Wintersession 2024

Im vorweihnachtlichen Endspurt haben die die Räte das Budget 2025 unter Dach und Fach gebracht. Die Gelder für die Armee wurden erhöht, die Schuldenbremse eingehalten. Allerdings bleibt unklar, wie der Bund die nach wie vor steigenden Ausgaben finanzieren will. Subventionen I: Der Ständerat greift bei der Kinderbetreuung zur Giesskanne. Subventionen II: Die Räte betreiben schädliche Industriepolitik für die Stahlindustrie. Mammutvorlage auf Kurs: Das Zollgesetz geht in die Differenzbereinigung. Keine Experimente mit Staatsmedizin: Der Ständerat lehnt eine kantonale Einheitskasse ab. Auf der langen Bank: Eine ganze Reihe von Top-Themen der Wirtschaft haben die Räte aus dem Sessionsprogramm gestrichen, vom Bahn-Gütertransport über Sammelklagen, Individualbesteuerung, Umsetzung der Tabakinitiative bis zur Liste der Laboranalysen.

Finanzen & Steuern

Prioritäten setzen und Schuldenbremse einhalten

Das Budget des Bundesrats entspricht den Vorgaben der Schuldenbremse. Allerdings hat das Parlament in diversen Bereichen Mehrausgaben beschlossen. Um die Schuldenbremse einzuhalten, müssen die Räte Prioritäten setzen und aufzeigen, wie die Mehrausgaben gegenfinanziert werden sollen.

Darum geht es: Der Bundesrat hat dank Korrekturmassnahmen von 2 Milliarden Franken und der zum Teil ausserordentlichen Finanzierung der Migrationsausgaben ein mit der Schuldenbremse konformes Budget 2025 verabschiedet. Der finanzielle Spielraum ist klein. Trotzdem will das Parlament für das nächste Jahr diverse Ausgaben aufstocken. Insbesondere das Armeebudget soll noch stärker ausgebaut werden, um das 1%-BIPZiel bereits 2030 (statt 2035) zu erreichen. Die Mehrausgaben müssen in anderen Bereichen kompensiert werden. Zur Diskussion stehen Kürzungen u.a. bei Entwicklungshilfe, Asyl und Bundespersonal.

Das findet economiesuisse: Die Einhaltung der Schuldenbremse ist zentral für die Wirtschaft. Stabile, gesunde Finanzen sind wichtige Voraussetzungen für einen zuverlässigen Staat mit moderater Steuerbelastung. Keine Firma, die permanent mehr ausgibt als einnimmt, kann langfristig wettbewerbsfähig bleiben. Es gilt daher, Prioritäten zu setzen. Wo neue Ausgaben beschlossen werden, ist eine Kürzung an einem anderen Ort festzulegen. Die schwierige Lage der Bundesfinanzen, die im nächsten Jahr mit dem Entlastungsprogramm in Angriff genommen werden muss, darf sich durch die Budgetbeschlüsse nicht verschlimmern. Die Politik ist aufgefordert, das Gesamtbild vor Augen zu haben, die Verantwortung für stabile Finanzen wahrzunehmen und ausgewogene Kompromisse zu finden.

Empfehlung economiesuisse: Annahme - bedingt

Stand der Beratungen: Das Budget 2025 ist unter Dach und Fach, ohne Lockerung der Schuldenbremse. Mehrausgaben für Armee und Landwirtschaft von rund 600 Millionen Franken mussten in anderen Bereichen kompensiert werden. Da die Ausgaben im Finanzplan stark wachsen, insbesondere für die AHV und die Armee, drohen dem Bundeshaushalt in den nächsten Jahren milliardenhohe Defizite.

Keine neuen Verflechtungen

economiesuisse begrüsst Massnahmen zur Verbesserung von Vereinbarkeit von Familien und Beruf. Die Organisation und finanzielle Unterstützung der Kinderbetreuung ist aber keine Bundesaufgabe. Die Kompetenz liegt bei den Kantonen und Gemeinden. Der Bedarf für Organisation und Unterstützung ist nicht nur zwischen Einkommensklassen, sondern auch zwischen den Regionen unterschiedlich. Kantone, Gemeinden und Firmen können Projekte über die bestehenden föderalen Strukturen viel gezielter unterstützen als der Bund mit teuren Einheitslösungen.

