Wer begrenzt die Macht der Grossmächte?
Können sich die Grossmächte der Weltwirtschaft eigentlich alles leisten? Diese Frage stellte sich mir gestern, als ich die jüngsten Mitteilungen der Welthandelsorganisation WTO in Genf las: Die WTO hat zwischen Mai und Oktober 2018 insgesamt 40 protektionistische Massnahmen der 20 grössten Wirtschaftsnationen (G-20) gezählt. Diese Massnahmen schädigen Handelsströme in der Höhe von 500 Milliarden Dollar pro Jahr.
Losgetreten haben diese Entwicklung die USA. China, die EU und weitere folgten mit «Gegenmassnahmen», um ihre Wirtschaftsinteressen zu verteidigen. Eine derartige Eskalation ist einmalig in der jüngeren Wirtschaftsgeschichte. Das Ziel der USA ist der Schutz der eigenen Industrie vor Dumpingpreisen und letztlich die Reindustrialisierung bei der Produktion von Stahl, Fahrzeugen oder Elektronik. Klar ist auch die Schweiz als Exportnation betroffen – und zwar negativ.
Wirtschaftsmächte wie die USA oder China könnten tatsächlich noch weiter gehen. Aber es gibt zwei begrenzende Faktoren. Erstens gibt es das WTO-Gericht, bei welchem die US-Massnahmen nun eingeklagt wurden. Die Behandlung dieser Klagen braucht Zeit, aber eine allfällige Verurteilung wirkt disziplinierend.
Der zweite Faktor ist die Weltwirtschaft selbst: Alle florierenden Industriestandorte befinden sich in Exportnationen. China, Deutschland, Japan, Südkorea oder die Schweiz haben ihre Industrieproduktion auf den Weltmarkt ausgerichtet. Gerade in der industriellen Produktion ist die Arbeitsteilung stark fortgeschritten – weltumspannend. Kein Land kann alles selbst herstellen und dabei innovativer und produktiver sein als alle anderen.
Das heisst im Klartext: Protektionismus kappt diese globale Arbeitsteilung. Und das wiederum bedeutet: Protektionismus schadet der eigenen Industrie weit mehr als er nutzt. Die Grossmächte der Weltwirtschaft können sich beim Protektionismus zwar viel leisten – aber sie zahlen dafür einen hohen Preis.