# 7 / 2020
16.11.2020

Bundesfinanzen 2021: Krisentauglich dank Schuldenbremse

Bundesfinanzen im Überblick

Solider Bundeshaushalt hilft in der Krise

Die Bundesfinanzen sind seit Jahren solid. Davon profitiert die Schweiz auch in der Corona-Krise, welche die finanzpolitische Ausgangslage komplett verändert hat. Bis vor Kurzem wurde noch mit jährlichen Überschüssen gerechnet; im Moment ist es bereits eine gute Nachricht, wenn die Krisenszenarien über die Wirtschaftsentwicklung und Milliardendefizite nicht noch schlechter werden. Der Einbruch der Wirtschaft und die daraus entstehenden Folgen für den Bundeshaushalt sind stark vom weiteren Verlauf der Pandemie abhängig. Die Unsicherheit ist gross.

2020 haben Bundesrat und Parlament zur Bewältigung der Corona-Krise Notmassnahmen von über 70 Milliarden Franken beschlossen (siehe Übersicht im Anhang). Dank der soliden Haushaltslage des Bundes war dies unkompliziert und rasch möglich.

Obwohl bisher nicht alle bewilligten Mittel ausgeschöpft wurden, führen die Corona-bedingten Zusatzausgaben zu einer massiven Neuverschuldung. Die Corona-Verschuldung betrifft den ausserordentlichen Haushalt des Bundes. Sämtliche Corona-Ausgaben wurden bisher über diesen und nicht über den ordentlichen Haushalt getätigt. Wie mit den Corona-Schulden umgegangen wird, ist politisch ein Thema (siehe dazu Kapitel «Schulden»). Der Bundesrat plant Ende Jahr einen Vorschlag für einen Amortisationsplan, den das Parlament bewilligen muss. Aus Sicht der Wirtschaft ist klar, dass der Schuldenabbau im Rahmen der Schuldenbremse und ohne den Ausbau von Steuern oder Abgaben erfolgen muss. 

Die Corona-Pandemie hat auch auf den ordentlichen Teil des Bundeshaushalts – besonders bei den Einnahmen – Auswirkungen. Die Einnahmen des Bundes werden coronabedingt tiefer ausfallen. Im Budget für das kommende Jahr sind die Massnahmen zur Bewältigung der Krise zudem nicht mehr im ausserordentlichen Haushalt vorgesehen, was im ordentlichen Haushalt vorübergehend zu Mehrausgaben führen wird. 

Die der Publikation zugrundeliegenden Daten und Angaben unterliegen stetigen Anpassungen. Als Basisquelle für das dossierpolitik dient die Botschaft zum Voranschlag 2021 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2022–2024 vom 19. August 2020. Ebenfalls miteinbezogen wurden die Nachmeldung zum Voranschlag 2021 vom 25. September 2020 sowie die zweite Hochrechnung 2020 vom 28. Oktober 2020. Die finanziellen Auswirkungen der vom Bundesrat am 4. November 2020 in die Vernehmlassung geschickten Covid-19-Härtefallverordnung sind wo möglich berücksichtigt. Aktueller Stand der Datenlage: 9. November 2020.

Die Einnahmen brechen aufgrund von Corona stark ein. Sowohl 2020 wie auch 2021 und in den Folgejahren wird mit einem Defizit gerechnet.

Dank der flexiblen Schuldenbremse müssen vorderhand keine Abstriche im Budget gemacht werden. Die Schuldenbremse erlaubt in Krisen hohe Defizite, die es ermöglichen, die Staatsaufgaben wie geplant zu erfüllen. Der Bundesrat sieht im Moment keinen Anlass für Sparprogramme oder Steuererhöhungen. Weil die Lage aber unsicher ist, ist eine disziplinierte, zurückhaltende Ausgabenpolitik besonders wichtig. Die Wahrung der soliden Finanzlage des Bundes könnte in nächster Zeit anspruchsvoller werden. Ein solider Staatshaushalt im Rahmen der Schuldenbremse ist und bleibt für economiesuisse darum ein erstrangiges Ziel. Das vorliegende dossierpolitik nimmt eine Standortbestimmung der Bundesfinanzen in der aktuellen Corona-Krise vor. Es präsentiert den Voranschlag des Bundesrats für das Jahr 2021 und zeigt die Planung bis 2024 auf, soweit sich diese heute abschätzen lässt. Handlungsempfehlungen und Positionen zu den Bundesfinanzen schliessen das Papier ab.

