Die UVI und die Sorgen des Finanzministers
«Die Initiative betrifft den Unternehmensstandort Schweiz ganz zentral», sagte Bundesrat Ueli Maurer kürzlich bei einem Onlineauftritt zur Unternehmens-Verantwortungs-Initiative (UVI). Obwohl die Initiative nicht im Finanzdepartement angesiedelt ist, bezieht dessen Vorsteher deutlich Stellung. Angesichts der enormen finanziellen Bedeutung internationaler Unternehmen kann das nicht überraschen.
Ein Blick auf die Bundeseinnahmen zeigt: Die Sorgen des EFD-Vorstehers sind gut nachvollziehbar. International tätige Unternehmen bezahlen rund die Hälfte der Gewinnsteuer, Firmen insgesamt über die Hälfte der direkten Bundessteuer. Auch die hohen Einnahmen aus der Verrechnungssteuer – wichtige Ursache für vergangene Überschüsse – beruhen auf internationalen Dividendenzahlungen. Der Bund finanziert sich massgeblich durch Beiträge international tätiger Firmen.
Firmenstandort trägt Bundesfinanzen
Schweizer Firmen erobern den Weltmarkt und zahlreiche ausländische Grossunternehmen steuern von hier aus ihr internationales Geschäft (bspw. den EMEA-Raum Europe, Middle East and Africa). Die Gründe für diesen Standorterfolg sind vielfältig; auch wettbewerbsfähige Steuern sind wichtig, klar. Aber kein Kriterium höre ich so oft aus dem Mund von Entscheidungsträgern, kein Standortmerkmal wird in Rankings und Umfragen dermassen konsistent als essenziell identifiziert wie «die Rechtssicherheit». Die politische Stabilität der Schweiz, die Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit der Rahmenbedingungen und insbesondere der solide Rechtsstaat sind charakteristische Vorteile, welche unseren Standort auszeichnen. Kein Staat der Welt kann hier mit der Schweiz mithalten. Zumindest nicht bis zur UVI.
Rechtssicherheit als urschweizerisches Standortkriterium
Die mit der UVI drohenden Haftungsklagen wären ein unkalkulierbares juristisches Risiko für alle Unternehmen, die vom Standort Schweiz aus operieren. Die UVI trifft unseren Standort also genau dort, wo es weh tut; nämlich dort, wo sich die Schweiz bisher von der Konkurrenz abheben konnte. Der zentrale Wettbewerbsvorteil der Rechtssicherheit droht sich in einen Nachteil zu verkehren. Dies weil die Schweiz mit dem UVI-Alleingang beispiellose Haftungsregeln einführen würde und damit deutlich weiter ginge als sämtliche Konkurrenzstandorte.
Dass sich aus der Schädigung des Standorts über die Zeit auch finanzielle Konsequenzen ergeben, ist nur logisch. Derweil sind die finanzpolitischen Aussichten bereits durch die Covid-Pandemie stark eingetrübt. Aufgehäufte Schulden müssen abgebaut werden, bei den Steuereinnahmen droht eine Niveaukorrektur.
Mit Blick auf die Abstimmung vom 29. November sollten Sie sich deshalb auch folgende Frage stellen. Wie würde ein schwindender Finanzbeitrag internationaler Firmen in dieser Situation kompensiert? Infrage kommen Sparprogramme oder Mehrbelastungen für KMU und Mittelstand. Eine höchst unerfreuliche Auswahl, nicht nur für den Finanzminister.