Früh­jahrs­ses­si­on 2020

Die Früh­jahrs­ses­si­on der eid­ge­nös­si­schen Räte konn­te vom 2. bis 13. März ord­nungs­ge­mäss durch­ge­führt wer­den. Die drit­te und letz­te Ses­si­ons­wo­che muss­te je­doch auf­grund der sich ver­schlech­tern­den Si­tua­ti­on rund um das Co­ro­na­vi­rus ab­ge­sagt wer­den. Nach­fol­gend fin­den Sie un­se­re Stel­lung­nah­men zu wich­ti­gen Ge­schäf­ten.

Die Ses­si­on im Über­blick

Auf­grund der ra­san­ten Aus­brei­tung des Co­ro­na­vi­rus muss­te die Früh­jahrs­ses­si­on 2020 nach zwei Wo­chen ab­ge­bro­chen wer­den. In vie­ler­lei Hin­sicht ist un­klar, was die­ser Ent­scheid für die Fort­füh­rung, die Ein­hal­tung von Fris­ten bei wich­ti­gen Ge­schäf­ten, die wei­te­re Pla­nung der Kom­mis­si­ons­sit­zun­gen usw. be­deu­tet. Ei­ni­ge Fra­gen sind be­reits be­ant­wor­tet, an­de­re noch offen. Auf der Web­sei­te des Par­la­ments fin­det sich der ak­tu­el­le Stand der Dinge, wei­te­re In­for­ma­tio­nen wer­den be­stimmt fol­gen, wenn sich die Lage wie­der be­ru­higt hat.

Die po­li­ti­sche Gross­wet­ter­la­ge über Bun­des­bern kurz vor Be­ginn der Früh­jahrs­ses­si­on gleicht der me­teo­ro­lo­gi­schen: stür­misch, über­ra­schend fros­tig, etwas son­nig, bis­wei­len zu milde, aber auf jeden Fall nicht op­ti­mal für die Schweiz. So zu­min­dest er­schlies­sen sich die ver­öf­fent­lich­ten Ent­schei­de ein­zel­ner par­la­men­ta­ri­scher Kom­mis­sio­nen dem wirt­schafts­li­be­ra­len Geist. Es ist zu hof­fen, dass so­wohl der Stän­de­rat als auch der Na­tio­nal­rat den Wind in die wirt­schafts­po­li­tisch rich­ti­ge Rich­tung dre­hen. Von einem wirt­schafts­freund­li­chen Klima pro­fi­tiert letzt­lich die ge­sam­te Schweiz: die Be­völ­ke­rung wie die Un­ter­neh­men mit ihren hie­si­gen Ar­beits­plät­zen.

Vor­la­gen, die in bei­den Räten be­han­delt wer­den

Um Schwei­zer Un­ter­neh­men vor mas­si­ven Ein­schrän­kun­gen bzw. Ri­si­ken zu be­wah­ren, gilt es vor allem bei der Un­ter­neh­mens-Ver­ant­wor­tungs-In­itia­ti­ve (UVI) re­spek­ti­ve dem Ge­gen­vor­schlag die Wei­chen rich­tig zu stel­len. Die Hal­tung von eco­no­mie­su­is­se ist klar: Ja zum Ge­gen­vor­schlag des Stän­de­rats, Nein zur Un­ter­neh­mens-Ver­ant­wor­tungs-In­itia­ti­ve (UVI) und Nein zum Ge­gen­vor­schlag des Na­tio­nal­rats. Die bei­den Ge­gen­vor­schlä­ge ste­hen in bei­den Räten auf der Trak­tan­den­lis­te, die In­itia­ti­ve selbst nur noch im Na­tio­nal­rat.

Auch beim Da­ten­schutz­ge­setz steht die Dif­fe­renz­ber­ei­ni­gung an: Als Ers­tes ist der Na­tio­nal­rat an der Reihe. Beide Räte soll­ten be­rück­sich­ti­gen, dass die Wirt­schaft auf ein in­ter­na­tio­nal ab­ge­stimm­tes und ad­mi­nis­tra­tiv trag­ba­res Ge­setz an­ge­wie­sen ist. Dabei gilt es, einen so­ge­nann­ten Swiss Fi­nish zu ver­mei­den. Be­son­ders beim Pro­filing braucht es eine zu­kunfts­ge­rich­te­te Re­ge­lung, die eine ge­wis­se Fle­xi­bi­li­tät ent­hält. An­sons­ten er­weist die Vor­la­ge dem For­schungs- und In­no­va­ti­ons­stand­ort Schweiz einen Bä­ren­dienst. Die Fas­sung des Na­tio­nal­rats er­füllt diese Kri­te­ri­en weit­ge­hend.

Beim Ent­eig­nungs­ge­setz soll­ten sich beide Räte auf die fairs­te aller Lö­sun­gen ei­ni­gen: näm­lich auf den Ver­zicht auf (ge­gen­über an­de­ren Be­trof­fen) hö­he­re Ent­schä­di­gun­gen bei Kul­tur­lan­dent­eig­nun­gen. An­sons­ten wür­den öf­fent­li­che und pri­va­te In­fra­struk­tu­ren um ei­ni­ges teu­rer zu ste­hen kom­men – ohne dass je­doch Kul­tur­land bes­ser ge­schützt würde.

Der Bun­des­rat un­ter­brei­tet fer­ner bei­den Räten sei­nen Be­richt zur Aus­sen­wirt­schafts­po­li­tik samt vier Bun­des­be­schlüs­sen über die Ge­neh­mi­gung in­ter­na­tio­na­ler Ab­kom­men. eco­no­mie­su­is­se un­ter­stützt die Bun­des­be­schlüs­se – ins­be­son­de­re den­je­ni­gen über die Ge­neh­mi­gung des Han­dels­ab­kom­mens zwi­schen der Schweiz und dem Ver­ei­nig­ten Kö­nig­reich. Letz­te­res bil­det einen wich­ti­gen Bau­stein zur Ge­währ­leis­tung der be­ste­hen­den Rech­te und Pflich­ten zwi­schen den bei­den Län­dern nach dem Brex­it.

Vor­la­gen im Na­tio­nal­rat

Im Na­tio­nal­rat steht die Re­vi­si­on des CO2-Ge­set­zes vor ent­schei­den­den Wei­chen­stel­lun­gen. Die Um­welt­kom­mis­si­on emp­fiehlt dem Ple­num, das Mo­dell der Ziel­ver­ein­ba­run­gen für alle Un­ter­neh­men zu öff­nen. Das ist er­freu­lich. Seit Lan­gem be­tont die Wirt­schaft, dass sie mit den rich­ti­gen Rah­men­be­din­gun­gen ihre CO2-Ein­spa­run­gen noch­mals um 50 bis 100 Pro­zent stei­gern kann. Stö­rend ist hin­ge­gen, dass der bun­des­rät­li­che Vor­schlag das Ein­spar­po­ten­zi­al be­grenzt, indem er künf­tig den rück­erstat­tungs­be­rech­tig­ten Un­ter­neh­men die Teil­nah­me an der Rück­ver­tei­lung ver­weh­ren will.

Völ­lig ver­fehlt wäre dann aber die Ein­füh­rung von In­ves­ti­ti­ons­kon­trol­len. Der Na­tio­nal­rat soll­te hier Ge­gen­steu­er geben und die «Lex China» des Stän­de­rats ver­sen­ken. Die Vor­la­ge ba­siert auf einer pro­tek­tio­nis­tisch mo­ti­vier­ten Fehl­dia­gno­se auf der Basis eines Schein­pro­blems. Die in der Schweiz er­folg­ten Über­nah­men bil­den keine Ge­fahr für die öf­fent­li­che Si­cher­heit und Ord­nung – das trifft auch auf chi­ne­si­sche In­ves­ti­tio­nen zu. Aus­ser­dem sind aus­län­di­sche Di­rekt­in­ves­ti­tio­nen wich­tig. Sie schaf­fen Ar­beits­plät­ze, ge­ne­rie­ren Steu­er­ein­nah­men und ver­sor­gen Un­ter­neh­men mit aus­rei­chend Ka­pi­tal. Mit der Ab­leh­nung wür­den Un­ter­neh­men von mehr Kos­ten, Bü­ro­kra­tie und zu­sätz­li­chen Ri­si­ken ver­schont.

Auch keine gute Lö­sung ist das Fest­hal­ten an In­dus­trie­z­öl­len. Mit ihrem Nicht­ein­tre­tens­be­schluss sperrt sich die Kom­mis­si­on gegen eine fi­nan­zi­el­le und ad­mi­nis­tra­ti­ve Ent­las­tung von Schwei­zer Fir­men und stützt letzt­lich die Hoch­preis­in­sel Schweiz. Der Na­tio­nal­rat muss die­sen «Ent­scheid» des­halb im In­ter­es­se der Schwei­zer Kon­su­men­tin­nen und Kon­su­men­ten sowie der Un­ter­neh­men un­be­dingt kor­ri­gie­ren, auf die Vor­la­ge ein­tre­ten und diese auch an­neh­men.

Eben­falls ent­ge­gen der Emp­feh­lung der Kom­mis­si­on soll­te der Na­tio­nal­rat auf die Re­vi­si­on des Geld­wä­sche­r­ei­ge­set­zes ein­tre­ten. Will die Schweiz ihre Re­pu­ta­ti­on und ihre Stel­lung als in­ter­na­tio­nal füh­ren­der Fi­nanz­platz wah­ren, so ist ein um­fas­sen­des, in­ter­na­tio­nal kon­for­mes Ab­wehr­dis­po­si­tiv gegen Geld­wä­sche­rei und Ter­ro­ris­mus­fi­nan­zie­rung we­sent­lich und dafür braucht es diese Re­vi­si­on. Ein­zel­ne um­strit­te­ne Punk­te kön­nen im Rah­men der De­tail­be­ra­tung ent­we­der di­rekt mit einem kla­ren An­pas­sungs­auf­trag ver­bun­den an den Bun­des­rat zu­rück­ge­wie­sen oder die um­strit­te­nen Be­rei­che in der De­tail­be­ra­tung ab­ge­lehnt wer­den. Die­ses Vor­ge­hen bringt vor allem einen zeit­li­chen Vor­teil. Wird auf das Ge­schäft nicht ein­ge­tre­ten, ver­liert die Schweiz un­nö­tig viel Zeit in der An­pas­sung ihrer Geld­wä­sche­r­ei­ge­setz­ge­bung. Das ist nicht wün­schens­wert.

Die Gros­se Kam­mer soll­te aus­ser­dem auf den stän­de­rät­li­chen Ent­scheid beim Bun­des­ge­setz über die steu­er­li­che Be­hand­lung fi­nan­zi­el­ler Sank­tio­nen ein­schwen­ken. Nach lang­jäh­ri­gem Rin­gen um eine pra­xis­taug­li­che Lö­sung kann die Wirt­schaft diese im­mer­hin ak­zep­tie­ren.

Die Wirt­schaft un­ter­stützt fer­ner den Vor­schlag, dass Kan­to­ne selbst über den Zu­las­sungs­stopp von neuen Ärz­tin­nen und Ärz­ten ent­schei­den kön­nen, wenn die Kos­ten über­durch­schnitt­lich stei­gen. Die Ein­füh­rung kan­to­na­ler Min­dest- re­spek­ti­ve Höchst­zah­len lehnt die Wirt­schaft hin­ge­gen ab.

Auch die Schaf­fung eines neuen Di­gi­ta­li­sie­rungs­fonds aus­ser­halb des Bun­des­haus­halts – und des­sen Ali­men­tie­rung durch be­stimm­te Ein­nah­men­an­tei­le –, muss un­be­dingt ver­mie­den wer­den. Damit würde ein Prä­ze­denz­fall ge­schaf­fen und sämt­li­che an­de­ren Auf­ga­ben könn­ten mit glei­chem Recht ein ana­lo­ges Vor­ge­hen für sich be­an­spru­chen. Eine Ent­wick­lung in diese Rich­tung ist nicht wünsch­bar, weil sie die oh­ne­hin schon be­schränk­te po­li­ti­sche Steu­er­bar­keit des Fi­nanz­haus­halts wei­ter ein­schrän­ken würde.

Fer­ner ste­hen im Na­tio­nal­rat zwei Volks­in­itia­ti­ven auf der Trak­tan­den­lis­te. Die Wirt­schaft lehnt so­wohl die In­itia­ti­ve «Für ein Ver­bot der Fi­nan­zie­rung von Kriegs­ma­te­ri­al­pro­du­zen­ten» ab als auch die In­itia­ti­ve «Stop der Hoch­preis­in­sel – für faire Prei­se». Auf den in­di­rek­ten Ge­gen­vor­schlag zur Fair-Preis-In­itia­ti­ve soll gar nicht erst ein­ge­tre­ten wer­den. Keine der bei­den letz­te­ren Vor­la­gen würde zur Sen­kung des Preis­ni­veaus in der Schweiz bei­tra­gen. Ers­te­re In­itia­ti­ve würde einen un­ko­or­di­nier­ten Schwei­zer Al­lein­gang be­deu­ten, zu er­heb­li­cher Rechts­un­si­cher­heit und schwie­ri­gen Ab­gren­zungs­fra­gen füh­ren – dies ganz ohne po­si­ti­ven Ef­fekt.

Vor­la­gen im Stän­de­rat

Der Stän­de­rat berät unter an­de­rem die noch of­fe­nen Dif­fe­ren­zen in der Ak­ti­en­rechts­re­vi­si­on (Ent­wurf 1): Sie sind für die Wirt­schaft von grund­le­gen­der Be­deu­tung. Auf un­nö­ti­ge Ver­schär­fun­gen, wie zum Bei­spiel die Ein­füh­rung eines Stimm­ge­heim­nis­ses des un­ab­hän­gi­gen Stimm­rechts­ver­tre­ters, gilt es zu ver­zich­ten. Das­sel­be gilt für die Re­geln, mit wel­chen die Ver­ord­nung gegen über­mäs­si­ge Ver­gü­tun­gen bei bör­sen­ko­tier­ten Ak­ti­en­ge­sell­schaf­ten (VegüV) ver­schärft ins Ge­setz über­führt wer­den soll. eco­no­mie­su­is­se hat die Re­vi­si­on der Vor­la­ge eng be­glei­tet und sich zu den zen­tra­len Punk­ten wie­der­holt ge­äus­sert.

Die Klei­ne Kam­mer berät fer­ner zwei Stan­des­in­itia­ti­ven, die das Frei­han­dels­ab­kom­men mit dem Mer­co­sur be­tref­fen: die eine ist be­reits er­füllt (19.313) und die an­de­re würde ein aus­ge­wo­ge­nes Ab­kom­men ver­hin­dern (19.302). Die Wirt­schaft lehnt des­halb beide ab. Denn der ver­tief­te Markt­zu­gang zu den Staa­ten Bra­si­li­en, Ar­gen­ti­ni­en, Uru­gu­ay und Pa­ra­gu­ay ist für die Schwei­zer Wirt­schaft von gros­ser Be­deu­tung. Laut Ex­per­ten wür­den Schwei­zer Fir­men nach In­kraft­tre­ten pro Jahr rund 180 Mil­lio­nen Fran­ken an Zöl­len ein­spa­ren, die sie statt­des­sen für In­ves­ti­tio­nen in der Schweiz ein­set­zen kön­nen.

Und schliess­lich: Das Bun­des­ge­setz über die in­ter­na­tio­na­le Zu­sam­men­ar­beit und Mo­bi­li­tät in der Bil­dung soll to­tal­r­e­vi­diert wer­den. eco­no­mie­su­is­se be­grüsst die Vor­la­ge. Auch der Stän­de­rat soll­te dafür vo­tie­ren, dass künf­tig au­to­no­me Lö­sun­gen der Schweiz den Be­tei­li­gun­gen an eu­ro­päi­schen Bil­dungs­pro­gram­men gleich­ge­stellt wer­den. Die Ent­kop­pe­lung der in­ter­na­tio­na­len Zu­sam­men­ar­beit und Mo­bi­li­tät in der Bil­dung von der Be­tei­li­gung an einem eu­ro­päi­schen Bil­dungs­pro­gramm ist ziel­füh­rend. Sie schafft die Grund­la­ge, um den Stu­die­ren­den in der Schweiz un­ab­hän­gig von einer all­fäl­li­gen Be­tei­li­gung an Eras­mus den in­ter­na­tio­na­len Aus­tausch zu er­mög­li­chen.

