Durchbruch: EFTA-Freihandelsabkommen mit Indien in Griffweite
Bundesrat Guy Parmelin verkündete am 20. Januar, dass sich die EFTA und Indien über die Grundzüge des Abkommens geeinigt haben. Ein Abschluss des Abkommens würde den Schweizer Exporteuren den Marktzugang stark erleichtern. Indiens Volkswirtschaft weist ein grosses Wachstumspotenzial auf.
Seit nunmehr 16 Jahren dauern die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen. Es gab dabei zwar Phasen mit Fortschritten, aber es blieb eine Art «endlose Geschichte». Das begann sich nach dem Besuch von Bundesrat Guy Parmelin im Oktober 2022 zu ändern. Ab April 2023 begann eine intensive Phase der Verhandlungen. Was löste die Bremsen? Der Hauptgrund lag sicher in New Delhi. Die indische Regierung unter Narendra Modi will den indischen Industriestandort mit dem Programm «Make in India» ausbauen und international stärken. Freihandelsabkommen können dabei einen wichtigen Impuls geben. Deshalb hat Indien die Verhandlungen mit der EU, Grossbritannien, Kanada und eben auch der EFTA intensiviert. Warum die EFTA? Mit der Schweiz als Mitglied ist die EFTA ein erstklassiger Partner für die indische Industrie. Und gerade die Schweiz gehört weltweit zu den zwölf grössten Direktinvestorinnen. Nach intensiven Verhandlungen steht nun das Abkommen in seinen Grundzügen. Beide Seiten haben Stillschweigen über die Inhalte vereinbart. Somit wird in den kommenden Wochen noch über Einzelheiten gerungen. Das Zeitfenster ist kurz, da in Indien schon Anfang März die Ausrufung der Parlamentswahlen erwartet wird.
Aus Sicht der Wirtschaft sind zwei Bereiche von zentraler Bedeutung: Sowohl der verbesserte Marktzugang durch den Abbau der Importzölle und die Zulassung von Dienstleistungen wie auch der Schutz Geistigen Eigentums sind zentral für unsere Wirtschaft. Auch der bessere Zugang zum öffentlichen Beschaffungswesen ist wichtig, da Indien gegenwärtig massiv in die Infrastrukturen der Grundversorgung investiert.
Grosses Wachstumspotenzial für Schweizer Aussenwirtschaft
Die indische Volkswirtschaft wuchs in den vergangenen fünf Jahren zwischen 6 bis 9 Prozent. Das Wachstumspotenzial wird als sehr gross eingeschätzt. Genannt wird häufig die enorme demographische Dividende: Das Land mit 1.4 Milliarden Einwohnern ist sehr jung. Jedes Jahr kommen 9 bis 10 Millionen Arbeitskräfte neu in den Arbeitsmarkt. Dies ist aber auch eine grosse Herausforderung. Damit das Wachstum des Arbeitsmarktes inklusiv wird, braucht das Land gute Jobs. Das ist der Grund, warum sich Indien aktiv für Wirtschaftsabkommen einsetzt. Die Handelserleichterungen sollen die Wettbewerbsfähigkeit des Landes steigern, neue Investitionen anziehen und dadurch hochwertige Arbeitsplätze schaffen.
Strategische Bedeutung des Abkommens
Für die Schweizer Aussenwirtschaft ist damit das Abkommen strategisch bedeutsam. Wenn Indien nicht nur von der Bevölkerungsgrösse her, sondern auch wirtschaftlich in die oberste Liga aufsteigt, wird es in den kommenden Jahren neben der EU, China und den USA zu den führenden Märkten für die Schweizer Exporte aufsteigen. Ein Abseitsstehen der Schweiz wäre sehr nachteilig, ein Abkommen hingegen ein Vorteil.
Die Schweizer Aussenwirtschaft wird in den kommenden Jahren wichtige Weichenstellungen erleben: So bewegt sich die Europapolitik wieder, mit Chile konnten letzte Woche die Modernisierungsverhandlungen des Freihandelsabkommens abgeschlossen werden, Indien ist in Griffweite und mit Mercosur, Malaysia, Thailand und Vietnam laufen Verhandlungen. All diese Abkommen sind gerade in der Zeit des Protektionismus sehr wichtig für die Exportnation Schweiz.