Mann schreitet über Virus nach oben

Der Aufschwung ist da!

Die schrittweise Rückkehr zur Normalität und positive Impulse der Weltwirtschaft sorgen in vielen Schweizer Unternehmen für einen kräftigen Aufschwung in diesem Jahr. economiesuisse erwartet, dass das Bruttoinlandprodukt (BIP) 2021 um 3,4 Prozent wachsen wird und damit den Einbruch von vergangenem Jahr wettmachen kann. Der Aufschwung wird von der Exportindustrie und der Binnenwirtschaft gleichermassen getragen. Auch für 2022 sind die Aussichten gut. Doch die wirtschaftlichen, politischen und pandemiebedingten Unsicherheiten bleiben hoch und könnten die positiven Aussichten trüben. Die Arbeitslosigkeit geht von durchschnittlich 3,2 in diesem Jahr auf 2,9 Prozent im nächsten Jahr zurück. Die Inflationsrate steigt leicht an und befindet sich ab diesem Jahr wieder im positiven Bereich.

Die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie sinken dank der zunehmenden Durchimpfung der Bevölkerung stark. In vielen Industrieländern können die Einschränkungen Schritt für Schritt aufgehoben werden und der Konsum steigt weltweit. Während sich viele Unternehmen im letzten Jahr in Zurückhaltung geübt haben, wird nun wieder stärker investiert. Der Wachstumsschub der Weltwirtschaft sorgt auch dafür, dass viele Rohstoffe wieder stärker gefragt sind. Entsprechend steigen die Preise etwa für Leichtmetalle, Stahl oder Erdöl. Die beiden grössten Märkte USA und China dienen der Weltwirtschaft als Wachstumslokomotive und tragen dazu bei, dass die Exportwirtschaft der europäischen Länder belebt wird. So erholen sich beispielsweise die europäische Maschinenindustrie oder die deutsche Automobilindustrie zusehends vom krisenbedingten Einbruch im letzten Jahr. Die Impulse aus Übersee helfen der europäischen Konjunktur, die ansonsten der Weltkonjunktur etwas hinterherhinkt.

Starke Wachstumsraten in den pandemiebedingt besonders betroffenen Branchen

Die Erholung der Schweizer Wirtschaft lässt sich wie folgt charakterisieren: Diejenigen Branchen mit den grössten Wachstumseinbrüchen im letzten Jahr weisen 2021 in aller Regel starke Wachstumsraten auf. Dies trifft sowohl auf die Exportindustrie als auch auf die stärker binnenwirtschaftlich ausgerichteten Branchen zu. Im Warenexport erleben derzeit die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie, die Textil- und die Uhrenindustrie eine deutliche Belebung der internationalen Nachfrage, sodass im Vergleich zum krisenhaften 2020 ein starkes Wachstum resultiert. Ähnliches gilt für diejenigen Branchen, die direkt oder indirekt stark von behördlichen Schliessungen und Auflagen belastet wurden. So nimmt die Wertschöpfung im gesamten Reiseverkehr, im Tourismus, in der Gastronomie oder im Detailhandel wieder deutlich zu. Allerdings bedeutet dies nicht, dass 2021 schon das Vorkrisenniveau erreicht würde: Der internationale Reiseverkehr erholt sich nur allmählich, und es werden noch Monate vergehen, bis Messen, Kongresse und grosse Veranstaltungen im gleichen Umfang wie vor der Krise durchgeführt werden. In der Flugverkehrsbranche, in der Hotellerie und im Eventbereich wird die Erholung daher erst deutlich verzögert eintreten.

