Sommersession 2024

Die eidgenössischen Räte haben einige erfreuliche Entscheide getroffen. Die kleine Kammer hat sich trotz höherer Verteidigungsausgaben gegen eine Umgehung der Schuldenbremse ausgesprochen. Positiv war zudem, dass Bildung und Forschung nicht unter dem engen Finanzgürtel leiden müssen. Für die Wirtschaft enttäuschend ist der vorläufige Entscheid der kleinen Kammer, dass die Wettbewerbsbehörden weiterhin die Auswirkungen einer Wettbewerbsbeschränkung im konkreten Fall nicht darlegen müssen. Mehr Kostenverantwortung gibt es auch im Gesundheitsbereich nicht: Statt Regulierung abzubauen, wurden weitere Regeln aufgestellt, welche wieder neue Kosten schaffen.

Steuern & Finanzen

ALV: Kurzfristige Kürzung vertretbar

Die Finanzen der Arbeitslosenversicherung (ALV) sind solid. Die befristete Senkung des ordentlichen Bundesbeitrags an die ALV ist angesichts der bestehenden Reserven vertretbar. Es macht keinen Sinn, mit knappen Bundesgeldern Reserven anzulegen, die nicht gebraucht werden.

Darum geht es: Der Bundesbeitrag an die ALV soll in den Jahren 2025–2029 um insgesamt 1,25 Milliarden Franken gekürzt werden. Eine Ventilklausel stellt dabei sicher, dass die ALV nicht in eine finanzielle Schieflage gerät. Eine solche ist nicht absehbar: Die ALV ist dank dem ausserordentlichen Beitrag des Bundes während der Corona-Pandemie (16 Milliarden Franken) schuldenfrei. So konnte eine Erhöhung der Lohnbeiträge verhindert werden. Die Finanzen der ALV sind nachhaltig gesichert. Es wird in den nächsten Jahren mit Überschüssen gerechnet, die das Eigenkapital der Versicherung von aktuell 6.8 Milliarden Franken weiter anheben werden. Gemäss Botschaft betragen die Überschüsse auch mit gekürzten Bundesbeiträgen noch gut eine Milliarde Franken jährlich.

Das findet economiesuisse: economiesuisse unterstützt die Vorlage im Interesse einer notwendigen Stabilisierung des Bundeshaushalts. Die Kürzung des Bundesbeitrags ist angesichts der stabilen wirtschaftlichen Aussichten und der heutigen finanziellen Ausstattung der Arbeitslosenversicherung vertretbar. Knappe Mittel des Bundes müssen so effizient wie möglich verwendet werden. Auf eine unverminderte Alimentierung bereits genügend dotierter Fonds ist deshalb angesichts der aktuellen Haushaltslage vorübergehend zu verzichten. Dank der Ventilklausel wird sichergestellt, dass die ALV nicht in finanzielle Schwierigkeiten gerät und keine Betragserhöhungen nötig werden.

Empfehlung economiesuisse: Annahme

Stand der Beratungen: Die grosse Kammer hat die Vorlage mit 129 zu 62 Stimmen gutgeheissen. Die Mehrheit war wie die zuständige Kommission der Auffassung, dass die geplante Kürzung einen wesentlichen Beitrag leiste, um die strukturellen Defizite ab 2025 zu bereinigen. Die Massnahme könne ohne Auswirkungen auf die Leistungen der ALV umgesetzt werden. Die Vorlage geht nun an den Ständerat.

Keine Umgehung der Schuldenbremse

Die ausserordentliche Finanzierung des neuen Fonds ist ein weiterer Versuch, die Schuldenbremse zu umgehen. Die Ausserordentlichkeit ist nicht gegeben. Die Ausgaben für Armee und Ukraine können sehr wohl gesteuert werden. Die neu geschaffenen Schulden würden der zukünftigen Generation überlassen. Das ist nicht vereinbar mit einer verantwortungsvollen und nachhaltigen Finanzpolitik.