Darum geht es: Die parlamentarische Initiative der WBK-N will die zurzeit befristete Anstossfinanzierung in eine stetige Unterstützung überführen. Das ursprüngliche Konzept wurde von der WBK-S modifiziert und in einen indirekten Gegenvorschlag zur Kita-Initiative der SP umgewandelt. Die Elternbeiträge sollen neu analog zu den Familienzulagen von den Arbeitgebern finanziert und über das bestehende System ausbezahlt werden. Die Kosten liegen bei ca. 640 Millionen Franken pro Jahr. Eine Minderheit verlangt ein Engagement des Bundes von bis zu 200 Millionen Franken. Die neuen Elternbeiträge kämen zu den bestehenden kantonalen und kommunalen Förderbeiträgen hinzu.

Das findet economiesuisse: Die Wirtschaft begrüsst geeignete Massnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Probleme eines allenfalls ungenügenden Betreuungsangebots müssen jedoch dort gelöst werden, wo sie entstehen: auf Ebene der Kantone und Gemeinden. Eine neue Aufgaben- und Finanzierungsverflechtung zwischen dem Bund und den Kantonen (Konzept WBK-N und Kita-Initiative) ist abzulehnen. Auch der Vorschlag der WBK-S ist höchst bürokratisch und übersteuert die materiell zuständigen Kantone. Kantone und Gemeinden sind selbst in der Lage, die Aufgabe zu regeln und finanziell gemäss den politischen Präferenzen zu tragen. Der Bund hat mit der Anstossfinanzierung, die immer wieder verlängert und aufgestockt worden ist, bereits umfangreiche Unterstützung geleistet.

Empfehlung economiesuisse: Ablehnung

Stand der Beratungen: Der Ständerat hat sich mit 27 zu 14 Stimmen für eine Betreuungszulage ausgesprochen, welche die WBK-S zuvor neu in die Vorlage integriert hat. Über die Finanzierung der Zulagen entscheiden sollen die Kantone. Die Kantone könnten für die Zulage Arbeitgeber, Angestellte und Selbstständige in die Pflicht nehmen. Vom Bund sind keine Beträge an die Betreuung vorgesehen. 

Aussenwirtschaft

Chance jetzt packen!

Das Freihandelsabkommen der EFTA-Staaten mit Indien ist das erste, das das aufstrebende Land mit europäischen Partnern abgeschlossen hat. Die Schweizer Wirtschaft unterstützt dieses Abkommen ausdrücklich. Es eröffnet unserer Exportnation einen besseren Marktzugang zu einer Volkswirtschaft mit einem Wachstumstrend von jährlich 6 bis 9 Prozent. Die Importzölle werden in den kommenden Jahren deutlich sinken.

Darum geht es: Am 20. März 2024 haben die EFTA-Staaten mit Indien ein Freihandelsabkommen FHA unterzeichnet. Für die Schweizer Aussenwirtschaft ist das ein Meilenstein. Erstmals vereinbart Indien im Rahmen eines Freihandelsabkommens ein rechtlich verbindliches Kapitel zu Handel und Nachhaltigkeit. Das FHA verschafft Schweizer Unternehmen gegenüber ihren Konkurrenten aus der EU und UK, die noch über kein Abkommen mit Indien verfügen, einen wichtigen Wettbewerbsvorteil.

Das findet economiesuisse: Die Wirtschaft empfiehlt das Freihandelsabkommen mit Indien zu genehmigen. Will die Schweiz ihren kompetitiven Vorteil nutzen, dann ist eine zügige Ratifizierung des Freihandelsabkommens in ihrem Interesse. So könnten Schweizer Unternehmen bestenfalls schon Ende 2025 von dessen zahlreichen Vorteilen profitieren. In Zeiten des weltweit zunehmenden Protektionismus erhält die Exportnation Schweiz die Chance, am wirtschaftlichen Potenzial des weltweit bevölkerungsreichsten Landes mit stetigem Wirtschaftswachstum teilzuhaben. Schweizer Unternehmen erhalten einen besseren Marktzugang für Güter und Dienstleistungen. Der Schutz des geistigen Eigentums wird ebenfalls verbessert.

