU-Fi­nanz­mi­nis­ter räumt der Schweiz eine letz­te Schon­frist in Sa­chen Un­ter­neh­mens­be­steue­rung ein. Nach deut­lich über einem Jahr­zehnt des «Steu­er­streits» ist das keine Selbst­ver­ständ­lich­keit. Ein JA zur AHV-Steu­er­vor­la­ge ist nun un­ab­ding­bar.

Nach dem Volks-Nein zur Un­ter­neh­mens­steu­er­re­form III war klar: frü­her oder spä­ter würde der Steu­er­streit mit der EU wie­der aus­bre­chen. Als es dann pas­sier­te, waren wir trotz­dem über­rascht. In gros­sen Let­tern las man im De­zem­ber 2017: «EU setzt Schweiz auf graue Liste». So gross wie die Schlag­zei­le war die Un­si­cher­heit, was das mit sich brin­gen möge. 

Als Vor­stu­fe zur «schwar­zen Liste» der Steu­er­sün­der ste­hen die Staa­ten auf der «grau­en Liste» unter akri­bi­scher Be­ob­ach­tung. Ihnen wurde eine Frist bis Ende 2018 für An­pas­sun­gen ein­ge­räumt und an­dern­falls mit Sank­tio­nen ge­droht. Der Bun­des­rat hatte die nächs­te Steu­er­vor­la­ge zwar be­reits in einem äus­serst am­bi­tio­nier­ten Zeit­plan an­ge­stos­sen, im De­zem­ber 2017 waren je­doch ge­ra­de erst die Ver­nehm­las­sungs­ant­wor­ten ein­ge­trof­fen. Be­reits da­mals war ab­seh­bar; soll­te es ein Re­fe­ren­dum geben, so würde der Schweiz die Zeit aus­ge­hen. 

Geld und Spraschwein

Die Fi­nanz­di­plo­ma­tie muss­te den EU-Ex­po­nen­ten folg­lich den Schwei­zer Ge­setz­ge­bungs­pro­zess er­klä­ren. Die­ser Ef­fort hat Früch­te ge­tra­gen. Der ECO­FIN-Rat der EU-Fi­nanz­mi­nis­ter hat der Schweiz nun am 12. März eine letz­te Schon­frist ein­ge­räumt, ihre Un­ter­neh­mens­be­steue­rung in­ter­na­tio­na­len Stan­dards an­zu­pas­sen. Alles an­de­re als eine Selbst­ver­ständ­lich­keit. Nach über einem Jahr­zehnt des «Steu­er­streits» ist Ge­duld zu einem raren Gut ge­wor­den. 

Be­reits seit 2005 kri­ti­siert die EU die Schwei­zer Son­der­be­steue­rung als ver­bo­te­ne staat­li­che Bei­hil­fe und als schäd­li­chen Steu­er­wett­be­werb. Die Schweiz liess sich davon nicht be­ein­dru­cken und be­harr­te auf ihrer Hal­tung, als Nicht­mit­glied steu­er­lich nicht an die EU-Re­geln ge­bun­den zu sein. Die Hart­nä­ckig­keit hat sich bis heute aus­ge­zahlt, droht je­doch ir­gend­wann zur kon­tra­pro­duk­ti­ven Stur­heit zu wer­den.

Denn nicht nur die Schweiz, auch die EU-Staa­ten sind steu­er­lich sou­ve­rän und un­se­re Fir­men dort sehr aktiv. In Ita­li­en muss­ten Schwei­zer Fir­men dies schmerz­haft er­fah­ren. Zah­lun­gen in die Schweiz wur­den jah­re­lang dop­pelt be­steu­ert, wenn die Fir­men hier der Son­der­be­steue­rung un­ter­stan­den. 

Kaum eine Volks­wirt­schaft ist so eng mit dem Aus­land ver­floch­ten, ver­dient so viel Geld im Aus­land und ist damit so stark auf Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men an­ge­wie­sen wie die der Schweiz. 

Was ex­port­star­ke Fir­men nur zu gut wis­sen – vie­len Be­ob­ach­tern in der Schweiz aber nicht be­wusst scheint: Die Ver­mei­dung von Dop­pel­be­steue­rung ist nicht selbst­ver­ständ­lich, son­dern be­dingt funk­tio­nie­ren­de fi­nanz­di­plo­ma­ti­sche Be­zie­hun­gen. Kaum eine Volks­wirt­schaft ist so eng mit dem Aus­land ver­floch­ten, ver­dient so viel Geld im Aus­land und ist damit so stark auf Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men an­ge­wie­sen wie die der Schweiz. 

2014 konn­te die EU im­mer­hin zu einer Ver­stän­di­gung be­wegt wer­den, ge­mäss der für die Schweiz nicht EU-Re­geln gel­ten, son­dern nur glo­ba­le Stan­dards der G-20/OECD. Diese ein­zu­hal­ten und gleich­zei­tig steu­er­lich at­trak­tiv zu blei­ben, ist das Ziel der AHV-Steu­er­vor­la­ge, über die wir am 19. Mai ab­stim­men. Nur eine An­nah­me bringt den ex­por­tie­ren­den Fir­men die Si­cher­heit, dass sie ihre Steu­ern in Zu­kunft wei­ter­hin in der Schweiz und nicht zu­sätz­lich auch noch in den Ab­satz­län­dern ab­füh­ren müs­sen. Und uns allen bringt es die Si­cher­heit, wei­ter­hin über einen er­folg­rei­chen Werk- und For­schungs­stand­ort zu ver­fü­gen.