Beide Räte

WIRT­SCHAFT UN­TER­STÜTZT IN­TER­NA­TIO­NAL AB­GE­STIMM­TEN KOM­PRO­MISS DES STÄN­DE­RATS

Die Volks­in­itia­ti­ve (17.060) «Für ver­ant­wor­tungs­vol­le Un­ter­neh­men – zum Schutz von Mensch und Um­welt» – auch Un­ter­neh­mens-Ver­ant­wor­tungs-In­itia­ti­ve (UVI) ge­nannt – ver­langt vom Bund, ge­setz­li­che Mass­nah­men zu tref­fen, wel­che Un­ter­neh­men zu einer um­fas­sen­den ri­si­ko­ba­sier­ten Sorg­falts­prü­fung im Hin­blick auf die Ein­hal­tung in­ter­na­tio­nal an­er­kann­ter Men­schen­rech­te und Um­welt­stan­dards ver­pflich­ten. Diese Pflicht soll für sämt­li­che Ge­schäfts­be­zie­hun­gen der Schwei­zer Un­ter­neh­men gel­ten und wird mit einer ver­schul­dens­un­ab­hän­gi­gen Haf­tung mit Be­weis­last­um­kehr für vom Un­ter­neh­men recht­lich und wirt­schaft­lich kon­trol­lier­te Drit­te durch­ge­setzt.

Der Ent­wurf 2 der Ak­ti­en­rechts­rechts­re­vi­si­on (16.077) ent­hält nach den Be­ra­tun­gen in bei­den Räten zwei Kon­zep­te für einen in­di­rek­ten Ge­gen­vor­schlag zur UVI. Der Vor­schlag des Na­tio­nal­rats ori­en­tiert sich stark an der Me­cha­nik der In­itia­ti­ve, da er ur­sprüng­lich in die Dis­kus­si­on ein­ge­bracht wor­den war, um den In­iti­an­ten den Rück­zug ihrer In­itia­ti­ve zu er­mög­li­chen. Der Na­tio­nal­rat hat be­schlos­sen, die Ge­schäfts­her­ren­haf­tung (Art. 55 OR) um einen Ab­satz 1bis zu er­gän­zen. Un­ter­neh­men sol­len für den Scha­den haf­ten, den durch sie tat­säch­lich kon­trol­lier­te Un­ter­neh­men in Aus­übung ihrer dienst­li­chen oder ge­schäft­li­chen Ver­rich­tun­gen durch Ver­let­zung der Be­stim­mun­gen zum Schutz der Men­schen­rech­te und der Um­welt im Aus­land ver­ur­sacht haben. Die Haf­tung be­zieht sich auf Schä­den an Leib, Leben und Ei­gen­tum.

Die Haf­tung gilt für Un­ter­neh­men, die nach Art. 716abis (neu) OR zur Ein­hal­tung der Be­stim­mun­gen zum Schutz der Men­schen­rech­te und der Um­welt auch im Aus­land ver­pflich­tet sind. Dazu zäh­len Un­ter­neh­men, die in zwei auf­ein­an­der­fol­gen­den Ge­schäfts­jah­ren ent­we­der eine Bi­lanz­sum­me von 40 Mil­lio­nen Fran­ken, einen Um­satz­er­lös von 80 Mil­lio­nen Fran­ken oder im Jah­res­durch­schnitt 500 Voll­zeit­stel­len auf­wei­sen. Un­ter­neh­men haf­ten nicht, wenn sie nach­wei­sen, dass sie die ge­for­der­ten Mass­nah­men zum Schutz der Men­schen­rech­te und der Um­welt ge­trof­fen haben, um den Scha­den zu ver­hü­ten. Aus­ser­dem haf­ten Un­ter­neh­men nicht, wenn sie kei­nen Ein­fluss auf das kon­trol­lier­te Un­ter­neh­men neh­men konn­ten, in des­sen Zu­sam­men­hang die gel­tend ge­mach­ten Rechts­ver­let­zun­gen ste­hen.

Das zwei­te Kon­zept stammt vom Stän­de­rat und wurde in der Win­ter­ses­si­on 2019 auf Basis eines Vor­schlags des Bun­des­rats wei­ter­ent­wi­ckelt. Es ori­en­tiert sich an den Re­gu­lie­rungs­kon­zep­ten im Aus­land, na­ment­lich der Eu­ro­päi­schen Union und setzt auf eine um­fas­sen­de Re­chen­schafts­pflicht der grös­se­ren Un­ter­neh­men. Er­gänzt wird diese Ver­pflich­tung durch spe­zi­fi­sche Sorg­falts­prü­fungs­pflich­ten in den Be­rei­chen Kin­der­ar­beit und Mi­ne­ra­li­en aus Kon­flikt­ge­bie­ten.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se emp­fiehlt, die Vor­la­ge ge­mäss der Min­der­heit Bregy an­zu­neh­men und damit den Ge­gen­vor­schlag des Stän­de­rats zu un­ter­stüt­zen. Hin­ge­gen sind die sehr weit­ge­hen­de Volks­in­itia­ti­ve wie auch der Ge­gen­vor­schlag des Na­tio­nal­rats – als fak­ti­sches Um­set­zungs­ge­setz – ab­zu­leh­nen.

Der Ge­gen­vor­schlag des Stän­de­rats ba­siert auf einem Mix von in­ter­na­tio­nal er­prob­ten und für die Un­ter­neh­men nach­voll­zieh­ba­ren In­stru­men­ten. Er ist da­durch zu­kunfts­ge­rich­tet und spe­zi­fisch auf die tat­säch­li­chen Her­aus­for­de­run­gen in den welt­wei­ten Märk­ten aus­ge­rich­tet. Die Vor­la­ge des Na­tio­nal­rats über­nimmt hin­ge­gen fast um­fas­send die schäd­li­che Haf­tungs­me­cha­nik der In­itia­ti­ve. Sie be­deu­tet einen Schwei­zer Al­lein­gang, ist in­ter­na­tio­nal nicht ab­ge­stimmt und würde das Ri­si­ko miss­bräuch­li­cher und er­pres­se­ri­scher Kla­gen durch Wett­be­wer­ber, aus­län­di­sche An­walts­kanz­lei­en oder Schur­ken­staa­ten gegen un­se­re Un­ter­neh­men mas­siv er­hö­hen.

Ge­gen­vor­schlag Stän­de­rat: In­ter­na­tio­nal ab­ge­stimm­ter und trag­fä­hi­ger Kom­pro­miss

Nach zwei Jah­ren in­ten­si­ver Be­ra­tun­gen hat der Stän­de­rat im De­zem­ber 2019 einen grif­fi­gen Ge­gen­vor­schlag ge­fun­den, der weder klei­ne und gros­se Schwei­zer Un­ter­neh­men er­pres­se­ri­schen Kla­gen aus­setzt, noch un­se­ren Stand­ort schwächt oder in den be­trof­fe­nen Län­dern kon­tra­pro­duk­tiv wir­ken würde. Damit steht ein weit­ge­hen­der, aber für die Wirt­schaft ak­zep­ta­bler, da in­ter­na­tio­nal ab­ge­stimm­ter Ge­gen­vor­schlag im Raum, der es dem Na­tio­nal­rat er­mög­licht, sich dem Stän­de­rat an­zu­schlies­sen und den Stimm­be­rech­tig­ten die schäd­li­che Un­ter­neh­mens-Ver­ant­wor­tungs-In­itia­ti­ve deut­lich zur Ab­leh­nung zu emp­feh­len.

Zudem ent­spricht der Vor­schlag des Stän­de­rats einem ech­ten Kom­pro­miss. Mit dem vor­ge­se­he­nen Nach­voll­zug der grif­figs­ten Re­gu­lie­run­gen im Aus­land sowie noch dar­über hin­aus­ge­hen­den Be­stim­mun­gen für Sorg­falts­prü­fun­gen im Be­reich der «Kin­der­ar­beit» stellt er eine trag­fä­hi­ge und glaub­wür­di­ge Ant­wort auf die in­ter­na­tio­na­len Her­aus­for­de­run­gen dar. Die neuen klar um­ris­se­nen Sorg­falts­prü­fungs­pflich­ten füh­ren dazu, dass die Un­ter­neh­men künf­tig ihren ge­sam­ten Wert­schöp­fungs­pro­zess von der Roh­stoff­be­schaf­fung über die Pro­duk­ti­on bis hin zum Ver­brauch auf po­ten­zi­el­le Ri­si­ken be­züg­lich Kin­der­ar­beit und Kon­flikt­mi­ne­ra­li­en un­ter­su­chen müs­sen. Dies stellt die Schwei­zer Un­ter­neh­men vor Her­aus­for­de­run­gen, die Wirt­schaft ist aber be­reit, die­sen Weg zu gehen und ihrer Vor­bild­funk­ti­on wei­ter­hin ge­recht zu wer­den.

Ge­gen­vor­schlag Na­tio­nal­rat: fak­ti­sches Um­set­zungs­ge­setz einer ge­fähr­li­chen In­itia­ti­ve

Der Ge­gen­vor­schlag des Na­tio­nal­rats nimmt mit der vor­ge­se­he­nen pro­ble­ma­ti­schen Be­weis­last­ver­tei­lung zu­las­ten der Un­ter­neh­men in der Schweiz, sei­ner um­fas­sen­den und nicht klar de­fi­nier­ten Sorg­falts­prü­fungs­pflich­ten sowie des gros­sen An­wen­dungs­krei­ses die ge­fähr­lichs­ten Ele­men­te der In­itia­ti­ve di­rekt auf. Er schafft einen neuen Ge­richts­stand in der Schweiz und er­mög­licht damit aus­län­di­schen Klä­gern den Zu­griff auf die Vor­zü­ge un­se­res Zi­vil­pro­zes­ses, dar­un­ter ins­be­son­de­re auch auf die un­ent­gelt­li­che Pro­zess­füh­rung bei Mit­tel­lo­sig­keit. Ein da­durch mög­li­cher Rück­zug der In­itia­ti­ve steht in kei­nem Ver­hält­nis zum Preis, den klei­ne und gros­se Un­ter­neh­men am Stand­ort Schweiz be­zah­len müss­ten.

Zu­nächst will der Ge­gen­vor­schlag des Na­tio­nal­rats den Ver­schul­dens­nach­weis des Klä­gers durch den schwie­rig zu füh­ren­den Ent­las­tungs­be­weis des Be­klag­ten er­set­zen. Die Un­ter­neh­men müss­ten also künf­tig im Pro­zess Be­wei­se für ent­las­ten­de Tat­sa­chen er­brin­gen, die sich im fer­nen Aus­land er­eig­net haben – Be­wei­se, die rechts­hil­fe­wei­se kaum er­hält­lich sind. Dar­über hin­aus geht der Ge­gen­vor­schlag des Na­tio­nal­rats be­deu­tend wei­ter als die ent­spre­chen­den UN-Leit­li­ni­en. Wäh­rend die Vor­la­ge ver­langt, dass Schwei­zer Un­ter­neh­men künf­tig selbst (!) si­cher­stel­len müss­ten, dass die Men­schen­rech­te und Um­welt­stan­dards durch all ihre Kun­den, Zu­lie­fe­rer und Ge­schäfts­part­ner welt­weit ein­ge­hal­ten wer­den, sehen die UN-Leit­li­ni­en von einer ab­so­lut for­mu­lier­ten Sorg­falts­prü­fung ab. Schliess­lich be­trifft der Vor­schlag der Gros­sen Kam­mer 4000 bis 10'000 Un­ter­neh­men in der Schweiz und hat damit weit­rei­chen­de Im­pli­ka­tio­nen für den Wirt­schafts­stand­ort. An­ge­sichts der deut­li­chen Be­den­ken aus Wirt­schafts­krei­sen wäre es un­ver­zicht­bar ge­we­sen, eine Re­gu­lie­rungs­fol­gen­ab­schät­zung vor­zu­neh­men. Das ist aber nie ge­sche­hen.

Stand der Be­ra­tun­gen

Im Rah­men der Dif­fe­renz­ber­ei­ni­gung berät der Na­tio­nal­rat in der Früh­jahrs­ses­si­on 2020 den in­di­rek­ten Ge­gen­vor­schlag zur UVI er­neut. Die­ser muss zu­sam­men mit der Volks­in­itia­ti­ve (17.060) zwin­gend in der Früh­jahrs­ses­si­on in die Schluss­ab­stim­mung, wenn die Mög­lich­keit eines be­ding­ten Rück­zugs der In­itia­ti­ve auf­recht­er­hal­ten wer­den soll. 

Die RK-NR hat sich mit 14 zu 5 Stim­men bei 6 Ent­hal­tun­gen dafür aus­ge­spro­chen, am in­di­rek­ten Ge­gen­ent­wurf des Na­tio­nal­rats fest­zu­hal­ten. Die Min­der­heit Bregy möch­te sich je­doch dem Be­schluss des Stän­de­rats an­schlies­sen. Sie weist dar­auf hin, dass der in­di­rek­te Ge­gen­ent­wurf des Na­tio­nal­rats bei­na­he einer Um­set­zung der In­itia­ti­ve gleich­kom­me. Den auf dem Bun­des­rats­vor­schlag ba­sie­ren­den stän­de­rät­li­chen Ge­gen­ent­wurf er­ach­tet sie dem­ge­gen­über als aus­ge­wo­ge­ne und wirt­schafts­ver­träg­li­che An­glei­chung des Schwei­zer Rechts an das eu­ro­päi­sche Ni­veau. Damit kann den Kern­an­lie­gen der In­itia­ti­ve ge­nü­gend Rech­nung ge­tra­gen wer­den.

IN­TER­NA­TIO­NAL AB­GE­STIMM­TES UND AD­MI­NIS­TRA­TIV TRAG­BA­RES GE­SETZ ENT­SCHEI­DEND FÜR SCHWEI­ZER WIRT­SCHAFT

Mit die­ser Vor­la­ge un­ter­brei­tet der Bun­des­rat dem Par­la­ment die To­tal­re­vi­si­on des Da­ten­schutz­ge­set­zes (DSG) und die Än­de­rung wei­te­rer Er­las­se zum Da­ten­schutz. Er ver­folgt dabei haupt­säch­lich zwei Ziel­set­zun­gen:

Ers­tens soll der Da­ten­schutz an die tech­no­lo­gi­schen Ent­wick­lun­gen an­ge­passt wer­den und zwei­tens soll der in­ter­na­tio­na­len Rechts­ent­wick­lung Rech­nung ge­tra­gen wer­den. So ist unter an­de­rem seit dem 25. Mai 2018 ist die Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung der EU (DSGVO) an­wend­bar.

Die EU schafft damit fak­tisch einen neuen in­ter­na­tio­na­len Stan­dard für den Da­ten­schutz. Die­ser be­trifft auf­grund der grenz­über­schrei­ten­den Wir­kung der DSGVO auch die Schweiz. Auch an­de­re Län­der haben ihre Da­ten­schutz­ge­set­ze im Nach­gang an­ge­passt, dar­un­ter Japan. Die ge­sam­te Wirt­schaft hat daher ein In­ter­es­se daran, dass die Schweiz im Be­reich des Da­ten­schut­zes als mit die­sem neuen Stan­dard ver­gleich­bar und als an­ge­mes­sen re­gu­lier­tes Land wahr­ge­nom­men wird, um kei­nen Wett­be­werbs­nach­teil zu er­lei­den. Der un­ge­hin­der­te Da­ten­ver­kehr zwi­schen der Schweiz und der EU sowie den an­de­ren Län­dern, die sich an die­sem Stan­dard ori­en­tie­ren, hängt davon ab, dass die Schutz­ni­veaus in bei­den Ge­bie­ten als eben­bür­tig an­ge­se­hen wer­den. Ein un­ver­zicht­ba­rer Be­stand­teil der Auf­recht­er­hal­tung des EU-An­ge­mes­sen­heits­be­schlus­ses, über den die Schweiz aus Sicht der EU mo­men­tan ver­fügt, ist nicht nur die An­pas­sung des Da­ten­schutz­ge­set­zes, son­dern auch der Bei­tritt zur Da­ten­schutz­kon­ven­ti­on SEV 108.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se emp­fiehlt, die Vor­la­ge auf Basis der Vor­ar­bei­ten der na­tio­nal­rät­li­chen Kom­mis­si­on ge­mäss den Emp­feh­lun­gen der Wirt­schaft zu be­ra­ten. Diese zie­len auf ein ad­mi­nis­tra­tiv trag­ba­res Ge­setz ab. So sol­len keine Vor­schrif­ten be­ste­hen, die weder aus An­ge­mes­sen­heits­über­le­gun­gen not­wen­dig sind, noch einen Mehr­wert für die be­trof­fe­nen Per­so­nen brin­gen oder im Ver­hält­nis zur EU gar über­schies­send sind (sog. Swiss Fi­nish). Die Emp­feh­lun­gen der Wirt­schaft wur­den unter brei­tem Ein­be­zug von Ex­per­ten der Wirt­schaft aus allen Bran­chen er­ar­bei­tet, be­rück­sich­ti­gen die Ge­set­zes­sys­te­ma­tik und bil­den ein auf­ein­an­der ab­ge­stimm­tes Gan­zes.

