Wettbewerbsrecht

Das Wett­be­werbs­recht braucht eine um­fas­sen­de Re­vi­si­on

Der Bun­des­rat hält die Re­vi­si­on des Kar­tell­ge­set­zes in der Ver­nehm­las­sung klein und fo­kus­siert sich auf ei­ni­ge kaum um­strit­te­ne Punk­te. Für die Wirt­schaft wich­ti­ge Punk­te wer­den schon gar nicht adres­siert. Für ein zu­kunfts­be­stän­di­ges Kar­tell­ge­setz braucht es daher eine um­fas­sen­de Re­vi­si­ons­vor­la­ge, ein­schliess­lich einer In­sti­tu­tio­nen­re­form.

Nach dem ge­schei­ter­ten Re­vi­si­ons­vor­ha­ben im Jahr 2014 star­te­te der Bun­des­rat heute einen neuen Ver­such, das Kar­tell­ge­setz in Tei­len zu re­vi­die­ren. Kern­ele­ment bil­det aus Sicht des Bun­des­rats die Mo­der­ni­sie­rung der schwei­ze­ri­schen Fu­si­ons­kon­trol­le. Dabei soll vom qua­li­fi­zier­ten Markt­be­herr­schungs­test zum Si­gni­fi­cant Im­pe­di­ment to Ef­fec­tive Com­pe­ti­ti­on-Test (SIEC-Test) ge­wech­selt und da­durch der Prüf­stan­dard an die in­ter­na­tio­na­le Pra­xis an­ge­passt wer­den.

Neben der Mo­der­ni­sie­rung der Fu­si­ons­kon­trol­le um­fasst die Ver­nehm­las­sungs­vor­la­ge zudem auch die Ver­bes­se­rung des Wi­der­spruchs­ver­fah­rens. Die­ses soll den be­trof­fe­nen Un­ter­neh­men er­mög­li­chen, früh­zei­tig Pla­nungs­si­cher­heit über al­len­falls kar­tell­recht­lich heik­le Ver­hal­tens­wei­sen zu er­hal­ten. Auch soll das kar­tell­recht­li­che Zi­vil­ver­fah­ren an­ge­passt wer­den. Schliess­lich wur­den die For­de­run­gen der Mo­ti­on Four­nier (16.4094) mit der Ein­füh­rung von Ord­nungs­fris­ten sowie der Par­tei­ent­schä­di­gung vor der WEKO in die Teil­re­vi­si­on mit­ein­be­zo­gen. Eben­so die Um­set­zung der Mo­ti­on Français (18.4282), deren Ziel in der Prä­zi­sie­rung der Er­heb­lich­keit im Sinne von Ar­ti­kel 5 im Kar­tell­ge­setz für ge­wis­se Typen von Wett­be­werbs­ab­re­den be­steht.

Die An­lie­gen von 2014 blei­ben ak­tu­el­ler denn je

Im Ver­gleich zur Re­vi­si­on von 2014 fällt die heute ge­star­te­te Re­vi­si­on deut­lich klei­ner aus. Das da­ma­li­ge Vor­ha­ben hatte unter an­de­rem auch die In­sti­tu­tio­nen­re­form und die Ein­füh­rung von straf­mil­dern­den Com­p­li­an­ce-Pro­gram­men be­rück­sich­tigt. Lei­der schei­ter­te die Vor­la­ge da­mals im Par­la­ment. Die da­mals dis­ku­tier­ten The­men sind aber ak­tu­el­ler denn je und soll­ten nun kei­nes­falls auf die lange Bank ge­scho­ben wer­den.

Der Re­vi­si­ons­be­darf im Wett­be­werbs­recht ist enorm

Be­grüs­sens­wert an der neuen Vor­la­ge sind ein­zel­ne Punk­te, dar­un­ter die Be­rück­sich­ti­gung zi­vil­recht­li­cher Ent­schä­di­gungs­leis­tun­gen bei der Sank­ti­ons­be­mes­sung sowie die Ver­bes­se­rung des Wi­der­spruchs­ver­fah­rens. Diese Ver­bes­se­run­gen rei­chen aber bei Wei­tem nicht aus, um eine Re­vi­si­on zu recht­fer­ti­gen. Es braucht mu­ti­ge Schrit­te, auch wenn diese po­li­tisch nicht ein­fach um­zu­set­zen sein wer­den. So muss das Par­la­ment eine In­sti­tu­tio­nen­re­form an die Hand neh­men. Damit soll die Tren­nung von Un­ter­su­chungs- und Ent­schei­dungs­kom­pe­tenz der Wett­be­werbs­be­hör­de er­zielt wer­den. Zu­sätz­lich ist die Ein­füh­rung von straf­mil­dern­den Com­p­li­an­ce-Pro­gram­men zwin­gend, da damit die Un­ter­neh­men zu­sätz­lich mo­ti­viert wer­den, ihre Pro­zes­se kon­stant zu ver­bes­sern.

Ver­pass­te Chan­ce in einem zen­tra­len Rechts­ge­biet

Der Bun­des­rat ver­passt mit der heute prä­sen­tier­ten Vor­la­ge die Mög­lich­keit, eine grös­se­re Re­vi­si­on in einem für die Wirt­schaft sehr wich­ti­gen Rechts­ge­biet vor­zu­neh­men. eco­no­mie­su­is­se wird die Vor­la­ge im De­tail stu­die­ren, bei den Mit­glie­dern kon­sul­tie­ren und sich an­schlies­send im Rah­men der Stel­lung­nah­me ein­brin­gen. Eine grund­sätz­li­che Über­ar­bei­tung und Er­wei­te­rung der Vor­la­ge er­scheint zum heu­ti­gen Zeit­punkt un­ab­ding­bar. Der Re­spekt vor der po­li­tisch an­spruchs­vol­len Dis­kus­si­on ein­zel­ner Re­vi­si­ons­punk­te soll­te kei­nen Grund dar­stel­len, wich­ti­ge und of­fen­sicht­lich not­wen­di­ge Re­vi­si­ons­punk­te nun von vorn­her­ein gar nicht an­zu­ge­hen.