
Richtlinien für Institutionelle Investoren zur Ausübung ihrer Mitwirkungsrechte bei Aktiengesellschaften
Institutionelle Investoren bekennen sich zu ihrer Verantwortung bei der Ausübung ihrer Mitwirkungsrechte.
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Swiss Investor Code: Richtlinien
Zur Bekräftigung dieser Verantwortung haben die Träger der «Richtlinien für Institutionelle Investoren zur Ausübung ihrer Mitwirkungsrechte bei Aktiengesellschaften» («Richtlinien») die nachfolgenden fünf Grundsätze verfasst:
Die Richtlinien betreffen die Ausübung der Mitwirkungsrechte bei den schweizerischen Publikumsgesellschaften. Jedoch können ihnen auch für die Ausübung der Mitwirkungsrechte bei ausländischen oder nicht kotierten Gesellschaften oder Organisationen (auch in anderer Rechtsform als derjenigen einer Aktiengesellschaft) zweckmässige Grundsätze entnommen werden.
Grundsätze des Swiss Investors Code
Die Institutionellen Investoren sind sich ihrer besonderen Verantwortung gegenüber ihren Anlegern bewusst; sie beachten ihre wichtige Rolle für eine langfristig wirksame Corporate Governance der Gesellschaften, an denen sie Beteiligungspapiere halten. Sie üben ihre Mitwirkungsrechte sorgfältig und im Interesse ihrer Anleger aus. Die Träger der Richtlinien haben zu diesem Zweck die nachfolgenden fünf Grundsätze verfasst. Institutionelle Investoren, die sich den Richtlinien anschliessen, halten diese Grundsätze ein oder begründen im Rechenschaftsbericht oder auf ihrer Website, weshalb sie von einzelnen Grundsätzen abweichen («comply or explain»).
Die Ausübung der Mitwirkungsrechte ist für die Institutionellen Anleger geboten, wenn der damit verbundene Aufwand für die Wahrnehmung der Anlegerinteressen vertretbar ist und angemessen erscheint. Zur Ausübung der Mitwirkungsrechte gehört insbesondere die Eintragung ins Aktienregister als Aktionär mit Stimmrecht und die Ausübung der Stimmrechte an der Generalversammlung. Institutionelle Investoren legen in ihren Grundsätzen fest, in welchen Situationen ausgeliehene Beteiligungspapiere («Securities Lending») zur Ausübung ihrer Mitwirkungsrechte zurückgerufen werden.
Die Ausübung der Mitwirkungsrechte erfolgt im Interesse der Anleger. Dabei lassen sich die Institutionellen Anleger – sofern die Anlagerichtlinien nichts Abweichendes vorsehen – von einem längerfristigen und nachhaltigen Ansatz leiten. Die Institutionellen Investoren tragen bei der Ausübung ihrer Mitwirkungsrechte den konkreten Umständen des Einzelfalls nach Möglichkeit Rechnung; eine undifferenzierte Befolgung starrer Grundsätze («one size fits all») ist zu vermeiden. Die Institutionellen Investoren legen in ihren Grundsätzen fest, wie sie ihre Mitwirkungsrechte ausüben. Sie können ihre Meinung im angemessenen Dialog mit den betroffenen Gesellschaften bilden. Bei kontroversen Themen suchen sie gegebenenfalls den Kontakt mit den betroffenen Gesellschaften. Die Institutionellen Investoren üben ihre Mitwirkungsrechte unabhängig von politischen Vorgaben oder Instruktionen Dritter aus. Die Institutionellen Investoren haben Interessenkonflikte zu vermeiden. Unvermeidbare Interessenkonflikte haben sie offenzulegen und mit geeigneten Massnahmen zu bewältigen.