Aus Sicht der Un­ter­neh­men sind ins­be­son­de­re fol­gen­de Dif­fe­ren­zen von Be­deu­tung:

  • Zu­kunfts­ge­rich­te­te Re­ge­lung des Pro­filing: Die Wirt­schaft und der For­schungs- und In­no­va­ti­ons­stand­ort Schweiz sind auf eine prak­ti­ka­ble Lö­sung des Pro­filing an­ge­wie­sen. Wich­ti­ge tech­no­lo­gi­sche Ent­wick­lun­gen im Be­reich der Da­ten­wirt­schaft ge­sche­hen in die­sem Ge­biet. Die Fas­sung des Na­tio­nal­rats ist zu­kunfts­ge­rich­tet und bie­tet an­ge­mes­se­ne Fle­xi­bi­li­tät bei gleich­zei­tig ver­hält­nis­mäs­si­gem Schutz (ent­spricht Mehr­heit SPK-NR). Der Stän­de­rat hatte eine Un­ter­schei­dung zwi­schen «Pro­filing» und «Pro­filing mit hohem Ri­si­ko» vor­ge­schla­gen (Art. 4 lit. fbis E-DSG). Dar­über hin­aus hat der Stän­de­rat diese De­fi­ni­ti­on noch mit zu­sätz­lich ver­schär­fen­den Be­stim­mun­gen ver­knüpft (Art. 5 Abs. 7 und Art. 27 Abs. 2 lit. c Ziff. 1 E-DSG). Die eu­ro­päi­schen Re­geln ken­nen keine sol­che Un­ter­schei­dung. Es wird damit ge­ra­de in einem für die Da­ten­wirt­schaft und damit den Stand­ort Schweiz grund­lie­gen­den Punkt ein un­nö­ti­ger ver­schär­fen­der Swiss Fi­nish ge­schaf­fen. Mit der vom Stän­de­rat vor­ge­schla­ge­nen For­mu­lie­rung wür­den in der Pra­xis prak­tisch alle For­men von Pro­filing unter die De­fi­ni­ti­on «Pro­filing mit hohem Ri­si­ko» fal­len. Die Un­ter­schei­dung bei den Ri­si­ko­ka­te­go­ri­en führt im Er­geb­nis zu einem un­nö­tig ver­schärf­ten Re­gime, was einen mas­si­ven Wett­be­werbs­nach­teil der hie­si­gen Un­ter­neh­men im in­ter­na­tio­na­len Ver­gleich zur Folge hätte. Die Wirt­schaft emp­fiehlt, beim Pro­filing bei der Fas­sung des Na­tio­nal­rats zu blei­ben.
  • Nut­zungs­frist bei der Bo­ni­täts­prü­fung ver­län­gern und ohne Al­ters­be­stim­mung er­mög­li­chen (Art. 27 Abs. 2 lit. c Ziff. 3 und Ziff. 4 E-DSG): Ver­lust­schei­ne ver­jäh­ren erst nach 20 Jah­ren. Um die Nut­zungs­frist von Per­so­nen­da­ten bei der Kre­dit­wür­dig­keits­prü­fung mit dem Zi­vil­recht ab­zu­glei­chen, hatte der Na­tio­nal­rat die in der Bot­schaft vor­ge­se­he­ne Frist von fünf Jah­ren auf zehn Jahre er­höht. Die Nut­zung sol­cher Daten zur Kre­dit­wür­dig­keits­prü­fung muss in Über­ein­stim­mung mit dem Na­tio­nal­rat und der Mehr­heit SPK-NR wei­ter­hin zu­läs­sig sein, auch wenn diese älter als fünf Jahre sind. Der Stän­de­rat hat die Frist ohne Not auf fünf Jahre ge­kürzt. Die Frist von zehn Jah­ren ge­mäss Na­tio­nal­rat und Mehr­heit SPK-NR ist an­ge­mes­se­ner. Zudem soll der Recht­fer­ti­gungs­grund der Kre­dit­wür­dig­keits­prü­fung ge­mäss Bun­des­rat und Stän­de­rat unter an­de­rem nur grei­fen, wenn die be­trof­fe­ne Per­son voll­jäh­rig ist. Da das ge­naue Alter einer Per­son in der Pra­xis aber oft nicht be­stimmt wer­den kann und die Prü­fung der Voll­jäh­rig­keit dann nicht mög­lich ist, ist auch an die­ser Stel­le der Fas­sung Na­tio­nal­rat und der Min­der­heit SPK-NR zu fol­gen.
  • Ein­füh­rung eines Kon­zern­pri­vi­legs (Art. 18 Abs. 3 lit. c i.V.m. Abs. 4; Art. 24 Abs. 2 lit. a i.V.m. Abs. 2bis und Art. 27 Abs. 2 lit. b E-DSG): Die Mehr­hei­ten SPK-NR im Be­reich des Kon­zern­pri­vi­legs sind be­grüs­sens­wert. Mit den er­wähn­ten Mehr­hei­ten wer­den die Vor­aus­set­zun­gen für Kon­zer­ne ge­schaf­fen, damit sie sich auf be­stimm­te Aus­nah­me­be­stim­mun­gen be­ru­fen kön­nen. Diese Mög­lich­keit war in der Fas­sung Bun­des­rat nicht vor­ge­se­hen, was ge­setz­li­chen Ver­pflich­tun­gen für Kon­zer­ne in der Pra­xis ent­ge­gen­stand.

In­ter­na­tio­na­le Ab­stim­mung

Die Schwei­zer Wirt­schaft, dar­un­ter gros­se wie auch klei­ne Un­ter­neh­men, hat ein In­ter­es­se daran, dass sich die Schweiz mit ihrer Da­ten­schutz­ge­setz­ge­bung an­ge­mes­sen an die in­ter­na­tio­na­len Ent­wick­lun­gen an­nä­hert. Aus Sicht der EU soll­te die Schweiz als ver­gleich­bar und an­ge­mes­sen re­gu­lier­tes Land wahr­ge­nom­men wer­den, da sonst im Ta­ges­ge­schäft mit Nach­tei­len für un­se­re Un­ter­neh­men zu rech­nen wäre. Soll­te die Schweiz im Ver­hält­nis zur EU nicht ein an­ge­mes­se­nes Da­ten­schutz­ni­veau schaf­fen, so gälte die Schweiz aus Sicht der EU als min­der­re­gu­lier­tes Dritt­land. Dies be­deu­tet aber auch, dass der vor­han­de­ne Hand­lungs­spiel­raum bei der Um­set­zung des neuen Da­ten­schutz­ni­veaus op­ti­mal im Sinne des Stand­orts aus­ge­schöpft wer­den muss. Die Emp­feh­lun­gen der Wirt­schaft zie­len dar­auf hin, die­sen Hand­lungs­spiel­raum auf­zu­zei­gen.

Zeit­na­her Ab­schluss der Vor­la­ge, keine un­nö­ti­gen Ver­zö­ge­run­gen

Die EU über­prüft der­zeit sämt­li­che An­ge­mes­sen­heits­be­schlüs­se mit Dritt­staa­ten und somit auch die Da­ten­schutz­ge­setz­ge­bung der Schweiz. Im Mai 2020 wird ein ent­spre­chen­der Be­richt ver­öf­fent­licht. Un­nö­ti­ge Ver­zö­ge­run­gen im Schwei­zer Re­vi­si­ons­vor­ha­ben könn­ten dazu füh­ren, dass die Schweiz auf­grund ihrer geo­gra­fi­schen Nähe (ana­log Gross­bri­tan­ni­en) in ein be­son­de­res In­ter­es­se der EU rückt. Ein zeit­na­her Ab­schluss (Früh­jahrs­ses­si­on 2020) ist nach wie vor an­zu­stre­ben, so­weit es die in­halt­li­che Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Dos­sier zu­lässt. Auch soll­ten die zum DSG-Re­vi­si­ons­vor­ha­ben ge­hö­ren­den Ver­ord­nun­gen zeit­nah fol­gen, damit der Wirt­schaft hin­rei­chend Zeit für deren Um­set­zung ein­ge­räumt wird.

Stand der Be­ra­tun­gen

Nach der Erst­be­ra­tung bei­der Räte wird die Vor­la­ge nun im Rah­men des Dif­fe­renz­ber­ei­ni­gungs­ver­fah­rens be­ra­ten. In der Früh­jahrs­ses­si­on 2020 be­fas­sen sich beide Räte er­neut mit der Vor­la­ge. Der Na­tio­nal­rat ist als Ers­ter an der Reihe. Ins­be­son­de­re beim Pro­filing hält die SPK-NR an der Dif­fe­renz zur Klei­nen Kam­mer fest. Die Kom­mis­si­ons­mehr­heit hat be­schlos­sen, der wirt­schafts­freund­li­chen Lö­sung des Na­tio­nal­rats zu fol­gen und den Vor­schlag des Stän­de­rats ab­zu­leh­nen, der neu eine Auf­tei­lung in Pro­filing und Pro­filing «mit hohem Ri­si­ko» vor­se­hen woll­te. Eine Kom­mis­si­ons­min­der­heit spricht sich für den stän­de­rät­li­chen Vor­schlag aus, eine wei­te­re Min­der­heit für eine drit­te Lö­sung, bei der die Ent­ste­hung von be­son­ders schüt­zens­wer­ten Per­so­nen­da­ten im Vor­der­grund steht.

Die SPK-NR be­an­tragt ihrem Rat zudem, in meh­re­ren wei­te­ren Punk­ten am Be­schluss der Gros­sen Kam­mer fest­zu­hal­ten. Bei­spiels­wei­se soll die Nut­zung von Per­so­nen­da­ten zwecks Kre­dit­wür­dig­keits­prü­fung zehn Jahre lang mög­lich blei­ben. Die SPK-NR be­an­tragt ihrem Rat aber auch, in meh­re­ren Punk­ten der Klei­nen Kam­mer zu fol­gen. Dabei wird dem be­son­de­ren Fall der Un­ter­neh­mens­grup­pen Rech­nung ge­tra­gen.

Be­ur­tei­lung der Be­ra­tun­gen

Der Na­tio­nal­rat hat im Rah­men der Dif­fe­renz­ber­ei­ni­gung den An­lie­gen der Wirt­schaft in wich­ti­gen Punk­ten Rech­nung ge­tra­gen. Der Stän­de­rat führt die Be­ra­tun­gen vor­aus­sicht­lich in der Son­der­ses­si­on im Mai fort: ein zen­tra­ler Dis­kus­si­ons­punkt bleibt die Re­ge­lung des Pro­filing.

Un­se­re de­tail­lier­te Ein­schät­zung zu den Be­schlüs­sen der Gros­sen Kam­mer fin­den Sie hier.

ER­HÖH­TE ENT­SCHÄ­DI­GUNG BEI KUL­TUR­LAN­DENT­EIG­NUN­GEN ENT­BEHRT JEG­LI­CHER VER­FAS­SUNGS­GRUND­LA­GE UND SETZT FAL­SCHE AN­REI­ZE

Das Ent­eig­nungs­ge­setz (EntG) soll re­vi­diert wer­den. Im Zen­trum der Vor­la­ge steht die An­pas­sung der Ver­fah­rens­vor­schrif­ten an die heu­ti­gen Ver­hält­nis­se (z.B. durch einen bes­se­ren Ab­gleich des Ent­eig­nungs­ver­fah­rens mit dem Plan­ge­neh­mi­gungs­ver­fah­ren). Zur Auf­recht­er­hal­tung der Funk­tio­na­li­tät der Pro­zes­se wer­den zudem die Be­stim­mun­gen über die Or­ga­ni­sa­ti­on und Struk­tur der Eid­ge­nös­si­schen Schät­zungs­kom­mis­sio­nen (ESchK) an­ge­passt und gleich­zei­tig ver­ein­facht. Die Vor­la­ge wird wei­ter zum An­lass ge­nom­men, ver­schie­de­ne De­tail­re­ge­lun­gen zu mo­der­ni­sie­ren.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se emp­fiehlt, bei Art. 19 lit. abis E-EntG der Min­der­heit II zu­zu­stim­men und damit von einer über­höh­ten Ent­schä­di­gung bei Kul­tur­lan­dent­eig­nun­gen ab­zu­se­hen.

Son­der­be­hand­lung von Kul­tur­lan­dent­eig­nun­gen ist nicht ver­fas­sungs­kon­form

Der Bun­des­rat hat in sei­ner Bot­schaft nach ein­ge­hen­der Prü­fung auf eine Son­der­be­hand­lung von Kul­tur­lan­dent­eig­nun­gen (wie dies die Mo­ti­on 13.3196, Rit­ter, for­der­te) ver­zich­tet. Er ver­weist dabei zu­recht auf die feh­len­de Ver­fas­sungs­grund­la­ge: Im Kon­text des Ent­eig­nungs­rechts gilt ein Ge­winn­erzie­lungs­ver­bot (was so­wohl den Ent­eig­ner als auch die Ent­eig­ne­ten be­trifft). Auch gilt es, die Rechts­gleich­heit zu wah­ren und das Will­kür­ver­bot ein­zu­hal­ten. Art. 19 lit. abis ver­stösst je­doch gegen diese Grund­sät­ze.

Hoher fi­nan­zi­el­ler Zu­satz­auf­wand für Wirt­schaft und öf­fent­li­che Hand

Art. 19 lit. abis führt po­ten­zi­ell zu er­heb­li­chen Mehr­kos­ten im In­fra­struk­tur­be­reich. Auf­sei­ten der öf­fent­li­chen Hand wür­den ins­be­son­de­re beim Bau von Ver­kehrs­in­fra­struk­tu­ren fi­nan­zi­el­le Zu­satz­auf­wän­de ent­ste­hen. In der Pri­vat­wirt­schaft sind zudem Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­an­bie­ter, En­er­gie­ver­sor­ger, Tou­ris­mus und an­de­re aus­ser­halb der Bau­zo­ne tä­ti­ge Bran­chen be­trof­fen. Vor allem die Aus­wir­kun­gen auf die Ent­schä­di­gun­gen von Durch­lei­tungs­rech­ten wären gra­vie­rend und wür­den bei den be­trof­fe­nen Un­ter­neh­men er­heb­li­che Mehr­kos­ten aus­lö­sen. Dies ist be­son­ders stos­send, da die Durch­lei­tung die Nut­zung des Kul­tur­lands in den we­nigs­ten Fäl­len nach­hal­tig ver­un­mög­licht (an­ders als eine ma­te­ri­el­le Ent­eig­nung).

Fal­sches Prä­ju­diz für kan­to­na­les Ent­eig­nungs­recht

Mit der hö­he­ren Ent­schä­di­gung ge­mäss Art. 19 lit. abis wird eine pro­ble­ma­ti­sche Dis­kre­panz zwi­schen kan­to­na­len und bun­des­recht­li­chen Ent­eig­nun­gen ge­schaf­fen, da Kul­tur­lan­dent­eig­nun­gen vom Bund höher ent­schä­digt wür­den als von den Kan­to­nen. Ent­spre­chen­de Fehl­an­rei­ze sind die Folge. Wür­den die Kan­to­ne ihr Recht dem Bun­des­recht an­pas­sen, käme dies einem ein­schnei­den­den Pa­ra­dig­men­wech­sel gleich, der ohne aus­rei­chen­de Ab­klä­rung der Re­gu­lie­rungs­fol­gen statt­fin­det.

Kul­tur­land­schutz wird nicht ver­bes­sert

Das Ar­gu­ment des Kul­tur­land­schut­zes ist im vor­lie­gen­den Fall nicht zu­läs­sig. Ei­ner­seits ist das Ent­eig­nungs­recht von vorn­her­ein nicht das rich­ti­ge In­stru­ment für die­sen Schutz – dies ist ein­deu­tig das Raum­pla­nungs­ge­setz. An­de­rer­seits stellt die Ent­eig­nung auf Bun­des­ebe­ne in der Pra­xis den Aus­nah­me­fall dar, da in den al­ler­meis­ten Fäl­len eine güt­li­che Ei­ni­gung ge­fun­den wird. Eine er­höh­te Ent­schä­di­gung würde für die Land­wirt­schaft ein­sei­tig den An­reiz einer Es­ka­la­ti­on über das Ent­eig­nungs­recht schaf­fen. Dies führt zu hö­he­ren volks­wirt­schaft­li­chen Kos­ten, ohne dass der Ver­schleiss des Kul­tur­lands re­du­ziert wird.

Stand der Be­ra­tun­gen

Die Vor­la­ge be­fin­det sich in der Dif­fe­renz­ber­ei­ni­gung. In der Früh­jahrs­ses­si­on 2020 wird der Na­tio­nal­rat das Ge­schäft noch­mals be­ra­ten.