Darum geht es: Es soll ein befristeter Fonds geschaffen werden, welcher den Zusatzbedarf für die Armee (10 Milliarden Franken) und für die Ukraine (5 Milliarden Franken) finanziert. Die Mittel für den Fonds soll der Bund auf dem Kapitalmarkt aufnehmen. Er soll sich dafür ausserordentlich verschulden. Der Abbau der neuen Schulden wird in die Zukunft verschoben. Das Gesetz gibt klar vor, dass ein ausserordentliches Vorgehen nur dann erlaubt ist, wenn ein Ereignis unvorhergesehen und nicht steuerbar ist. Diese Kriterien treffen nicht zu bei einer langfristigen, bereits beschlossenen Priorisierung eines Budgetpostens aus strategischen Überlegungen (Armee) bzw. bei Ausgaben, für die bereits eine Lösung zur Gegenfinanzierung besteht (Ukraine, Priorisierung über Internationale Zusammenarbeit). Wo Ausgaben steuerbar sind, müssen sie ordentlich über die verfügbaren Einnahmen finanziert werden. Das ist der Kern der Schuldenbremse.

Das findet economiesuisse: economiesuisse lehnt die Motion dezidiert ab. Sie widerspricht nicht nur den Regeln der Schuldenbremse, sondern ist auch in ihrer Absicht, die Finanzierung von heutigen Ausgaben auf morgen zu verschieben, untragbar. Währendem der Krieg in der Ukraine und die damit verbundene Sicherheitslage zwar nur schwerlich zu beeinflussen sind, ist unsere Reaktion darauf steuerbar. Die Ausserordentlichkeit ist damit nicht gegeben. Es ist ein weiterer Versuch, die Schuldenbremse zur Finanzierung von Staatsaufgaben auszuhebeln. Der Vorschlag ist ein Präzedenzfall und widerspricht dem Ziel der Bundesverfassung. Er ist klar abzulehnen.

Empfehlung economiesuisse: Ablehnung

Stand der Beratungen: Die kleine Kammer hat die Motion seiner Sicherheitspolitischen Kommission mit 28 zu 15 Stimmen abgelehnt. Die Vorlage ist nun vom Tisch.

Wettbewerb & Regulatorisches

Weg frei für ein modernes Wettbewerbsrecht

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats (WAK-S) hat den Vorschlag des Bundesrats zur Teilrevision des Kartellgesetzes nachgebessert. Die vorgeschlagenen Änderungen sind zu begrüssen und bilden eine wichtige Grundlage für die anstehende Beratung im Plenum des Ständerats.

Darum geht es: Die WAK-S hat die Beratungen zur Teilrevision des Kartellgesetzes abgeschlossen und unterstützt grundsätzlich den Vorschlag des Bundesrats. Diese umfasst insbesondere die vorgesehene Stärkung der Zusammenschlusskontrolle und die Verbesserung des Widerspruchsverfahrens. Darüber hinaus fordert die Kommission eine umfassendere Berücksichtigung sowohl qualitativer als auch quantitativer Kriterien bei der Beurteilung der Erheblichkeit von Wettbewerbsbeschränkungen. Die Kommission fordert hier eine noch konsequentere Umsetzung dieser Kriterien als der Bundesrat.

Das findet economiesuisse: Die Wirtschaft begrüsst die Anpassungen, die von der Mehrheit der Kommission hervorgebracht wurden. Die vorgeschlagene Schärfung beim Nachweis von Wettbewerbsbeschränkungen in Einzelfällen wird eine dringend notwendige Fokussierung im Kartellrecht ermöglichen. Ebenfalls erfreulich ist, dass die Wirkung von Compliance-Massnahmen sanktionsmindernd berücksichtigt werden soll. Die Kommission hat mit ihren Entscheiden eine wichtige Grundlage für die anstehenden Beratungen im Ständerat geschaffen.

