Di­gi­ta­li­sie­rung: WEF-Pro­gno­sen statt schwarz nun fast schon rosa

Er­in­nern Sie sich? Im ver­gan­ge­nen Jahr the­ma­ti­sier­te das World Eco­no­mic Forum (WEF) die Di­gi­ta­li­sie­rung. Man­che Ana­lys­ten und Öko­no­men über­bo­ten sich bei der Schät­zung, wie gross der damit ver­bun­de­ne Ar­beits­platz­ab­bau denn sein würde. «Bis zu 50 Pro­zent» lau­te­ten die auf der Basis von Um­fra­gen er­stell­ten Pro­gno­sen. Ein Jahr spä­ter wird die Sache sehr viel nüch­ter­ner be­ur­teilt, wie die ak­tu­el­len Stu­di­en des WEF zei­gen.

Der Blick nach Ame­ri­ka zeigt: Ers­tens wird der er­war­te­te Ar­beits­platz­ab­bau in allen Bran­chen der USA mit einer Aus­nah­me durch den Ar­beits­platz­auf­bau über­kom­pen­siert. Mit an­de­ren Wor­ten: In den USA soll­ten in den nächs­ten Jah­ren – bis 2026 – sehr viele Stel­len neu hin­zu­kom­men, trotz oder ge­ra­de wegen der Di­gi­ta­li­sie­rung. Meist wer­den par­al­lel zum tech­no­lo­gisch be­ding­ten Abbau in der­sel­ben Bran­chen wie­der neue Stel­len ge­schaf­fen.

Wir haben für die Schweiz kürz­lich eine Ana­ly­se mit ähn­li­chem Re­sul­tat durch­ge­führt: In­ner­halb eines ein­zi­gen Jah­res fal­len auf dem in­län­di­schen Ar­beits­markt rund zehn Pro­zent aller Stel­len weg, doch eben­so viele wer­den gleich­zei­tig ge­schaf­fen. Die meis­ten die­ser Stel­len wer­den sogar in der­sel­ben Bran­che wie­der auf­ge­baut. Der Ar­beits­markt ist also sehr dy­na­misch, und tech­no­lo­gi­sche Ent­wick­lun­gen, die sich über et­li­che Jahre hin­stre­cken, kön­nen so ab­sor­biert wer­den. 

Bild Davos

Zwei­tens bil­det die in­dus­tri­el­le Pro­duk­ti­on die Aus­nah­me. Hier wer­den für die USA bis 2026 ins­ge­samt we­ni­ger Ar­beits­plät­ze er­war­tet. In einer an­de­ren Stu­die schätzt das WEF den durch die Di­gi­ta­li­sie­rung zu er­war­ten­den Stel­len­ab­bau in fünf Pro­duk­ti­ons­in­dus­tri­en (Tex­til, Auto, Elek­tro­nik, Che­mie, In­dus­trie­aus­rüs­tung) welt­weit auf ins­ge­samt 16 Pro­zent. Auch in die­sen In­dus­tri­en wer­den neue Jobs ge­schaf­fen, doch die Zahl reicht nicht aus, um die Ver­lus­te zu kom­pen­sie­ren. Dies ist aber nicht er­staun­lich, denn die ent­spre­chen­den Pro­duk­ti­ons­pro­zes­se sind welt­weit noch sehr ar­beits­in­ten­siv und kön­nen durch die Di­gi­ta­li­sie­rung ef­fi­zi­en­ter ge­stal­ten wer­den. Auch hier lohnt sich der Quer­ver­gleich mit der Schweiz, die nicht mehr über viele sol­cher Ar­beits­plät­ze ver­fügt. In un­se­rem Hoch­lohn­land ist eine ar­beits­in­ten­si­ve Pro­duk­ti­on kaum mehr mög­lich. Die ver­gan­ge­ne Phase der Fran­ken­stär­ke hat diese Sach­la­ge noch ver­stärkt.

Bei einem star­ken struk­tu­rel­len Wan­del ist das le­bens­lan­ge Ler­nen Pflicht, um ar­beits­markt­fä­hig zu blei­ben.

Drit­tens muss der Fokus auf die Wei­ter­bil­dung ge­legt wer­den. Bei einem star­ken struk­tu­rel­len Wan­del ist das le­bens­lan­ge Ler­nen Pflicht, um ar­beits­markt­fä­hig zu blei­ben. Dies ist nicht nur im In­ter­es­se des Ein­zel­nen, son­dern auch im In­ter­es­se der Un­ter­neh­men. Denn der Kampf um Fach­kräf­te und Ta­len­te wird sich im Zuge der de­mo­gra­fi­schen Ent­wick­lung ver­schär­fen.

 
Kurz: Trotz – oder wegen – der Di­gi­ta­li­sie­rung wer­den auch in Zu­kunft mehr Jobs auf- als ab­ge­baut. Um davon aber pro­fi­tie­ren zu kön­nen, müs­sen wir alle am Ball blei­ben.