An­ders als vom Bun­des­rat vor­ge­schla­gen, haben Na­tio­nal- und Stän­de­rat in der ers­ten Be­ra­tungs­run­de ent­schie­den, dass künf­tig eine er­höh­te Ent­schä­di­gung für land­wirt­schaft­li­ches Kul­tur­land aus­be­zahlt wer­den soll. Über die Höhe die­ser Ent­schä­di­gung sind sich die Räte aber noch nicht einig. Eine Min­der­heit der RK-NR be­an­tragt das Fest­hal­ten an einer sechs­fa­chen Ent­schä­di­gungs­sum­me in Re­la­ti­on zum mass­geb­li­chen Höchst­preis ge­mäss Bun­des­ge­setz über das bäu­er­li­che Bo­den­recht (BGBB), wäh­rend die knap­pe Mehr­heit (14 zu 11 Stim­men) dem Stän­de­rat folgt und damit die Ent­schä­di­gung auf das Drei­fa­che fest­le­gen will. Eine zwei­te Min­der­heit ver­langt die gänz­li­che Strei­chung des be­tref­fen­den Ar­ti­kels.

Be­ur­tei­lung der Be­ra­tun­gen

Mit dem Ent­scheid, Kul­tur­lan­dent­eig­nun­gen mit dem Drei­fa­chen des Ver­kehrs­werts ge­mäss bäu­er­li­chem Bo­den­recht zu ent­schä­di­gen, igno­rie­ren die eid­ge­nös­si­schen Räte das Feh­len einer ent­spre­chen­den Ver­fas­sungs­grund­la­ge. Dies ist ord­nungs­po­li­tisch frag­wür­dig und auch volks­wirt­schaft­lich schäd­lich, da die Wei­ter­ent­wick­lung der Schwei­zer In­fra­struk­tu­ren teu­rer wird.

AB­KOM­MEN MIT UK SI­CHERT WEI­TER­FÜH­RUNG DER HAN­DELS­BE­ZIE­HUN­GEN NACH BREX­IT

Der Bun­des­rat hat am 15. Ja­nu­ar 2020 den Be­richt zur Aus­sen­wirt­schafts­po­li­tik 2019 ver­ab­schie­det. Darin wer­den dem Par­la­ment vier Bun­des­be­schlüs­se über die Ge­neh­mi­gung in­ter­na­tio­na­ler Ab­kom­men zur Zu­stim­mung vor­ge­legt. Kon­kret han­delt es sich um ein Han­dels­ab­kom­men der Schweiz mit dem Ver­ei­nig­ten Kö­nig­reich, ein Land­wirt­schafts­ab­kom­men der Schweiz mit Is­ra­el, die Ak­tua­li­sie­rung (Pro­to­koll A) des Frei­han­dels­ab­kom­mens (FHA) zwi­schen den EFTA-Staa­ten und Is­ra­el, ein Ab­kom­men mit der Tür­kei im Rah­men des All­ge­mei­nen Prä­fe­renz­sys­tems sowie ver­schie­de­ne zoll­ta­ri­fa­ri­sche Mass­nah­men.

Ins­be­son­de­re das am 11. Fe­bru­ar 2019 un­ter­zeich­ne­te Han­dels­ab­kom­men mit dem Ver­ei­nig­ten Kö­nig­reich ist für die Schweiz wich­tig. Es er­mög­licht, die be­ste­hen­den Wirt­schafts­be­zie­hun­gen mit dem Ver­ei­nig­ten Kö­nig­reich auch nach er­folg­tem EU-Aus­tritt auf­recht­zu­er­hal­ten. Damit kann im In­ter­es­se der Schweiz ein recht­li­ches Va­ku­um ver­hin­dert wer­den. Kon­kret re­pli­ziert das Han­dels­ab­kom­men so weit wie mög­lich die wirt­schafts- und han­dels­re­le­van­ten Rech­te und Pflich­ten ge­mäss den heu­ti­gen Ab­kom­men Schweiz-EU. Es ent­fal­tet seine Wir­kung, so­bald Letz­te­re auf das Ver­ei­nig­te Kö­nig­reich nicht mehr an­wend­bar sind.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se emp­fiehlt, alle vier Bun­des­be­schlüs­se zu ge­neh­mi­gen, ins­be­son­de­re aber den «Bun­des­be­schluss über die Ge­neh­mi­gung des Han­dels­ab­kom­mens zwi­schen der Schweiz und dem Ver­ei­nig­ten Kö­nig­reich und des Zu­satz­ab­kom­mens über die Ein­be­zie­hung Liech­ten­steins in das Han­dels­ab­kom­men».

Han­dels­ab­kom­men si­chert ver­trag­li­che Be­zie­hun­gen und bie­tet Pla­nungs­si­cher­heit

Seit dem 1. Fe­bru­ar 2020 ist das Ver­ei­nig­te Kö­nig­reich for­mell nicht mehr EU-Mit­glied. Die im Aus­tritts­ver­trag ent­hal­te­ne Über­gangs­pe­ri­ode stellt zwar si­cher, dass die bi­la­te­ra­len Ver­trä­ge der Schweiz mit der EU min­des­tens bis Ende 2020 auf das Ver­ei­nig­te Kö­nig­reich an­wend­bar blei­ben. Für die Zeit da­nach herrscht je­doch noch gros­se Un­si­cher­heit. An­ge­sichts des­sen stellt das am 11. Fe­bru­ar 2019 un­ter­zeich­ne­te bi­la­te­ra­le Han­dels­ab­kom­men einen wich­ti­gen Bau­stein zur Ge­währ­leis­tung der be­ste­hen­den Rech­te und Pflich­ten zwi­schen der Schweiz und dem Ver­ei­nig­ten Kö­nig­reich dar. Mit einem Han­dels­vo­lu­men von der­zeit 38 Mil­li­ar­den Fran­ken (Güter und Dienst­leis­tun­gen) und Schwei­zer Di­rekt­in­ves­ti­tio­nen (Be­stand) von rund 78 Mil­li­ar­den Fran­ken, ge­hört das Ver­ei­nig­te Kö­nig­reich zu den wich­tigs­ten wirt­schaft­li­chen Part­nern der Schweiz welt­weit. Gleich­zei­tig ist auch die Schweiz für Gross­bri­tan­ni­en ein äus­serst wich­ti­ger Han­dels­part­ner.

Be­ste­hen­de Lü­cken schlies­sen und Wirt­schafts­be­zie­hun­gen ver­tie­fen

Das un­ter­zeich­ne­te Han­dels­ab­kom­men ent­hält al­ler­dings Lü­cken im Ver­gleich zum Sta­tus quo. So ist etwa die bi­la­te­ra­le Fort­füh­rung des Ab­kom­mens über die tech­ni­schen Han­dels­hemm­nis­se (MRA) le­dig­lich für die drei Ka­pi­tel «Kraft­fahr­zeu­ge», «Gute La­bor­pra­xis (GLP)» und «In­spek­ti­on der guten Her­stel­lungs­pra­xis (GMP) für Arz­nei­mit­tel und Zer­ti­fi­zie­rung der Char­gen» ge­si­chert. Eine Fort­füh­rung des MRA für die üb­ri­gen 17 Pro­duk­te­ka­pi­tel (z.B. Med­tech, Che­mie, Ma­schi­nen, Tex­ti­li­en/Be­klei­dung) hängt von der Aus­ge­stal­tung der künf­ti­gen Be­zie­hun­gen EU-UK ab. Ab­wei­chen­de bi­la­te­ra­le Ver­trags­lö­sun­gen zwi­schen der Schweiz und dem Ver­ei­nig­ten Kö­nig­reich füh­ren an­ge­sichts der star­ken In­te­gra­ti­on hie­si­ger Un­ter­neh­men in pan-eu­ro­päi­sche Wert­schöp­fungs­ket­ten zu Dop­pel­spu­rig­kei­ten und sind nicht ziel­füh­rend. Gleich­wohl ist es wich­tig, diese be­ste­hen­den Lü­cken so rasch und so weit wie mög­lich zu schlies­sen.

Das Han­dels­ab­kom­men sieht fer­ner auch ex­plo­ra­to­ri­sche Ge­sprä­che zur Wei­ter­ent­wick­lung der bi­la­te­ra­len Han­dels­be­zie­hun­gen vor. Dies wird von der Wirt­schaft ex­pli­zit be­grüsst, zumal das be­ste­hen­de Frei­han­dels­ab­kom­men mit der EU von 1972 einem Ab­kom­men ers­ter Ge­ne­ra­ti­on ent­spricht und für die Schwei­zer Ex­port­wirt­schaft heute sub­stan­zi­el­les Ver­bes­se­rungs­po­ten­zi­al be­steht (u.a. Dienst­leis­tun­gen und geis­ti­ges Ei­gen­tum). Ge­sprä­che über eine Ver­tie­fung der bi­la­te­ra­len Be­zie­hun­gen sind des­halb zügig und unter engem Ein­be­zug der Wirt­schaft vor­an­zu­trei­ben und zu for­ma­li­sie­ren.

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Be­richt wird in der Früh­jahrs­ses­si­on 2020 bei­den Räten zur Kennt­nis­nah­me vor­ge­legt, die vier Bun­des­be­schlüs­se gleich­zei­tig zur Ge­neh­mi­gung.

In der Ge­samt­ab­stim­mung haben die aus­sen­po­li­ti­schen Kom­mis­sio­nen bei­der Räte alle Ab­kom­men sowie die zoll­ta­ri­fa­ri­schen Mass­nah­men ein­stim­mig zur Ge­neh­mi­gung emp­foh­len.

Be­ur­tei­lung der Be­ra­tun­gen

So­wohl Na­tio­nal- wie auch Stän­de­rat haben das Han­dels­ab­kom­men zwi­schen der Schweiz und dem Ver­ei­nig­ten Kö­nig­reich ge­neh­migt. Das klare Be­kennt­nis der bei­den Kam­mern zu die­sem Ab­kom­men ist er­freu­lich, zumal Letz­te­res die Auf­recht­er­hal­tung der be­ste­hen­den Han­dels­be­zie­hun­gen mit dem Ver­ei­nig­ten Kö­nig­reich nach des­sen Aus­tritt aus der EU si­cher­stellt. Damit kann im In­ter­es­se der Schweiz ein recht­li­ches Va­ku­um ver­hin­dert wer­den.

Po­si­tiv zu wer­ten ist auch die Ge­neh­mi­gung der drei wei­te­ren Bun­des­be­schlüs­se (Land­wirt­schafts­ab­kom­men zwi­schen der Schweiz und Is­ra­el, Ak­tua­li­sie­rung des Frei­han­dels­ab­kom­mens zwi­schen den EFTA-Staa­ten und Is­ra­el und Ab­kom­men mit der Tür­kei im Rah­men des All­ge­mei­nen Prä­fe­renz­sys­tems).

Na­tio­nal­rat

WIRT­SCHAFTS­FREUND­LI­CHE UM­SET­ZUNG IST ES­SEN­ZI­ELL

Das gel­ten­de CO2-Ge­setz re­gelt, wie die Treib­haus­gas­emis­sio­nen bis zum Jahr 2020 re­du­ziert wer­den sol­len. Für die Zeit nach 2020 muss der Bun­des­rat des­halb Vor­schlä­ge zur wei­te­ren Ver­min­de­rung der Treib­haus­gas­emis­sio­nen aus­ar­bei­ten. Mit der Ge­neh­mi­gung des Über­ein­kom­mens von Paris hat sich die Schweiz ver­pflich­tet, dass die Treib­haus­gas­emis­sio­nen bis 2030 um 50 Pro­zent ge­gen­über 1990 ver­min­dert wer­den. Ge­mäss bun­des­rät­li­chem Ent­wurf sol­len min­des­tens drei Fünf­tel der Ein­spa­run­gen im In­land und ma­xi­mal zwei Fünf­tel im Aus­land er­fol­gen.

Am Mass­nah­men­mix des gel­ten­den CO2-Ge­set­zes will der Bun­des­rat in der To­tal­re­vi­si­on grund­sätz­lich fest­hal­ten bzw. die­sen ver­stär­ken. Kern­stück der Schwei­zer Kli­ma­po­li­tik soll wei­ter­hin die CO2-Ab­ga­be bil­den. Sie ist als Len­kungs­ab­ga­be auf fos­si­le Brenn­stof­fe sek­tor­über­grei­fend an­wend­bar. Im Ge­bäu­de­be­reich schlägt der Bun­des­rat den Abbau von För­der­mass­nah­men (Ge­bäu­de­pro­gramm) und die Ab­lö­sung durch sub­si­diä­re CO2-Grenz­wer­te vor. Im Ver­kehrs­be­reich sol­len die Emis­si­ons­vor­schrif­ten für neue Fahr­zeu­ge und eine Kom­pen­sa­ti­ons­pflicht für Treib­stof­f­im­por­teu­re ver­schärft wer­den. Im In­dus­trie­be­reich wer­den mit dem Emis­si­ons­han­dels­sys­tem (EHS) und mit der Rück­erstat­tung der CO2-Ab­ga­be auch für Un­ter­neh­men, die nicht am EHS teil­neh­men, eta­blier­te Sys­te­me wei­ter­ge­führt. Mass­nah­men wie der Tech­no­lo­gie­fonds, die För­de­rung von Kom­mu­ni­ka­ti­on und Bil­dung im Kli­ma­be­reich und frei­wil­li­ge Mass­nah­men im Fi­nanz­markt­be­reich kom­ple­men­tie­ren das In­stru­men­ta­ri­um im In­land.

Der Bun­des­rat er­war­tet, dass mit dem re­vi­dier­ten CO2-Ge­setz min­des­tens 26,9 Mil­lio­nen Ton­nen CO2-Äqui­va­len­te ge­senkt wer­den kön­nen. Ins­be­son­de­re sol­len die Treib­haus­gas­emis­sio­nen im In­land bis 2030 um 18,5 Mil­lio­nen Ton­nen ge­senkt wer­den. Aus­ser­dem ver­spricht sich der Bun­des­rat vom Über­gang zu einer treib­haus­gas­ar­men Wirt­schaft Wachs­tums­chan­cen und An­rei­ze für In­no­va­ti­ons­tä­tig­kei­ten. Gleich­zei­tig räumt der Bun­des­rat aber ein, dass die Er­hö­hung der CO2-Ab­ga­be einen ne­ga­ti­ven Ef­fekt auf das Brut­to­in­land­pro­dukt haben wird.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se emp­fiehlt, die Vor­la­ge mit Än­de­run­gen an­zu­neh­men. Aus Sicht der Wirt­schaft sind je­doch noch Kor­rek­tu­ren nötig. Nur mit einer wirt­schafts­freund­li­chen Um­set­zung kann ver­hin­dert wer­den, dass dem Werk­platz Schweiz Wett­be­werbs­nach­tei­le dro­hen.

Mo­dera­tes und rea­lis­ti­sches In­land­ziel

eco­no­mie­su­is­se un­ter­stützt das CO2-Ge­samt­re­duk­ti­ons­ziel in Höhe von 50 Pro­zent bis 2030. Für die Ziel­er­rei­chung ist Fle­xi­bi­li­tät ent­schei­dend. Mit einem 50-Pro­zent-In­land­ziel (der Hälf­te des Ge­samt­re­duk­ti­ons­ziels) kann diese Fle­xi­bi­li­tät ge­währt wer­den. Der Ein­satz in­ter­na­tio­na­ler Markt­me­cha­nis­men ist ein in­te­gra­ler Be­stand­teil des Über­ein­kom­mens von Paris. In­ter­na­tio­na­le Ko­ope­ra­ti­on ver­bin­det die Re­duk­ti­on von Treib­haus­ga­sen mit der Mög­lich­keit von ge­ziel­ten Pro­dukt- und Tech­no­lo­gie­ex­por­ten. Eine Be­schrän­kung des In­land­an­teils auf 50 Pro­zent wird un­ter­stützt, ein hö­he­rer In­land­an­teil hin­ge­gen nicht. Die­ser würde sich ne­ga­tiv auf die Wirt­schafts­leis­tung und die Be­schäf­ti­gungs­la­ge in der Schweiz aus­wir­ken und dem ge­samt­wirt­schaft­li­chen In­ter­es­se wi­der­spre­chen.

Be­gren­zung der CO2-Ab­ga­be auf heu­ti­gem Ni­veau

Ak­tu­ell ist die CO2-Ab­ga­be auf ma­xi­mal 120 Fran­ken pro Tonne emit­tier­tes CO2 be­grenzt. Die Schweiz hat damit schon heute eine der höchs­ten CO2-Ab­ga­ben der Welt. Der Bun­des­rat schlägt nun eine Er­hö­hung auf ma­xi­mal 210 Fran­ken pro Tonne emit­tier­tes CO2 vor. Da­durch würde der Werk­platz Schweiz im in­ter­na­tio­na­len Ver­gleich ge­schwächt. Die Folge wird die Ver­la­ge­rung der In­dus­trie ins Aus­land sein. Um dies zu ver­hin­dern, ist die ma­xi­ma­le Höhe der CO2-Ab­ga­be auf 120 Fran­ken pro Tonne emit­tier­tes CO2 zu be­las­sen. Damit blei­ben die Un­ter­neh­men im in­ter­na­tio­na­len Wett­be­werb kon­kur­renz­fä­hig.