Empfehlung economiesuisse: Annahme

Stand der Beratungen: Der Ständerat hat das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und der Republik Indien mit 41 zu 0 Stimmen bei drei Enthaltungen gutgeheissen. Das Geschäft geht nun an der Nationalrat.

Doppelspurigkeiten verhindern

Der grenzüberschreitende Handel mit Foltergütern soll mittels eines neuen Gesetzes strenger kontrolliert werden. Dieses Anliegen ist zu unterstützen. Bei der Umsetzung sind aber Doppelspurigkeiten durch mehrere Bewilligungsverfahren und damit unnötige Handelshemmnisse zu verhindern.

Darum geht es: Der grenzüberschreitende Handel mit Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe oder zu Folter verwendet werden können, soll künftig strenger kontrolliert werden. Der Bundesrat hat dafür ein neues Gesetz entworfen.

Das findet economiesuisse: Die Zielsetzung des Foltergütergesetzes ist zu unterstützen. Allerdings gibt es problematische Doppelspurigkeiten zu anderen gesetzlichen Bestimmungen. Einige der im Foltergütergesetz erwähnten Güter sind bereits durch andere Regulierungen entweder bewilligungspflichtig oder verboten. Mehrere Bewilligungsverfahren auf der Grundlage verschiedener Gesetze würde den administrativen Aufwand für Firmen unnötig steigern. economiesuisse fordert deshalb die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips. Ein Export soll möglich sein, wenn eine Behördenbewilligung auf der Grundlage eines anderen Gesetzes bereits vorliegt. Folglich unterstützt economiesuisse den Mehrheitsantrag zu Art. 2 Abs. 3, für Arzneimittel das bestehende Bewilligungsverfahren beizubehalten.

Empfehlung economiesuisse: Annahme - bedingt

Stand der Beratungen: Der Ständerat hat das Foltergütergesetz mit einer Änderung an den Nationalrat retourniert. Die kleine Kammer will die Handhabung mit Medikamenten, die für den Vollzug der Todesstrafe angewendet werden können, nicht im neuen Foltergütergesetz regeln.

Abkommen Schweiz-UK als Signal für offene Finanzmärke

Das Berne Financial Services Agreement markiert den Start einer neuartigen Zusammenarbeit zwischen zwei der wichtigsten Finanzmärkte Europas.

Darum geht es: Das Abkommen ermöglicht einen besseren Marktzugang für grenzüberschreitende Dienstleistungen in den Bereichen Banken und Investitionen, Vermögensverwaltung, Versicherungen und Finanzmarktinfrastruktur mit einem strategisch wichtigen Partnerland. Das Vereinigte Königreich ist der viertwichtigste Handelspartner der Schweiz mit einem jährlichen Handelsvolumen von rund 20 Milliarden Franken.

Das findet economiesuisse: economiesuisse unterstützt das Abkommen. Mit diesem werden die Wirtschaftsbeziehungen zwischen UK und der Schweiz weiter vertieft. Es hat gesamtwirtschaftlich einen positiven Nutzen und stärkt den hiesigen Finanzplatz. Gerade in Zeiten geopolitischer Spannungen und wachsenden Protektionismus senden die Schweiz und das Vereinigte Königreich damit ein starkes Signal für offene Märkte und Zusammenarbeit aus. Nun ist es wichtig, die Ratifizierung und Implementierung des Abkommens rasch anzugehen.

Empfehlung economiesuisse: Annahme

Stand der Beratungen: Einstimmig hat die kleine Kammer das im vergangenen Jahr abgeschlossene Finanzabkommen zwischen der Schweiz und Grossbritannien genehmigt. Bevor das Abkommen in Kraft treten kann, müssen die Parlamente beider Länder zustimmen. In der Schweiz ist als Nächstes der Nationalrat am Zug.

Wirtschaft unterstützt Fokus auf Gesundheit und Ukraine

Die Privatwirtschaft kann zur Internationalen Zusammenarbeit (IZA), welche primär Hilfe zur Selbsthilfe sein muss, einen zentralen Beitrag leisten.

