GAFI: Kurs­si­cher Na­vi­gie­ren zwi­schen Un­ge­heu­ern

Bei der Um­set­zung der Emp­feh­lun­gen der Grou­pe d’ac­tion fi­nan­cière GAFI for­dert die Wirt­schaft Au­gen­mass. Na­tio­nal- und Stän­de­rat haben das Gleich­ge­wicht zwi­schen einer Über­re­gu­lie­rung mit Swiss Fi­nish ei­ner­seits und einem ge­fähr­li­chen Schwei­zer Al­lein­gang noch nicht ge­fun­den. Nach­bes­se­run­gen sind nötig, um un­se­rem Wirt­schafts­stand­ort keine un­nö­ti­gen Hin­der­nis­se in den Weg zu legen.
Skyl­la und Cha­ryb­dis sind Mee­resun­ge­heu­er aus der grie­chi­schen My­tho­lo­gie. Der Le­gen­de nach leb­ten sie in der Stras­se von Mes­si­na je­weils auf der einen und an­de­ren Seite der Meer­enge und hat­ten es auf Schif­fe ab­ge­se­hen, die zwi­schen ihnen hin­durch­fuh­ren. Nicht ein­mal der schlaue Odys­seus konn­te die bei­den Mons­ter über­win­den. Zu­erst fuhr er zu weit links, dann zu weit rechts. Er ver­lor dabei viele sei­ner Ge­fähr­ten und ent­kam den Mons­tern selbst nur knapp und auf den Trüm­mern sei­nes Schif­fes. Erst Jason, ein an­de­rer Held der An­ti­ke, fand mit­hil­fe der Nym­phen eine idea­le Route und se­gel­te seine Argo un­be­scha­det zwi­schen den Un­ge­heu­ern durch.

Wahl der idea­len Spur
Wenn nun der Stän­de­rat und dann der Na­tio­nal­rat er­neut über die Um­set­zun­gen der Emp­feh­lun­gen der Grou­pe d’ac­tion fi­nan­cière GAFI zu be­fin­den haben, be­fin­det sich unser Par­la­ment in der glei­chen Si­tua­ti­on wie einst un­se­re grie­chi­schen Hel­den. Auf der einen Seite droht das Mons­ter der Über­re­gu­lie­rung zu­sam­men mit dem Swiss Fi­nish und die Läh­mung un­se­rer Wirt­schaft. Auf der an­de­ren Seite lau­ert das Mons­ter der in­ter­na­tio­na­len Stig­ma­ti­sie­rung und der Äch­tung der Schweiz mit schäd­li­chen Fol­gen für un­se­re In­dus­trie. Das Par­la­ment muss daher eine idea­le Spur zwi­schen zwei Ge­fah­ren hin­durch fin­den.

Bis­lang haben aber weder der Bun­des­rat, noch der Stän­de­rat, der dem Bun­des­rat weit­ge­hend ge­folgt ist, noch der Na­tio­nal­rat diese Spur ge­fun­den. Die Vor­schlä­ge des Bun­des­rats gin­gen zu weit, wei­ter als es GAFI und auch das Glo­bal Forum ver­lan­gen. Der Na­tio­nal­rat wie­der­um hat die Vor­schlä­ge des Bun­des­rats in wich­ti­gen Be­rei­chen der­art aus­ge­höhlt, dass die An­for­de­run­gen der GAFI und des Glo­bal Fo­rums nicht er­füllt wer­den. Ins­be­son­de­re die Ein­schrän­kun­gen in Bezug auf die In­ha­ber­ak­ti­en und der Be­schluss zur Steu­er­straf­tat als Vor­tat zu Geld­wä­sche­rei sind mit die­sen Vor­ga­ben nicht ver­ein­bar. Ein Fest­hal­ten an den Ent­schei­den des Na­tio­nal­rats könn­te die ge­sam­te Schwei­zer Wirt­schaft gros­sem in­ter­na­tio­na­lem Druck aus­set­zen.

Wirt­schaft plä­diert für An­pas­sun­gen in Na­tio­nal- und Stän­de­rat
Was das qua­li­fi­zier­te Steu­er­de­likt an­geht, so be­vor­zugt die Wirt­schaft den Vor­schlag des Stän­de­rats ge­gen­über dem des Na­tio­nal­rats. An­pas­sun­gen sind je­doch nötig. Damit ein qua­li­fi­zier­tes Steu­er­de­likt für die Fi­nanz­in­ter­me­diä­re bes­ser er­kenn­bar wird, for­dert die Wirt­schaft ein wei­te­res qua­li­fi­zie­ren­des Ele­ment: eine mehr­fa­che Tat­be­ge­hung. Dies ent­spricht auch der Ziel­set­zung der Geld­wä­sche­rei­be­kämp­fung, wel­che pri­mär auf die or­ga­ni­sier­te Kri­mi­na­li­tät ab­zielt.

Und wäh­rend es zu be­grüs­sen ist, dass der Na­tio­nal­rat den ver­fehl­ten Vor­schlag des Bun­des­rats über Bord ge­wor­fen hat, Bar­geld­zah­lun­gen über 100'000 Fran­ken zwin­gend über einen Fi­nanz­in­ter­me­di­är ab­zu­wi­ckeln, braucht es den­noch eine Al­ter­na­ti­ve. Hier macht sich die Wirt­schaft für spe­zi­fi­sche und ver­hält­nis­mäs­si­ge Sorg­falts­pflich­ten stark, die di­rekt von den am Grund­ge­schäft be­tei­lig­ten Par­tei­en wahr­ge­nom­men wer­den. Denk­bar ist bei­spiels­wei­se die Kopie eines Aus­wei­ses bei Bar­ge­schäf­ten, die eine be­stimm­te Schwel­le über­stei­gen. Wich­tig ist hier­bei, dass neue Vor­schrif­ten für die Be­tei­lig­ten ein­fach um­setz­bar sind und kei­nen un­nö­ti­gen oder über­mäs­si­gen Auf­wand schaf­fen.

Die Be­kämp­fung der Geld­wä­sche­rei ist viel­schich­tig. Ihre Ein­bet­tung ins in­ter­na­tio­na­le Um­feld sowie die Um­set­zung der in­ter­na­tio­na­len Re­geln ins Lan­des­recht sind kom­plex. Ein­fa­che Lö­sun­gen, so ver­lo­ckend diese auch klin­gen mögen, gibt es nicht. Si­re­nen­ge­sän­gen, von wel­cher Seite auch immer, ist nicht Folge zu leis­ten. Viel­mehr ist eine ru­hi­ge und be­son­ne­ne Hand am Ruder ge­fragt, damit unser Land un­be­scha­det die per­fek­te Route an den bei­den Un­ge­heu­ern links und rechts der Meer­enge vor­bei fin­det.