Empfehlung economiesuisse: Annahme

Stand der Beratungen: Der Ständerat hat die Teilrevision des Kartellgesetzes mit 33 zu 4 Stimmen bei einer Enthaltung gutgeheissen. Dabei ging es einerseits um unbestrittene Anpassungen im Sinne einer Modernisierung des Gesetzes. Andererseits war sich der Rat aber in der zentralen Frage uneinig, ob die Wettbewerbsbehörden die Auswirkungen einer Wettbewerbsbeschränkung im konkreten Einzelfall darlegen müssen. Dieses Erfordernis betrifft sowohl die Wettbewerbsabreden als auch den Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung. Der Ständerat hat es nun verpasst, hier Verbesserungen zu beschliessen und entschied sich gegen eine Anpassung im materiellen Recht.

Allgemeine Wirtschaftspolitik:

Wirtschaft unterstützt die BFI-Botschaft 2025–2028

Unser Wohlstand basiert auf innovativen Unternehmen, hervorragenden Forschungsinstitutionen und einem exzellenten Bildungssystem. Daher ist es aus Sicht der Wirtschaft wichtig, dass der BFI-Bereich weiterhin ausreichend gefördert wird.

Darum geht es: Der Bundesrat unterbreitet dem Parlament alle vier Jahre eine Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI-Botschaft). Für die Jahre 2025–2028 plant er Ausgaben von 29,2 Milliarden Franken und somit ein Wachstum von 1,3 Milliarden Franken gegenüber der Periode 2021–2024. Dies entspricht einem jährlichen Wachstum von 1,6 Prozent. Die WBK-N will den Betrag um 147 Mio. Franken erhöhen, was ein jährliches Wachstum von 1.7 Prozent bedeuten würde.

Das findet economiesuisse: Die BFI-Botschaft des Bundesrats ist zielführend. Es ist zu begrüssen, dass in Zeiten von knappen Bundesmittel weiterhin ein Wachstum im BFI-Bereich vorgesehen ist. Beim Mehrheitsantrag der WBK-N vermisst economiesuisse Vorschläge, wie die vorgesehenen Mehrausgaben durch Kürzungen in anderen Ausgabenbereichen gegenfinanziert werden können. Grundsätzlich ist hingegen bedenklich, dass die ungebundenen Mittel im BFI-Bereich immer weiter unter Druck geraten. Es gilt daher Vorkehrungen zu treffen, damit in Zukunft bei weiteren Sparrunden auch bei den gebundenen Mitteln gekürzt werden kann. Ansonsten drohen zu starke Mittelkürzungen für die aus Sicht der Wirtschaft wichtigsten Institutionen wie der ETH-Bereich und die kompetitive Forschungsförderung des SNF und der Innosuisse.

Empfehlung economiesuisse: Annahme

Stand der Beratungen: Die grosse Kammer ist auf die Vorlage eingetreten. Fast alle Fraktionen sprachen sich für ein höheres Ausgabewachstum im BFI-Bereich aus. Bildung sei der Rohstoff der Schweiz. Weiter sollen die ETH und die EPFL sowie vier weitere Forschungsanstalten 100 Millionen Franken mehr erhalten als vom Bundesrat vorgeschlagen. Aber Studierende aus dem Ausland an der ETH und der EPFL sollen künftig mindestens dreimal so hohe Studiengebühren bezahlen müssen wie Studierende aus der Schweiz.

Neuer Leistungserbringer bringt eine Verschlimmbesserung

Das zweite Paket mit kostendämpfenden Massnahmen im Gesundheitswesen ist überladen. Es braucht einerseits keinen neuen Leistungserbringer im KVG. Anderseits ist zur Frage von Mengenrabatten bei den Medikamenten zuerst ein ordentliches Vernehmlassungsverfahren durchzuführen.

Darum geht es: Das Krankenversicherungsgesetz kennt bereits 13 Leistungserbringer, und es ist kein Geheimnis, dass dies zu Koordinationsproblemen führt. Statt dieses Problem auf der Tarif- und Finanzierungsebene zu lösen, schlägt der Bundesrat einen weiteren Leistungserbringer vor: die Netzwerke zur koordinierten Versorgung. Damit schafft er zusätzliche administrative Hürden und verschärft das Problem. Der Nationalrat hat dies in der Wintersession 2023 erkannt und die beiden Artikel gestrichen. Ausserdem hat die SGK-S zur Überraschung aller Beteiligten eine neue Kostendämpfungsmassnahme aus dem Hut gezaubert: die Mengenrabatte auf Medikamenten.

