# 11 / 2021
16.09.2021

Post: Wel­che Rah­men­be­din­gun­gen braucht es für die Ver­sor­gung der Zu­kunft?

Der Staat ga­ran­tiert heute be­stimm­te Grund­leis­tun­gen bei Post­diens­ten und Diens­ten des Zah­lungs­ver­kehrs. Diese Grund­ver­sor­gung ist je­doch auf Sand ge­baut. Die Po­li­tik wird sich bald mit der Frage be­schäf­ti­gen müs­sen, wie eine nach­hal­ti­ge Al­ter­na­ti­ve aus­se­hen soll. Die Wirt­schaft skiz­ziert hier­für ein Zu­kunfts­mo­dell, das auf drei Ele­men­ten fusst: mehr Kun­den­ori­en­tie­rung, eine brei­ter ab­ge­stütz­te Leis­tungs­er­brin­gung und ein neues Fi­nan­zie­rungs­mo­dell.

Das Wichtigste in Kürze

Das Erbe der ehemaligen Vollmonopolistin Post bzw. PTT wirkt bis heute stark nach. Die Grundversorgung mit Postdiensten und Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs steht zurzeit besonders im Fokus. Strukturelle Veränderungen im Postmarkt und makroökonomischer Faktoren im Finanzmarkt (Tiefzinsumfeld) haben den Handlungsdruck in den letzten Jahren deutlich erhöht. Reformen sind notwendig, damit eine qualitativ hochwertige Versorgung der ganzen Schweiz gesichert bleibt. Die Wirtschaft skizziert vorliegend eine nachhaltige und zukunftstaugliche Marktordnung, die den Fokus auf die Dienstleistung und die heutige Marktnachfrage anstatt auf die bestehende Infrastruktur legt. Klar ist: Das heutige, gesellschaftlich und politisch definierte Leistungsniveau («Grundversorgung») liesse sich an den meisten Orten vollständig durch den Markt gewährleisten. Ein umfassender gesetzlicher Grundversorgungsauftrag mit staatlichem Monopol ist deshalb keine geeignete Rahmenbedingung für die Zukunft. Stattdessen braucht es mehr Flexibilität, eine gezieltere Regulierung und vor allem mehr Nutzerzentrierung. Das Briefmonopol (das letzte Europas!) gehört abgeschafft, postalische Dienstleistungen und Bankdienstleistungen müssen voneinander entkoppelt werden. Die Notwendigkeit staatlicher Eingriffe wird dabei nicht pauschal infrage gestellt. Entscheidend ist jedoch, dass der Kern der staatlich garantierten Versorgung ernsthaft diskutiert und zeitgemäss definiert wird. Die Wirtschaft setzt sich für einen Paradigmenwechsel ein: Dienstleistungen sollen künftig zum Kunden oder zur Kundin kommen anstatt umgekehrt und die Aufgabe der Versorgung muss auf mehrere Schultern verteilt werden.

Position economiesuisse

  • Der Markt erbringt eine hochwertige Versorgung: Der Wettbewerb gewährleistet heute in vielen Gebieten der Schweiz eine gute bis sehr gute Versorgung mit Postdiensten und Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs. Das heute politisch gewünschte Leistungsniveau («Grundversorgung») liesse sich höchstens in den äussersten Versorgungsgebieten (sogenannte «C-Gebiete» nach heutiger Definition der Post) und auch lediglich mit Bezug auf drei Dienstleistungen nicht vom Markt erfüllen:
    • Bediente physische Zugangspunkte (Poststellen oder Agenturen)
    • Samstagszustellung von Briefen und Paketen
    • Tägliche Frühzustellung von Zeitungen und Zeitschriften

Davon betroffen sind letztlich nur etwa ein Prozent der zu versorgenden Adressen in der Schweiz. Diese Konstellation rechtfertigt den heutigen, flächendeckenden Grundversorgungsauftrag, der alles über den gleichen Leist schlägt, nicht mehr. Es braucht gezieltere Ansätze.

  • Die Aufgabe der Versorgung auf mehrere Schultern verteilen: Durch das Monopol der Post entsteht eine künstliche Verknappung. In den genannten Gebieten decken private Postdienstleister rund 90 Prozent der Grundversorgungsleistungen ebenfalls ab. Daneben gäbe es fast 4000 Geschäfte des täglichen Bedarfs, die als Agenturen geeignet wären. Das sind doppelt so viele wie alle heutigen Poststellen und Postagenturen zusammen. Dieses Potenzial muss genutzt und die Versorgung der Unternehmen und Bevölkerung breiter abgestützt werden.
  • Gezielte staatliche Leistungsaufträge und Abgeltungen: Die an das Monopol der Post geknüpfte, eigenwirtschaftliche Erbringung der Grundversorgung ist intransparent und alles andere als «eigenwirtschaftlich». Es braucht ein neues Modell mit freiem Wettbewerb und anbieterneutralen, gezielten staatlichen Leistungsaufträgen sowie direkten staatlichen Abgeltungen.
  • Kundenzentrierung anstatt Strukturerhalt: Die heutige Grundversorgung dreht sich um Infrastrukturen anstatt um Dienstleistungen. Es braucht deshalb ein neues Paradigma, in dem die Kundinnen und Kunden an ihrem Wohn-, Einkaufs- oder Arbeitsort ins Zentrum rücken. Der Erfolg der Agenturen und des Hausservice der Post deutet darauf hin, dass der Paradigmenwechsel funktioniert.

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