Darum geht es: Die IZA-Strategie 2025-2028 sieht ein Budget von 11.27 Milliarden Franken vor. Damit werden die drei Pfeiler der internationalen Zusammenarbeit (humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit, Förderung von Frieden, Demokratie und Menschenrechte) finanziert. Bei der Verwendung der Mittel möchte die APK-N einen Schwerpunkt auf Bildung und Gesundheit setzen.

Die Zielsetzung ist aber insgesamt immer noch wenig präzis.. Deshalb braucht es einerseits geschärfte strategische Zwischenziele. Schliesslich plädiert economiesuisse im Sinne einer effizienteren Ressourcenallokation für eine Fokussierung auf weniger Länder.

Das findet economiesuisse: Die Wirtschaft hält die Zielsetzung der IZA-Strategie 2025-2028 grundsätzlich für sinnvoll und unterstützt den Fokus auf die vier Bereiche menschliche Entwicklung, nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, Klima und Umwelt, Frieden und Gouvernanz.

  • Der Fokus auf Gesundheit und Bildung wird von der Wirtschaft begrüsst. Die Schweiz weist beim Gesundheitswesen eine besondere Stärke auf. Diese muss genutzt werden. economiesuisse befürwortet daher sowohl eine Verlängerung der Gesundheitsaussenpolitik 2019-2024 wie auch eine Mittelerhöhung innerhalb des Zahlungsrahmens für den IZA-Schwerpunkt Gesundheit.
  • economiesuisse unterstützt die vorgeschlagene Mittelzuweisung von CHF 1.5 Mrd. an die Ukraine als Minimalbetrag. Diese stellt einen ausgewogenen Kompromiss zwischen den gleichermassen berechtigten Zielen der Entwicklungszusammenarbeit und der Unterstützung der Ukraine dar. Die Ukraine ist nicht zuletzt systemrelevant für die Ernährungssicherheit vieler Entwicklungsländer.

Empfehlung economiesuisse: Annahme

Stand der Beratungen: Das Parlament hat sich über den Verpflichtungskredit für die internationale Zusammenarbeit in der Jahren 2025 bis 2028 geeinigt und einer Kürzung  des Kredits um 151 Millionen Franken zugestimmt. Nicht gekürzt werden soll die Hilfe für die Ukraine. Die Vorlage ist nun unter Dach und Fach.

Wirksame Unterstützung für Wiederaufbau der Ukraine

Ende 2023 wurde der finanzielle Bedarf für den Wiederaufbau auf 486 Milliarden US-Dollar geschätzt. Angesichts dieser Herausforderung ist die Unterstützung über die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) ein wichtiger Pfeiler für die Ukraine-Hilfe der Schweiz.

Darum geht es: Der Bundesrat beantragt mit seiner Botschaft einen Verpflichtungskredit über 96,11 Millionen Franken für die Beteiligung an der hauptsächlich dem Wiederaufbau der Ukraine dienenden Kapitalerhöhung der EBWE.

Das findet economiesuisse: economiesuisse unterstützt die Beteiligung der Schweiz an der Kapitalerhöhung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung zugunsten der Ukraine.

Neben den bilateralen Massnahmen ist auch die multilaterale Unterstützung über Institutionen wie die EBWE ein wichtiger Pfeiler der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz. Angesichts des Ausmasses des Wiederaufbaus in der Ukraine schafft die Bank durch ihre Projekte und die Bereitstellung von Finanzierungen auch Beteiligungsmöglichkeiten für die Schweizer Wirtschaft. Schweizer Firmen können insbesondere in den Bereichen Industrieproduktion, Transport und Logistik, Energie sowie Informationstechnologien einen wichtigen Beitrag leisten. Sie verfügen folglich in vielen Bereichen über das Knowhow, welches für das Engagement der EBWE in der Ukraine nötig ist.

Empfehlung economiesuisse: Annahme

Stand der Beratungen: Die kleine Kammer hat mit 36 zu 2 Stimmen beschlossen, dass die Schweiz sich mit einem Kredit von 96,11 Millionen Franken an einer Kapitalerhöhung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung zugunsten der Ukraine beteiligen soll.

