Schweiz Demografie

Die Schwei­zer Wirt­schaft will die de­mo­gra­fi­sche Her­aus­for­de­rung an­pa­cken

Die Schweiz be­fin­det sich mit­ten in einem de­mo­gra­fi­schen Um­bruch, des­sen Fol­gen nun immer deut­li­cher sicht­bar wer­den. Jahr für Jahr stei­gen mehr Men­schen al­ters­be­dingt aus dem Ar­beits­markt aus, als an Jun­gen nach­rü­cken. Die dar­aus ent­ste­hen­den Pro­ble­me sind gra­vie­rend, wenn die Ent­wick­lung wei­ter­hin igno­riert wird. Die Wirt­schafts­ver­bän­de haben heute in Bern eine Reihe von Lö­sungs­an­sät­zen vor­ge­stellt.

Dank den ge­bur­ten­star­ken Jahr­gän­gen («Ba­by­boo­mer») hat die Schweiz in den letz­ten Jahr­zehn­ten von einer de­mo­gra­fi­schen Di­vi­den­de pro­fi­tiert. Der Volks­wirt­schaft stand eine stei­gen­de Zahl gut aus­ge­bil­de­ter Ar­beits­kräf­te zur Ver­fü­gung, die viel zum Wachs­tum bei­ge­tra­gen haben. Diese Ent­wick­lung ist nun ins Ge­gen­teil ge­kippt. Die ein­hei­mi­sche Er­werbs­be­völ­ke­rung schrumpft, der Ar­beits­kräf­te­man­gel wird sich in den nächs­ten Jah­ren ste­tig wei­ter zu­spit­zen. «Selbst ohne wei­te­ren Job­zu­wachs wür­den bis zum Jahr 2040 ku­mu­liert rund 431'000 Per­so­nen im Ar­beits­markt feh­len», er­klär­te eco­no­mie­su­is­se-Prä­si­dent Chris­toph Mäder heute in Bern. «Das sind rund 8 Pro­zent der heute er­werbs­tä­ti­gen Be­völ­ke­rung.»

130'000 of­fe­ne Stel­len – und das ist erst der An­fang

Die ne­ga­ti­ve Ent­wick­lung hat be­reits be­gon­nen: «Rund 130'000 Stel­len blei­ben im Mo­ment offen – diese Ten­denz ist zum gröss­ten Brems­klotz für die Schwei­zer Wirt­schaft ge­wor­den», so Ar­beit­ge­ber-Prä­si­dent Va­len­tin Vogt. Eine der vie­len Bran­chen, die das zu spü­ren be­kommt, ist die Tex­til­in­dus­trie. Ge­mäss Carl Illi, Prä­si­dent von Swiss Tex­ti­les, ist es schon heute enorm schwie­rig, frei wer­den­de Stel­len neu zu be­set­zen. Auch Ju­gend­kam­pa­gnen und Lehr­gän­ge für Quer­ein­stei­ger wür­den nicht aus­rei­chen, um das Pro­blem zu lösen. Die de­mo­gra­fi­sche Wende sorgt aber nicht nur auf dem Ar­beits­markt für Her­aus­for­de­run­gen, son­dern auch bei der Fi­nan­zie­rung der Al­ters­vor­sor­ge. Al­lein mit den in­län­di­schen Er­werbs­tä­ti­gen lies­se sich diese in Zu­kunft kaum noch fi­nan­zie­ren: Die Ab­ga­ben­last würde bis 2050 pro Kopf und Jahr um 2000 Fran­ken an­stei­gen.

Zu­wan­de­rung ist Teil der Lö­sung

So­lan­ge die Schweiz ein Zu­wan­de­rungs­land bleibt, fal­len die Her­aus­for­de­run­gen zu­min­dest nicht ganz so gra­vie­rend aus. Ins­be­son­de­re die Zu­wan­de­rung über die Per­so­nen­frei­zü­gig­keit, die zu rund 80 Pro­zent di­rekt in den Ar­beits­markt er­folgt, hilft ein­deu­tig. Die Wirt­schafts­ver­bän­de en­ga­gie­ren sich des­halb auch künf­tig klar gegen An­grif­fe auf das er­folg­rei­che Mo­dell der Per­so­nen­frei­zü­gig­keit. Doch die Zu­wan­de­rung al­lein reicht nicht aus, um die Her­aus­for­de­run­gen zu meis­tern. Der Fokus muss ins­be­son­de­re auch auf die Pro­duk­ti­vi­tät ge­legt wer­den. Deren Er­hö­hung sorgt für hö­he­re Löhne und damit auch für hö­he­re Ab­zü­ge und Steu­er­ein­nah­men. Be­din­gun­gen dafür sind eine star­ke For­schung und In­no­va­ti­ons­tä­tig­keit, aber auch eine schlan­ke Re­gu­lie­rung. Es ist ein hohes Mass an un­ter­neh­me­ri­scher Frei­raum nötig, um auch künf­tig die Wert­schöp­fung stei­gern zu kön­nen.

In­län­di­sches Po­ten­ti­al best­mög­lich nut­zen

Die Wirt­schaft will aus­ser­dem das in­län­di­sche Ar­beits­kräf­te­po­ten­zi­al noch bes­ser nut­zen. Die Ver­ein­bar­keit von Beruf und Fa­mi­lie soll wei­ter ver­bes­sert wer­den und es müs­sen An­rei­ze ge­schaf­fen wer­den, damit äl­te­re Per­so­nen län­ger im Ar­beits­markt ver­blei­ben. Zudem soll zwin­gend in der Schweiz ar­bei­ten dür­fen, wer hier eine Aus­bil­dung ab­sol­viert hat. Die Wirt­schaft for­dert aber auch den Staat dazu auf, sei­nen Bei­trag zu leis­ten: Das star­ke Stel­len­wachs­tum bei Bund, Kan­to­nen und staats­na­hen Be­trie­ben bin­det immer mehr Ar­beits­kräf­te, die in der Pri­vat­wirt­schaft feh­len.

 

zum Dos­sier­po­li­tik