Zin­sen blei­ben un­ver­än­dert. War es das mit der In­fla­ti­on?

Die in­ter­na­tio­na­len Fi­nanz­märk­te ju­beln: Sie gehen davon aus, dass in der Euro-Zone und in den USA die Zin­sen im nächs­ten Jahr sin­ken. Doch ist diese Eu­pho­rie be­rech­tigt? Zwei In­di­ka­to­ren spre­chen dafür, dass die In­fla­ti­on zäh ist und nicht so schnell vor­über sein wird, auch wenn sie in den letz­ten Mo­na­ten über­ra­schend stark zu­rück­ge­gan­gen ist.

Die In­fla­ti­on ist in der Euro-Zone und in den USA in den letz­ten Mo­na­ten über­ra­schend stark ge­sun­ken. Im Eu­ro­raum lag sie im No­vem­ber noch bei 2,4 Pro­zent. Dies, nach­dem sie ein Jahr zuvor noch über 10 Pro­zent be­tra­gen hat, ge­mes­sen an der Ver­än­de­rung des Kon­su­men­ten­preis­in­dex (KPI). Auch in den USA ist die In­fla­ti­ons­ra­te jüngst auf 3,1 Pro­zent ge­fal­len. Also: Ende gut, alles gut? Zwei In­di­ka­to­ren spre­chen da­ge­gen, dass die In­fla­ti­on wei­ter­hin fällt und las­sen viel­mehr das Ge­gen­teil er­war­ten.

Der erste In­di­ka­tor ist die Kern­in­fla­ti­on. Diese misst die In­fla­ti­on ohne die vo­la­ti­len Kom­po­nen­ten der Nah­rungs­mit­tel- und En­er­gie­prei­se. Wie Ab­bil­dung 1 zeigt, über­steigt die Kern­in­fla­ti­on so­wohl in der Euro-Zone als auch in den USA die ge­ne­rel­le In­fla­ti­on. Oder an­ders aus­ge­drückt: Dass die In­fla­ti­on in den letz­ten Mo­na­ten so stark ge­fal­len ist, ist vor allem auf die tie­fe­ren En­er­gie- und Nah­rungs­mit­tel­prei­se zu­rück­zu­füh­ren. Da­ge­gen hat die Kern­in­fla­ti­on deut­lich we­ni­ger stark ab­ge­nom­men. So­bald die vo­la­ti­len En­er­gie- und Nah­rungs­mit­tel­prei­se sich sta­bi­li­sie­ren oder viel­leicht sogar wie­der etwas teu­rer wer­den, wird die In­fla­ti­on kaum mehr sin­ken. Im Ver­gleich dazu ist die Sach­la­ge in der Schweiz we­sent­lich ent­spann­ter: Die Kern­in­fla­ti­on liegt wie die ge­ne­rel­le In­fla­ti­ons­ra­te der­zeit schon klar im Ziel­band von 0 und 2 Pro­zent der Schwei­ze­ri­schen Na­tio­nal­bank (SNB).

 

 

Der zwei­te In­di­ka­tor hängt teil­wei­se mit dem ers­ten zu­sam­men. Wenn die In­fla­ti­on brei­te Teile der Wirt­schaft er­fasst hat, stei­gen auch die Prei­se für im In­land pro­du­zier­te Dienst­leis­tun­gen: Vom Coif­feur, über den Ver­kehr bis hin zu Re­stau­rants oder Dienst­leis­tun­gen für Un­ter­neh­men. Ab­bil­dung 2 zeigt die In­fla­ti­ons­ra­te in den USA. Dabei in­for­mie­ren die ein­ge­färb­ten Flä­chen über den Bei­trag der Dienst­leis­tun­gen und Güter zur In­fla­ti­ons­ent­wick­lung.

 

 

Ak­tu­ell wird die In­fla­ti­ons­ra­te in den USA vor allem durch die Dienst­leis­tun­gen ge­trie­ben. Die Güter tra­gen fast nicht mehr zur Er­hö­hung der Prei­se bei. Mit dem Abbau der Lie­fer­eng­päs­se und der Ab­schwä­chung der in­ter­na­tio­na­len Kon­junk­tur ver­teu­er­ten sich die Güter in letz­ter Zeit kaum noch. Doch die Dienst­leis­tungs­in­fla­ti­on liegt in den USA der­zeit immer noch bei über 5 Pro­zent. Weil Dienst­leis­tun­gen gut 60 Pro­zent des Wa­ren­kor­bes der Kon­su­men­ten aus­ma­chen, steu­ern sie gut 3 Pro­zent­punk­te zur ge­ne­rel­len In­fla­ti­on bei. Und die Dienst­leis­tungs­in­fla­ti­on ist un­gleich zäher als die Gü­ter­in­fla­ti­on. Wäh­rend bei den Gü­tern Preis­kor­rek­tu­ren rasch er­fol­gen kön­nen, re­agie­ren die Dienst­leis­tungs­prei­se oft träge. Hier ma­chen die Löhne in der Regel einen deut­lich hö­he­ren Pro­zent­satz der Ge­samt­kos­ten aus als bei Gü­tern. Ent­spre­chend haben die der­zeit statt­fin­den­den Lohn­er­hö­hun­gen auch einen an­hal­ten­den Preis­auf­trieb bei den Dienst­leis­tun­gen zur Folge.

So­wohl die Ent­wick­lung der Kern­in­fla­ti­on als auch die Ent­wick­lung der Dienst­leis­tungs­in­fla­ti­on mah­nen uns also, nicht früh­zei­tig das Ende der In­fla­ti­on aus­zu­ru­fen.