Das findet economiesuisse:

  • Die Wirtschaft lehnt den Vorschlag eines neuen Leistungserbringers ab und begrüsst den Entscheid des Nationalrates. Die Frage der Organisation des Gesundheitswesens muss auf finanzieller und tariflicher Ebene gelöst werden. Ergänzend können digitale Instrumente den fehlenden Informationsfluss erleichtern. Wenn aber die Leistungserbringer keinen finanziellen Anreiz haben, sich zu koordinieren, bringt ein weiterer. Leistungserbringer nichts; im Gegenteil: Er führt zu mehr Regulierung und damit zu mehr Bürokratie (Artikel 55a: Unterstützung der Minderheit Dittli).
  • Die von der SGK-S vorgeschlagenen Mengenrabatte sollten zurückgestellt werden. In einem ordentlichen Vernehmlassungsverfahren kann dann eine gute und nachhaltige Lösung gefunden werden. Ein voreiliger Parlamentsbeschluss wird negative Auswirkungen auf Innovation und Versorgung haben (Streichung von Art. 52e).

Empfehlung economiesuisse: Ablehnung

Stand der Beratungen: Der Ständerat hat sich mit 25 zu 17 Stimmen und 2 Enthaltungen für die Einführung von Netzwerken zur koordinierten Versorgung ausgesprochen. Damit schafft die kleine Kammer ein neues „Bürokratiemonster“. Der von der SGK-S herbeigezauberte Vorschlag, auf Medikamente mit grossem Marktvolumen Mengenrabatte festsetzen zu können, wurde gutgeheissen. Übereilte Entscheidungen ohne ordentliches Vernehmlassungsverfahren erhöhen die Gefahr von negativen Folgen auf die Versorgung.

Mehr Spielraum für eine besser koordinierte Versorgung

Der Anteil der alternativen Versicherungsmodelle (AVM) mit eingeschränkter Wahlfreiheit ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Drei Viertel aller Versicherten haben sich für ein solches Modell entschieden. Leider sind diese Modelle für chronisch Kranke und multimorbide Personen noch zu wenig attraktiv. Gerade bei diesen Gruppen hätten AVM die grösste Wirkung. Deshalb sollen die maximalen Rabatte für AVM erhöht und freiwillige Mehrjahresverträge für AVM zugelassen werden.

Darum geht es: Die Rabatte für die alternativen Versicherungsmodelle (AVM) basieren auf der Standardprämie. Diese ist jedoch nicht mehr repräsentativ, da 77 Prozent der Versicherten andere Versicherungsformen wählen. Je nach Verteilung der AVM und der höheren Franchisen in einer Prämienregion ist die sogenannte Mittlere Prämie tiefer. Würde man diese als Basis für die Rabatte nehmen, könnten höhere Rabatte gewährt werden. Der Anreiz für AVM würde steigen. Daher müssen neue Ansätze evaluiert werden, um die Attraktivität dieser Modelle zu erhöhen. Die Abschaffung der Maximalrabatte oder die Verwendung der Mittleren Prämie wären zielführend. Bei einem Marktanteil von 77 Prozent ist es überdies höchste Zeit, das Angebot mit freiwilligen Mehrjahresverträgen auszubauen.

Das findet economiesuisse: Mehr Angebotsvielfalt in der Grundversicherung wird von der Wirtschaft begrüsst, da die Präferenzen der Versicherten unterschiedlich sind. Regulatorische Hürden verhindern heute kostengünstige Angebote. Die Wirtschaft setzt sich dafür ein, die Maximalrabatte für die AVM zu erhöhen und freiwillige Mehrjahresverträge für die AVM zuzulassen. Die SGK-S hat die Motion aufgrund von Umsetzungsproblemen abgelehnt. Aus Sicht der Wirtschaft ist die Umsetzung unproblematisch. Mehrjahresverträge reduzieren die administrativen Kosten und verstärken die Anreize zur Krankheitsprävention.

