Schriftzug "Coronavirus" auf blauer Plastikplane

Häufige Fragen zur Corona-Pandemie

Die aussergewöhnliche Situation wirft zahlreiche Fragen auf und verändert sich täglich. Fridolin Marty, Leiter Gesundheitspolitik bei economiesuisse, beantwortet hier eine Reihe der häufigsten Fragen zur Corona-Pandemie.

Was unterscheidet das Coronavirus von einer normalen Grippe?

Tatsächlich ähneln sich die Symptome der beiden Infektionen sehr. Beiden ist aber gemeinsam, dass die Ansteckungsrate sehr hoch ist. Dies bewirkt einen raschen exponentiellen Ansteckungsverlauf. Beim sogenannten SARS-CoV-2 Virus, das die Krankheit Covid-19 verursacht, gibt es aber wichtige Unterschiede zur normalen Grippe:

  • Momentan fehlt eine Impfung gegen das SARS-CoV-2.
  • Coronaviren können tief in die Atemwege eindringen. Dann können Betroffene eine Lungenentzündung bekommen, die lebensbedrohlich werden kann.
  • Solche lebensbedrohlichen Auswirkungen treffen bis zu fünf Prozent der Infizierten. Knapp 14 Prozent der Betroffenen entwickeln schwere Symptome wie Atemnot. In der weit überwiegenden Zahl der Fälle – der Gesundheitsbehörde zufolge mehr als 80 Prozent – zeigen Menschen, die unter Covid-19 leiden, nur milde Symptome.
  • SARS-CoV-2 ist deutlich infektiöser als die Grippe, das heisst es wird mehr Ansteckungen geben. Man rechnet mit 30 bis 50 Prozent der Bevölkerung, die während einer Viruswelle angesteckt werden. Mit Vorsichtsmassnahmen kann dieser Wert vermindert werden.
  • Die Inkubationszeit des SARS-CoV-2 ist länger als bei der gewöhnlichen Grippe. Es kann zwei Wochen dauern, bis das Virus zur schlimmen Krankheit Covid-19 führt. Bei den meisten Personen treten die Symptome fünf bis sieben Tage nach der Ansteckung auf. Damit bleibt das Virus lange unerkannt und kann sich somit einfacher auf weitere Personen übertragen.  

Was passiert, wenn wir nichts machen?

Wenn Bund und Kantone gar keine Massnahmen ergriffen hätten, würden in der Schweiz schätzungsweise rund 55’000 Personen an Covid-19 sterben. Davon sind vier Fünftel über 70 Jahre alt. Die Schätzung geht so: Es leben etwa 5,5 Millionen junge und gesunde Personen in der Schweiz, 30 Prozent stecken sich an, 20 Prozent haben schwere Komplikationen, ein bis zwei Prozent davon sterben, das macht rund 5000 Todesfälle. Bei den Alten und Kranken sind es 2 Millionen Personen, 30 Prozent stecken sich an, knapp 10 Prozent sterben, macht etwa 50'000 Todesfälle. Das wären  gesamthaft 55'000 Todesfälle und somit eine Sterberate von 2,2 Prozent, was eher tief angesetzt ist. Mit anderen Worten: Ohne Massnahmen der Bundesbehörden sterben wegen «Covid-19» zusätzliche 80 Prozent der normalen Todesfälle in einem Jahr (2019: 67'500 Todesfälle gesamthaft). Da auch mit Massnahmen nicht alle Todesfälle verhindert werden können, rechnet man mit rund 45'000 vermeidbaren Todesfällen.

Wieso haben wir ein Problem mit den Kapazitäten im Gesundheitswesen?

Grund dafür ist die hohe Rate der Menschen mit Covid-19, die ins Spital müssen. Viele davon müssen in die Intensivstation und für längere Zeit an Beatmungsgeräte angeschlossen werden.

Wieso trifft der Bundesrat so drastische Massnahmen? 

Grund für diese Massnahmen ist das Funktionieren der Gesundheitsinstitutionen, das für jede Wirtschaft sehr wichtig ist. Ohne die Massnahmen des Bundesrats müsste man mit gravierenden Engpässen in der Versorgung aller Patientengruppen rechnen. Denn die Kapazitäten im Gesundheitswesen sind nicht für Epidemien gemacht. Die Idee hinter den Massnahmen ist es, die Spitze der epidemischen Welle zu verkleinern. So wird die Anzahl Kranke pro Zeiteinheit tiefer. Ferner gibt es den Spitälern Zeit, die Strukturen an diese besondere Lage anzupassen. Dafür wird die Welle etwas länger dauern.

