Ausnahmen vom Cassis-de-Dijon-Prinzip: Stopp der Abschottungspolitik

Das Parlament will unter dem Deckmantel des Konsumentenschutzes das Cassis-de-Dijon-Prinzip einschränken und damit den Schweizer Markt wieder abschotten. Entgegen den Rufen nach tieferen Preisen würde damit die Hochpreisinsel Schweiz zementiert. Es ist zu hoffen, dass die vorberatende Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats an ihrer Sitzung am nächsten Montag den ökonomischen Überlegungen Vorrang vor populistischer Isolation gibt.
Konsumentinnen und Konsumenten sollen diejenigen Produkte kaufen können, die ihre Bedürfnisse am besten befriedigen: Für die einen spielt der Preis, für andere die Qualität, wiederum für andere die Produktionsweise oder gar der Standort der Anbieter eine entscheidende Rolle. Wenn der Wettbewerb spielt, kommen alle zum Zug. Wird der Wettbewerb eingeschränkt, zum Beispiel durch technische Handelshemmnisse, durch zu rigorose Produktionsvorschriften oder durch protektionistische Massnahmen, schrumpft das Angebot, sinkt die Qualität oder steigen die Preise der Produkte. Zu wessen Nutzen? Eines ist sicher: nicht zu jenem der Konsumentinnen und Konsumenten.

Es ist deshalb paradox, dass gerade unter dem Deckmantel des Konsumentenschutzes immer wieder solche wettbewerbseinschränkenden Massnahmen gefordert werden. So sollen zum Beispiel Lebensmittel vom Cassis-de-Dijon-Prinzip ausgenommen werden, welches erlaubt, dass Produkte, die in der EU gesetzeskonform hergestellt worden sind, auch in der Schweiz verkauft werden können. Dies obwohl Lebensmittel, die nach diesem Prinzip eingeführt werden, eine Bewilligung des Bundesamts für Gesundheit (BAG) benötigen. Als Grund angeführt werden die Lebensmittelsicherheit, mangelnde Information der Konsumenten oder deren hohes Qualitätsbewusstsein. Doch das sind nur vermeintliche Gründe, denn sie sind durch die geltende schweizerische Gesetzgebung bereits sichergestellt.

Konsumentinnen und Konsumenten bezahlen den Schutz unserer Landwirtschaft mit höheren Preisen
Vielmehr geht es darum, den hiesigen Markt mit sogenannten technischen Handelshemmnissen abzuschotten und der Landwirtschaft den Absatz zu sichern. Dass dadurch etwa Budgetprodukte zahlreicher Detaillisten, von welchen viele Familien und Personen mit niedrigen Einkommen profitieren, aus den Regalen zu verschwinden drohen, scheint nicht bedacht oder schlicht in Kauf genommen zu werden. Das Preisniveau in der Schweiz wird steigen statt sinken. Dies ist vor dem Hintergrund des starken Frankens eine ökonomisch kontraproduktive und mehr als fragwürdige Entwicklung.

Das Gleiche gilt grundsätzlich für alle Vorhaben, die in die Preisbildung eingreifen oder den Wettbewerb unverhältnismässig hindern. Sie gilt es entschieden zurückzuweisen. Ein Beispiel dafür ist die Motion Birrer-Heimo, die massive staatliche Eingriffe in die Preisgestaltung im In- und Ausland fordert, aber kaum durchsetzbar, nicht zielführend und gar kontraproduktiv ist, weil sie Schweizer Exportfirmen hindert. Vielmehr sollten in der Schweiz alle kostentreibenden Faktoren (Gebühren, Regulierungen usw.) gezielt gesenkt werden. Bei allem Verständnis für den politischen Druck: keinesfalls darf er dazu führen, dass ökonomische Gesetzmässigkeiten und Prinzipien ausgehebelt werden. Denn das schafft nur Verlierer auf allen Seiten.