Billiges EZB-Geld verschleppt Reformen
Die Schuldenkrise in der Eurozone gleicht mehr und mehr einem Gordischen Knoten: Auch nach zwei Jahren und unzähligen Krisentreffen weiss niemand recht, wie sie rasch und möglichst schmerzlos zu lösen wäre. In dieser Situation greift nun die Europäische Zentralbank (EZB) zum Zweihänder. Von jenen Staaten, die die Hilfe des Europäischen Rettungsschirms beanspruchen, will sie künftig unbeschränkt Staatsanleihen aufkaufen.
Die Idee ist verführerisch und wurde von den Finanzmärkten auch positiv aufgenommen. Doch diese kurzfristige Erleichterung hat einen hohen Preis: Die erforderliche Unabhängigkeit der EZB von der Politik wird eingeschränkt. Damit verlässt diese so wichtige Institution den Pfad der Tugend nach dem Vorbild der Deutschen Bundesbank endgültig und wird eine im angelsächsischen Stil geführte Zentralbank, die nicht mehr prioritär der Preisstabilität verpflichtet ist.
Ob diese strategische Neuorientierung längerfristig das Vertrauen zurückbringen kann, ist mehr als fraglich. Denn bereits mit dem Rettungsschirm für Griechenland, vielmehr aber noch mit dem jüngsten Schritt der EZB betreiben die Euro-Länder eine gefährliche Monetarisierung staatlicher Defizite und betreten damit Neuland. Die faktisch unbeschränkte Verfügbarkeit von «billigem» Geld verleitet Regierungen erfahrungsgemäss dazu, unbequeme, aber erforderliche Strukturreformen auf die lange Bank zu schieben.