Ja zur Ressourceneffizienz – Nein zur Volksinitiative «Grüne Wirtschaft»
- Einleitung Das Wichtigste in Kürze | Position economiesuisse
- Kapitel 1 Schweizer Umweltpolitik: Lokal optimieren, global koordinieren
- Kapitel 2 Die Initiative: Gut gemeint ist nicht gut genug
- Kapitel 3 Falsche Instrumente für das Inland
- Kapitel 4 Auswirkungen auf die international vernetzte Schweiz
- Kapitel 5 Die ressourceneffiziente Wirtschaft der Zukunft
- Kapitel 6 Ein klares Nein zur Initiative aus Sicht der Wirtschaft
Die Initiative: Gut gemeint ist nicht gut genug
Um was es geht
Die von der Grünen Partei eingereichte Volksinitiative «Für eine nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft (Grüne Wirtschaft)» will den Bund, die Kantone und die Gemeinden durch eine Verfassungsänderung zu einer nachhaltigen und ressourceneffizienten Wirtschaft verpflichten. Der Schweiz und ihren Einwohnerinnen und Einwohnern soll verfassungsmässig die Reduktion des «ökologischen Fussabdrucks» von rund 3 auf 1 Erde verordnet werden. Der «ökologische Fussabdruck» ist im Initiativtext jedoch nicht definiert. Wird auf die am weitesten verbreitete Methode des Global Footprint Networks zurückgegriffen, wird eine wissenschaftlich nicht solide Methode verwendet, die weder über die Umweltverschmutzung noch über die Ressourceneffizienz eine umfassende Aussage zulässt. Demokratiepolitisch bedenklich wäre, dass einer privaten Organisation die Möglichkeit eingeräumt wird, die Methode und damit das zentrale Verfassungsziel eigenständig abzuändern.
Unter Berücksichtigung der aktuellsten Zahlen des Global Footprint Networks müsste der Schweizer «Fussabdruck» um über 65 Prozent reduziert werden. Um sich dem radikalen Ziel des harmlos klingenden Titels zumindest anzunähern, muss der Bund massive staatliche Eingriffe vorsehen. Unter anderem müsste er neue Steuern einführen und zahlreiche Vorschriften für Produkte und Prozesse erlassen.
Initiativtext
Art. 94a (neu) Nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft
1 Bund, Kantone und Gemeinden streben eine nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft an. Sie fördern geschlossene Stoffkreisläufe und sorgen dafür, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten das Potenzial natürlicher Ressourcen nicht beeinträchtigen und die Umwelt möglichst wenig gefährden und belasten.
2 Zur Verwirklichung der Grundsätze nach Absatz 1 legt der Bund mittel- und langfristige Ziele fest. Er verfasst zu Beginn jeder Legislatur einen Bericht über den Stand der Zielerreichung. Falls die Ziele nicht erreicht werden, ergreifen Bund, Kantone und Gemeinden im Rahmen ihrer Zuständigkeiten zusätzliche Massnahmen oder verstärken die bestehenden.
3 Der Bund kann zur Förderung einer nachhaltigen und ressourceneffizienten Wirtschaft namentlich:
a) Forschung, Innovation und Vermarktung von Gütern und Dienstleistungen sowie Synergien zwischen wirtschaftlichen Aktivitäten fördern;
b) Vorschriften für Produktionsprozesse, Produkte und Abfälle sowie für das öffentliche Beschaffungswesen erlassen;
c) Steuer- oder Budgetmassnahmen ergreifen; insbesondere kann er positive steuerliche Anreize schaffen und eine zweckgebundene oder haushaltsneutrale Lenkungssteuer auf den Verbrauch natürlicher Ressourcen erheben.
Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung zu Art. 94a
Art. 197 Ziff. 8 (neu)
Bis ins Jahr 2050 wird der «ökologische Fussabdruck» der Schweiz so reduziert, dass er auf die Weltbevölkerung hochgerechnet eine Erde nicht überschreitet.
Kahlschlag bei Wirtschaft und Konsum
Die Initiative will eine «Grüne Wirtschaft». Soweit deckt sich das Anliegen der Initiative grundsätzlich mit jenem der Wirtschaft. Tatsächlich tragen täglich zahlreiche Schweizer Unternehmen zu einer grüneren und damit ökologischeren Wirtschaft bei. Verfehlt sind hingegen die in der Volksinitiative vorgeschlagenen Instrumente. Die starre Zeitachse, das quantitative Ziel und die fragwürdige Messmethode sind in hohem Mass kontraproduktiv. Ökologische Herausforderungen können nicht mit einem Kahlschlag bei Wirtschaft und Konsum angegangen werden. Doch genau das bewirkt die Volksinitiative. Ihr Ziel ist es, den aktuellen Ressourcenverbrauch um über 65 Prozent zu reduzieren. Der Bundesrat rechnet vor, dass bereits eine Reduktion um 40 Prozent nur mit äusserst einschneidenden Massnahmen möglich wäre (S.1818). Er beurteilt daher die angestrebte Reduktion von mindestens 65 Prozent als «kaum erreichbar» und die Initiative als «nicht umsetzbar» (S.1818). Zum gleichen Schluss kommen auch andere Studien des Bundesamts für Umwelt und von angesehenen Experten. Die Initiative kann ihr Versprechen nicht halten, hätte aber gemäss Bundesrat massive Verluste bei den Arbeitsplätzen und hohe volkswirtschaftliche Kosten zur Folge (S.1842). Fakt ist zudem: Produktionsstätten, das heisst Arbeitsplätze können ebenso ins Ausland verlegt werden wie der Konsum (Onlinehandel und Einkaufstourismus). Damit werden ökologische Herausforderungen schlicht ins Ausland verschoben statt gelöst. Allerdings: Der Wohlstand und die Arbeitsplätze sind dann ebenfalls aus unserem Land verschwunden.
