Fünf Jahre nach dem Wechselkursschock ist die Exportindustrie stärker als zuvor
Am 15. Januar 2015 hat die Schweizerische Nationalbank die Wechselkursuntergrenze zum Euro, die sie zuvor erbittert verteidigt hatte, überraschend aufgehoben. Die Exportindustrie musste die Ärmel hochkrempeln oder untergehen. Heute lässt sich bilanzieren: Sie hat diese Aufgabe hervorragend gemeistert.
Es war eine Hiobsbotschaft für die Schweizer Exportunternehmen, als die Nationalbank (SNB) am 15. Januar 2015 bekannt gab, den minimalen Euro-Wechselkurs von 1.20 Franken nicht länger verteidigen zu wollen. Eingeführt hatte sie diesen 2011, weil die Landeswährung damals gegenüber Euro und US-Dollar rasch an Wert zugelegt und die Margen in den betroffenen Branchen ins Minus gedrückt hatte. Anfang 2015 wurde eine neuerliche Krise befürchtet.
Heute, fünf Jahre nach dieser umstrittenen Entscheidung, lässt sich bilanzieren: Es kam weniger schlimm als zunächst befürchtet. Vier Faktoren spielten dabei eine wesentliche Rolle. Erstens: Die SNB intervenierte auch weiterhin am Devisenmarkt. So gelang es ihr, den Wechselkurs in der Bandbreite von 1.05 bis 1.10 zu halten und damit Schlimmeres zu verhindern. Eine Parität des Frankens zum Euro hätte wohl zahlreiche Unternehmen ihre Existenz gekostet.
Die Herausforderung angepackt
Zweitens: Der Dollar war 2015 nicht mehr derart schwach wie noch bei der Einführung der Wechselkursuntergrenze. Das Problem war also vor allem ein schwacher Euro, aber mit Blick auf die Überseeexportmärkte war die Währungssituation weit weniger dramatisch. Ein dritter Punkt betrifft die weltwirtschaftliche Entwicklung. Diese verlief deutlich positiver, als zum Zeitpunkt des SNB-Entscheids erwartet werden konnte. Und viertens – und dies ist wahrscheinlich der wichtigste Faktor – haben die Schweizer Exportunternehmen nicht den Kopf in den Sand gesteckt, sondern die Herausforderung angepackt. Sie haben ihre Kosten gesenkt, ihre Prozesse optimiert und mit Innovationen am Markt gepunktet.
Wichtige Investitionen zurückgestellt
Dank dieser Anstrengungen ist heute manches Unternehmen robuster aufgestellt als vor der Krise. Man darf aber nicht übersehen, dass die sehr positive Entwicklung der Schweizer Pharmaindustrie die Situation der Exportwirtschaft in den letzten Jahren insgesamt etwas zu gut aussehen liess. Viele Unternehmen der Maschinen- und Elektroindustrie, der Textilindustrie oder auch der Metallindustrie hatten grosse Mühe, überhaupt noch eine Marge zu erzielen. In dieser Situation wurden vielerorts Investitionen zurückgestellt, die im Zuge der Digitalisierung unumgänglich sind. Die heute wieder stabilere gesamtwirtschaftliche Situation sollte dazu genutzt werden, diese Schritte so rasch wie möglich nachzuholen.