Die Institutionellen Investoren können die Verantwortung für die Ausübung ihrer Mitwirkungsrechte nicht auf Dritte übertragen. Dies schliesst die Übertragung der Stimmrechtsausübung im Rahmen eines Vermögensverwaltungsmandates nicht aus, sofern die Stimmrechtsausübung den festgelegten Grundsätzen entspricht. Auch die Inanspruchnahme der Dienstleistungen von Stimmrechtsberatern («proxyadvisors») ist zulässig. Die Institutionellen Investoren haben ihre Stimmrechtsbeauftragten und Stimmrechtsberater sorgfältig auszuwählen. Sie sorgen ausserdem für eine adäquate Instruktion und Überwachung.
Die Institutionellen Investoren haben die Empfehlungen ihrer Stimmrechtsberater kritisch zu hinterfragen und insbesondere auf mögliche Interessenkonflikte zu überprüfen. Sie sorgen dafür, dass die Stimmrechtsberater allfällige Interessenkonflikte offenlegen und geeignete Massnahmen ergreifen. Bei kontroversen Themen informieren die Stimmrechtsberater die betroffenen Gesellschaften vorab über ihre Empfehlungen. «Securities Lending» vor Generalversammlungen ist nach Möglichkeit zu unterlassen oder zu unterbrechen, sofern kontroverse Traktanden zur Abstimmung kommen, welche aus Sicht des Anlegerinteresses wichtig erscheinen.
Die Grundsätze und Verfahren der Ausübung der Mitwirkungsrechte der Institutionellen Investoren sind so offenzulegen, dass eine wirkungsvolle Überprüfung ermöglicht wird. Die Institutionellen Investoren haben die Grundsätze für die Ausübung ihrer Mitwirkungsrechte, insbesondere der Stimmrechte (sog. «Stimmrechtsrichtlinien»), sowie das Verfahren, wie der Entscheid über die effektive Ausübung der Mitwirkungsrechte gefällt wird, in einem schriftlichen Reglement festzuhalten.
Das Reglement hält auch fest, ob und wie sich Institutionelle Investoren mit anderen Investoren bei der Ausübung ihrer Mitwirkungsrechte koordinieren oder die Dienstleistungen von Stimmrechtsberatern in Anspruch nehmen.
Die Institutionellen Investoren legen in einem zusammenfassenden Bericht mindestens einmal jährlich Rechenschaft über die von ihnen ausgeübten Mitwirkungsrechte ab («Rechenschaftsbericht»). Das Abstimmungsverhalten im Einzelfall muss nicht offengelegt werden. Die Institutionellen Investoren haben im Rechenschaftsbericht offenzulegen, inwieweit sie ihre Stimmausübung an Vermögensverwalter übertragen oder Stimmrechtsberater beigezogen haben und wie die entsprechenden Beziehungen ausgestaltet sind.
- Anleger: Dritte, welche den Institutionellen Investoren treuhänderisch Vermögenswerte anvertrauen. Die Versicherten bzw. Destinatäre bei den Vorsorgeeinrichtungen werden damit ebenfalls erfasst.
- Beteiligungspapiere: Wertpapiere und Wertrechte, die ein Beteiligungsrecht an einer Gesellschaft verkörpern. Für diese Richtlinien relevant sind insbesondere mit Mitwirkungsrechten verbundene Wertpapiere, namentlich Aktien.
- Institutionelle Investoren :Investoren, die berufsmässig Beteiligungspapiere treuhänderisch für Anleger halten.
- Mitwirkungsrechte: Rechte, die den Aktionären die Mitwirkung in Gesellschaftsangelegenheiten einräumen, namentlich das Recht auf Teilnahme sowie das Stimmrecht an der Generalversammlung.
Swiss Investors Code: Kontext
Die «Richtlinien für Institutionelle Investoren zur Ausübung ihrer Mitwirkungsrechte bei Aktiengesellschaften» («Richtlinien») beschreiben Best-Practices bei der Ausübung von Mitwirkungsrechten. Andere Aspekte des verantwortlichen Investierens, wie etwa der angemessene Dialog zwischen Institutionellem Investor und Gesellschaft, werden nur am Rande adressiert und sollen keineswegs verhindert werden. Mit der freiwilligen Annahme dieser Regeln setzen die Institutionellen Investoren ein deutliches Signal, ihre Verantwortung gegenüber den Anlegern ernst zu nehmen. Die Institutionellen Investoren konkretisieren damit die an sie gerichteten Vorgaben zur Wahrnehmung der Mitwirkungsrechte und setzen diese um.