Effizienzsteigerungen reichen nicht
Experten kommen in ihren Studien seit Jahren zum Schluss, dass die von Unternehmen laufend neu erzielten Effizienzfortschritte durch zusätzlichen Konsum teilweise wieder zunichte gemacht werden (Rebound-Effekt). Das ist einer der Gründe, weshalb technische Massnahmen zur Effizienzsteigerung nicht genügen, um das Ziel der Initiative zu erreichen. Um den Ressourcenverbrauch zu senken, muss deshalb das Konsumverhalten stark geändert werden, wie auch eine Studie im Auftrag des Bundesamt für Umwelt zeigt (RessourcenEFFizienz Schweiz REFF). Für die Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz bedeutet das eine deutliche Reduktion des Konsums. Wie dies in der globalisierten Welt und der vernetzten Wirtschaft umgesetzt werden soll, ist völlig unklar. Eine effektive Reduktion des Ressourcenverbrauchs um über 65 Prozent wird uns auch mit enormen technologischen Fortschritten kaum gelingen, ohne Veränderungen in unserem Lebensstil. Die Bereiche Mobilität, Wohnen und Essen dürften am stärksten betroffen sein, da sie aus Sicht der Schweizerischen Endnachfrage den grössten Teil der gesamten Umweltbelastung verursachen (RessourcenEFFizienz Schweiz REFF).
Der ökologische Fussabdruck – anschaulich, aber wissenschaftlich nicht solide
Den ökologischen Fussabdruck beschreibt das Bundesamt für Umwelt (BAFU) in einem Faktenblatt folgendermassen: «Diese bekannte Methode gibt das Gesamtresultat in globalen Hektaren an. Sie berücksichtigt jedoch lediglich zwei Umweltaspekte: Fossile CO2-Emissionen und Landverbrauch. Andere wichtige Umweltproblematiken wie zum Beispiel Luft-, Boden- und Gewässerverschmutzung, die Behandlung von Abfällen oder die Lagerung radioaktiver Abfälle sind nicht einbezogen.»
Etwas ausführlicher formuliert stellt der ökologische Fussabdruck den Verbrauch an natürlichen Ressourcen umgerechnet in Flächeneinheiten dar. International am verbreitetsten ist die Methode des ökologischen Fussabdrucks nach Wackernagel und Rees. Die Methode ist beliebt, da sie anschaulich ist und komplexe Sachverhalte auf ein verständliches Mass reduziert. Als wissenschaftliches Modell oder gar – wie dies die Initianten wollen – als Verfassungsgrundlage, um die Ressourceneffizienz eines ganzen Landes zu steuern, ist die Methode aber zu wenig solide und klar ungeeignet.
Mit der Methode wird die Nutzung und Belastung der Natur wie etwa Ackerbau, Energie- oder Holzverbrauch in Flächen umgerechnet, die notwendig wären, um diese Ressourcen auf erneuerbare Weise bereitzustellen. Der ökologische Fussabdruck einer Region, eines Landes oder der ganzen Welt wird im Flächenmass «globale Hektare» ausgedrückt. Ebenfalls berechnet die Methode die «Biokapazität», die Fähigkeit der Natur, Rohstoffe zu erzeugen und Schadstoffe abzubauen (S.2–5). Der ökologische Fussabdruck drückt also Konsum jeglicher Form in einem hypothetischen Flächenbedarf aus und will aufzeigen, ob und um wie viel die Nutzung der Natur die regenerative Fähigkeit der Biosphäre übersteigt. Im Frühjahr 2016 hat das Global Footprint Network den Fussabdruck für die Schweiz auf 3.3 Erden pro Person berechnet.
Der ökologische Fussabdruck gehört nicht in die Verfassung
Die Methode des ökologischen Fussabdrucks berücksichtigt biologische Stoffflüsse und fossile Energieverbräuche. Wesentliche Aspekte wie abiotische Ressourcen (zum Beispiel Metalle, Luftschadstoffe, Süsswasserverbräuche), Schäden durch Umweltgifte, Verlust an biologischer Vielfalt sowie die Erschöpfung von nicht erneuerbaren Ressourcen werden gar nicht oder nur indirekt berücksichtigt (S.8). Die Methode greift zudem auch auf Näherungen zurück, um Ressourcenverbräuche, die keine Flächennutzung darstellen, auf Flächen umzurechnen. Solche Umrechnungen erfolgen auf besonders umstrittene Weise bei der Energieerzeugung.
Weil abiotische Ressourcen wie zum Beispiel Metalle nicht abgebildet werden, erfasst das Modell die Abfallentsorgung und das Recycling nicht in angemessener Weise. Recyceln Schweizer Unternehmen also Metall, wird der ökologische Fussabdruck nicht kleiner. Da die Initiative auf Ressourceneffizienz und das Schliessen von stofflichen Kreisläufen abzielt, ist die Tatsache, dass die Methode genau diesen Aspekt nicht angemessen abbildet, paradox.
Eine wissenschaftlich derart unvollständige Methode wie den ökologischen Fussabdruck in der Verfassung zu verankern ist verfehlt. Der Bundesrat gibt ausserdem zu bedenken, dass ein quantitatives Ziel auf Verfassungsstufe dem Fussabdruck ein Übergewicht gegenüber anderen Verfassungszielen (S.1841) geben und damit zu massiven Verzerrungen in der Umweltpolitik führen würde.