Empfehlung economiesuisse: Annahme

Stand der Beratungen: Die kleine Kammer hat die Motion 23.3502 abgelehnt. Rabatte für alternative Versicherungsmodelle sollen weiterhin auf der Standardprämie basieren; das ist bedauerlich. Hingegen möchte der Ständerat die Verordnung über die Krankenversicherung dahingehend anpassen, dass freiwillige Mehrjahresverträge zwischen Krankenversicherern und Versicherten ermöglicht werden.

Klima, Umwelt & Infrastruktur

Undifferenzierter Lärmschutz verhindert innere Verdichtung

Die Siedlungsverdichtung wird immer wichtiger, damit in der Schweiz genügend Wohnraum an zentralen Lagen zur Verfügung steht. Dies wird aber oftmals durch Lärmklagen verhindert, sodass neue Wohnungen an begehrten Lagen nicht gebaut werden können. Dies soll mit der vorliegenden Revision im Umweltschutzgesetz behoben werden.

Darum geht es: Der Bundesrat möchte mit dieser Vorlage die Siedlungsentwicklung nach innen besser mit dem Lärmschutz abstimmen. Daher schlägt er Anpassungen vor, an welchen Orten in Wohnungen die Lärmgrenzwerte eingehalten werden müssen.

Das findet economiesuisse: Die Wirtschaft unterstützt die Version des Nationalrats, weil sie die heute vorhandene Rechtsunsicherheit vermindert. Durch die klare Regelung der Bewilligungskriterien in Fällen, in denen die Immissionsgrenzwerte nicht eingehalten werden können, können dringend benötigte Wohnkapazitäten, deren Bau momentan blockiert ist, erstellt werden. economiesuisse begrüsst ausserdem, dass Ausnahmen für grosse Überbauungen erteilt werden können.

Wie für Strasse und Schiene sollte auch beim Fluglärm auf eine transparentere und verbindlichere Regelung gesetzt werden, die für alle Beteiligten die notwendige Rechts- und Planungssicherheit bringt. economiesuisse unterstützt daher die Version des Nationalrats. Dadurch wird die Innenentwicklung auch an Standorten mit Fluglärm ermöglicht, an denen heute bereits gewohnt wird. Diese Regelung ist mit den Sonderfällen Strasse und Schiene konsistent und verschafft den Kantonen den Handlungsspielraum für situativ angepasste Lösungen.

Empfehlung economiesuisse: Annahme - bedingt

Stand der Beratungen: Noch immer bestehen Differenzen zwischen den beiden Räten: Der Ständerat möchte Bestimmungen zu lärmbedingten Temporeduktionen streichen und lehnt den neuen Spezial-Lärmgrenzwert in Flughafennähe ab. Die Vorlage geht nun zurück an den Nationalrat.

Schuldenbremse nicht entgleisen lassen!

Die Wirtschaft beobachtet die Schuldenentwicklung mit Sorge. Insbesondere die Darlehen der Bundes-Tresorerie sind finanzpolitisch problematisch, da sie nicht unter die Schuldenbremse fallen. Die hohen politischen Ansprüche an den Angebotsausbau und die fehlende Durchsetzung der strategischen Ziele sind die Haupttreiber dieser Fehlentwicklung. Ein einfacher Schuldenschnitt ist keine Lösung.

Darum geht es: Die SBB haben eine Gesamtverschuldung von rund 25 Milliarden Franken angehäuft, davon circa 11 Milliarden Franken bei der Bundes-Tresorerie. Diese Tresorerie-Darlehen fallen nicht unter Schuldenbremse. Der Bundesrat schlägt deshalb Massnahmen für eine finanzielle Stabilisierung vor. Obwohl diese Massnahmen das Finanzierungsproblem der SBB nicht lösen, hat der Nationalrat die Vorlage mit der Streichung des Schuldendeckels nochmals abgeschwächt. Die KVF-S beantragt eine Festschreibung des Schuldendeckels in den strategischen Zielen der SBB anstatt im SBB-Gesetz. Eine Minderheit spricht sich zudem für eine Halbierung des Schuldenschnitts auf 600 Millionen Franken aus.

