Symbolbild Arzt

Ge­sund­heit: Vier Fak­to­ren, die für die Ge­sund­heit wich­ti­ger sind als Be­hand­lun­gen und The­ra­pie

Gene, Ein­kom­men und Bil­dung, Ver­hal­ten, Um­welt­ein­flüs­se oder die me­di­zi­ni­sche Ver­sor­gung: Wel­che Fak­to­ren be­ein­flus­sen die Ge­sund­heit eines Vol­kes wirk­lich? Wir un­ter­su­chen die wich­tigs­ten Ge­sund­heits­de­ter­mi­nan­ten und zei­gen auf: Wohl­stand er­höht das Ein­kom­men, das Bil­dungs­ni­veau in der Be­völ­ke­rung steigt, die In­fra­struk­tur wird bes­ser und der Um­welt wird mehr Sorge ge­tra­gen und die Be­völ­ke­rung ver­hält sich ge­sund­heits­be­wuss­ter. Das alles macht uns ge­sün­der.

Wohl­ha­ben­de Men­schen leben ge­sün­der als arme. Das gilt nicht nur im Ver­gleich zwi­schen rei­chen und armen Län­dern, son­dern auch in­ner­halb der Schweiz, wo jede und jeder über eine gute me­di­zi­ni­sche Grund­ver­sor­gung ver­fügt. Woran liegt das? Am Ein­kom­men, an den Um­welt­be­din­gun­gen, der staat­li­chen Ge­sund­heits­ver­sor­gung oder am per­sön­li­chen Ver­hal­ten? Wir un­ter­su­chen diese vier Ge­sund­heits­de­ter­mi­nan­ten ge­nau­er, wel­che die Volks­ge­sund­heit be­ein­flus­sen – und zei­gen auf, wes­halb mehr Wohl­stand zu bes­se­rer Ge­sund­heit führt.

Was be­stimmt die Ge­sund­heit einer Be­völ­ke­rung?

Die Ge­sund­heit des Men­schen wird durch ver­schie­de­ne Fak­to­ren be­ein­flusst: unter an­de­rem Gene, Ver­hal­tens- und Le­bens­wei­sen, so­zio­öko­no­mi­sche Be­din­gun­gen, Um­welt­be­din­gun­gen und die Ge­sund­heits­ver­sor­gung. Diese Ge­sund­heits­de­ter­mi­nan­ten sind An­satz­punk­te für Prä­ven­ti­on und Ge­sund­heits­för­de­rung. Doch in wel­chem Mass haben sie wirk­lich Ein­fluss auf die Ge­sund­heit einer Be­völ­ke­rung? Schau­en wir ge­nau­er hin:

Determinaten

Ver­hal­tens- und Le­bens­wei­sen: 37,6 Pro­zent

Er­näh­rung und Be­we­gung sowie Ri­si­ko- bzw. Sucht­ver­hal­ten be­züg­lich Al­ko­hol, Sex, Sport, Spiel, Mo­bi­li­tät usw. haben den stärks­ten Ein­fluss auf die Ge­sund­heit. Ge­mein­sam mit den so­zio­öko­no­mi­schen Be­din­gun­gen wer­den zwei Drit­tel der Ge­sund­heit also von aus­ser­halb der klas­si­schen Ge­sund­heits­fel­der be­ein­flusst. Aus die­sem Grund hat die WHO auch den Slo­gan ge­schaf­fen «Health in all Po­li­cies». Doch die­ses Prin­zip kann pro­ble­ma­tisch wer­den, wenn zu­sätz­li­che po­li­ti­sche und ad­mi­nis­tra­ti­ve Zwän­ge auf­grund von ge­sund­heits­po­li­ti­schen Über­le­gun­gen dro­hen.

Bier und Autoschlüssel

So­zio­öko­no­mi­sche Be­din­gun­gen: gut 19 Pro­zent

Bil­dung, Ar­beits­lo­sig­keit, Ein­kom­men, Un­gleich­heit, Armut, Kri­mi­na­li­tät, Wohn­si­tua­ti­on und so­zia­ler Zu­sam­men­halt be­ein­flus­sen die Ge­sund­heit. Die Le­bens- und Ar­beits­be­din­gun­gen ma­chen also rund einen Fünf­tel der Ge­sund­heits­fak­to­ren aus.

Das Ver­hält­nis zwi­schen Ge­sund­heit und Wohl­stand hat sich ver­än­dert – das zeigt auch der Blick in die Ver­gan­gen­heit: Die län­der­über­grei­fen­den Ge­sund­heits­un­ter­schie­de ent­wi­ckel­ten sich nicht mehr so par­al­lel wie frü­her: Dank Res­sour­cen und Wis­sen aus den In­dus­trie­staa­ten konn­te der Ge­sund­heits­un­ter­schied stär­ker ver­rin­gert wer­den als der Ein­kom­mens­un­ter­schied. Ge­ne­rell be­ob­ach­tet man je­doch län­der­über­grei­fend eine ähn­li­che Ent­wick­lung bei Ein­kom­men und Ge­sund­heit. Das Ein­kom­men und die Le­bens­er­war­tung stie­gen ge­mein­sam über die Zeit. Auch in­ner­halb der Schweiz gibt es em­pi­risch einen kla­ren Zu­sam­men­hang zwi­schen der Ge­sund­heit und dem Ein­kom­men der Men­schen. Das Bun­des­amt für Ge­sund­heit stellt in einem Be­richt fest: Je tie­fer das Ein­kom­men einer Per­son ist, desto schlech­ter sind ihr Ge­sund­heits­zu­stand und ihre Le­bens­er­war­tung. Je we­ni­ger Ein­kom­men, Ver­mö­gen und Bil­dung eine Per­son hat, desto krän­ker ist sie.

