Zwei Füsse stehen vor zwei Pfeilen. Nach links zeigt der Pfeil mit Grossbritanniens Flagge, nach rechts der Pfeil mit der EU Flagge

Brex­it am 31. Ja­nu­ar 2020 – und nun?

Heute wird der Brex­it Tat­sa­che. Nach dem 31. Ja­nu­ar 2020 ist Gross­bri­tan­ni­en for­mell nicht mehr Mit­glied der Eu­ro­päi­schen Union. Was än­dert sich nun aber kurz­fris­tig tat­säch­lich? Und wie ist die Schweiz vom Brex­it be­trof­fen? Wir geben Ant­wor­ten auf die drei wich­tigs­ten Fra­gen.

Gut drei­ein­halb Jahre nach­dem sich das bri­ti­sche Stimm­volk mit 52 Pro­zent für den Aus­tritt aus der Eu­ro­päi­schen Union (EU) aus­ge­spro­chen hat, wird der Brex­it nun heute Tat­sa­che. Die hin­ter Deutsch­land zweit­gröss­te Volks­wirt­schaft des Kon­ti­nents und gleich­zei­tig der zweit­wich­tigs­te EU-Bei­trags­zah­ler schafft damit eine his­to­ri­sche Zäsur der eu­ro­päi­schen In­te­gra­ti­on. 

Nach Brex­it: Was ge­schieht am 1. Fe­bru­ar 2020?

Ei­gent­lich nicht viel. Zwar ver­liert Gross­bri­tan­ni­en mit dem Brex­it ab die­sem Tag sämt­li­che Ent­schei­dungs­rech­te in­ner­halb der EU. Min­des­tens bis Ende 2020 gilt je­doch eine Über­gangs­pe­ri­ode. Wäh­rend­des­sen pro­fi­tiert das Ver­ei­nig­te Kö­nig­reich wei­ter­hin von den Frei­hei­ten des Bin­nen­markts (frei­er Ver­kehr von Waren, Dienst­leis­tun­gen, Per­so­nen und Ka­pi­tal) sowie von sämt­li­chen Han­dels­ver­trä­gen der EU. Auch das EU-Recht und die Recht­spre­chung des Eu­ro­päi­schen Ge­richts­hofs blei­ben für Gross­bri­tan­ni­en ver­bind­lich. Zudem müs­sen wei­ter Bei­trags­zah­lun­gen ins EU-Bud­get ent­rich­tet wer­den. 

Gleich­zei­tig er­hält Gross­bri­tan­ni­en die Kom­pe­tenz, Han­dels­ver­trä­ge für die Zeit nach Ab­lauf der Über­gangs­pe­ri­ode aus­zu­han­deln. Auch das künf­ti­ge Ver­hält­nis zur EU soll in den ver­blei­ben­den elf Mo­na­ten ge­re­gelt wer­den. Ent­spre­chen­de Ver­hand­lun­gen dürf­ten je­doch nicht vor März die­ses Jah­res be­gin­nen.

Nach Über­gangs­pha­se: Was ge­schieht am 1. Ja­nu­ar 2021? 

Das ist we­ni­ger klar. Zwar be­steht die Mög­lich­keit, die Über­gangs­pe­ri­ode in ge­gen­sei­ti­gem Ein­ver­neh­men um ma­xi­mal zwei wei­te­re Jahre zu ver­län­gern. Boris John­son, bri­ti­scher Pre­mier­mi­nis­ter, hat je­doch schon früh si­gna­li­siert, dass er dies unter allen Um­stän­den ver­mei­den will. Er müss­te der EU einen ent­spre­chen­den An­trag spä­tes­tens Ende Juni 2020 über­mit­teln. Klar ist: die Zeit für Ver­hand­lun­gen über die künf­ti­gen EU-UK-Be­zie­hun­gen ist äus­serst knapp. 

Zwei Sze­na­ri­en sind denk­bar: Die Über­gangs­pe­ri­ode endet per 31. De­zem­ber 2020 ohne An­schluss­lö­sung oder beide Sei­ten ei­ni­gen sich auf einen klei­nen Han­dels­de­al, der je­doch wich­ti­ge re­gu­la­to­ri­sche Fra­gen und wohl auch Dienst­leis­tun­gen mehr­heit­lich aus­klam­mert, re­spek­ti­ve auf spä­te­re Ver­hand­lun­gen ver­schiebt. Bei­des wäre für die stark ver­netz­te eu­ro­päi­sche Wirt­schaft eine Schlech­ter­stel­lung im Ver­gleich zum Sta­tus quo. 

Wie steht es um die Schweiz?

Die Schweiz hat den Brex­it weit­ge­hend unter Kon­trol­le. Ei­ner­seits än­dert sich auf­grund der Über­gangs­pe­ri­ode vor­erst auch für die Schweiz nichts: Es sind wei­ter­hin die bi­la­te­ra­len Ver­trä­ge mit der EU, wel­che die Be­zie­hun­gen zu Gross­bri­tan­ni­en re­geln. Aber auch für die Zeit da­nach konn­te mit der bun­des­rät­li­chen Stra­te­gie «mind the gap» Rechts­si­cher­heit ge­schaf­fen wer­den: Sechs Ver­trä­ge mit dem Ver­ei­nig­ten Kö­nig­reich in den Be­rei­chen Han­del, Ver­si­che­run­gen, Land-, Luft- und Per­so­nen­ver­kehr ge­währ­leis­ten den Sta­tus quo gröss­ten­teils. 

Nun gilt es, rasch einen Schritt wei­ter­zu­ge­hen und die noch vor­han­de­nen Lü­cken zu schlies­sen. Dar­über hin­aus be­ste­hen ins­be­son­de­re im Fi­nanz­dienst­leis­tungs­be­reich noch be­trächt­li­che Li­be­ra­li­sie­rungs­po­ten­zia­le. Al­ler­dings gilt auch für die Schweiz: Ohne an­ge­mes­se­ne EU-UK-An­schluss­lö­sung sind neue Han­dels­hemm­nis­se nicht aus­zu­schlies­sen.