Fis­kal­quo­te: Schweiz nur auf ers­ten Blick ein El­do­ra­do

Im in­ter­na­tio­na­len Ver­gleich wird die Schweiz re­gel­mäs­sig als Steu­er­pa­ra­dies be­zeich­net. Ge­mäss OECD-Zah­len trifft dies zu. Wer­den je­doch alle ob­li­ga­to­ri­schen Steu­ern und Ab­ga­ben mit­ein­be­zo­gen, zeigt sich ein an­de­res Bild. Die Schweiz ge­hört in der OECD zu den Län­dern, die ihre pri­va­ten Haus­hal­te und die Wirt­schaft über­durch­schnitt­lich stark be­las­ten. Vor allem der star­ke An­stieg in den ver­gan­ge­nen zwei Jahr­zehn­ten be­rei­tet ei­ni­ge Sor­gen­fal­ten.

Die OECD pu­bli­ziert re­gel­mäs­sig die Fis­kal­quo­te (Summe der ge­sam­ten Steu­ern und Ab­ga­ben im Ver­hält­nis zum Brut­to­in­land­pro­dukt) ihrer Mit­glied­staa­ten. Ge­mäss der OECD-Sta­tis­tik weist die Schweiz eine der tiefs­ten Fis­kal­quo­ten aus. Nur in den USA ist die Be­las­tung noch tie­fer. Die­ses Bild ist al­ler­dings nur be­schränkt rich­tig.

In der Be­rech­nungs­me­tho­de der OECD wer­den ob­li­ga­to­ri­sche Ab­ga­ben und Steu­ern an pri­va­te Ein­rich­tun­gen – Pen­si­ons­kas­sen, Kran­ken­kas­sen, Un­fall­ver­si­che­run­gen usw. – nicht er­fasst. Zwar gibt es auch an­de­re Län­der, die un­be­rück­sich­tig­te Ab­ga­ben haben, doch in der Schweiz ma­chen sie einen be­deu­ten­den Teil der Ge­samt­be­las­tung aus. Unter Be­rück­sich­ti­gung sämt­li­cher Ab­ga­ben weist die Schweiz eine Fis­kal­quo­te von 39,6 Pro­zent auf und liegt damit deut­lich über dem OECD-Durch­schnitt (34,1 Pro­zent). Die Schweiz ist somit was die Steu­ern- und Ab­ga­ben­be­las­tung be­trifft alles an­de­re als ein Schla­raf­fen­land.

Be­un­ru­hi­gen­der ist die Ent­wick­lung der Fis­kal­quo­te. In den ver­gan­ge­nen zwei Jahr­zehn­ten hat die Ge­samt­be­las­tung der pri­va­ten Haus­hal­te und der Wirt­schaft im Ver­gleich zur OECD über­durch­schnitt­lich stark zu­ge­nom­men. Wer­den sämt­li­che ob­li­ga­to­ri­sche Ab­ga­ben in der Schweiz be­rück­sich­tigt, so ver­zeich­net le­dig­lich Por­tu­gal eine grös­se­re Zu­nah­me der Fis­kal­quo­te als die Schweiz. An­de­re Län­der konn­ten ihre Fis­kal­quo­te hin­ge­gen teil­wei­se deut­lich sen­ken, bei­spiels­wei­se Schwe­den (–6.7 Pro­zent­punk­te).

Eine hohe Ge­samt­be­las­tung der pri­va­ten Haus­hal­te und der Wirt­schaft wirkt sich ten­den­zi­ell ne­ga­tiv auf die Stand­ort­at­trak­ti­vi­tät eines Lan­des aus. Die Schweiz muss daher acht­ge­ben, dass sie ihre Ab­ga­ben- und Steu­er­last sta­bi­li­siert und einen wei­te­ren An­stieg ver­mei­det. So kann sie ihre Wett­be­werbs­fä­hig­keit und ihren Wohl­stand er­hal­ten. Künf­ti­ge Re­for­men soll­ten des­halb, wo es nicht un­um­gäng­lich ist, mit den be­ste­hen­den Mit­teln und nicht durch Steu­er- oder Ab­ga­ben­er­hö­hun­gen fi­nan­ziert wer­den.