Weiterhin positive Entwicklung der Trendbranchen

Die wirtschaftliche Erholung beschränkt sich aber nicht nur auf Industrien, welche besonders unter der Pandemie gelitten haben. Auch Branchen, die 2020 ihre Wertschöpfung halten oder gar ausbauen konnten, blicken optimistisch in die Zukunft. So ist der Wachstumstrend der chemisch-pharmazeutischen Industrie und der Medizintechnikbranche ungebrochen. Sie werden auch dieses und nächstes Jahr zulegen können, insbesondere in denjenigen Segmenten, welche durch die Krise negativ belastet worden sind. Ebenfalls wachsen wird das Schweizer Gesundheitswesen insgesamt. Im Dienstleistungsbereich hält der Wachstumstrend bei den Versicherungen an. Auch die Wertschöpfung der Banken steigt in diesem und im nächsten Jahr, allerdings etwas weniger dynamisch. Das zwar positive, aber dennoch herausfordernde wirtschaftliche Umfeld sorgt auch für eine anhaltend starke Nachfrage nach Unternehmensberatungsdienstleistungen. Parallel zum starken Wachstum der Gesamtwirtschaft belebt sich auch die Nachfrage nach Dienstleistungen von Personalvermittlern.

Etwas anders gelagert ist die Situation auf dem Bau. Während hier 2020 ein leichter Rückgang auf hohem Niveau zu verzeichnen war, steigt die Wertschöpfung 2021 wieder an. Die Auftragseingänge des Bauhauptgewerbes sind gegenüber 2020 deutlich gestiegen. Dämpfend wirken allerdings die teilweise stark gestiegenen Preise für Baumaterialien. Es kann insgesamt davon ausgegangen werden, dass sowohl der private Wohnungsbau und der Wirtschaftsbau als auch das Bauvolumen von öffentlichen Körperschaften in diesem und im nächsten Jahr zunimmt. Auch in der Nahrungsmittelindustrie ist von einer leicht steigenden Wertschöpfung in diesem und nächsten Jahr auszugehen. Im Gegensatz zu den Wachstumsbranchen sorgen die erforderlichen Strukturanpassungen in der Telekommunikation oder in der Druckindustrie aber weiterhin für negative Wachstumsraten.

Privater Konsum legt stark zu

Viele Konsumentinnen und Konsumenten haben während der Pandemie viel Geld gespart. Zudem haben die umfangreichen staatlichen Unterstützungsleistungen, vor allem die Kurzarbeitsentschädigung, einen Einbruch der Einkommen verhindert und die Reallöhne sind trotz Krise gestiegen. Zudem stützen die sinkende Arbeitslosenquote und der Rückgang der Kurzarbeit den privaten Konsum, der im Vergleich zum Vorjahr insgesamt stark zunimmt. Ausserdem steigen die Privatinvestitionen deutlich, nachdem letztes Jahr aufgrund der grossen Verunsicherung viele Projekte zurückgestellt worden waren.

Insgesamt wird das reale BIP 2021 um 3,4 Prozent wachsen. Damit sollte das Vorkrisenniveau im vierten Quartal wieder erreicht werden. Auch für das nächste Jahr stehen die Zeichen auf Erholung, sodass das BIP nochmals knapp drei Prozent zulegen kann.

Inflation zurück im positiven Bereich, Arbeitslosenquote sinkt

Der breit getragene Aufschwung führt dazu, dass in vielen Fällen die Rückkehr aus der Kurzarbeit an den Arbeitsplatz möglich ist oder eine neue Beschäftigung gefunden werden kann und es nicht zu einer erhöhten Arbeitslosigkeit kommt. So wird die Arbeitslosenquote 2022 wieder unter die Drei-Prozent-Marke fallen. Trotz der raschen wirtschaftlichen Erholung ist nicht mit stark steigenden Konsumentenpreisen in der Schweiz zu rechnen. Zwar wird es zu Preiserhöhungen aufgrund von Knappheiten, Lieferverzögerungen und steigenden Rohstoff- und Transportkosten kommen. Die starke Konkurrenz aus dem Ausland und die nach wie vor vorhandene Outputlücke verhindern aber eine deutliche Erhöhung der Produzentenpreise in der Schweiz. Aufgrund des wiederaufkommenden Einkaufstourismus, der vermehrten Online-Einkäufe und der besseren Preistransparenz lassen sich Preisaufschläge im Schweizer Markt auf breiter Front nicht einfach durchsetzen. Die Inflationsrate wird aber wieder in den positiven Bereich zurückkehren.

