Kei­nen en­er­gie­po­li­ti­schen Too Big to Fail

Die Schweiz steht vor einer Her­aus­for­de­rung: Bis 2050 muss sie ihre Strom­ver­sor­gung ver­dop­peln. Alex­an­der Ke­ber­le er­läu­tert in einem In­ter­view, wel­che Rolle die So­lar­ener­gie in der Schweiz dabei spielt.

Alex­an­der Ke­ber­le ist Ge­schäfts­lei­tungs­mit­glied bei eco­no­mie­su­is­se und ver­ant­wort­lich für die The­men In­fra­struk­tur, En­er­gie & Um­welt. Er gibt im In­ter­view Auf­schluss, wie wich­tig So­lar­ener­gie in Zu­kunft sein wird.

Nau.​ch: Wie po­si­tio­niert sich die eco­no­mie­su­is­se ge­gen­über So­lar­ener­gie?

Alex­an­der Ke­ber­le: Bis 2050 muss die Schweiz Ihre Strom­ver­sor­gung ver­dop­peln. Das sind wir zu­künf­ti­gen Ge­ne­ra­tio­nen schul­dig, denn sonst ist weder Wohl­stand noch der Kampf gegen den Kli­ma­wan­del mög­lich. Damit das ge­lingt, braucht es jetzt viel von allem, und zwar schnell. Die So­lar­ener­gie wird künf­tig ein zen­tra­ler Pfei­ler sein.

Unser Strom­be­darf ist gross und die Ri­si­ken einer Strom­m­an­gel­la­ge so ver­hee­rend, dass wir nicht alles auf eine Karte set­zen dür­fen. Sonst haben wir dann ein «too big to fail» bei einer ein­zel­nen Tech­no­lo­gie. Neben der So­lar­ener­gie wird es auch not­wen­dig sein, das Rest­po­ten­zi­al der Was­ser­kraft aus­zu­schöp­fen. Zudem müs­sen wir Wind­ener­gie pro­du­zie­ren und auch auf neue Tech­no­lo­gi­en set­zen. Dazu ge­hört auch, dass wir es uns vor­der­hand nicht leis­ten kön­nen, auf die Kern­ener­gie zu ver­zich­ten.

Nau.​ch: Wel­ches sind Ihrer Mei­nung nach die wich­tigs­ten Vor­tei­le von So­lar­ener­gie?

Alex­an­der Ke­ber­le: Die Sonne pro­du­ziert gra­tis En­er­gie für uns. So­lar­an­la­gen in den Alpen pro­du­zie­ren auch Strom im Win­ter, wenn wir ihn am drin­gends­ten brau­chen – das ist sehr wert­voll. Und So­lar­ener­gie ist sehr nie­der­schwel­lig. Man kann sie auf dem ei­ge­nen Dach ein­fan­gen und so selbst zum Strom­pro­du­zen­ten wer­den. Zudem brau­chen So­lar­an­la­gen oft weit we­ni­ger Ka­pi­tal als an­de­re Pro­duk­ti­ons­wei­sen und kön­nen schnell wie­der rück­ge­baut wer­den. So­lar­ener­gie hat aber auch Nach­tei­le, sie be­an­spru­chen viel Land­schafts­flä­che und die An­bin­dung an die Strom­net­ze bleibt un­si­cher.

Aber am wich­tigs­ten: Die Sonne scheint nun mal nicht zu jeder Tages- und Jah­res­zeit. Kurze Win­ter­ta­ge und der Nebel im Mit­tel­land las­sen grüs­sen!

Nau.​ch: Wel­ches sind in Ihren Augen die be­deu­tends­ten Grün­de, um von fos­si­len En­er­gie­trä­gern weg­zu­kom­men?

Alex­an­der Ke­ber­le: Fos­si­le En­er­gie ist die En­er­gie der Ver­gan­gen­heit: Damit er­rei­chen wir kein Netto-Null-Ziel. Wir müs­sen mit­tel­fris­tig de­fi­ni­tiv auf­hö­ren, Öl und Gas zu ver­bren­nen. Aber dafür brau­chen wir eben ver­läss­lich güns­ti­gen und sau­be­ren Strom, und zwar sehr viel mehr als heute.

Nau.​ch: Droht bei der En­er­gie­wen­de re­spek­ti­ve beim Set­zen auf al­ter­na­ti­ve For­men wie Solar, Wind und Was­ser­kraft eine Ab­hän­gig­keit vom Aus­land?

Alex­an­der Ke­ber­le: Wir brau­chen den Aus­tausch mit dem Aus­land für die Ver­sor­gungs­si­cher­heit. Weder ge­win­nen wir in der Schweiz unser ei­ge­nes Öl, noch Gas noch schür­fen wir Uran. Aber wir bauen auch kaum un­se­re ei­ge­nen So­lar­pa­nels oder Wind­rä­der.

Ich glau­be daher nicht, dass die En­er­gie­wen­de gross etwas am Ver­hält­nis zum Aus­land än­dert. Wir soll­ten üb­ri­gens auch nicht eine gänz­li­che Ab­schot­tung an­stre­ben: Un­se­re Strom­ver­sor­gung ist ge­samt­eu­ro­pä­isch und das ist so­wohl aus Kos­ten- als auch Si­cher­heits­grün­den gut so.

Nau.​ch: Wie kon­kret set­zen Sie sich bei eco­no­mie­su­is­se für den Ein­satz al­ter­na­ti­ver En­er­gi­en ein?

Alex­an­der Ke­ber­le: Ich setze mich nicht für ein­zel­ne Tech­no­lo­gi­en ein, son­dern für die Ver­sor­gungs­si­cher­heit. eco­no­mie­su­is­se ver­folgt keine Ideo­lo­gie beim Strom­aus­bau und un­ter­stützt alle Tech­no­lo­gi­en, die kli­ma­neu­tral, preis­wert und ver­läss­lich sind. Ich glau­be aber, dass er­neu­er­ba­re und al­ter­na­ti­ve Tech­no­lo­gi­en eine wich­ti­ge Rolle spie­len wer­den. Ich un­ter­stüt­ze daher die wich­ti­gen Vor­stös­se für die Solar- und Win­d­of­fen­si­ve in der Po­li­tik. Üb­ri­gens haben wir in un­se­ren «Fünf Grund­pfei­lern für eine si­che­re Strom­ver­sor­gung» auch viele Lö­sun­gen vor­ge­schla­gen. Diese wur­den auch vom Par­la­ment auf­ge­grif­fen.

 

Die Erst­pu­bli­ka­ti­on die­ses Bei­trags er­folg­te am 8. Mai 2023 auf nau.​ch.