Digitalisierung und Vereinfachung zugunsten der Exportwirtschaft

Mit dem DaziT-Programm soll der Zoll digitalisiert werden. Die Totalrevision des Zollgesetzes leistet somit einen wertvollen Beitrag zur Modernisierung und Verbesserung der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen der Schweiz. Die Vorlage bedarf jedoch noch einiger Detailkorrekturen.

Darum geht es: Mit der Totalrevision sollen die verschiedenen Aufgabenbereiche des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit zusammengeführt und harmonisiert werden. Das neue Gesetz umfasst daher Grundlagen für die unterschiedlichsten Bereiche von Verzollungsverfahren bis hin zur Zusammenarbeit mit der Polizei. Die Revision bildet zusammen mit dem Transformationsprogramm DaziT die Grundlage für eine längst überfällige Modernisierung der Zollprozesse.

Das findet economiesuisse: Die WAK-S hat eine gute Grundlage für die Ständeratsdebatte geschaffen. Aus Sicht von economiesuisse sind aber folgende Punkte nachzubessern:

  • Art. 6 BAZG-VG / Art. 11a-f ZoG: Die Version des Nationalrats ist jener der Kommissionsmehrheit vorzuziehen. Letztere würde für die Lebensmittelhersteller zu einer Verschlechterung führen.
  • Hingegen ist es positiv, dass Art. 13 BAZG-VG bezüglich Anmeldepflicht auf die Version BR zurückgesetzt wurde. Die Zollanmeldepflicht reduziert das Risiko des Imports von Fälschungen und nicht zugelassenen Produkten.
  • Art. 15 Abs. 3 BAZG-VG: Der Minderheitsantrag schafft eine zusätzliche Verfahrensvereinfachung. Sie sollte aber als Ergänzung zur bestehenden Vereinfachung «vereinfachten Warenanmeldung» (Art. 15 Abs. 3 Version NR) eingeführt werden und nicht als deren Ersatz.  Daher schlagen wir vor, das Anliegen als neuen Absatz bei Art. 15 einzufügen.
  • Art. 19 Abs. 2 BAZG-VG: economiesuisse bevorzugt die Version des Bundesrats. Die Pflicht zur Aktivierung einer Warenanmeldung soll nicht auf einen einzigen Akteur beschränkt werden.

Empfehlung economiesuisse: Annahme - bedingt

Stand der Beratungen: Der Ständerat hat die Vorlage einstimmig mit 33 zu 0 Stimmen verabschiedet. In verschiedenen Fragen bleiben noch Differenzen zum Nationalrat. 

Allgemeine Wirtschaftspolitik

Neue Instrumente zur Bekämpfung der Geldwäscherei

Ein neues Gesetz zur Bekämpfung der Geldwäscherei soll die Integrität des Finanzplatzes durch die Einführung eines Registers für wirtschaftlich Berechtigte stärken. Angesichts der Länderüberprüfung durch die Financial Action Task Force (FATF) ist das wichtig für die globale Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz.

Darum geht es: Die FATF-Länderprüfung 2027/2028 forderte von der Schweiz eine bessere Geldwäschereiprävention. Das geplante Bundesgesetz über die Transparenz juristischer Personen und die Identifikation der wirtschaftlich berechtigten Personen (TJPG) soll mehr Transparenz darüber schaffen, wer eine juristische Person tatsächlich kontrolliert, und die Einhaltung der internationalen FATF-Standards sicherstellen. Das Bundesgesetz sieht die Einführung eines zentralen, nicht öffentlichen und nur den Behörden zugänglichen Registers vor, das die Identifikation wirtschaftlich berechtigter Personen ermöglicht und zur regelmässigen Aktualisierung verpflichtet.

Das findet economiesuisse: Die vorberatende Kommission hat in wichtigen Punkten bereits die Weichen richtig gestellt. Die Wirtschaft unterstützt die Einführung eines Registers gemäss Mehrheitsmeinung der RK-S. economiesuisse ist jedoch für eine Richtigkeitsvermutung der Einträge. Daher ist die Minderheitsmeinung RK-S (Art. 31 TJPG) zu unterstützen.