Wieso schicken wir die über 65-Jährigen und die Risikopatienten nicht in Quarantäne und lassen die Wirtschaft sonst normal weiterlaufen?

Covid-19 (die Krankheit, die das Coronavirus auslöst) ist zwar in vielen Fällen harmlos, aber bei Komplikationen braucht es auch für viele jüngere Patienten einen Spitaleintritt. Würde man nun alle Risikopatienten in Quarantäne schicken und bei den anderen keine Massnahme verfügen, dann würden die Spitäler kollabieren. Die Plätze in den Intensivstationen wären um rund einen Faktor 10 zu klein. Das würde zu viel vermeidbarem Leid und Tod führen und zu einem Aufruhr in der Bevölkerung. Deshalb war das keine gute Option für den Bundesrat. Wenn die Spitäler kollabieren, würde auch die Behandlung von Patienten gestört, die an anderen Krankheiten leiden oder nach Unfällen dringend operiert werden müssten. 

Ist der Schaden der bundesrätlichen Massnahmen nicht unverhältnismässig gross?

Der Bundesrat musste unter grosser Ungewissheit Entscheidungen treffen. Die effektive Verhältnismässigkeit der Massnahmen ist heute nicht gut einzuschätzen. Erst im Nachhinein wird sich zeigen, ob der Umfang der Massnahmen zu gross oder zu klein gewesen ist. Doch die Massnahmen des Bundesrats stehen im Einklang mit der Einschätzung vieler Experten und den internationalen Entwicklungen. Für die Wirtschaft ist entscheidend, dass die Produktion aufrechterhalten und weiter gebaut werden kann und nur publikumsnahe Dienstleistungen eingestellt werden. 

Wie lange dauert das noch?

Eine epidemische Welle dauert sechs bis zwölf Wochen. Mit den Massnahmen des Bundes wird die Welle etwas länger dauern. Aktuell (am 20. März 2020) rechnet man mit der Spitze in etwa vier Wochen und das Ende in zehn Wochen. Das ist aber bloss eine grobe Schätzung.

Wie gross ist der Schaden für die Wirtschaft?

Der Schaden der Wirtschaft wird beträchtlich sein. Eine Schwächung der Wirtschaft würde jedoch mit oder ohne Massnahmen des Bundesrats geschehen. Mit grosser Wahrscheinlichkeit wären die Auswirkungen ohne Massnahmen gravierender, vor allem in Bezug auf die Gesundheit und die Todesfälle in der Bevölkerung.

Man muss jedoch im Auge behalten, dass die Coronakrise eine zeitlich beschränkte Krise sein wird. Selbst wenn die Dauer durch die Massnahmen des Bundesrats länger wird, so wird im Sommer das Schlimmste überstanden sein. Die strengen Massnahmen kann man mit grosser Wahrscheinlichkeit schon früher lockern.

Ein positiver Punkt ist die heutige Digitalisierung der Wirtschaft, sodass viele Berufe Telearbeit verrichten können. Auch der Konsum wird heute nicht so stark zurückgehen, wie es früher der Fall gewesen wäre, da per Internet bestellt werden kann. Zudem darf mit einem «Rebound» einer nachfolgenden Kompensation   gerechnet werden, weil die Krise ein klassischer, zeitlich beschränkter Schock für die Wirtschaft darstellt.

Dennoch wird die Schweiz 2020 eine wirtschaftliche Rezession erleben. Der Schaden ist also beträchtlich. 

Wird das Virus im Herbst oder im nächsten Winter wiederkommen?

Sobald eine Impfung da ist, wird sich Covid-19 – von den Auswirkungen her – in eine normale Grippe verwandeln. Dann werden auch die Kapazitäten der Spitäler nicht mehr so stark belastet, und die Wirtschaft kann normal weiterlaufen. Ob die Impfung schon im Herbst verfügbar sein wird, ist aber fraglich. Allerdings rechnet man mit einer kleineren, zweiten epidemischen Welle. Im Zeitablauf verlieren Viren oft an Schadenskraft, das heisst die Sterblichkeit geht zurück. Ob dies auch bei Covid-19 der Fall sein wird, wird sich aber erst herausstellen. Es wird somit aller Voraussicht nach nicht zu vergleichbaren Problemen wie jetzt kommen; aber die Herausforderungen werden erst mit der Impfung verschwinden.