Zu­gang zu Ziel­ver­ein­ba­run­gen öff­nen

Der Zu­gang zum Sys­tem der Ziel­ver­ein­ba­run­gen soll­te allen Un­ter­neh­men un­ein­ge­schränkt of­fen­ste­hen. Die Kom­bi­na­ti­on einer mo­dera­ten CO2-Ab­ga­be mit der Mög­lich­keit, Ziel­ver­ein­ba­run­gen mit Ver­min­de­rungs­ver­pflich­tun­gen ab­zu­schlies­sen, be­wirkt die gröss­ten Emis­si­ons­re­duk­tio­nen zu ge­rings­ten Wett­be­werbs­nach­tei­len für die Un­ter­neh­men. Ein­schrän­ken­de Kri­te­ri­en sind darum er­satz­los zu strei­chen, da sie wert­vol­le Ein­spa­run­gen der Un­ter­neh­men ver­un­mög­li­chen.

Stand der Be­ra­tun­gen

Die Vor­la­ge be­fin­det sich in der Dif­fe­renz­ber­ei­ni­gung. Der Na­tio­nal­rat berät das Ge­schäft in der Früh­jahrs­ses­si­on 2020 er­neut.

Die UREK-NR hat die Vor­la­ge in der Ge­samt­ab­stim­mung mit 18 zu 7 Stim­men an­ge­nom­men. Die Kom­mis­si­on trägt die Haupt­ele­men­te der stän­de­rät­li­chen Vor­la­ge mit, ins­be­son­de­re die Re­duk­ti­ons­zie­le, die CO2-Grenz­wer­te im Ge­bäu­de­be­reich, die Vor­ga­ben für Fahr­zeu­ge, den Kli­ma­fonds und die Flug­ti­cket­abga­be.

STÄR­KUNG DER RAH­MEN­BE­DIN­GUN­GEN STATT PRO­TEK­TIO­NIS­TI­SCHER MAU­ER­BAU

Die Mo­ti­on ver­langt vom Bun­des­rat, dass er die ge­setz­li­chen Grund­la­gen für eine Kon­trol­le aus­län­di­scher Di­rekt­in­ves­ti­tio­nen in Schwei­zer Un­ter­neh­men schafft. Unter an­de­rem wird kon­kret vor­ge­schla­gen, dass der Bun­des­rat eine Ge­neh­mi­gungs­be­hör­de für der In­ves­ti­ti­ons­kon­trol­le un­ter­wor­fe­ne Ge­schäf­te ein­setzt.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se emp­fiehlt, die Mo­ti­on ab­zu­leh­nen.

Aus­län­di­sche In­ves­ti­tio­nen als Schwei­zer Er­folgs­fak­tor

Di­rekt­in­ves­ti­tio­nen schaf­fen Ar­beits­plät­ze, Steu­er­ein­nah­men und ver­sor­gen Fir­men mit aus­rei­chend Ka­pi­tal. Diese han­deln und for­schen zu­neh­mend in grenz­über­schrei­ten­den Netz­wer­ken. Dazu zäh­len auch die rund 96'000 ex­port­ori­en­tier­ten Schwei­zer KMU. Wohl­stand, Wett­be­werbs­fä­hig­keit und In­no­va­ti­on in der Schweiz sind je­doch keine Frage na­tio­na­ler Be­sitz­ver­hält­nis­se von Fir­men. Die welt­wei­te Re­gu­lie­rungs­zu­nah­me ge­gen­über aus­län­di­schen In­ves­ti­tio­nen ist pri­mär Aus­druck pro­tek­tio­nis­ti­scher und in­dus­trie­po­li­ti­scher Mo­ti­ve. Als Folge ist welt­weit ein sub­stan­zi­el­ler Rück­gang der Di­rekt­in­ves­ti­ti­ons­tä­tig­keit fest­zu­stel­len – auch in der Schweiz (-50 Pro­zent seit 2015). Neue ge­setz­li­che Hür­den wür­den den Stand­ort Schweiz in einem schwie­ri­gen Um­feld zu­sätz­lich schwä­chen.

Pro­tek­tio­nis­tisch mo­ti­vier­te Fehl­dia­gno­se eines Schein­pro­blems

Die jüngst hier­zu­lan­de er­folg­ten Über­nah­men sind keine Ge­fahr für die öf­fent­li­che Si­cher­heit und Ord­nung. Dies trifft auch auf chi­ne­si­sche In­ves­ti­tio­nen zu, wel­che im Zeit­raum zwi­schen 2014 und 2017 le­dig­lich drei Pro­zent der aus­län­di­schen Über­nah­men aus­mach­ten und seit 2016 welt­weit stark rück­läu­fig sind (-34 Pro­zent seit 2016). Für einen solch star­ken Ein­griff in die un­ter­neh­me­ri­sche Frei­heit und Ei­gen­tums­ga­ran­tie fehlt die fak­ti­sche Recht­fer­ti­gung.

Aus­ser­dem ver­fügt die Schweiz be­reits heute über grif­fi­ge ge­setz­li­che In­stru­men­te, um si­cher­heits­re­le­van­te In­fra­struk­tu­ren und Un­ter­neh­men mit be­son­de­rer Be­deu­tung für die Volks­wirt­schaft ge­zielt zu schüt­zen. So kennt etwa das Wett­be­werbs­recht eine Fu­si­ons­kon­trol­le oder das Bör­sen­recht eine Mel­de­pflicht für Be­tei­li­gungs­über­nah­men. Aus­ser­dem be­fin­den sich be­reits zahl­rei­che stra­te­gi­sche In­fra­struk­tu­ren im Ei­gen­tum der öf­fent­li­chen Hand (etwa in der En­er­gie­wirt­schaft oder der Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­on). Hand­lungs­be­darf be­steht also we­ni­ger bei le­ga­len Über­nah­men unter dem kri­ti­schen Blick der Öf­fent­lich­keit, als bei il­le­ga­len Ma­chen­schaf­ten jen­seits gel­ten­der ge­setz­li­cher Be­stim­mun­gen (z.B. Cy­ber­at­ta­cken, Dieb­stahl geis­ti­gen Ei­gen­tums).

Mehr Kos­ten, Bü­ro­kra­tie und Ri­si­ken für die Schweiz und Schwei­zer Un­ter­neh­men

Staat­li­che In­ves­ti­ti­ons­kon­trol­len sind weder ef­fi­zi­ent noch ef­fek­tiv. Das Un­gleich­ge­wicht von Auf­wand und Er­trag be­stä­ti­gen auch Er­fah­run­gen an­de­rer Län­der (z.B. Aus­tra­li­en). Der ad­mi­nis­tra­ti­ve Auf­wand ist mas­siv und führt zu gros­sen Mehr­kos­ten auf Un­ter­neh­mens- und Be­hör­den­sei­te (Aus­bau der Bü­ro­kra­tie in der Schweiz). Auch sind Um­len­kungs­ef­fek­te zu be­fürch­ten: Der Stand­ort Schweiz ist nicht al­ter­na­tiv­los. Dar­über hin­aus pro­vo­ziert die Ein­füh­rung staat­li­cher In­ves­ti­ti­ons­kon­trol­len Ge­gen­mass­nah­men: Wich­ti­ge Han­dels­part­ner könn­ten ih­rer­seits die In­ves­ti­ti­ons­tä­tig­keit Schwei­zer Un­ter­neh­men in ihren Märk­ten ein­schrän­ken. Die Kon­se­quen­zen be­kä­men pri­mär hie­si­ge KMU zu spü­ren. Of­fe­ne Volks­wirt­schaf­ten mit klei­nem Heim­markt ver­zich­ten des­halb mehr­heit­lich auf staat­li­che In­ves­ti­ti­ons­kon­trol­len.

Eine Gleich­be­hand­lung in­län­di­scher In­ves­to­ren im Aus­land ist wün­schens­wert. Ge­ra­de China durch­läuft der­zeit in die­ser Hin­sicht eine spür­ba­re Li­be­ra­li­sie­rung. Gleich lange Spies­se sind je­doch mit uni­la­te­ra­len Kon­troll­mass­nah­men nicht zu er­rei­chen – der Schweiz feh­len hier­zu die macht­po­li­ti­schen Ar­gu­men­te. Re­zi­pro­zi­tät ist viel­mehr durch den Aus­bau bi­la­te­ra­ler In­stru­men­te wie Frei­han­dels­ab­kom­men zu er­rei­chen. Die­sen Weg ver­folgt auch die EU und ver­zich­tet auf einen uni­ons­wei­ten In­ves­ti­ti­ons­kon­troll­zwang.

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Na­tio­nal­rat be­han­delt die Mo­ti­on in der Früh­jahrs­ses­si­on 2020 als Zweitrat.

Die WAK-NR be­an­tragt ihrem Rat mit 15 zu 9 Stim­men, die Mo­ti­on ab­zu­leh­nen. Eine Min­der­heit möch­te hin­ge­gen bei «pro­ble­ma­ti­schen» In­ves­ti­tio­nen in si­cher­heits­po­li­tisch re­le­van­te Un­ter­neh­men über In­ter­ven­ti­ons­mög­lich­kei­ten ver­fü­gen.

Der Stän­de­rat hat die Mo­ti­on in der Som­mer­ses­si­on 2019 mit 22 zu 18 Stim­men bei 2 Ent­hal­tun­gen an­ge­nom­men.

Be­ur­tei­lung der Be­ra­tun­gen

Pro­tek­tio­nis­ti­sche In­ves­ti­ti­ons­kon­trol­len sind für die of­fe­ne Schweiz kein ziel­füh­ren­des Po­li­tik­in­stru­ment. Dass sich der Na­tio­nal­rat trotz­dem mit 96 zu 82 Stim­men bei 15 Ent­hal­tun­gen für die Ein­füh­rung einer staat­li­chen Kon­troll­be­hör­de aus­ge­spro­chen hat, ist aus Sicht der Wirt­schaft äus­serst be­dau­er­lich und schwächt den In­ves­ti­ti­ons­stand­ort Schweiz nach­hal­tig.

Un­se­re de­tail­lier­te Ein­schät­zung zum Ent­scheid der gros­sen Kam­mer fin­den Sie hier.

IN­ITIA­TI­VE UND GE­GEN­VOR­SCHLAG SCHIES­SEN GLEICH­SAM AM ZIEL DER PREIS­SEN­KUNG VOR­BEI

Die In­itia­ti­ve for­dert die Ge­währ­leis­tung der dis­kri­mi­nie­rungs­frei­en Be­schaf­fung von Waren und Dienst­leis­tun­gen im Aus­land sowie die Ver­hin­de­rung von Wett­be­werbs­be­schrän­kun­gen, die durch das Ver­hal­ten von markt­mäch­ti­gen Un­ter­neh­men ver­ur­sacht wer­den. Dies hätte ins­be­son­de­re eine An­pas­sung des Kar­tell­ge­set­zes zur Folge. Neben markt­be­herr­schen­den Un­ter­neh­men wür­den neu auch so­ge­nann­te re­la­tiv markt­mäch­ti­ge Un­ter­neh­men von der kar­tell­recht­li­chen Miss­brauchs­kon­trol­le er­fasst wer­den. Diese Un­ter­neh­men könn­ten nach den Vor­stel­lun­gen der In­iti­an­ten unter an­de­rem dazu ver­pflich­tet wer­den, die von ihnen ab­hän­gi­gen Un­ter­neh­men zu spe­zi­fi­schen Be­din­gun­gen zu be­lie­fern oder von ihnen Waren und Dienst­leis­tun­gen ab­zu­neh­men.

Dar­über hin­aus ver­langt die In­itia­ti­ve auch die grund­sätz­li­che Ge­währ­leis­tung des dis­kri­mi­nie­rungs­frei­en Ein­kaufs im On­line­han­del. Sie for­dert somit ein grund­sätz­li­ches Ver­bot der re­gio­na­len Sper­rung von In­ter­ne­tin­hal­ten durch den An­bie­ter (pri­va­tes Geo­blo­cking).

Der in­di­rek­te Ge­gen­vor­schlag des Bun­des­rats be­inhal­tet eine An­pas­sung des gel­ten­den Kar­tell­ge­set­zes und nimmt dabei das von der In­itia­ti­ve vor­ge­schla­ge­ne Kon­zept der re­la­ti­ven Markt­macht auf. Des­sen An­wen­dungs­be­reich wird je­doch auf Ab­schot­tun­gen des Schwei­zer Mark­tes be­grenzt. Rein in­ner­schwei­ze­ri­sche Sach­ver­hal­te wären nicht von der Re­ge­lung des Bun­des­rats er­fasst. Ein grund­sätz­li­ches Ver­bot des pri­va­ten Geo­blo­cking sieht der in­di­rek­te Ge­gen­vor­schlag ins­be­son­de­re auf­grund der gros­sen Durch­set­zungs­schwie­rig­kei­ten nicht vor.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se emp­fiehlt, die Volks­in­itia­ti­ve ab­zu­leh­nen und beim in­di­rek­ten Ge­gen­vor­schlag der Min­der­heit Walti zu fol­gen und damit nicht auf den Ent­wurf ein­zu­tre­ten. Weder der Ge­gen­vor­schlag des Bun­des­rats noch der von der WAK-NR ver­schärf­te Ge­gen­vor­schlag ver­mö­gen es, das an­vi­sier­te Pro­blem, hö­he­re Prei­se in der Schweiz als im Aus­land, an­zu­ge­hen.

Ge­gen­vor­schlag folgt der Me­cha­nik der In­itia­ti­ve

Der In­itia­ti­ve und dem in­di­rek­ten Ge­gen­vor­schlag liegt weit­ge­hend der glei­che Me­cha­nis­mus zu­grun­de. Im Zen­trum steht die Ein­räu­mung eines durch­setz­ba­ren An­spruchs eines «re­la­tiv ab­hän­gi­gen Schwei­zer Un­ter­neh­mens», beim «re­la­tiv markt­mäch­ti­gen An­bie­ter» im Aus­land zu den dor­ti­gen Kon­di­tio­nen ein­zu­kau­fen. Eine Ver­pflich­tung zur Lie­fe­rung in die Schweiz oder eine Preis­fest­le­gung wer­den rich­ti­ger­wei­se weder bei der In­itia­ti­ve noch beim Ge­gen­vor­schlag ge­for­dert. Wäh­rend der bun­des­rät­li­che Ge­gen­vor­schlag etwas we­ni­ger in­ter­ven­tio­nis­tisch wirkt als die In­itia­ti­ve, geht der Ge­gen­vor­schlag der WAK-NR sogar noch wei­ter als die In­itia­ti­ve. Weder der In­itia­ti­ve noch den Ge­gen­vor­schlä­gen, egal in wel­cher Form sie aus­ge­stal­tet wer­den, wird es dabei ge­lin­gen, das er­klär­te Ziel der In­itia­ti­ve, die Be­kämp­fung der – so emp­fun­de­nen – «Hoch­preis­in­sel Schweiz» zu er­rei­chen.

An­ge­mes­se­ner Ein­satz der Kar­tell­be­hör­den wird stra­pa­ziert

Pri­mä­rer Zweck des Kar­tell­ge­set­zes ist der Schutz des Wett­be­werbs, nicht des bi­la­te­ra­len Ver­hält­nis­ses zwi­schen ein­zel­nen Markt­teil­neh­mern. Das durch die In­itia­ti­ve wie auch die ver­schie­de­nen Va­ri­an­ten eines Ge­gen­vor­schlags vor­ge­schla­ge­ne Kon­zept der «re­la­ti­ven Markt­macht» zielt aber auf Letz­te­res. Es kann nicht Auf­ga­be einer Wett­be­werbs­be­hör­de sein, die­ses durch­zu­set­zen. Viel­mehr müss­te die­ses Kon­zept in einer zi­vil­recht­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung An­wen­dung fin­den. Ent­spre­chend muss der Fokus einer Durch­set­zung auf Zi­vil­ver­fah­ren ge­legt wer­den. Un­ter­su­chun­gen der WEKO soll­ten die klare Aus­nah­me bil­den.

Weder In­itia­ti­ve noch Ge­gen­vor­schlag füh­ren zur Sen­kung des Preis­ni­veaus

Der Ge­gen­vor­schlag wird – auch in der Be­ur­tei­lung des Bun­des­rats – eben­so wenig zu einer ent­schei­den­den Sen­kung des Preis­ni­veaus in der Schweiz füh­ren wie die In­itia­ti­ve. Die Be­sei­ti­gung von Han­dels­hemm­nis­sen und Zoll­sen­kun­gen wir­ken hier ef­fi­zi­en­ter und di­rek­ter als die vor­ge­schla­ge­nen Ein­grif­fe im Kar­tell­recht. Ins­be­son­de­re ist mit den vor­ge­schla­ge­nen Än­de­run­gen nicht si­cher­ge­stellt, dass die all­fäl­li­gen Preis­vor­tei­le nicht bloss zu einer Mar­gen­ver­bes­se­rung ge­nutzt wer­den.