Weil die RK-S entschieden hat, die Vorlage aufzuteilen und den Nachbesserungsbedarf bei der Erfassung der Berater später mit den Berufsverbänden zu klären, könnte es zu Verzögerungen bei der rechtzeitigen Regulierungsrahmens für das FATF Länderexamen kommen. Die Wirtschaft fordert, dass auch die zweite Vorlage zügig vorangetrieben werden muss.

Empfehlung economiesuisse: Annahme-bedingt

Stand der Beratungen: Die kleine Kammer hat das Bundesgesetz in der Gesamtabstimmung mit 26 zu 6 Stimmen bei 3 Enthaltungen gutgeheissen. Die Vorlage geht nun an den Nationalrat.

Kantonale Monopolkassen führen zur Staatsmedizin

Die Kantone können bereits heute Krankenversicherungen gründen. Diese müssen aber im Wettbewerb mit anderen Anbietern stehen. Der Kanton Genf will mit einer Standesinitiative eine Monopolkasse schaffen, die sich dem Wettbewerb entziehen kann. Monopole sind immer teuer und ineffizient - ein Rezept für hohe Prämien.

Darum geht es: Die Einheitskrankenkasse ist in eidgenössischen Abstimmungen bereits mehrfach abgelehnt worden. Der Grosse Rat des Kantons Genf fordert die Bundesversammlung dennoch auf, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, damit die Kantone eine Monopolkasse testen können. Der geänderte Rechtsrahmen soll es Genf und anderen Kantonen ermöglichen, ein staatliches Gesundheitswesen einzuführen.

Das findet economiesuisse: Die Wirtschaft lehnt die Standesinitiative ab, weil sie das Kostenproblem im Gesundheitswesen verschärft. Der Wettbewerb unter den Krankenversicherern setzt wichtige Anreize, die mit einer Einheitskasse verlorengingen. Keine Kasse kann es sich heute leisten, die Kosten nicht im Griff zu haben oder die Verwaltung unnötig aufzublähen. Sie würde Versicherte verlieren. Gleichzeitig versuchen die Versicherer, mit gutem Service und innovativen Angeboten neue Kundinnen und Kunden zu gewinnen. So sind in den letzten Jahren Versicherungsmodelle wie HMO, Telemedizin oder Managed Care für die Versicherten immer attraktiver geworden.

Der Kanton Genf stellt sich eine Einheitsversicherung nach dem Vorbild der SUVA vor und verweist auf deren gute Leistungen. Dabei übersieht er, dass zum einen die SUVA keine echte Monopolistin, sondern mit privaten Anbietern konkurrieren muss. Zum anderen ist die Kostendynamik in der Krankenversicherung nicht mit jener der Unfallversicherung gleichzusetzen.

Empfehlung economiesuisse: Ablehnung

Stand der Beratungen: Der Ständerat hat die Standesinitiative mit 26 zu 14 Stimmen abgelehnt und ist damit ihrer vorberatenden Kommission gefolgt. Als nächstes befindet der Nationalrat darüber.

Energie, Umwelt & Infrastruktur

Wer auf Erneuerbare bauen will, muss diese auch bauen wollen

Die bestehenden Verfahren für die Planung und den Bau grosser Kraftwerke für erneuerbare Energien gefährden die Versorgungssicherheit. Sie sind mühsam bis teils absurd – es braucht dringend eine Straffung.

Darum geht es: Mit den heute geltenden Planungs-, Bewilligungs- und Rechtsmittelverfahren können sich Projekte um 20 Jahre oder mehr verzögern. Um den notwendigen raschen Ausbau der erneuerbaren Energien zu ermöglichen, sollen deshalb diese Verfahren vereinfacht und vor allem beschleunigt werden. Damit will der Bundesrat die Voraussetzungen für einen raschen Ausbau von Produktionsanlagen für erneuerbare Energien sowie von Übertragungsleitungen schaffen.