Steigende Verschuldung, hohe Vermögenswerte, unsicherer Pandemieverlauf

Das grösste Risiko für die Schweizer Konjunktur ist nach wie vor die Pandemie: Sollte die epidemiologische Lage erneut ausser Kontrolle geraten, hätte dies schwerwiegende Konsequenzen für die weltwirtschaftliche Entwicklung. Damit die positiven Aussichten nicht getrübt werden, muss daher die weitgehende Durchimpfung der Bevölkerung bis in den Herbst gelingen. Ein zweites grosses Risiko ist mit der langjährigen Tiefzinspolitik verbunden. Diese ist wesentlich dafür verantwortlich, dass die Verschuldung der Privaten und der öffentlichen Haushalte in vielen Ländern stark angestiegen ist. Die Pandemie hat nun zu einem weiteren Verschuldungsschub geführt. Das Risiko von unkontrollierten Entwicklungen an den Finanzmärkten, das Ausbrechen einer zweiten Euro-Krise oder ein Wiedererstarken des Frankens sind daher nicht auszuschliessen. Auch die anhaltend steigenden Immobilienpreise in vielen Ländern, auch in der Schweiz, erhöhen das Risiko von abrupten Marktkorrekturen in der Zukunft. Ein drittes Risiko für die Konjunktur stellt die internationale Politik dar. Beispielsweise schwelt der Handelskonflikt zwischen den USA und China weiter, nationalistische Tendenzen können den Welthandel künftig stärker behindern. Und schliesslich zeigt sich ein neues, zuletzt etwas in Vergessenheit geratenes Abwärtsrisiko: die Inflation. Zwar ist in der Schweiz nicht mit stark steigenden Preisen zu rechnen. Rohstoffpreissteigerungen, verbunden mit einer anhaltend expansiven Geldpolitik, könnten die Inflation aber weltweit zurückbringen. Dies würde die Gefahr bergen, dass es auch in der Schweiz mittelfristig zu einer Lohnpreisspirale kommen könnte.

 

Prognosen Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung                                                          

Veränderung gegenüber Vorjahr (%)        

 

2018

2019

2020

2021 P

2022 P

Bruttoinlandprodukt, real

3.0

1.1

-2.6

3.4

2.8

Privater Konsum

0.8

1.4

-4.4

3.8

2.5

Öffentlicher Konsum

0.9

0.9

3.6

2.6

-1.2

Bauinvestitionen

0.0

-0.5

-1.0

0.9

0.5

Ausrüstungsinvestitionen

1.2

2.2

-2.9

4.0

3.4

           

Exporte (Total)1

5.0

2.1

-5.2

7.0

4.5

Importe (Total)1

3.3

2.5

-8.7

7.4

3.5

           

1 Ohne nicht monetäres Gold und Wertsachen

           

Prognosen Preise und Arbeitsmarkt

Inflationsrate

0.9

0.4

-0.7

0.5

0.8

Arbeitslosenquote

2.5

2.3

3.1

3.2

2.9

 

Exogene Annahmen*

     
 

2021

2022

 

Wechselkurs CHF/Euro

1.08

1.08

 

Wechselkurs CHF/$

0.90

0.90

 

Ölpreis in $

70

75

 

Wachstumsrate U.S.

6.4

3.5

 

Wachstumsrate Euro-Zone

4.4

4.0

 

Wachstumsrate China

8.6

5.8

 

Kurzfristige Zinsen

-0.7

-0.7

 

Rendite Bundesobligationen

-0.2

0.0

 
       

* Inputgrössen für die Schätzung der Konjunkturprognosen