Im Sommer 2011 haben economiesuisse, Institutionelle Investoren, Stimmrechtsberater und Regulierungsbehörden zusammen die Richtlinien initiiert. Sie gehen auf den wachsenden Druck politischer Kreise zurück, die von Institutionellen Investoren eine systematischere Wahrnehmung ihrer Rechte erwarten. Neben dem «Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance» (Swiss Code), der sich an die börsenkotierten Unternehmen richtet, ergänzen die vorliegenden Richtlinien die auf dem Markt verfügbaren Selbstregulierungsinstrumente der «Good Corporate Governance» im Bereich der Mitwirkungsrechte. Damit positioniert sich die Schweizer Wirtschaft in der Spitzengruppe der Finanzplätze in diesem Bereich.
Institutionelle Investoren wie Vorsorgeeinrichtungen, Versicherungen oder Anlagefonds tragen mit ihrer Stimmrechtsausübung eine grosse Verantwortung. Entsprechend wichtig ist, dass auch sie – wie die börsenkotierten Unternehmen – im Bereich der Mitwirkungsrechte über eine «Good Corporate Governance» verfügen. Weil es den meisten Institutionellen Investoren aus Kapazitätsgründen unmöglich ist, bei sämtlichen von ihnen gehaltenen Aktien eine vertiefte Analyse über die an den Generalversammlungen abzustimmenden Traktanden vorzunehmen, greifen sie gerne auf die Dienste von Stimmrechtsberatern (sog. «Proxy Advisors») zurück. Folglich üben diese Stimmrechtsberater einen erheblichen Einfluss auf die einzelnen Abstimmungen an den Generalversammlungen der kotierten Gesellschaften aus. Die Grundlagen und Prozesse, aufgrund welcher die Institutionellen Investoren ihre Mitwirkungsrechte ausüben und die Stimmrechtsberater ihre konkreten Abstimmungsempfehlungen abgeben, sind oft nicht hinreichend bekannt und offengelegt. Zudem können Letztere Interessenkonflikten ausgesetzt sein.
Der Gedanke, dass Institutionelle Investoren ihre Mitwirkungsrechte ausüben und im Bereich der Mitwirkungsrechte selber über eine «Good Corporate Governance» verfügen sollen, ist nicht neu. In der Schweiz verlangt Art. 49a Abs. 2 lit. b BVV bereits seit einigen Jahren, dass das oberste Organ der Vorsorgeeinrichtungen Regeln aufzustellen hat, die bei der Ausübung der Aktionärsrechte der Vorsorgeeinrichtung zur Anwendung gelangen. Zudem bestimmt Art. 23 Abs. 1 KAG für Anlagefonds, dass die mit den Anlagen verbundenen Mitgliedschafts- und Gläubigerrechte von der Fondsleitung unabhängig und ausschliesslich im Interesse der Anlegerinnen und Anleger auszuüben sind. Der Schweizerische Pensionskassenverband ASIP sowie die Swiss Funds Association SFA sprechen in ihren Verhaltensrichtlinien die Ausübung der Mitwirkungsrechte durch die Institutionellen Investoren teilweise ebenfalls an. In England wurde im Juli 2010 der sogenannte «UK Stewardship Code» publiziert. Dieser formuliert in sieben Grundsätzen einen konkreten Verhaltenskodex für Institutionelle Investoren. Ähnliche Kodizes sind in anderen Ländern in Ausarbeitung; auch das von der Europäischen Kommission 2011 publizierte «Grünbuch zum Europäischen Corporate Governance-Rahmen» sowie der kürzlich veröffentlichte «Aktionsplan: Europäisches Gesellschaftsrecht und Corporate Governance – ein moderner Rechtsrahmen für engagiertere Aktionäre und besser überlebensfähige Unternehmen» widmen sich ausführlich diesen Fragen.
