So wird die Spitalfinanzierung ein Vollerfolg
- Einleitung Das Wichtigste in Kürze | Position economiesuisse
- Kapitel 1 Ausgangslage
- Kapitel 2 Bilanz der neuen Spitalfinanzierung
- Kapitel 3 Studien INFRAS und Felder: Gemeinwirtschaftliche Leistungen und andere Subventionen
- Kapitel 4 Comparis-Studie vergleicht kantonale Regulierungen
- Kapitel 5 Fehlendes Puzzleteil: Einheitliche Finanzierung
- Kapitel 6 Fazit
- Kapitel 7 Anhang: Sündenregister der Kantone bei der Spitalfinanzierung
Ausgangslage
Die neue Spitalfinanzierung ist die bisher einzige tief greifende Reform des Krankenversicherungsgesetzes (KVG). Sie wurde am 21. Dezember 2007 verabschiedet und konnte am 1. Januar 2012 wirksam werden. Der damit verbundene Paradigmenwechsel von der Objekt- zur Subjektfinanzierung war nicht unumstritten. Befürchtet wurde eine Ökonomisierung der Medizin mit «blutigen Entlassungen». Mittlerweile ist diese Kritik weitgehend verstummt, weil die Befürchtungen nicht eingetroffen sind (siehe Kapitel «Bilanz der neuen Spitalfinanzierung»). Trotzdem hat das neue Finanzierungsregime in den Spitälern kaum einen Stein auf dem anderen gelassen. Die Kliniken mussten sich organisatorisch neu aufstellen und Transparenz über die internen Abläufe sowie die Finanzierungsströme schaffen. Der Fokus richtete sich zusätzlich auf die Prozesse und die IT-Infrastruktur, welche diese Prozesse adäquater abbilden musste.
Das Ziel der Reform war eine leistungsgerechte, transparente Spitalfinanzierung. Mit den diagnosebezogenen Fallgruppen (Swiss-DRG) sind die Leistungen der Spitäler nun vergleichbar. Die Krankenhäuser müssen sich durch Qualität und ein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis profilieren. Die Versicherten haben die Freiheit, das Spital ihrer Wahl aufzusuchen. Durch die Feedback-Schlaufe (Angebot-Leistungsvergleich-Nachfrage usw.) verbessern sich die Spitäler. Sie verändern allenfalls ihr Angebot oder scheiden ganz aus dem Markt aus. Das ermöglicht die nötige Strukturanpassung. Eine wichtige Voraussetzung für diesen Prozess ist auch die Qualitätstransparenz. Die Behandlungsqualität eines Spitals muss von Dritten beurteilt werden können. Dies stellt sicher, dass sich die qualitativ guten Spitäler durchsetzen und nicht jene, die auf Kosten der Qualität tiefe Preise anbieten.
Die Kantone sind zuständig für die Spitalversorgung. Sie müssen deshalb eine kantonale Umsetzung der Spitalfinanzierung beschliessen. Diese Umsetzung sollte die nationalen Regelungen konkretisieren, ohne den Geist des Gesetzes zu verletzen. Leider ist ein solches Verständnis bisher die Ausnahme anstatt die Regel. Grund dafür ist die ordnungspolitisch problematische Mehrfachrolle der Kantone: Sie sind unter anderem gleichzeitig Spitalplaner, Leistungserbringer und -finanzierer und entscheiden darüber hinaus noch als Schiedsrichter bei einem Tarifstreit.
Besonders heikel etwa ist, dass sie Spitallisten erstellen, mit denen sie den Wettbewerb zwischen öffentlichen und privaten Spitälern einschränken können. Viele Kantone versuchen nämlich, die eigenen öffentlichen Spitäler auf ihre Listen zu bringen, ohne dass diese sich dem Leistungsvergleich mit den privaten Anbietern stellen müssen. Viele Kantone subventionieren zudem die öffentlichen Institutionen offen oder versteckt via gemeinwirtschaftliche Leistungen oder Investitionshilfen. Teilweise werden auch eigene Institutionen über Leistungsaufträge bevorzugt. Im Anhang haben wir das «Sündenregister» der Kantone aufgelistet. Überdies haben auch Studien aufgezeigt, dass private Spitäler im Leistungswettbewerb sehr oft kürzere Spiesse haben. Nur wenige Kantone halten sich strikt an das nationale Gesetz, das eine Gleichbehandlung vorsieht. Das muss sich so rasch wie möglich ändern, damit der volle Nutzen der neuen Spitalfinanzierung zur Geltung kommt.
Grafik 1
Die Kantone müssen sich als Spitaleigner selbst beaufsichtigen, Interessenkonflikte sind programmiert.
Projekt «Staat und Wettbewerb»
Wettbewerb und freiheitliche Rahmenbedingungen bilden die Grundlage für erfolgreiches Unternehmertum, Innovation und dauerhaften Wohlstand. Trotzdem sind sie in der Defensive, weil staatliche Einflussnahme und Steuerung der Wirtschaft für Politiker einfach zu rechtfertigen sind. economiesuisse publizierte im Dezember 2014 das dossierpolitik «Staat und Wettbewerb: Raum für Privatinitiative schaffen». Darin wird ein Kompass skizziert, wonach sich eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik richten sollte: Kernelemente sind:
- Subsidiarität: Der Staat soll nur ergänzend zu Privaten wirtschaftlich aktiv werden.
- Primat des Wettbewerbs: Damit der Markt möglichst frei spielen kann, müssen den Wettbewerb verzerrende Staatsinterventionen minimal bleiben.
- Korrektur bei groben Marktversagen: Staatsinterventionen können begründet sein, müssen aber periodisch auf ihre Rechtfertigung hin überprüft werden.
- Transparenz und Governance: Um Fehlallokationen und Misswirtschaft zu verhindern, müssen staatliche Aktivitäten transparent und Mehrfachrollen des Staates institutionell getrennt sein.
- Privatinitiative: Um den Handlungsspielraum der Privaten zu erweitern, muss der staatliche Fussabdruck gesenkt werden.
Anhand dieser Kriterien untersucht das vorliegende Dossier den Spitalsektor. Dieser ist ganz besonders von staatlichen Eingriffen betroffen, denn neben dem nationalen Krankenversicherungsgesetz existiert in jedem Kanton ein separates Spitalgesetz.
Grafik 2
Transparenz und Governance als grösste Baustellen