Das findet economiesuisse: Die Vorlage ist nicht nachhaltig. Ohne diese Mindestanpassungen ist die Vorlage aus finanzpolitischer Perspektive nicht annehmbar:

  • Ein Kapitalzuschuss wäre nichts anderes als ein bedingungsloser Abschreiber des Staates. Damit übernimmt der Bund Verbindlichkeiten der SBB definitiv, mit der Folge, dass die Verschuldung des Bundes steigt und die Passivzinsen noch mehr zunehmen (Streichung von Art. 26b E-SBB-G).
  • Die Möglichkeit, neue Tresorerie-Darlehen aufzunehmen, muss konsequenter eingeschränkt werden. Die Obergrenze sollte der Schuldenstand 2022 sein und nicht jener bei Inkrafttreten der Vorlage (Art. 20 Abs. 1 E-SBB-G).
  • Die Senkung des Deckungsbeitrags an die Infrastruktur wird zwar als kostensenkende Massnahme angeführt, in Tat und Wahrheit werden damit die Kosten allerdings einfach an den Bahninfrastrukturfonds (BIF) ausgelagert. (Streichung von Art. 19 Abs. 2 und 2bis SVAG).

Empfehlung economiesuisse: Ablehnung

Stand der Beratungen: Mit 21 zu 20 Stimmen hat der Ständerat wie bereits der Nationalrat beschlossen, der SBB für den Schuldenabbau einen einmaligen Kapitalzuschuss von 1.15 Milliarden Franken zu gewährleisten. Bei den Regeln für Darlehen des Bundes an die SBB wurde eine Differenz geschaffen. Wie auch der Bundesrat möchte die kleine Kammer eine Obergrenze bei Tresoriedarlehen einführen. Die Festlegung dieser Obergrenze soll allerdings flexibler gestaltet werden als dies der Bundesrat möchte.

Keine Luftschlösser bauen

Das Ziel der Initiative ist weder wünschenswert noch nachhaltig. Ein extrem niedriger Ressourcenverbrauch, wie ihn die Initiative fordert, ginge mit einer regelrechten Dekonstruktion unseres Wohlstandes einher. Statt Luftschlösser zu bauen, plädiert die Wirtschaft dafür, bereits beschlossene, ambitionierte Nachhaltigkeitsziele konsequent umzusetzen, um echten Fortschritt zu erzielen.

Darum geht es: Die Initianten fordern, dass die Schweiz bis in zehn Jahren innerhalb der planetaren Grenzen leben muss. Das heisst, dass Bevölkerung und Unternehmen in der Schweiz ihren Ressourcenverbrauch soweit reduzieren müssten, dass alle Menschen auf der Welt gleich viel Ressourcen wie sie verbrauchen könnten, ohne den Planeten zu überbeanspruchen.

Das findet economiesuisse: Es braucht mehr «machen» statt «träumen»:

  • Follow the science – die Umwelt- und Klimaschutzerfolge unseres Wirtschaftssystems ausbauen, anstatt zu untermi nieren und Chancen nutzen sowie in Innovationen investieren (Umwelttechnologien, Digitalisierung, Kreislaufwirtschaft).
  • Rote Linien fallen lassen und ambitionierte Kompromisse schmieden in den Bereichen Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft.
  • Realistische Ziele sofort umsetzen statt mit Extremforderungen den Umweltschutz auf die lange Bank schieben.
  • Internationale Koordination, um Umweltstandards auf globaler Ebene zu verbessern.

Empfehlung economiesuisse: Ablehnung

Stand der Beratungen: Der Nationalrat hat mit 129 zu 60 Stimmen die Nein-Empfehlung beschlossen. Auch der links-grüne Minderheitsantrag für einen direkten Gegenvorschlag wurde mit 125 zu 63 Stimmen abgelehnt. Nun ist der Ständerat am Zug.