Geo­blo­cking: oft schie­re Not­wen­dig­keit an­statt In­stru­ment der Ab­schot­tung

Je nach Aus­ge­stal­tung eines Ver­bots von Geo­blo­cking kön­nen da­durch Preis­ver­glei­che und damit am Ende der freie Wett­be­werb be­hin­dert wer­den. Ein Geo­blo­cking kann durch re­gu­la­to­ri­sche Grün­de (z.B. bei Fi­nanz­markt­pro­duk­ten, Phar­ma­zeu­ti­ka), ver­füg­ba­re Rech­te (z.B. ur­he­ber­recht­lich ge­schütz­te Werke), Un­ter­schie­de im Kon­su­men­ten­schutz (z.B. Ge­währ­leis­tung, In­for­ma­ti­ons­pflich­ten) oder prak­tisch-or­ga­ni­sa­to­ri­sche Über­le­gun­gen (z.B. Hand­ha­bung von Re­tou­ren) ge­bo­ten sein. Ent­spre­chend sieht auch die als Vor­bild an­ge­führ­te EU-Re­ge­lung zahl­rei­che Aus­nah­men vor. Ge­ra­de Geo­blo­cking kann zudem nur im in­ter­na­tio­na­len Ver­bund durch­ge­setzt wer­den. Im Ge­gen­satz zur In­itia­ti­ve sehen die zur Dis­kus­si­on ste­hen­den Ge­gen­vor­schlä­ge daher zu Recht keine spe­zi­el­le Re­ge­lung oder gar ein Ver­bot des Geo­blo­cking vor.

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Na­tio­nal­rat be­han­delt die In­itia­ti­ve und den in­di­rek­ten Ge­gen­vor­schlag des Bun­des­rats in der Früh­jahrs­ses­si­on 2020 als Er­strat.

Die WAK-NR emp­fiehlt ihrem Rat mit 12 zu 10 Stim­men bei 3 Ent­hal­tun­gen, den in­di­rek­ten Ge­gen­vor­schlag an­zu­neh­men. Al­ler­dings hat die Kom­mis­si­on die­sen in meh­re­ren Punk­ten ge­än­dert bzw. er­gänzt und kommt damit den For­de­run­gen der In­itia­ti­ve in zahl­rei­chen Punk­ten ent­ge­gen bzw. geht sogar über die For­de­run­gen der In­itia­ti­ve hin­aus.

Die In­itia­ti­ve be­an­tragt die WAK-NR ihrem Rat mit 10 zu 6 Stim­men bei 9 Ent­hal­tun­gen zur Ab­leh­nung.

Be­ur­tei­lung der Be­ra­tun­gen

Ob­wohl der Na­tio­nal­rat die In­itia­ti­ve ab­lehnt, hat er mit 150 zu 27 Stim­men einen in­di­rek­ten Ge­gen­vor­schlag be­schlos­sen, der die For­de­run­gen der In­itia­ti­ve na­he­zu un­ver­än­dert auf Ge­set­zes­stu­fe um­set­zen soll. Die­ser Ein­griff ins Kar­tell­recht ist aus Sicht der Wirt­schaft un­nö­tig in­ter­ven­tio­nis­tisch, zumal er das er­klär­te Ziel einer Sen­kung des Preis­ni­veaus in der Schweiz nicht er­fül­len wird. Die Be­sei­ti­gung von Han­dels­hemm­nis­sen und Zoll­sen­kun­gen wir­ken dies­be­züg­lich un­gleich ef­fi­zi­en­ter und di­rek­ter.

UN­KO­OR­DI­NIER­TES VOR­PRE­SCHEN DER SCHWEIZ BE­WIRKT RECHTS­UN­SI­CHER­HEIT UND SCHA­DET DER IN­DUS­TRIE

Die Volks­in­itia­ti­ve ver­langt, dass der Schwei­ze­ri­schen Na­tio­nal­bank (SNB), Stif­tun­gen sowie Ein­rich­tun­gen der staat­li­chen und be­ruf­li­chen Vor­sor­ge die Fi­nan­zie­rung von Un­ter­neh­men un­ter­sagt wer­den soll, die mehr als fünf Pro­zent ihres Jah­res­um­sat­zes mit der Her­stel­lung von Kriegs­ma­te­ri­al er­wirt­schaf­ten.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se emp­fiehlt, der Emp­feh­lung des Bun­des­rats und der Kom­mis­si­on zu fol­gen und die Volks­in­itia­ti­ve ohne Ge­gen­vor­schlag ab­zu­leh­nen.

Das An­lie­gen der In­itia­ti­ve, zu einer fried­li­che­ren Welt bei­zu­tra­gen, ver­dient Un­ter­stüt­zung. Aus Sicht der Wirt­schaft ver­folgt die In­itia­ti­ve aber den fal­schen An­satz und setzt auf In­stru­men­te und Mass­nah­men, die weder in­ter­na­tio­nal ab­ge­stimmt noch ziel­füh­rend sind. Viel­mehr hätte eine An­nah­me der Vor­la­ge zahl­rei­che ne­ga­ti­ve Aus­wir­kun­gen auf den Wirt­schafts­stand­ort Schweiz.

Schwie­ri­ge Ab­gren­zungs­fra­gen füh­ren zu er­heb­li­cher Rechts­un­si­cher­heit ge­ra­de für KMU

Un­ter­neh­men, die mehr als fünf Pro­zent ihres Jah­res­um­sat­zes mit der Her­stel­lung von Kriegs­ma­te­ri­al er­wirt­schaf­ten, sol­len als «Kriegs­ma­te­ri­al­pro­du­zen­ten» gel­ten. Die­ser An­wen­dungs­be­reich ist sehr weit, und es stel­len sich zahl­rei­che Ab­gren­zungs­fra­gen. Un­mit­tel­bar be­trof­fen sind welt­weit tä­ti­ge Gross­un­ter­neh­men, die auch im zi­vi­len Be­reich wich­ti­ge Ak­ti­vi­tä­ten haben, dar­un­ter Un­ter­neh­men aus dem Ge­biet der Raum- und Luft­fahrt. Tan­giert wer­den wohl aber auch zahl­rei­che mit­tel­gros­se Un­ter­neh­men, wel­che als Zu­lie­fer­be­trie­be von Gross­un­ter­neh­men fun­gie­ren. Dies würde ins­be­son­de­re die Schwei­zer MEM-KMU und An­bie­ter zahl­rei­cher wich­ti­ger Ar­beits­plät­ze stark be­tref­fen. Offen ist auch, wie Güter, wel­che so­wohl für mi­li­tä­ri­sche wie auch zi­vi­le Zwe­cke ge­nutzt wer­den kön­nen (so­ge­nann­te «Dual Use Güter»), ab­ge­grenzt wer­den sol­len, ge­ra­de auch bei dy­na­mi­schen Ver­än­de­run­gen, die in den Schwel­len­wer­ten wi­der­spie­gelt wer­den müss­ten.

Ge­fähr­dung der Un­ab­hän­gig­keit der SNB

Das von der In­itia­ti­ve ge­for­der­te Ver­bot der Fi­nan­zie­rung von als «Kriegs­ma­te­ri­al­pro­du­zen­ten» pos­tu­lier­ten Un­ter­neh­men be­schnei­det die Un­ab­hän­gig­keit der Schwei­ze­ri­schen Na­tio­nal­bank (SNB). Bei Ak­ti­en und Fonds könn­te die SNB nicht mehr auf die be­währ­te An­la­ge­stra­te­gie bauen, die nach Ri­si­ko und Ren­di­te di­ver­si­fi­ziert. Eine Ein­schrän­kung ihrer An­la­ge­po­li­tik schwächt die SNB folg­lich in der Aus­übung ihres Man­dats für Preis­sta­bi­li­tät. Dies würde so­wohl dem Wirt­schafts­stand­ort wie auch dem Schwei­zer Wohl­stand ins­ge­samt scha­den.

Un­nö­ti­ge Schwä­chung der Vor­sor­ge­wer­ke und in­sti­tu­tio­nel­ler An­le­ger durch mas­si­ven Ver­wal­tungs­auf­wand

Die In­itia­ti­ve hätte dar­über hin­aus einen ne­ga­ti­ven Ein­fluss auf die Er­trä­ge in­sti­tu­tio­nel­ler An­le­ger wie die AHV/IV, Pen­si­ons­kas­sen und Stif­tun­gen. Zahl­rei­che in­di­rek­te oder di­rek­te Be­tei­li­gungs­for­men an den oben ge­nann­ten Un­ter­neh­men, bei­spiels­wei­se über Ak­ti­en oder Fonds, wären ver­bo­ten. Die Vor­ga­ben der In­itia­ti­ve ver­klei­nern so das An­la­ge­uni­ver­sum, was in­sti­tu­tio­nel­len An­le­gern hö­he­re Kos­ten in der Ver­wal­tung ihrer Port­fo­li­os be­schert. Der bü­ro­kra­ti­sche Auf­wand für Schwei­zer Fi­nanz­dienst­leis­ter zur Über­prü­fung und lau­fen­den An­pas­sung der Port­fo­li­os wäre im­mens. Die An­le­ger wären da­durch ge­zwun­gen, zu Zeit­punk­ten Des­in­ves­ti­tio­nen zu tä­ti­gen, die nicht ihren lang­fris­ti­gen und nach­hal­ti­gen An­la­ge­stra­te­gi­en ent­spre­chen. Diese un­nö­ti­gen Zu­satz­kos­ten füh­ren zu Min­der­ein­nah­men bei staat­li­chen wie pri­va­ten Vor­sor­ge­wer­ken und be­ein­träch­ti­gen so ne­ga­tiv deren Fi­nan­zie­rungs­la­ge. Auch be­steht wei­ter das Ri­si­ko, dass Un­ter­neh­men, ge­ra­de auch KMU, nur noch unter er­schwer­ten Be­din­gun­gen Kre­di­te auf­neh­men könn­ten.

Un­ko­or­di­nier­ter Schwei­zer Al­lein­gang ohne Wir­kung

Neben die­sen zahl­rei­chen Un­zu­läng­lich­kei­ten wäre die In­itia­ti­ve auch wir­kungs­los. Ein un­ko­or­di­nier­tes Vor­pre­schen der Schweiz im Be­reich der Fi­nan­zie­rung der Rüs­tungs­in­dus­trie wäre glo­bal be­trach­tet völ­lig un­be­deu­tend. Ein welt­wei­tes Fi­nan­zie­rungs­ver­bot für In­ves­ti­tio­nen in die Rüs­tungs­in­dus­trie, wie von der In­itia­ti­ve ge­for­dert, steht nicht zur Dis­kus­si­on, dies weder im Rah­men der Ver­ein­ten Na­tio­nen noch in an­de­ren in­ter­na­tio­na­len Gre­mi­en. Die Schweiz würde sich ein­fach aus der in­ter­na­tio­na­len Dis­kus­si­on ver­ab­schie­den und müss­te mit den selbst­ver­schul­de­ten ne­ga­ti­ven Kon­se­quen­zen leben, ohne dass die­sen mas­si­ven Fol­gen ein po­si­ti­ver Ef­fekt ent­ge­gen­ste­hen würde.

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Na­tio­nal­rat be­han­delt die Volks­in­itia­ti­ve in der Früh­jahrs­ses­si­on 2020 als Er­strat.

Die SiK-NR be­an­tragt ihrem Rat die Volks­in­itia­ti­ve mit 17 zu 8 Stim­men zur Ab­leh­nung. Den An­trag, mit­tels Kom­mis­si­ons­in­itia­ti­ve einen in­di­rek­ten Ge­gen­vor­schlag aus­zu­ar­bei­ten, lehnt sie mit 15 zu 10 Stim­men eben­falls ab. Die Kom­mis­si­ons­mehr­heit un­ter­streicht, dass die Schweiz be­reits ein Fi­nan­zie­rungs­ver­bot für ato­ma­re, bio­lo­gi­sche und che­mi­sche Waf­fen sowie für Streu­mu­ni­ti­on und Anti-Per­so­nen­mi­nen ein­ge­führt hat, das sich be­währt hat. Zudem er­scheint ihr das Ziel der In­itia­ti­ve, die Fi­nan­zie­rung von Kriegs­ma­te­ri­al­her­stel­lern welt­weit zu ver­bie­ten, als nicht er­reich­bar.

Auch der Bun­des­rat emp­fiehlt die In­itia­ti­ve ohne di­rek­ten oder in­di­rek­ten Ge­gen­vor­schlag zur Ab­leh­nung.

Be­ur­tei­lung der Be­ra­tun­gen

Der Na­tio­nal­rat hat so­wohl die In­itia­ti­ve (120 zu 71 Stim­men bei 2 Ent­hal­tun­gen) wie auch den in­di­rek­ten Ge­gen­vor­schlag (105 zu 87 Stim­men) rich­ti­ger­wei­se ab­ge­lehnt. Beide Vor­la­gen ver­fol­gen ein heh­res Ziel, sie set­zen aber auf die fal­schen Mit­tel und gehen dabei viel zu weit. Ei­ner­seits be­schnei­den sie die Un­ab­hän­gig­keit der Na­tio­nal­bank an­de­rer­seits wür­den sie einen schäd­li­chen Schwei­zer Al­lein­gang be­deu­ten.

FAL­SCHE WEI­CHEN­STEL­LUNG DER KOM­MIS­SI­ON MUSS VOM NA­TIO­NAL­RAT UN­BE­DINGT KOR­RI­GIERT WER­DEN

Die Vor­la­ge will die Im­port­zöl­le für sämt­li­che In­dus­trie­pro­duk­te per 1. Ja­nu­ar 2022 auf null set­zen. Der Be­griff der In­dus­trie­pro­duk­te er­fasst alle Güter mit Aus­nah­me der Agrar­pro­duk­te (inkl. Fut­ter­mit­tel) und der Fi­sche­rei­er­zeug­nis­se. Neben der uni­la­te­ra­len Auf­he­bung der Zölle soll auch die Zoll­ta­rif­struk­tur für In­dus­trie­pro­duk­te ver­ein­facht wer­den.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se emp­fiehlt, ge­mäss der Min­der­heit der WAK-NR auf den Ge­set­zes­ent­wurf ein­zu­tre­ten und die­sen an­zu­neh­men.

Die Schwei­zer Wirt­schaft un­ter­stützt so­wohl die Ab­schaf­fung der In­dus­trie­z­öl­le wie auch die Ver­ein­fa­chung der Zoll­ta­rif­struk­tur. Ge­ra­de in un­si­che­ren Zei­ten, in denen die glo­ba­len Ri­si­ken für die Schwei­zer Wirt­schaft stei­gen, die Mar­gen sin­ken und der in­ter­na­tio­na­le Wett­be­werb zu­nimmt, kann die Po­li­tik damit die Rah­men­be­din­gun­gen für Schwei­zer Un­ter­neh­men im glo­ba­len Wett­be­werb wir­kungs­voll und ei­gen­stän­dig ver­bes­sern. Mit ihrer ab­leh­nen­den Hal­tung stellt die WAK-NR für die an­ste­hen­de Be­ra­tung im Na­tio­nal­rat die fal­schen Wei­chen. Ist die Gros­se Kam­mer ernst­haft an einer fi­nan­zi­el­len und ad­mi­nis­tra­ti­ven Ent­las­tung von Kon­su­mie­ren­den und Un­ter­neh­men in­ter­es­siert, liegt es an ihr, den Weg aufs rich­ti­ge Gleis zu­rück­zu­fin­den.

Be­frei­ung der Un­ter­neh­men von un­nö­ti­gen Mehr­kos­ten

Schwei­zer Fir­men be­zah­len heute jähr­lich rund 500 Mil­lio­nen Fran­ken Zoll­ab­ga­ben auf Im­por­te von In­dus­trie­gü­tern. Dies, ob­wohl 75 Pro­zent die­ser Ab­ga­ben im Prin­zip be­reits ab­ge­schafft wor­den sind – im Rah­men von bi­la­te­ra­len Frei­han­dels­ab­kom­men (FHA). Die Grün­de hier­für sind viel­fäl­tig: Teils wer­den die für die Er­lan­gung der Zoll­be­frei­ung not­wen­di­gen Ur­sprungs­re­geln nicht er­füllt, teils ist der ad­mi­nis­tra­ti­ve Auf­wand für den Ur­sprungs­nach­weis zu hoch oder aber die Zol­ler­spar­nis zu ge­ring. Ins­ge­samt ist die Ab­schaf­fung der In­dus­trie­z­öl­le an­ge­sichts pro­tek­tio­nis­ti­scher Mass­nah­men vie­ler Län­der eine wert­vol­le Mass­nah­me zur Ver­bes­se­rung der in­ter­na­tio­na­len Wett­be­werbs­fä­hig­keit un­se­res Wirt­schafts­stand­orts.

