Drei Grün­de, warum die WTO-Mi­nis­ter­kon­fe­renz wich­tig ist

Die Welt­wirt­schaft hat sich dank der Welt­han­dels­or­ga­ni­sa­ti­on bes­ser ent­wi­ckelt als ohne diese. Für alle be­tei­lig­ten Na­tio­nen gel­ten beim in­ter­na­tio­na­len Han­del die glei­chen Re­geln. Ge­ra­de die Schweiz als Ex­port­na­ti­on ist auf das mul­ti­la­te­ra­le WTO-Sys­tem an­ge­wie­sen. Eine al­ter­na­ti­ve Welt­wirt­schafts­ord­nung dürf­te aus He­mi­sphä­ren be­ste­hen, in denen das «Recht des Stär­ke­ren» gel­ten würde.

Ich bin davon über­zeugt, dass es die Welt­han­dels­or­ga­ni­sa­ti­on WTO mehr denn je braucht. Das liegt nicht an der ge­gen­wär­ti­gen WTO-Mi­nis­ter­kon­fe­renz in Genf. Es sind keine bahn­bre­chen­den Ent­schei­dun­gen der Mi­nis­ter zu er­war­ten. Es geht mir um Grund­sätz­li­ches.

Die WTO be­grenzt den Pro­tek­tio­nis­mus

In den letz­ten Jah­ren hat der Pro­tek­tio­nis­mus ste­tig zu­ge­nom­men. Das ist ein Rück­schritt und fast alle Staa­ten sind Täter und Opfer zu­gleich. Viele, aber nicht alle die­ser pro­tek­tio­nis­ti­schen Mass­nah­men ver­stos­sen gegen die Re­geln der Welt­han­dels­or­ga­ni­sa­ti­on. Das ist nicht gut, zumal das Streit­schlich­tungs­ver­fah­ren der WTO nicht mehr voll funk­tio­niert. Ohne WTO hätte der Pro­tek­tio­nis­mus aber noch viel stär­ker zu­ge­nom­men – mit ka­ta­stro­pha­len Fol­gen für die Welt­wirt­schaft. Ich hoffe daher, dass die WTO-Mi­nis­ter an ihrer ers­ten Kon­fe­renz seit Pan­de­mie­be­ginn den Kern der WTO wie­der zu schät­zen ler­nen. Denn sie stellt für all ihre Mit­glie­der iden­ti­sche Re­geln bei Ex­port und Im­port auf. Ge­ra­de für die Ex­port­na­ti­on Schweiz kann die Be­deu­tung der WTO gar nicht genug be­tont wer­den.

Die Glo­ba­li­sie­rung geht wei­ter

Es ist zwar äus­serst me­di­en­wirk­sam, sich zum Ende der Glo­ba­li­sie­rung ver­lau­ten zu las­sen, aber es ist eben­so weit von den Fak­ten ent­fernt. Ja, es gibt schwe­re Stö­run­gen in den glo­ba­len Lie­fer­ket­ten. Nein, es gibt keine flä­chen­de­cken­de Rück­ver­la­ge­rung der Pro­duk­ti­on von Asien nach Eu­ro­pa oder in die USA. Was es gibt, ist eine Di­ver­si­fi­zie­rung der Lie­fer­quel­len. Es gibt An­zei­chen, dass viele Un­ter­neh­men meh­re­re Be­zugs­quel­len für ihre Vor­pro­duk­te an­stre­ben. Aus vie­len Lie­fer­ket­ten wer­den da­durch Lie­fer­netz­wer­ke mit einer hö­he­ren Zu­ver­läs­sig­keit und Ro­bust­heit, auch Resi­li­enz ge­nannt. Damit aber bei die­ser Re-Glo­ba­li­sie­rung alle die glei­chen Chan­cen haben, braucht es hier­für die WTO zur Si­che­rung of­fe­ner Märk­te. Sonst klappt das mit dem Auf­bau von Lie­fer­net­zen nicht, wird zu teuer oder wir er­rei­chen die Resi­li­enz nicht.

Die Al­ter­na­ti­ve zur WTO ge­fällt mir nicht

Klar wird die WTO kri­ti­siert. Ihr fehle es an Ver­hand­lungs­er­fol­gen. Die WTO ist seit nun­mehr 20 Jah­ren nur noch mit hal­ber Kraft un­ter­wegs. Damit stellt sich die Frage nach den Al­ter­na­ti­ven für die Welt­wirt­schaft. Wie kön­nen diese aus­schau­en?

Ich be­fürch­te, dass die Welt­wirt­schaft ohne WTO in He­mi­sphä­ren auf­ge­teilt würde. Das könn­te bei­spiels­wei­se eine ame­ri­ka­ni­sche, eu­ro­päi­sche und asia­ti­sche He­mi­sphä­re um­fas­sen. Jede die­ser He­mi­sphä­ren wäre dann von einer Wirt­schafts­macht do­mi­niert, zum Bei­spiel USA, EU und China. Ich habe nichts gegen diese Län­der, aber diese wür­den sich in «ihren» He­mi­sphä­ren durch­set­zen wol­len, es gälte mehr oder we­ni­ger das «Recht des Stär­ke­ren». Das ist nichts Neues, son­dern war vor dem All­ge­mei­nen Zoll- und Han­dels­ab­kom­men GATT be­reits so. Es war ein sehr in­sta­bi­les und alles an­de­re als fried­li­ches Sys­tem. Für mich ist klar, dass die ka­ta­stro­pha­len Er­fah­run­gen des Sys­tems mit Ko­lo­ni­al­rei­chen re­spek­ti­ve He­mi­sphä­ren di­rekt zur Grün­dung des GATT re­spek­ti­ve der dar­aus ent­stan­de­nen WTO ge­führt haben. Bei aller Kri­tik bleibt daher das WTO-Sys­tem der bes­se­re An­satz.