Die Richtlinien sind ein pragmatischer schweizerischer Ansatz. Wie der Swiss Code für die schweizerischen Publikumsgesellschaften sind auch die in den Richtlinien beschriebenen Best-Practices für Institutionelle Investoren prinzipienbasiert und verzichten auf detaillierte Vorgaben. Sie werden periodisch überprüft und gegebenenfalls aufdatiert.
Die Richtlinien gehören zur «Selbstregulierung», denen sich Institutionelle Investoren und Stimmrechtsberater freiwillig unterstellen können, wenn sie mit den darin enthaltenen Prinzipien grundsätzlich einverstanden sind. Bei einer Selbstunterstellung bleibt es aber möglich, von einzelnen Regeln abzuweichen (Grundsatz des «Comply or Explain»).
Auch wenn es letztlich jedem einzelnen Institutionellen Investor und Stimmrechtsberater überlassen sein wird, sich freiwillig den Richtlinien zu unterstellen, ist es für die Akzeptanz der Richtlinien wichtig, dass diese breit anerkannt und abgestützt sind. Umgekehrt soll eine Anerkennung der Richtlinien den beteiligten Organisationen Gelegenheit bieten, sich als engagierte Unterstützer einer «Good Corporate Governance» im Bereich der Ausübung ihrer Mitwirkungsrechte darzustellen.
Die Herausgeber der Richtlinien wünschen, dass die Anlegergemeinschaft die Relevanz der Richtlinien erkennt und begrüsst: Letztlich geht es um ihre eigenen Interessen, jene der schweizerischen Publikumsgesellschaften und darüber hinaus um das Funktionieren des Marktes und der Schweizer Wirtschaft generell.
Swiss Investors Code: Träger
Nachstehende Organisationen bekennen sich nach dem Grundsatz „comply or explain“ zum Inhalt der Richtlinien. Von den Richtlinien abweichende Praktiken sind entsprechend zu begründen. Die geäusserten Vorbehalte oder Kommentare zu den Richtlinien sind über die nachfolgenden Links einsehbar. Zudem publizieren die Organisationen ihre Trägerschaft auf ihrer Internetseite und im Geschäftsbericht.
- de Pury Pictet Turrettini & Cie SA, Genève ppt.ch
- Ethos, Genève ethosfund.ch
- SWIPRA - Swiss Proxy Advisor, Zürich swipra.ch
- zCapital AG, Zug zcapital.ch
ASIP
Schweizerischer Pensionskassenverband
Kreuzstrasse 26
8008 Zürich
Telefon: +41 43 243 74 15
Telefax: +41 43 243 74 17
info@asip.ch
http://www.asip.ch/
Ausgleichsfonds AHV/IV/EO
Fonds de compensation AVS/AI/APG
Boulevard Georges-Favon 6
Postfach 5756
1211 Genf 11
Telefon: +41 58 201 65 65
http://www.ahvfonds.ch/
economiesuisse
Verband der Schweizer Unternehmen
Hegibachstrasse 47
Postfach
8032 Zürich
Telefon: +41 44 421 35 35
Telefax: +41 44 421 34 34
info@economiesuisse.ch
http://www.economiesuisse.ch/
Ethos
Die Stiftung für nachhaltiges Investment und aktives Aktionariat
Gessnerallee 32
8001 Zürich
Telefon: +41 44 421 41 11
Telefax: +41 44 421 41 12
info@ethosfund.ch
http://www.ethosfund.ch/
Schweizerische Bankiervereinigung
Postfach 4182
4002 Basel
Telefon: +41 61 295 93 93
Telefax: +41 61 272 53 82
office@sba.ch
http://www.swissbanking.org/
SwissHoldings
Nägeligasse 13
3011 Bern
Telefon: +41 31 356 68 68
Telefax: +41 31 352 32 55
sh@swissholdings.ch
http://www.swissholdings.ch/
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
C.F. Meyer-Strasse 14
Postfach 4288
8022 Zürich
Telefon: +41 44 208 28 28
Telefax: +41 44 208 28 00
info@svv.ch
http://www.svv.ch/