Kantonale Corona-Massnahmen nicht vergessen!
Das Parlament debattiert diese Woche die Massnahmen des Bundes zur Bekämpfung der Corona-Pandemie und zur Unterstützung der Wirtschaft. Politik und Medien richten ihre Augen alle auf Bern. Darüber darf nicht vergessen werden, dass auch die Kantone eine wichtige Rolle in der Krisenbekämpfung spielen. Unsere Übersicht zeigt dies eindrücklich. Weitere Massnahmen des Bundes wären daher problematisch, denn sie würden kantonale Lösungen übersteuern.
Angesichts der Tragweite der Pandemie sind seit Monaten alle Blicke auf den Bundesrat und seine Beschlüsse gerichtet. Die Landesregierung hat eine ganze Reihe von Massnahmen zur Unterstützung der Unternehmen, der Selbstständigerwerbenden und weiterer betroffener Personen in Kraft gesetzt. Dank der Beschlüsse zur Kurzarbeit und mit den Überbrückungskrediten greift der Bund den Unternehmen rasch, effizient und unbürokratisch unter die Arme. Dennoch werden täglich neue Forderungen laut, die noch mehr Unterstützung aus der Bundeskasse verlangen, nicht selten zusätzliche Dutzende Milliarden Franken.
Um die aktuelle Krise zu meistern, haben aber auch die Kantone und Gemeinden tief in die Tasche gegriffen. Sie ergänzen damit die Bundeshilfe unter Berücksichtigung regionalspezifischer Bedürfnisse der Wirtschaft und Gesellschaft. Leider gehen diese Unterstützungsmassnahmen viel zu oft vergessen, obwohl sie eine zentrale Rolle spielen.
Wichtige Funktion der Kantone
Nach heutigem Stand planen allein die Kantone, mehr als 300 Millionen Franken als A-fonds-perdu-Kredite und rund zwei Milliarden Franken für rückzahlbare Darlehen bereitzustellen. Zudem haben alle Kantone ihre Raten für Steuerzahlungen angepasst und die Fristen zur Begleichung offener Steuerrechnungen verlängert. Zahlreiche Kantone unterstützen zudem Selbstständigerwerbende auf verschiedenste Arten: beispielsweise mit einem Verzicht auf Mietzinsforderungen an Mieter in kantonalen Liegenschaften. Mit einer finanziellen Unterstützung für andere gewerbliche Mieter, falls deren Vermieter ebenfalls mitziehen. Oder mit Entschädigungen für direkt betroffene Selbstständigerwerbende wie beispielsweise im Wallis. Der Kanton Zürich hat 15 Millionen Franken speziell für die Unterstützung von Selbstständigerwerbenden bereitgestellt.
Der Tourismus und auch die Landwirtschaft können vielerorts von finanziellen Erleichterungen und direkter Unterstützung profitieren. Diverse Kantone wie Zürich, Zug oder Waadt haben aber auch mehrere Millionen Franken für die Unterstützung von Kultur- und Sportorganisationen bereitgestellt – zwei Bereiche, die von den Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie besonders stark betroffen sind.
Ein Grossteil des Beitrags der Kantone besteht aus Bürgschaften, um Überbrückungskredite für Unternehmen abzusichern, und diese Massnahmen beschränken sich nicht nur auf den jeweiligen Hauptsitz eines Unternehmens. Appenzell-Innerrhoden hat bereits 3,5 Millionen Franken freigegeben, Obwalden 5 Millionen. In grösseren Kantonen übersteigen die jeweiligen Summen teilweise die 100-Millionen-Marke.
Kantonale Lösungen dürfen nicht von Bern übersteuert werden
Selbstverständlich ist diese kantonale Hilfe deutlich geringer als die Notkredite, für welche der Bund beinahe 60 Milliarden freigespielt hat. Doch es gilt zu beachten, dass die Kantone ihre Massnahmen als zielgerichtete Ergänzung zu den Bundesmassnahmen definiert haben. Diese nehmen auf die unterschiedlichen Verhältnisse in den Regionen Rücksicht. Wenn nun manche Akteure den Bund permanent aufrufen, noch viel mehr zu tun, sollten sie sich nach Ansicht von economiesuisse zunächst das Engagement der Kantone und Gemeinden vergegenwärtigen, ebenso wie die konstruktive Zusammenarbeit der politischen Entscheidungsträger mit den kantonalen Wirtschaftsverbänden. Ansonsten besteht die grosse Gefahr, dass kantonale Lösungen übersteuert werden. Genau dies würde passieren, wenn beispielsweise zentralstaatliche Lösungen bei den Mietzinsen eingeführt, Kinderkrippen zusätzlich entschädigt oder die Unterstützung von Selbstständigen ausgeweitet würden.