Eckwerte Voranschlag 2021 und Finanzplan 2022 bis 2024

Das Parlament berät und verabschiedet den Voranschlag (Budget) und den Finanzplan für die folgenden drei Jahre in der Wintersession. Das wird auch dieses Jahr so sein. Die Beschlüsse sind jedoch viel stärker als in anderen Jahren als Momentaufnahmen zu betrachten. Viele Zahlen werden sich noch der Entwicklung der Pandemie und dem Verlauf der Wirtschaft anpassen müssen. Auch politische Entscheide beeinflussen die Haushaltsentwicklung. 

So hat der ablehnende Entscheid der Stimmbevölkerung über die Erhöhung der Kinderabzüge dazu geführt, dass zusätzliche Mittel im Haushalt vorhanden sind. Andererseits haben Bundesrat und Parlament weitere Corona-Massnahmen beschlossen, die noch als Nachmeldungen ins Budget einfliessen müssen. Zum Schluss ist aber die Wirtschaftsentwicklung entscheidend. Substanzielle Teile der Einnahmen und Ausgaben des Bundes hängen von ihr ab. Weil die Konjunkturplanung aktuell äusserst schwierig ist, stellt auch der Finanzplan nur ein mögliches Szenario dar. 

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über den Gesamthaushalt des Bundes. Berücksichtigt sind die Zahlen gemäss Voranschlag und Finanzplan, wie sie vom Bundesrat im August beschlossen wurden. Daneben sind die aktuellste Hochrechnung für das laufende Rechnungsjahr 2020 (Stand September) sowie die Nachmeldungen zum Budget 2021 (Stand Ende Oktober) enthalten.

Für eine Gesamtübersicht über die Finanzen des Bundes sind sowohl der ordentliche wie auch der ausserordentliche Haushalt relevant.

Wie die Zahlen zeigen, geht der Bundesrat davon aus, dass die Wirtschaft 2021 nach dem starken Einbruch im laufenden Jahr wieder aufholen wird. Die Entwicklung bleibt jedoch bis 2024 unter ihrem langfristigen Trend. Der Bund darf deshalb in den nächsten drei Jahren trotz erwarteter wirtschaftlicher Erholung Defizite schreiben. Für das laufende Rechnungsjahr 2020 schätzt der Bundesrat, dass der ordentliche Haushalt mit einem Minus von 1,9 Milliarden Franken abschliessen wird. Dazu kommen ausserordentliche Ausgaben von rund 18,1 Milliarden. Somit resultiert im Bundeshaushalt insgesamt ein Defizit von 20 Milliarden Franken.

Für 2021 ist ein negativer Saldo von rund 1,1 Milliarden Franken budgetiert. Zusammen mit den Corona-bedingten Nachmeldungen erhöht sich der Fehlbetrag auf gut 2,5 Milliarden Franken. Als Sofortmassnahme hat der Bundesrat zu Beginn der Pandemie Anfang März beschlossen, dass Steuerzahlungen der Mehrwertsteuer und der direkten Bundessteuer bis 2021 ohne Verzugszins gestundet werden können. Als Folge dieses Entscheids wird erwartet, dass sich grössere Einnahmenanteile von 2020 ins Folgejahr verschieben (siehe mehr dazu im Kapitel Einnahmen). Das Defizit im Jahr 2021 fällt dadurch tiefer aus. Der Bund darf nach den Regeln der Schuldenbremse aus Rücksicht auf die ungenügende Wirtschaftslage ein konjunkturell bedingtes Defizit von insgesamt 3,3 Milliarden Franken schreiben. Wird dieser Spielraum nicht ausgenutzt, wird die Differenz als (sog. «struktureller») Überschuss betrachtet. Dieser beträgt aktuell 0,8 Milliarden Franken (Nachmeldung von 1,4 Milliarden Franken berücksichtigt).

Dank der Schuldenbremse besteht vorderhand genügend Spielraum, um den wirtschaftlichen Einbruch im Bundeshaushalt abzufedern.