Aussenwirtschaft

Handelshemmnisse verhindern

Der grenzüberschreitende Handel mit Foltergütern soll mittels eines neuen Gesetzes strenger kontrolliert werden. Dieses Anliegen ist berechtigt. Bei der Umsetzung sind aber gesetzliche Doppelspurigkeiten und damit unnötige Handelshemmnisse zu verhindern.

Darum geht es: Das neue Foltergütergesetz soll den grenzüberschreitenden Handel mit Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zum Zwecke der Folter oder einer anderen grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe verwendet werden können, kontrollieren und wo nötig verbieten.

Das findet economiesuisse: Die Zielsetzung des Foltergütergesetzes wird von der Wirtschaft begrüsst. Allerdings gilt es problematische Doppelspurigkeiten zu anderen gesetzlichen Bestimmungen zu vermeiden

Einige der im Foltergütergesetz erwähnten Güter sind bereits durch andere Regulierungen entweder bewilligungspflichtig oder verboten. Mehrere Exportbewilligungen auf der Grundlage verschiedener Gesetze würde den administrativen Aufwand für Firmen unnötig steigern. economiesuisse fordert deshalb die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips. Ein Export soll möglich sein, wenn eine Behördenbewilligung auf der Grundlage eines anderen Gesetzes bereits vorliegt (Zustimmung zur Minderheit in Art. 2 Abs.3 Foltergütergesetz).

Empfehlung economiesuisse: Annahme - bedingt

Stand der Beratungen: Die grosse Kammer hat die Vorlage mit 129 zu 59 Stimmen angenommen. Nicht präzis genug waren dem Nationalrat Bestimmungen zum Datenschutz und zur Amtshilfe. Er hat dazu dem Bundesratsentwurf einige Bestimmungen hinzugefügt. Alle Anträge von Minderheiten der vorberatenden Rechtskommission des Nationalrats wurden abgelehnt. Das Geschäft geht nun an den Ständerat.

Ausbau des Marktzugangs in Südkorea und Moldau

Südkorea gilt in der Halbleiterindustrie, der Pharmazie und der Informations- und Kommunikationstechnologie als führend und ist ein wichtiger Handelspartner der Schweiz in Asien. Das Freihandelsabkommen mit Moldau eröffnet Schweizer Unternehmen neue Chancen, insbesondere im elektronischen Handel. Dennoch bleibt viel ungenutztes Potenzial in den bilateralen Beziehungen, das durch die Modernisierung der Freihandelsabkommen erschlossen werden könnte.

Darum geht es:

  • Südkorea ist die zehntgrösste Volkswirtschaft weltweit, die viertgrösste in Asien und der sechstgrösste Exporteur weltweit. In zahlreichen Sektoren hat sich das Land über die letzten Jahre zu einer der führenden Industrienationen entwickelt, darunter in der Halbleiterindustrie, der Pharmazie, dem Schiffbau, und der Informations- und Kommunikationstechnologie. Es überrascht deshalb nicht, dass das asiatische Land für die Schweiz eine strategisch wichtige Handels- und Investitionspartnerin darstellt.
  • Das Freihandelsabkommen mit Moldau erweitert das Freihandelsnetz der Schweiz. Ausserdem ist Moldau der erste Partner, mit welchem die EFTA-Staaten ein umfassendes Kapitel zum elektronischen Handel auf Basis des im Jahr 2021 etablierten EFTA-Modelltextes ausgehandelt haben.

Das findet economiesuisse: In den bilateralen Wirtschaftsbeziehungen der Schweiz mit dem strategisch bedeutenden Südkorea einerseits und der Republik Moldau andererseits liegt ungenutztes Potenzial. Um dieses voll auszuschöpfen, ist eine Modernisierung bzw. eine Genehmigung der Freihandelsabkommen mit diesen beiden Ländern unerlässlich. Dies ist entscheidend für die Stärkung der Schweizer Wirtschaft und ihrer internationalen Positionierung.

Empfehlung economiesuisse: Annahme

Stand der Beratungen: Die grosse Kammer hat der Modernisierung des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und der Republik Korea zugestimmt. Das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Republik Moldau wurde von der kleinen Kammer einstimmig genehmigt. Beide Entscheide werden von der Wirtschaft begrüsst.