Das findet economiesuisse: Insgesamt adressiert die Vorlage die richtigen Hebel für eine Verfahrensbeschleunigung bei erneuerbaren Energien. Mit dem neuen kantonalen Plangenehmigungsverfahren und der Beschränkung der Beschwerdemöglichkeiten auf zwei Instanzen werden die Bewilligungsverfahren beschleunigt.

Damit die laufenden Projekte des Solarexpresses weiterverfolgt werden, braucht es eine Verlängerung des Gesetzes oder eine geeignete Anschlusslösung. Zum einen sind bei diversen Projekten Einsprachen zu erwarten, die den Fahrplan verzögern könnten, und zum anderen ist aufgrund der klimatischen Bedingungen im alpinen Gelände die Bauphase in den Sommermonaten auf drei bis fünf Monate begrenzt. Diese Bauphase wird teilweise durch Umweltauflagen weiter verkürzt (keine Bautätigkeiten während Brutzeiten). Die von der UREK-S vorgeschlagene Lösung ist ein klares Zeichen seitens der Politik zur Stärkung der Investitionssicherheit.

Empfehlung economiesuisse: Annahme

Stand der Beratungen: Der Ständerat will die Bewilligungsverfahren für den Bau von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien beschleunigen. Dabei geht er weiter als der Nationalrat und hat beschlossen, Verbandsbeschwerden für 16 Wasserkraft-Projekte nicht zuzulassen. Das Geschäft geht zur Differenzbereinigung an den Nationalrat zurück.

Deindustrialisierung: So geht es nicht weiter

Die Stromreserve ist wichtig, solange wir kein Stromabkommen mit der EU und keine ausreichende inländische Produktion haben. Die Gebühren müssen jedoch faire verteilt werden, da sonst die Gefahr von Deindustrialisierung und Carbon Leakage besteht - wie in Deutschland. Es braucht eine Lösung analog der Rückerstattung des Netzzuschlags.

Darum geht es: Das Parlament hat im Stromgesetz die gesetzlichen Grundlagen für eine Stromreserve geschaffen, welche der Bundesrat nun erweitern will. Diese Stromreserve ist wichtig, aber sie führt auch zu einer erheblichen Gebührenlast, die fair verteilt werden muss.

Das findet economiesuisse: economiesuisse unterstützt die Verstetigung der Reserve – ohne Versorgungssicherheit kein Wohlstand und kein Netto Null. Insbesondere begrüsst die Wirtschaft, dass die Verbrauchsreserve ein verbindlicher Bestandteil der Reserve werden soll: So kann die Reserve weiter diversifiziert werden und die Unternehmen können einen wichtigen Beitrag zur Reservebildung leisten.

Die Stromreserve verstärkt allerdings auch den besorgniserregenden Trend der steigenden Gebührenlast für Unternehmen, was die Deindustrialisierung und die Abwanderung von vergleichsweise klimagünstigen Schweizer Unternehmen ins Ausland bewirkt («Carbon Leakage»). Stossend ist dabei, dass die Unternehmen für eine Leistung zahlen, von der sie kaum profitieren: Im Ernstfall gelten die Unternehmen nicht als «geschützte Kunden» und werden als erste kontingentiert. Das ist, wie wenn Unternehmen für eine Lawinenverbauung zahlen müssten, aber ihre Gebäude gar nicht im Schutzpegel der Verbauung stünden.

Der Vorschlag der Kommission für eine Rückerstattung bei Unternehmen mit mindestens 20% Stromkosten ist viel zu hoch, denn so wären fast keine Firmen davon betroffen. Daher sollen die Energieintensiven analog zur Rückerstattung des Netzzuschlags auch die Möglichkeit haben, den Tarif Stromreserve rückerstattet zu erhalten.

Empfehlung economiesuisse: Annahme - bedingt

Stand der Beratungen: Der Nationalrat hat die Vorlage mit 144 zu 49 Stimmen angenommen. Eine sichere Stromversorgung sei auch in extreme Lagen für die Schweiz von entscheidender Bedeutung. Er nahm jedoch an der Vorlage der Bundesrates mehrere Änderungen vor. Nein stimmten Teile der SVP-Fraktion sowie die Grünen. Das Geschäft geht nun an der Ständerat.