Sofern 2021 ein struktureller Überschuss anfällt, ist gemäss Budget vorgesehen, dass dieser nicht wie sonst üblich im ordentlichen Haushalt belassen und dort auf das Ausgleichskonto (dem «Gedächtnis» der Schuldenbremse für den ordentlichen Haushalt, auf dem Überschüsse und Fehlbeträge vermerkt sind) gutgeschrieben, sondern zum Abbau des Fehlbetrags im ausserordentlichen Haushalt verwendet wird. Der Fehlbetrag auf dem Amortisationskonto (das Pendant des Ausgleichskontos für den ausserordentlichen Haushalt) sinkt durch die Gutschrift. 

Hinweis wirtschaftliche Eckwerte und k-Faktor

Dem Voranschlag und Finanzplan zugrunde liegen die Konjunkturprognose der Expertengruppe des Bundes vom 16. Juni 2020 sowie die mittelfristigen Prognosen der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV), basierend auf den Langfristprognosen des SECO. Für das Ausgangsjahr 2020 wurde mit einem realen BIP-Wachstum von minus 6,2 Prozent gerechnet. Der entsprechende Aufholeffekt für 2021 wurde auf plus 4,9 Prozent (real) geschätzt. Auch für die Finanzplanjahre wird ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum erwartet, das sich gegen Ende 2024 dem langfristigen Trendwachstum von 1,7 Prozent annähern soll. Die vor der Corona-Krise erwartete wirtschaftliche Aktivität wird in diesem Zeitraum allerdings voraussichtlich nicht wieder erreicht.

Die Schuldenbremse erlaubt in wirtschaftlich schlechten Zeiten ein Defizit. Zur Bestimmung des sogenannten «konjunkturellen» Defizits wird der Konjunkturfaktor (k-Faktor) berechnet. Fallen die Prognosen für das Wirtschaftswachstum wie im aktuellen Fall tiefer aus als der langfristige Trend, so wird eine Unterauslastung der Wirtschaft bzw. eine schwache Konjunkturlage angenommen. Damit verbunden ist die Erwartung, dass auch die Bundeseinnahmen zurückgehen. Die Bundesverfassung verlangt eine konjunkturgerechte Haushaltspolitik: Der Bund soll in der Rezession in der Gestaltung seiner Ausgaben stabilisierend wirken, umgekehrt soll er seine Ausgaben in konjunkturellen Hochphasen nicht ausweiten. Bei einer Unterauslastung der Wirtschaft ist ein konjunkturelles Defizit erlaubt, um Einnahmeausfälle zu kompensieren und prozyklisch wirkende Sparmassnahmen zu verhindern. 

Ausgehend von den BIP-Prognosen ergibt sich für 2021 eine Unterauslastung der Wirtschaft. Der k-Faktor liegt in diesem Fall mit 1.043 über dem «Normwert» 1. Er wird mit den geschätzten Einnahmen multipliziert, woraus sich die für 2021 zulässigen Ausgaben ergeben. Gemäss Voranschlag darf das konjunkturelle Defizit 2021 über drei Milliarden Franken betragen. Weil auch 2022 und 2023 mit einer Unterauslastung der Wirtschaft gerechnet wird, sind in diesen Jahren ebenfalls konjunkturelle Defizite erlaubt. 

Wenn sich nun die Konjunkturprognosen ändern, hat das unmittelbare Auswirkungen auf das Budget und den Finanzplan. Die Expertengruppe des Bundes hat im Oktober die Wirtschaftsaussichten aktualisiert. Es wird mit einem besseren Wirtschaftsverlauf gerechnet als ursprünglich angenommen. Vorausgesetzt, es gibt weder in der Schweiz noch bei den wichtigsten Handelspartnern einen breitflächigen Lockdown, soll sich das reale BIP im Jahr 2020 statt um 6,2 Prozent «nur» um 3,8 Prozent zurückbilden. Der geringere Wirtschaftsrückgang hat Folgen für die Erholung im Jahr 2021. Auf höherer Basis fällt die Erholung weniger kräftig aus und beträgt statt real 4,9 Prozent «nur» noch 3,8 Prozent. Die Auswirkungen dieser veränderten Prognosen für die Haushaltsplanung lassen sich nur in groben Zügen abschätzen. Für den Voranschlag sind sie weniger relevant, weil die Vorgaben der Schuldenbremse im Nachhinein an die effektiven Wirtschaftswerte angepasst werden. Was die Finanzplanjahre anbelangt, dürften sich jedoch noch erhebliche Änderungen an den Eckwerten ergeben.