Negative Hypothekarzinsen: Eine logische Konsequenz mit Gefahrenpotenzial
Erste Schweizer Banken vergeben Hypotheken mit negativen Zinsen. Eine flächendeckende Anwendung ist zwar nicht zu erwarten. Die Preise für Immobilien drohen aber weiter anzusteigen. Und eine Zinswende ist nicht in Sicht – im Gegenteil.
Noch nie war es in der Schweiz so günstig, Hypotheken aufzunehmen. Die Zinsen für Festhypotheken sind Anfang Juli laut Online-Vergleichsdiensten auf neue Tiefststände abgerutscht. Nun zeigt eine heute veröffentlichte Umfrage des «Tages-Anzeigers», dass zwei Kantonalbanken bereits Geld für Kredite bezahlen. Zwar kommen diese Negativzinsen momentan nur bei Hypotheken für institutionelle Kunden zur Anwendung, dennoch spricht die Zeitung von einem «Tabubruch». Zu Recht?
Negativzinsen der Nationalbanken machen sich bemerkbar
Ein Schritt, der nur als Notmassnahme gedacht war, ist inzwischen zum Dauerzustand geworden. Seit der Finanzkrise von 2008 verfolgen die Notenbanken rund um den Globus eine äusserst lockere Geldpolitik. In diesem Zusammenhang haben etwa die Schweizerische Nationalbank (SNB) und die Europäische Zentralbank (EZB) 2015 die Leitzinsen in den negativen Bereich gedrückt. Derzeit verlangt die SNB von den Banken auf Guthaben einer bestimmten Höhe 0,75 Prozent Zins. Dass dies nicht ohne Folgen bleibt, ist wenig verwunderlich. Denn für die Banken macht es Sinn, Geld zu verleihen, solange der verlangte Zins höher ist als der Strafzins.
Die Negativzinsen hinterlassen deshalb immer tiefere Spuren. Die Zinsen für langfristige Hypotheken liegen noch bei knapp einem Prozent. Dass demnächst auch Eigenheimbesitzer Geld für ihren Kredit bekommen, ist eher unwahrscheinlich. Solange die Banken auf den Sparguthaben nicht flächendeckend einen Negativzins verlangen, würden die negativen Hypothekarzinsen zu sehr auf die Margen drücken. Generell gilt für die rekordtiefen Hypothekarzinsen also: Es handelt sich weniger um einen Tabubruch als um eine Konsequenz der aktuellen Geldpolitik. Was bedeutet das für den Schweizer Immobilienmarkt?
Situation auf dem Immobilienmarkt könnte sich weiter verschärfen
Die Negativzinspolitik der Nationalbanken führt zu Verzerrungen auf dem Immobilienmarkt. Ungewöhnlich günstige Hypotheken und der Mangel an risikoarmen Anlagen lassen die Immobilienpreise übermässig stark steigen. Besonders betroffen sind Renditeliegenschaften, die für Anlagezwecke gehalten werden. Aber auch die Preise für Häuser und Wohnungen sind heute vielerorts deutlich höher, als sie es noch vor einigen Jahren waren. Um eine Überhitzung zu verhindern, wurden beispielsweise die Anforderungen an die Tragfähigkeit – also an das Eigenkapital oder die Amortisationsdauer – verschärft.
Die Gefahr einer Immobilienblase ist dadurch aber nicht gebannt. Das grösste Risiko einer Trendumkehr stellt sich erst bei einem Anstieg der Zinsen ein. Dann nämlich verlieren Immobilien als Anlage an Attraktivität. So wie die tiefen Zinsen Immobilienkäufe anheizen, könnte im Falle einer Zinswende das Gegenteil geschehen. Angesichts der regen Bautätigkeit bei Mehrfamilienhäusern könnten die Preise besonders schnell in den Sinkflug geraten. Eine platzende Immobilienblase ist ein Schreckgespenst für jedes Land.
Keine Zinswende, kein Problem?
Derzeit ist beim Abwärtstrend der Zinsen aber kein Ende in Sicht. Im Gegenteil: Am kommenden Donnerstag findet die nächste Ratssitzung der EZB statt. Marktbeobachter gehen davon aus, dass sie die umstrittenen Ankäufe von Staatsanleihen wieder aufnehmen wird. Eine Normalisierung der Geldpolitik würde in weite Ferne rücken – ebenso eine Abkühlung des Immobilienmarktes. Die Risiken nehmen aber immer weiter zu: Steigen die Preise, steigt auch die Fallhöhe.