Bund: Zahlungsfähig durch die Krise
Dank der soliden Haushaltslage und seiner guten Bonität stehen dem Bund umfangreiche Mittel zur Bewältigung der Corona-Krise zur Verfügung. In einem ersten Schritt finanzieren die verfügbaren liquiden Mittel und die kurzfristige Geldaufnahme die Corona-Massnahmen. Längerfristige Schulden sind aufgrund des Finanzierungsbedarfs jedoch absehbar. Die Konditionen sind aufgrund des Zinsumfelds und der Kreditwürdigkeit des Bundes aktuell günstig; die Kosten für die Geldaufnahme dürften aber mit zunehmendem Schuldenstand steigen.
Der Bundesrat hat zur Bewältigung der Corona-Krise umfangreiche Notmassnahmen beschlossen. Das Parlament segnet in der ausserordentlichen Session diese Woche Mittel von über 15 Milliarden ab; 40 Milliarden werden als Verpflichtungskredite gesprochen. Weitere Gelder werden nötig sein, um die Folgen der Pandemie abzufedern. So zeichnet sich eine zweite Einlage in die Arbeitslosenversicherung ALV ab. Diese Massnahmen erfordern, dass der Bund innert kürzester Zeit liquide Mittel in grossem Umfang bereitstellen muss. Woher nimmt der Bund das Geld? Wie erfolgt die Mittelbeschaffung?
Bundestresorerie sorgt für Zahlungsfähigkeit des Bundes
Die Bundestresorerie ist die Kassenwartin des Bundes. Sie ist für die Geldverwaltung zuständig und sorgt dafür, dass der Bund stets zahlungsfähig bleibt. Das gilt auch in der gegenwärtigen ausserordentlichen Situation. Zur Bewältigung des akut hohen Finanzierungsbedarfs greift sie auf bewährte Instrumente zurück, wie die Medienmitteilung der Eidgenössischen Finanzverwaltung EFV vom 31. März 2020 zeigt.
Zur Finanzierung der Notmassnahmen zapft die Tresorerie als erstes die vorhandenen liquiden Mittel an. Der Bund hält ein Giro-Konto bei der SNB, dessen Saldo im März 2020 24 Milliarden Franken betragen hat. Die Mittel stammen zu einem grossen Teil aus Überschüssen der letzten sehr erfolgreichen Haushaltsjahre. Zur sofortigen Finanzierung der Einlagen in die ALV können beispielsweise auf diese Weise mehrere Milliarden Franken freigemacht werden. Um zahlungsfähig zu bleiben und seine Verpflichtungen jederzeit decken zu können, braucht der Bund jedoch ein gewisses Liquiditätspolster. In der Vergangenheit lag dieses bei rund 6 bis 8 Milliarden Franken. Weil die verfügbaren freien Mittel von rund 16 Milliarden nicht reichen werden, um den ausserordentlichen Zahlungsbedarf sowie den zusätzlichen Finanzierungsbedarf der ALV zu decken, muss der Bund sich verschulden.
Der Bund kann zu guten Konditionen nötige Mittel beschaffen
Gemäss der Medienmitteilung der EFV vom 31. März 2020 erlaubt es die gute Ausgangslage, dass zur Mittelaufnahme vorderhand vor allem auf kurzfristige Verbindlichkeiten gesetzt wird. Das heisst, es werden aktuell am Geldmarkt zusätzliche Mittel von rund 6 Milliarden Franken aufgenommen. Diese sogenannten Geldmarkt-Buchforderungen haben Laufzeiten von drei, sechs und zwölf Monaten und können zu günstigen Konditionen ausgegeben werden. Geldmarkt-Buchforderungen sind ein flexibles Instrument, das dem Bund erlaubt, schnell zu reagieren, wenn der Finanzierungsbedarf plötzlich steigt oder es zu Schwankungen bei den Steuereinnahmen kommt. Auch in normalen Zeiten ein wichtiger Pfeiler der Finanzierung des Bundes, erweist sich die kurzfristige Mittelaufnahme am Geldmarkt gerade in Krisenzeiten, die wie jetzt durch viel Unsicherheit gekennzeichnet sind, als besonders geeignet.
Was die längerfristigen Schulden anbelangt, bleibt der Bund noch zurückhaltend. An dem im Dezember 2019 publizierten Emissionskalender der sogenannten Eidgenössischen Anleihen («Eidgenossen») soll vorerst festgehalten werden. Mit dem Emissionskalender plant der Bund die Mittelaufnahme über Auktionen am Kapitalmarkt. Anzunehmen ist, dass sich der Bund angesichts der enormen Kosten der Corona-Pandemie auch längerfristig verschulden muss. Durch die Anleihen, die der Bund am Markt platziert, nimmt er typischerweise Schulden über 10 bis 15 Jahre auf, teilweise auch länger. Für 2020 ist ein Emissionsvolumen von 2,5 Milliarden geplant. Für ein solches Anleihenvolumen sind die Konditionen für den Bund, der ein erstrangiger Schuldner ist, sehr vorteilhaft. So liegen aktuell die Renditen sämtlicher Anleihen des Bundes im negativen Bereich.
Das Fuder darf nicht überladen werden
Der Bund kann die ausserordentliche Verschuldung durch die Corona-Krise meistern. Dank der sehr guten finanzpolitischen Haushaltslage, der tiefen Schuldenquote und den vorteilhaften Bedingungen für die Schuldenaufnahme ist die zusätzliche Belastung tragbar. Soll der Bund deswegen mehr Geld als nötig aufnehmen und damit z.B. umfangreiche Konjunkturprogramme oder einen Staatsfonds finanzieren?
Der Bund kann nicht Milliardenbeträge in beliebiger Höhe zu denselben guten Konditionen aufnehmen. Auch wenn die «Eidgenossen» traditionell eine hohe Nachfrage geniessen, ist diese nicht grenzenlos. Trotz Negativzinsen haben Schulden ihren Preis, und dieser steigt mit dem Schuldenvolumen. Aufgrund der ausserordentlich guten Haushaltslage hat der Bund in letzter Zeit verhältnismässig wenig emittiert, weshalb seine Anleihen sehr gesucht sind – der Bund ist in der Schweiz der beste öffentliche Schuldner und geniesst auch international grösste Akzeptanz an den Märkten. Dennoch dürften die Kosten der Schuldenaufnahme ab einem bestimmten Verschuldungsniveau auch für den Bund steigen. Die aktuelle Neuverschuldung aufgrund der Corona-Krise kann der Bund absehbar gut stemmen und dies zu weiterhin guten Konditionen. Damit das so bleibt, muss die Schuldenhöhe aber zwingend begrenzt bleiben.
Abgesehen davon, dass es die Schuldenbremse verlangt, ist der Abbau der Neuverschuldung über die Zeit gerade auch deshalb wichtig, weil der Bund bei kommenden Krisen das benötigte Geld ohne allzu schwer wiegende Belastungen für den Haushalt und damit für uns alle als Steuerzahlende aufnehmen kann.