Ad­mi­nis­tra­ti­ve Ent­las­tung von über 100 Mil­lio­nen Fran­ken

Nebst weg­fal­len­den Zoll­ab­ga­ben steht die ad­mi­nis­tra­ti­ve Ent­las­tung von über 100 Mil­lio­nen Fran­ken im Zen­trum – fir­men- und ver­wal­tungs­sei­tig. Davon pro­fi­tie­ren 35 Pro­zent aller In­dus­trie­gü­ter­im­por­te. Dies be­deu­tet kon­kret: we­ni­ger Zoll­for­ma­li­tä­ten, Bu­chun­gen oder Be­wil­li­gun­gen und weg­fal­len­de auf­wen­di­ge Zoll­spe­zi­al­ver­fah­ren (z.B. Ver­ede­lungs­ver­kehr). Auch die Be­schaf­fung von Ur­sprungs­nach­wei­sen er­üb­rigt sich in ge­wis­sen Fäl­len. Ob in der Schweiz pro­du­zie­rend oder nicht, ob gross oder ob klein – der Im­port­zoll­ab­bau ent­las­tet die Un­ter­neh­men.

Sin­ken­des Preis­ni­veau und hö­he­re Ein­kom­men für Kon­su­men­ten

Der In­dus­trie­zoll­ab­bau ist ein wirk­sa­mes Mit­tel im Kampf gegen die Hoch­preis­in­sel Schweiz und bringt Vor­tei­le für Kon­su­men­ten­in­nen und Kon­su­men­ten. An­ge­sichts des enor­men Wett­be­werbs­drucks ist davon aus­zu­ge­hen, dass die Un­ter­neh­men ent­spre­chen­de Kos­ten­ein­spa­run­gen an die End­kun­den wei­ter­ge­ben (z.B. Klei­der, Schu­he, Autos oder Kos­me­ti­ka). Da­durch sinkt das Preis­ni­veau ge­mes­sen an den Haus­halts­aus­ga­ben schweiz­weit um 350 Mil­lio­nen Fran­ken. Gleich­zei­tig führt der In­dus­trie­zoll­ab­bau durch die ge­stei­ger­te Wirt­schafts­leis­tung zu hö­he­ren Ein­kom­men. Für eine vier­köp­fi­ge Fa­mi­lie re­sul­tiert ge­mäss Schät­zun­gen ein Plus von rund 170 Fran­ken pro Jahr.

Un­be­grün­de­te Sorge um ver­meint­lich ge­schwäch­te Po­si­ti­on bei Frei­han­dels­ver­hand­lun­gen

Bei mo­der­nen FHA spielt der Zoll­ab­bau eine un­ter­ge­ord­ne­te Rolle – im Ge­gen­satz zum Abbau tech­ni­scher Han­dels­hemm­nis­se und dem Schutz geis­ti­gen Ei­gen­tums. Zudem hat die Schweiz mit vie­len In­dus­trie­staa­ten be­reits FHA ab­ge­schlos­sen. Schliess­lich zei­gen Län­der wie Ka­na­da, Nor­we­gen oder Sin­ga­pur, dass auch ohne In­dus­trie­z­öl­le sub­stan­zi­el­le FHA ab­ge­schlos­sen wer­den kön­nen.

Über­fäl­li­ge Ver­ein­fa­chung des welt­weit kom­pli­zier­tes­ten Zoll­ta­rif­sys­tems

Die Schweiz ver­fügt im WEF-Ver­gleich über das welt­weit kom­pli­zier­tes­te Zoll­ta­rif­sys­tem. Darum un­ter­stützt die Wirt­schaft eine ent­spre­chen­de Ver­ein­fa­chung der Ta­rif­struk­tur im Rah­men der Ab­schaf­fung der In­dus­trie­z­öl­le. Sie bringt ge­ra­de für Fir­men mit be­grenz­tem Zoll­wis­sen Vor­tei­le. Aber: Die Um­stel­lung geht mit fir­men­sei­ti­gen Kos­ten ein­her. Um diese mög­lichst tief zu hal­ten, muss die Än­de­rung der Ta­rif­struk­tur des­halb gleich­zei­tig mit der Re­vi­si­on des har­mo­ni­sier­ten Sys­tems und der An­wen­dung des Pro­jekts zur um­fas­sen­den Di­gi­ta­li­sie­rung des Schwei­zer Zoll­we­sens (DaziT) er­fol­gen. Des­halb sind die In­dus­trie­z­öl­le ohne Ver­zö­ge­rung per 1. Ja­nu­ar 2022 ab­zu­schaf­fen.

Für er­gän­zen­de In­for­ma­tio­nen ver­wei­sen wir gerne auf unser kürz­lich pu­bli­zier­tes dos­sier­po­li­tik (09/2019; Die Schweiz ohne In­dus­trie­z­öl­le: alle pro­fi­tie­ren).

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Na­tio­nal­rat be­han­delt den Ge­set­zes­ent­wurf in der Früh­jahrs­ses­si­on 2020 als Er­strat.

Eine äus­serst knap­pe Mehr­heit der WAK-NR (12 zu 11 Stim­men bei 1 Ent­hal­tung) emp­fiehlt ihrem Rat, nicht auf die Vor­la­ge ein­zu­tre­ten. Aus Sicht die­ser Mehr­heit sind die mit der Vor­la­ge ver­bun­de­nen Ri­si­ken zu gross und der Nut­zen für die Wirt­schaft und die Kon­su­men­ten zu klein.

Eine star­ke Kom­mis­si­ons­min­der­heit be­an­tragt al­ler­dings Ein­tre­ten auf die Vor­la­ge. Sie ist über­zeugt, dass die Auf­he­bung der In­dus­trie­z­öl­le den Wirt­schafts­stand­ort Schweiz und die Wett­be­werbs­fä­hig­keit der Schwei­zer Un­ter­neh­men stär­ken würde. Die Vor­la­ge bräch­te ins­be­son­de­re eine ad­mi­nis­tra­ti­ve Ent­las­tung für viele Un­ter­neh­men und KMU. Auch die Kon­su­men­tin­nen und Kon­su­men­ten könn­ten auf­grund des zu er­war­ten­den Preis­rück­gangs von Ein­spa­run­gen pro­fi­tie­ren.

GE­PLAN­TER DI­GI­TA­LI­SIE­RUNGS­FONDS WI­DER­SPRICHT FI­NANZ­PO­LI­TI­SCHER SYS­TE­MA­TIK

Der Bun­des­rat wird be­auf­tragt, dem Par­la­ment die recht­li­chen Grund­la­gen vor­zu­le­gen, die für die Schaf­fung eines Di­gi­ta­li­sie­rungs­fonds not­wen­dig sind. Die­ser würde mit den Ein­nah­men aus der 5G-Fre­quenz­zu­tei­lung fi­nan­ziert. In den recht­li­chen Grund­la­gen wird fest­ge­legt, für wel­che Be­rei­che Mit­tel aus dem Fonds ent­nom­men wer­den kön­nen. Ein Teil die­ser Mit­tel muss dem Be­reich der Di­gi­ta­li­sie­rung für die au­dio­vi­su­el­le Pro­duk­ti­on in der Schweiz zu­ge­teilt wer­den.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se emp­fiehlt, die Mo­ti­on ab­zu­leh­nen.

Keine Fi­nan­zie­rung or­dent­li­cher Bun­des­auf­ga­ben durch aus­ser­or­dent­li­che Ein­nah­men

Das Fi­nanz­haus­halts­ge­setz des Bun­des ist hin­sicht­lich der Ver­wen­dung aus­ser­or­dent­li­cher Ein­nah­men klar ge­re­gelt: Ein­nah­men wie jene aus dem Ver­kauf von 5G-Fre­quen­zen wer­den dem Amor­ti­sa­ti­ons­kon­to aus­ser­halb der Staats­rech­nung gut­ge­schrie­ben (Art. 17a FHG). Der unter der Schul­den­brem­se höchst­zu­läs­si­ge Aus­ga­ben­pla­fonds darf durch aus­ser­or­dent­li­che Ein­nah­men nicht er­höht wer­den (Art. 13 FHG). Aus­ser­or­dent­li­che Ein­nah­men die­nen nicht der Fi­nan­zie­rung or­dent­li­cher Bun­des­auf­ga­ben.

Die vor­lie­gen­de Mo­ti­on ver­letzt die­sen Grund­satz, indem sie be­lie­bi­ge Auf­ga­ben aus dem Bun­des­haus­halt her­aus­löst und diese durch in kei­nem Zu­sam­men­hang zur Auf­ga­be ste­hen­de, aus­ser­or­dent­li­che Mit­tel fi­nan­ziert, die aus­ser­dem nicht zur Haus­halts­fi­nan­zie­rung vor­ge­se­hen sind. Die­ses Vor­ge­hen ent­behrt jeg­li­cher fi­nanz­po­li­ti­schen Sys­te­ma­tik.

Schaf­fung eines neuen Fonds ist fi­nanz­po­li­tisch nicht nach­voll­zieh­bar

Die Aus­ga­ben, die ge­mäss der Mo­ti­on durch einen neuen Fonds fi­nan­ziert wer­den sol­len, kön­nen grund­sätz­lich pro­blem­los aus dem or­dent­li­chen Bun­des­haus­halt fi­nan­ziert wer­den, so­fern die er­for­der­li­chen Mit­tel vom Par­la­ment ge­spro­chen wer­den. Grün­de für die Schaf­fung eines Fonds – na­ment­lich un­re­gel­mäs­sig an­fal­len­de Zah­lungs­spit­zen und zweck­ge­bun­de­ne Ein­nah­men, wie sie vor allem im Ver­kehrs­be­reich be­ste­hen – lie­gen im vor­lie­gen­den Fall keine vor.

Die Schaf­fung eines neuen Fonds aus­ser­halb des Bun­des­haus­halts und des­sen Ali­men­tie­rung durch be­stimm­te Ein­nah­men­an­tei­le muss un­be­dingt ver­mie­den wer­den. Damit würde ein Prä­ze­denz­fall ge­schaf­fen und sämt­li­che an­de­ren Auf­ga­ben könn­ten mit glei­chem Recht ein ana­lo­ges Vor­ge­hen für sich be­an­spru­chen. Eine Ent­wick­lung in diese Rich­tung ist nicht wünsch­bar, weil sie die (oh­ne­hin schon be­schränk­te) po­li­ti­sche Steu­er­bar­keit des Fi­nanz­haus­halts wei­ter ein­schränk­te. Zu­neh­mend wür­den ge­wis­se «pri­vi­le­gier­te» Auf­ga­ben den par­la­men­ta­ri­schen Ent­schei­den im jähr­li­chen Bud­get­pro­zess ent­zo­gen. Die Un­gleich­be­hand­lung von Auf­ga­ben mit re­ser­vier­ten, ge­setz­lich ge­bun­de­nen Mit­teln und Auf­ga­ben ohne sol­che Mit­tel würde damit wei­ter vor­an­ge­trie­ben.

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Na­tio­nal­rat be­han­delt die Mo­ti­on in der Früh­jahrs­ses­si­on 2020 als Zweitrat.

Die vor­be­ra­ten­de WBK-NR hat die Mo­ti­on mit 16 zu 9 Stim­men ab­ge­lehnt. Die Mehr­heit ver­weist dar­auf, dass die Fi­nan­zie­rung eines sol­chen Fonds nicht nach­hal­tig ge­si­chert wäre und be­trach­tet diese zudem als nicht zweck­mäs­sig. Eine Min­der­heit spricht sich für das An­lie­gen der Mo­ti­on aus.

Der Stän­de­rat hat die Vor­la­ge in der Herbst­ses­si­on 2019 mit 19 zu 13 Stim­men an­ge­nom­men.

Be­ur­tei­lung der Be­ra­tun­gen

Der Na­tio­nal­rat hat die vor­lie­gen­de Mo­ti­on mit 113 zu 67 Stim­men ab­ge­lehnt und spricht sich damit zu Recht gegen die Schaf­fung eines Di­gi­ta­li­sie­rungs­fonds aus. Damit ver­hin­dert die gros­se Kam­mer einen fi­nanz­po­li­tisch pro­ble­ma­ti­schen Prä­ze­denz­fall, der durch die Fi­nan­zie­rung or­dent­li­cher Bun­des­auf­ga­ben durch aus­ser­or­dent­li­che Ein­nah­men ge­schaf­fen wor­den wäre.

Stän­de­rat

VER­SCHÄR­FUNG DER VEGÜV UND STIMM­GE­HEIM­NIS FÜR UN­AB­HÄN­GI­GE STIMM­RECHTS­VER­TRE­TER SCHWÄ­CHEN SCHWEI­ZER UN­TER­NEH­MENS­STAND­ORT

Der Bun­des­rat ver­folgt mit der Re­vi­si­on das Ziel, das Ak­ti­en­recht zu mo­der­ni­sie­ren und den wirt­schaft­li­chen Be­dürf­nis­sen der nächs­ten Jahre an­zu­pas­sen. Der Ge­set­zes­ent­wurf schliesst in­halt­lich an die Re­vi­si­on aus dem Jahr 2013 an, wel­che da­mals auf­grund der Dis­kus­sio­nen um die Min­der-In­itia­ti­ve ab­ge­bro­chen wor­den war. Vor­ge­se­hen sind eine Ver­ein­fa­chung der Grün­dungs- und Ka­pi­tal­be­stim­mun­gen. Ak­ti­en­ge­sell­schaf­ten, Ge­sell­schaf­ten mit be­schränk­ter Haf­tung und Ge­nos­sen­schaf­ten sol­len künf­tig ohne Ur­kunds­per­son ge­grün­det und auf­ge­löst wer­den kön­nen, wenn ein­fa­che Ver­hält­nis­se vor­lie­gen. Aus­ser­dem soll der Min­dest­nenn­wert von Ak­ti­en fle­xi­bler ge­wählt wer­den kön­nen.

Als neues Ele­ment soll die Ver­ord­nung gegen über­mäs­si­ge Ver­gü­tun­gen bei bör­sen­ko­tier­ten Ak­ti­en­ge­sell­schaf­ten (VegüV) ins Ge­setz über­führt wer­den. Die VegüV setzt die Min­der-In­itia­ti­ve um, wel­che von Volk und Stän­den am 3. März 2013 an­ge­nom­men wor­den war. Der Bun­des­rat hatte die er­for­der­li­chen Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen in­ner­halb eines Jah­res nach An­nah­me der In­itia­ti­ve (Art. 95 Abs. 3 der Bun­des­ver­fas­sung) auf Ver­ord­nungs­stu­fe er­las­sen müs­sen.

Mit der Re­vi­si­on sol­len auch die Be­stim­mun­gen über Un­ter­neh­mens­sa­nie­run­gen bes­ser mit dem Nach­lass­ver­fah­ren ko­or­di­niert wer­den. Eine Sa­nie­rung soll künf­tig mög­lichst schon vor der Er­öff­nung eines for­mel­len Nach­lass­ver­fah­rens in An­griff ge­nom­men wer­den. Auch schlägt der Bun­des­rat vor, ak­ti­en­recht­li­che Strei­tig­kei­ten als schieds­fä­hig zu er­klä­ren. Vor­ge­se­hen sind aus­ser­dem Be­stim­mun­gen über die Re­ge­lung der Trans­pa­renz bei wirt­schaft­lich be­deu­ten­den, in der Roh­stoff­för­de­rung tä­ti­gen Un­ter­neh­men. Sie sol­len Zah­lun­gen an staat­li­che Stel­len of­fen­le­gen müs­sen. Damit soll der in­ter­na­tio­na­len Rechts­ent­wick­lung Rech­nung ge­tra­gen wer­den.

Der Bun­des­rat schlägt zudem Ge­schlech­ter­richt­wer­te für gros­se, bör­sen­ko­tier­te Un­ter­neh­men vor. Dem­ge­mäss müss­ten in Ver­wal­tungs­rä­ten künf­tig min­des­tes je 30 Pro­zent Frau­en und Män­ner sit­zen, in Ge­schäfts­lei­tun­gen je min­des­tens 20 Pro­zent. Un­ter­neh­men, wel­che diese Richt­wer­te nicht ein­hal­ten, sol­len sich im Ver­gü­tungs­be­richt recht­fer­ti­gen und die Mass­nah­men zur För­de­rung des we­ni­ger stark ver­tre­te­nen Ge­schlechts an­ge­ben müs­sen.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se emp­fiehlt, die Vor­la­ge mit Än­de­run­gen an­zu­neh­men.

Eine Re­vi­si­on des Ak­ti­en­rechts ist an­ge­zeigt. Die noch of­fe­nen Punk­te sind für die Wirt­schaft von grund­le­gen­der Be­deu­tung. Eine un­nö­ti­ge Ver­schär­fung der Ver­ord­nung gegen über­mäs­si­ge Ver­gü­tun­gen (VegüV) (Art. 734e, Art. 735a Abs. 2, Art. 735c Ziff. 2bis und 2ter) und die Ein­füh­rung eines Stimm­ge­heim­nis­ses des un­ab­hän­gi­gen Stimm­rechts­ver­tre­ters (Art. 689c Abs. 4bis OR) be­ein­träch­ti­gen die Aus­ge­wo­gen­heit der Vor­la­ge. Es ist zu be­dau­ern, dass die RK-SR ihrem Rat in die­sen bei­den wich­ti­gen Punk­ten emp­foh­len hat, an ihrem ur­sprüng­li­chen Ent­scheid fest­zu­hal­ten. Dies muss spä­tes­tens der Na­tio­nal­rat in der zwei­ten Runde der Dif­fe­renz­ber­ei­ni­gung un­be­dingt kor­ri­gie­ren.