Schuhe

Ge­ne­tik: gut 22 Pro­zent

Hinzu kommt die per­sön­li­che Dis­po­si­ti­on als wich­ti­ger Fak­tor für die Ge­sund­heit. Ge­meint sind die ge­ne­ti­schen Grund­la­gen, wel­che die Kon­sti­tu­ti­on und die Krank­heits­an­fäl­lig­keit be­stim­men. Frü­her ging man von 10 Pro­zent Ein­fluss aus, heute schätzt man den ge­ne­ti­schen Ein­fluss etwas höher ein, das heisst über 20 Pro­zent. Die per­sön­li­che Dis­po­si­ti­on lässt sich über po­li­ti­sche Mass­nah­men im Be­reich Pu­blic Health kaum be­ein­flus­sen. Ge­sund­heits­leis­tun­gen wer­den künf­tig hier mehr be­wir­ken kön­nen als bis­her.

hand hält herz

Phy­si­sche Fak­to­ren und Um­welt­be­din­gun­gen: knapp 10 Pro­zent

Klima, Ka­ta­stro­phen, Um­welt­ein­flüs­se wie bei­spiels­wei­se Ra­dio­ak­ti­vi­tät und die «ob­jek­ti­ve» Un­fall­wahr­schein­lich­keit zum Bei­spiel auf den Stras­sen haben einen mo­dera­ten Ein­fluss auf die Ge­sund­heit.

Schornstein

Ge­sund­heits­ver­sor­gung: gut 11 Pro­zent

Der Zu­gang zu Ge­sund­heits­diens­ten und Qua­li­tät der Leis­tungs­er­brin­gung (Dia­gno­sen, The­ra­pi­en und Pro­zes­se) haben einen mo­dera­ten Ein­fluss auf die Volks­ge­sund­heit. Ge­sund­heits­in­no­va­tio­nen wer­den durch wirt­schaft­li­ches Wachs­tum über­haupt erst er­mög­licht – hier­von pro­fi­tie­ren auch är­me­re Län­der dank der Ver­brei­tung des tech­no­lo­gi­schen Fort­schritts. So be­stimmt in Ent­wick­lungs­län­dern bei­spiels­wei­se das Ein­kom­men, ob me­di­zi­ni­sche Dienst­leis­tun­gen zur Ver­fü­gung ste­hen. Neben prä­ven­ti­ven Mass­nah­men wie Imp­fun­gen oder Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen kön­nen me­di­zi­ni­sche The­ra­pi­en mit mehr Ein­kom­men eher fi­nan­ziert wer­den.

Wartezimmer

Wohl­stand für Wohl­be­fin­den

Warum also ist vor allem der Wohl­stand eines Lan­des aus­schlag­ge­bend für die Ge­sund­heit eines Vol­kes? Eine gute wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung ver­bes­sert ur­säch­lich die Volks­ge­sund­heit. Das Wirt­schafts­wachs­tum ist sogar ent­schei­dend: Wohl­stand er­höht das Ein­kom­men, das Bil­dungs­ni­veau in der Be­völ­ke­rung steigt, die In­fra­struk­tur wird bes­ser und der Um­welt wird mehr Sorge ge­tra­gen. Des­halb ge­hört zu einer guten Pu­blic-Health-Stra­te­gie un­be­dingt eine kon­sis­ten­te Wirt­schafts­po­li­tik.

Wirt­schafts­po­li­tik ist Ge­sund­heits­po­li­tik

Nicht mehr Re­gu­lie­rung und Ad­mi­nis­tra­ti­on, wie die WHO das oft for­dert, son­dern gute Rah­men­be­din­gun­gen für die wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung sind der ziel­füh­ren­de Weg. Zen­tra­les Ele­ment ist ein funk­tio­nie­ren­der de­mo­kra­ti­scher und plu­ra­lis­ti­scher Rechts­staat, damit Ideen und Ta­len­te in der Be­völ­ke­rung voll aus­ge­schöpft wer­den kön­nen. Dies er­for­dert ein gutes, breit ab­ge­stütz­tes Bil­dungs- und So­zi­al­sys­tem, das die Chan­cen­gleich­heit ga­ran­tiert. Aber auch hier gilt: Eine gute Ge­sund­heits­ver­sor­gung und Bil­dungs­mög­lich­kei­ten für alle kön­nen nur fi­nan­ziert wer­den, wenn ge­nü­gend Mit­tel zur Ver­fü­gung ste­hen. Des­halb braucht es gute wirt­schafts­po­li­ti­sche Rah­men­be­din­gun­gen. Oder an­ders ge­sagt: Gute Wirt­schafts­po­li­tik ist auch gute Ge­sund­heits­po­li­tik.

Mehr Fak­ten und Hin­ter­grün­de er­fah­ren Sie im ak­tu­el­len Dos­sier Ge­sund­heit