Eine agrarpolitische Scheindebatte
Am 24. September entscheidet die Schweiz über einen neuen Verfassungsartikel zur Landwirtschaft, der vor allem eines will: möglichst nichts verändern. Das Abstimmungsresultat ist wegen inhaltlicher Leere bereits jetzt völlig irrelevant.
Diese Woche hat das Komitee «JA zur Weiterentwicklung der Land- und Ernährungswirtschaft» die Öffentlichkeit über seine Position zur Volksabstimmung über die Ernährungssicherheit vom 24. September informiert. Das Komitee stimmt der Vorlage zu, weil der neue Verfassungsartikel die heutige Verfassung bestätigt und die Ökologie betont. Eigenartig: Der Bauernverband sieht im neuen Verfassungsartikel hingegen einen Auftrag, die Produktion in der Schweiz zu sichern. Da reibt man sich doch etwas verwundert die Augen: Können sich Ökologie und eine Steigerung der Produktion nicht in die Haare geraten? Wieso kämpft man nun auf beiden Seiten für ein Ja an der Urne?
Man kann es auch anders formulieren: Wenn ein neuer Verfassungsartikel nichts Neues enthält, ist er überflüssig.
Die Sache ist relativ einfach: Der neue Verfassungsartikel wurde vom Ständerat als Gegenvorschlag zur Initiative des Bauernverbandes ausgearbeitet und erreichte, dass dieser seine unsinnige Vorlage ohne Gesichtsverlust zurückziehen konnte. Der Ständerat hat gute Arbeit geleistet und nichts in den Verfassungsartikel geschrieben, was nicht schon heute selbstverständlich ist. Unter anderem fordert der Gegenvorschlag explizit eine auf den Markt ausgerichtete Landwirtschaft und betont somit, dass auch die Landwirtschaft eigentlich zur Wirtschaft gehört.
So haben wir eine doch etwas absurde Situation: Der Abstimmungskampf wird nicht für oder gegen den neuen Artikel in der Bundesverfassung geführt. Er dreht sich nur um die Deutungshoheit darüber, welcher Aspekt der heutigen Landwirtschaftspolitik mit einem Ja besonders bestätigt würde. Man kann es auch anders formulieren: Wenn ein neuer Verfassungsartikel nichts Neues enthält, ist er überflüssig.