Keine Ver­schär­fun­gen der VegüV

Bei In­kraft­tre­ten der VegüV haben die Un­ter­neh­men ihre Sta­tu­ten an deren Re­geln an­ge­passt, was mit et­li­chen Kos­ten und in­ter­na­tio­na­ler Ver­un­si­che­rung ver­bun­den war. Für die Wirt­schaft ist daher ab­so­lut zen­tral, dass eine wei­te­re Ver­schär­fung der VegüV ver­mie­den wird, zumal dies die Pla­nungs­si­cher­heit der Un­ter­neh­men er­heb­lich be­ein­träch­ti­gen und den Kon­zern­stand­ort Schweiz wei­ter schwä­chen würde. Be­reits heute hat die Schweiz eines der durch­re­gu­lier­tes­ten Sys­te­me bei Ent­löh­nun­gen des Ver­wal­tungs­rats und der Ge­schäfts­lei­tung. Es ist nicht ziel­füh­rend, hier nun noch wei­te­re über die VegüV hin­aus­ge­hen­de Ver­schär­fun­gen vor­zu­neh­men.

Kein Stimm­ge­heim­nis des un­ab­hän­gi­gen Stimm­rechts­ver­tre­ters

Dar­über hin­aus hat der Stän­de­rat eine aus Sicht der Wirt­schaft sehr pro­ble­ma­ti­sche Be­stim­mung in die Vor­la­ge auf­ge­nom­men (Art. 689c Abs. 4bis OR). Ein Stimm­ge­heim­nis des un­ab­hän­gi­gen Stimm­rechts­ver­tre­ters würde einen ge­fähr­li­chen Pa­ra­dig­men­wech­sel be­deu­ten. Diese Be­stim­mung ist nicht ziel­füh­rend und sogar kon­tra­pro­duk­tiv, da sie einer ef­fi­zi­en­ten Ab­hal­tung der Ge­ne­ral­ver­samm­lung im Wege steht. Ge­ra­de der Um­gang mit ak­ti­vis­ti­schen Ak­tio­nä­ren würde da­durch fun­da­men­tal und nach­tei­lig ver­än­dert. Aus­ser­dem be­stün­de das Ri­si­ko von un­be­re­chen­ba­ren und für Un­ter­neh­men und Ak­tio­nä­re schäd­li­chen Er­geb­nis­sen an den Ge­ne­ral­ver­samm­lun­gen.

Stand der Be­ra­tun­gen

Die Vor­la­ge be­fin­det sich in der Dif­fe­renz­ber­ei­ni­gung. In der Früh­jahrs­ses­si­on 2020 berät der Stän­de­rat das Ge­schäft er­neut.

Nach­dem der Na­tio­nal­rat in der Herbst­ses­si­on 2019 mit der Be­rei­ni­gung der Dif­fe­ren­zen be­gon­nen hatte, hat sich nun auch die RK-SR die­ser Auf­ga­be an­ge­nom­men und sich in ei­ni­gen Punk­ten der Gros­sen Kam­mer an­ge­schlos­sen. In wich­ti­gen und zen­tra­len Punk­ten, die ins­be­son­de­re auf eine Ver­schär­fung der VegüV hin­aus­lau­fen oder bei der Ein­füh­rung eines Stimm­ge­heim­nis­ses des un­ab­hän­gi­gen Stimm­rechts­ver­tre­ters hält die Kom­mis­si­on al­ler­dings ohne Min­der­heits­po­si­ti­on am Be­schluss ihres Rats fest.

Be­ur­tei­lung der Be­ra­tun­gen

Na­tio­nal- und Stän­de­rat haben sich in ei­ni­gen Punk­ten an­nä­hern kön­nen. Al­ler­dings be­ste­hen noch ge­wich­ti­ge Dif­fe­ren­zen für die be­vor­ste­hen­de drit­te Be­ra­tungs­run­de. Ins­be­son­de­re bei der Ver­schär­fung der VegüV und der Ein­füh­rung eines Stimm­ge­hem­nis­ses des un­ab­hän­gi­gen Stimm­rechts­ver­tre­ters muss der Na­tio­nal­rat un­be­dingt an sei­nem Be­schluss fest­hal­ten, um eine für die Wirt­schaft aus­ge­wo­ge­ne Vor­la­ge zu er­mög­li­chen.

JA ZU EINER DY­NA­MI­SCHE­REN FÖR­DER­PO­LI­TIK DES BUN­DES

Das Bun­des­ge­setz vom 8. Ok­to­ber 1999 über die in­ter­na­tio­na­le Zu­sam­men­ar­beit im Be­reich der Bil­dung, der Be­rufs­bil­dung, der Ju­gend und der Mo­bi­li­täts­för­de­rung soll to­tal­r­e­vi­diert wer­den. Es ist 20-jäh­rig und bil­det noch heute die Grund­la­ge des Bun­des für die För­de­rung der in­ter­na­tio­na­len Zu­sam­men­ar­beit in der Bil­dung. Über die letz­ten zwei Jahr­zehn­te wurde das Ge­setz punk­tu­ell und un­ein­heit­lich wei­ter­ent­wi­ckelt. Ein Grund hier­für war der wech­seln­de Be­tei­li­gungs­sta­tus der Schweiz an den sich dy­na­misch ver­än­dern­den eu­ro­päi­schen Bil­dungs­pro­gram­men.

Die ak­tu­el­le För­der­pra­xis zeigt die Gren­zen des heu­ti­gen ge­setz­li­chen Rah­mens auf: Die Kop­pe­lung der Haupt­för­der­instru­men­te an eine Be­tei­li­gung an den eu­ro­päi­schen Bil­dungs­pro­gram­men steht nicht mehr im Ein­klang mit der In­ter­na­tio­na­li­sie­rung der Bil­dung. Ge­setz­lich fehlt ins­be­son­de­re eine gleich­wer­ti­ge Ver­an­ke­rung der zwei al­ter­na­ti­ven In­stru­men­te (die As­so­zi­ie­rung an in­ter­na­tio­na­le För­der­pro­gram­me und die Um­set­zung von ei­ge­nen Schwei­zer Pro­gram­men). Auch die Mög­lich­keit, eine na­tio­na­le Agen­tur mit we­sent­li­chen Um­set­zungs­auf­ga­ben zu be­auf­trag­ten, ist ge­gen­wär­tig an eine Be­tei­li­gung an den eu­ro­päi­schen Pro­gram­men ge­knüpft. In­halt­lich feh­len zudem grund­le­gen­de An­ga­ben über den Zweck und die Grund­sät­ze der För­der­po­li­tik. Aus die­sen Grün­den hält der Bun­des­rat eine To­tal­re­vi­si­on für nötig.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se emp­fiehlt, die Vor­la­ge an­zu­neh­men.

Gleich­wer­ti­ge Ver­an­ke­rung von Be­tei­li­gun­gen an Bil­dungs­pro­gram­men und Ei­gen­lö­sun­gen

Die Re­vi­si­on stellt die Be­tei­li­gung an eu­ro­päi­schen Bil­dungs­pro­gram­men und au­to­no­me Ei­gen­lö­sun­gen der Schweiz ge­setz­lich gleich. Sie ent­kop­pelt die in­ter­na­tio­na­le Zu­sam­men­ar­beit und Mo­bi­li­tät in der Bil­dung von der Be­tei­li­gung an einem eu­ro­päi­schen Bil­dungs­pro­gramm. Aus Sicht der Wirt­schaft ist diese Ent­kop­pe­lung ziel­füh­rend. Da­durch wird eine ge­setz­li­che Grund­la­ge ge­schaf­fen, um den Stu­die­ren­den in der Schweiz un­ab­hän­gig von einer all­fäl­li­gen Be­tei­li­gung an Eras­mus den in­ter­na­tio­na­len Aus­tausch zu er­mög­li­chen.

Man­da­tie­rung der SFAM als na­tio­na­le För­der­agen­tur

Für die Um­set­zung soll eine na­tio­na­le För­der­agen­tur man­da­tiert wer­den. Ge­mäss dem Er­läu­te­rungs­text zur Ge­set­zes­re­vi­si­on gilt die Schwei­ze­ri­sche Stif­tung für Aus­tausch und Mo­bi­li­tät (SFAM/Mo­ve­tia), wel­che vom Bund und den Kan­to­nen ge­tra­gen wird, als ein­zi­ge Or­ga­ni­sa­ti­on, wel­che die Vor­aus­set­zun­gen zur Über­nah­me der Auf­ga­ben einer na­tio­na­len För­der­agen­tur er­füllt. Sie ist ge­gen­wär­tig als pri­vat­recht­li­che Stif­tung or­ga­ni­siert und soll in eine öf­fent­lich-recht­li­che An­stalt über­führt wer­den. Die als na­tio­na­le För­der­agen­tur man­da­tier­te In­sti­tu­ti­on muss neben Fach­ex­per­ti­se und Ka­pa­zi­tä­ten auch mög­lichst kos­ten­ef­fi­zi­ent ar­bei­ten. Daher ist zu prü­fen, ob eine öf­fent­li­che Aus­schrei­bung mög­lich und ziel­füh­rend wäre. In die­sem Zu­sam­men­hang ist auch die Über­füh­rung der SFAM von einer pri­vat­recht­li­chen zu einer öf­fent­lich-recht­li­chen Or­ga­ni­sa­ti­on gründ­lich zu prü­fen und nur falls sinn­voll durch­zu­füh­ren. Diese Frage ist al­ler­dings nicht Ge­gen­stand der vor­lie­gen­den To­tal­re­vi­si­on, son­dern soll in einer ge­son­der­ten Vor­la­ge fest­ge­hal­ten wer­den.

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Stän­de­rat be­han­delt die Vor­la­ge in der Früh­jahrs­ses­si­on 2020 als Er­strat.

Die WBK-SR be­an­tragt ihrem Rat ein­stim­mig, die Vor­la­ge an­zu­neh­men.
 

WIRT­SCHAFT WILL DAS AB­KOM­MEN MIT DEM MER­CO­SUR: ES IST AUS­GE­WO­GEN UND VOR­TEIL­HAFT FÜR DIE SCHWEIZ

Die Stan­des­in­itia­ti­ve des Kan­tons Jura (19.302) for­dert, dass Agrar­pro­duk­te aus dem Frei­han­dels­ab­kom­men (FHA) mit dem Mer­co­sur aus­ge­klam­mert wer­den.

Mit der Stan­des­in­itia­ti­ve 19.313 for­dert der Gros­se Rat des Kan­tons Genf die Bun­des­ver­samm­lung auf, das FHA mit dem Mer­co­sur dem fa­kul­ta­ti­ven Re­fe­ren­dum zu un­ter­stel­len.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se emp­fiehlt, bei­den Stan­des­in­itia­ti­ven keine Folge zu geben.

Stan­des­in­itia­ti­ve 19.302 ver­hin­dert Ra­ti­fi­ka­ti­on eines aus­ge­wo­ge­nen Ab­kom­mens

Als Mit­glied der EFTA hat sich die Schweiz im Au­gust letz­ten Jah­res er­folg­reich mit den Mer­co­sur-Staa­ten Bra­si­li­en, Ar­gen­ti­ni­en, Uru­gu­ay und Pa­ra­gu­ay über einen ver­tief­ten Markt­zu­gang ge­ei­nigt. Agrar­pro­duk­te sind Teil des Ab­kom­mens mit Kon­tin­gen­ten, die in Ab­spra­che mit Land­wirt­schafts­ver­tre­tern so tief ge­hal­ten wur­den, dass sie die hie­si­gen Er­zeug­nis­se nicht ver­drän­gen. Aus­ser­dem ent­hält das Ab­kom­men ein Nach­hal­tig­keits­ka­pi­tel mit ver­bind­li­chen Be­stim­mun­gen bei­spiels­wei­se zu Kli­ma­schutz und der nach­hal­ti­gen Nut­zung von Wald­res­sour­cen.

Die Stan­des­in­itia­ti­ve 19.302 würde dazu füh­ren, dass die Schweiz das Ab­kom­men nicht ra­ti­fi­zie­ren kann – mit be­trächt­li­chem Scha­den für die Schwei­zer Wirt­schaft. Das Ab­kom­men baut nicht nur hohe Han­dels­hür­den zu einem Markt mit 260 Mil­lio­nen Ein­woh­nern und über zwei­ein­halb Bil­lio­nen Dol­lar Wirt­schafts­leis­tung pro Jahr ab, es stellt auch si­cher, dass Schwei­zer Fir­men künf­tig ge­gen­über den Kon­kur­ren­ten aus Eu­ro­pa nicht dis­kri­mi­niert wer­den. Das ist umso wich­ti­ger, weil die EU letz­ten Som­mer eben­falls ein Ab­kom­men aus­ge­han­delt hat. Laut Ex­per­ten wür­den Schwei­zer Fir­men nach In­kraft­tre­ten pro Jahr rund 180 Mil­lio­nen Fran­ken an Zöl­len ein­spa­ren, die sie so­dann für In­ves­ti­tio­nen in der Schweiz ein­set­zen könn­ten.

For­de­rung der Stan­des­in­itia­ti­ve 19.313 be­reits er­füllt

Ge­mäss Art. 141 der Bun­des­ver­fas­sung (BV) un­ter­ste­hen der Ab­schluss und die Än­de­rung von Staats­ver­trä­gen dem fa­kul­ta­ti­ven Re­fe­ren­dum, so­fern diese «wich­ti­ge recht­set­zen­de Be­stim­mun­gen ent­hal­ten oder deren Um­set­zung den Er­lass von Bun­des­ge­set­zen er­for­dert». Die­ser As­pekt be­trifft auch wich­ti­ge wirt­schafts­re­le­van­te Ab­kom­men. Mit dem Bun­des­be­schluss vom 22. Juni 2016 hat nun die Pra­xis da­hin­ge­hend ge­än­dert, dass sämt­li­che neu aus­ge­han­del­ten oder ak­tua­li­sier­ten Frei­han­dels-, In­ves­ti­ti­ons­schutz- oder Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men zwin­gend dem fa­kul­ta­ti­ven Re­fe­ren­dum un­ter­stellt wer­den. Dies gilt sogar dann, wenn keine na­tio­na­len Ge­set­ze an­ge­passt wer­den müs­sen oder wenn be­trof­fe­ne Staats­ver­trä­ge in­halt­lich frü­he­ren Ab­kom­men ent­spre­chen (Stan­dard­ab­kom­men). Somit ist die For­de­rung der Stan­des­in­itia­ti­ve 19.313 recht­lich be­reits er­füllt.

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Stän­de­rat be­han­delt die bei­den Stan­des­in­itia­ti­ven in der Früh­jahrs­ses­si­on 2020 als Er­strat.

Die vor­be­ra­ten­de APK-SR hat mit 9 zu 2 Stim­men bei 1 Ent­hal­tung be­schlos­sen, der Stan­des­in­itia­ti­ve 19.302 keine Folge zu geben. Die Mehr­heit ist der Auf­fas­sung, dass ein FHA mit dem Mer­co­sur im In­ter­es­se der Schwei­zer Wirt­schaft liegt.

Die Kom­mis­si­on hat fer­ner mit 9 zu 2 Stim­men bei 1 Ent­hal­tung ent­schie­den, auch der Stan­des­in­itia­ti­ve 19.313 keine Folge zu geben. Bun­des­rat Guy Par­me­lin hat je­doch der APK-SR ver­si­chert, dass sich sein De­par­te­ment für Wirt­schaft, Bil­dung und For­schung (WBF) für ein fa­kul­ta­ti­ves Re­fe­ren­dum ein­set­zen werde. Dies ent­spre­che der neuen Pra­xis bei Stan­dard­ab­kom­men, wel­che der Bun­des­rat im Au­gust 2019 öf­fent­lich kom­mu­ni­ziert hat.

Be­ur­tei­lung der Be­ra­tun­gen

Der Stän­de­rat hat den bei­den Stan­des­in­itia­ti­ven zu Recht eine klare Ab­sa­ge er­teilt. Das aus­ge­wo­ge­ne Frei­han­dels­ab­kom­men mit dem Mer­co­sur liegt im In­ter­es­se der Schwei­zer Wirt­schaft, die stark auf Ex­por­te an­ge­wie­sen ist. Zudem ist die For­de­rung, wo­nach das Ab­kom­men dem fa­kul­ta­ti­ven Re­fe­ren­dum un­ter­stellt wer­den soll, be­reits gän­gi­ge Pra­xis.