Warum eigentlich nicht ein Schweizer Staatsfonds?
Nur: Nicht einmal die Schweizerische Nationalbank (SNB) kann aus dem Nichts Realwerte schaffen. Im Unterschied zum norwegischen Staatsfonds, der mit Erträgen der Erdölförderung unterlegt ist, hat die Schweiz keine Bodenschätze, die einen solchen Fonds komfortabel speisen könnten. Der norwegischen Regierung dient der Fonds dazu, ihre Einnahmen aus der Ölförderung in langfristig rentable Geschäftsfelder zu investieren. Und auch verglichen mit Singapur bestehen fundamentale Unterschiede: Die Schweiz passt ihre Wechselkurspolitik im Unterschied zum Stadtstaat nicht ihren Handelspartnern an, sondern verfügt über eine eigenständige Geldpolitik, die der Preisstabilität verpflichtet ist. Dafür ist wiederum eine unabhängige und glaubwürdige Zentralbank essenziell. Eine Zentralbank, der man weder Anlagevorgaben noch andere politische Vorschriften macht. Auch ist bei uns der Vorsitzende der Währungsbehörde nicht gleichzeitig Finanzminister – im Unterschied zu Singapur.
Die Hauptaufgabe der SNB ist es, Preisstabilität zu garantieren. Das mag langweilig klingen und in Anbetracht der derzeitigen geldpolitisch ausserordentlichen Situation zu eng erscheinen. Der Vorteil von stabilen Preisen darf aber nicht unterschätzt werden: Langfristig stabile Preise ermöglichen das Abschliessen von langfristig gültigen Geschäftsverträgen, ohne dass sich die darin festgehaltenen Preise real wesentlich ändern. Zudem werden die Sparer und Investoren bei langfristig stabilen Preisen nicht durch Geldentwertung geschädigt. Die SNB kann aber ihre Massnahmen nur an den Finanzmärkten glaubhaft durchsetzen, wenn die Marktteilnehmer von der Stärke und politischen Unabhängigkeit der SNB überzeugt sind.
Um die Situation der unter der Frankenstärke leidenden Unternehmen zu verbessern, führt kein Weg an den klassischen Erfolgsrezepten der Schweizer Wirtschaftspolitik vorbei.
Nicht nur muss der Idee eines Staatsfonds mittels SNB-Devisen eine Abfuhr erteilt werden. Auch die Vorstellung, der Bund solle die günstige Zinssituation nutzen, um sich stärker zu verschulden und (Infrastruktur-)Investitionen zu realisieren, verkennt grundlegende Zusammenhänge. Die tiefen Zinsen sind auch ein Resultat unserer gesunden Staatsfinanzen. Wenn sich der Staat stärker verschuldet, sinkt die Bonität und die Zinsen in der Schweiz – als Prämien für Gläubiger – steigen. Und: Selbstverständlich kann sich der Staat verhältnismässig günstig verschulden. Nur gilt das unabhängig von der aktuellen Situation. Der Grund liegt darin, dass er die Anlagerisiken einfach an den Steuerzahler abwälzen kann. Um die Situation der unter der Frankenstärke leidenden Unternehmen zu verbessern, führt kein Weg an den klassischen Erfolgsrezepten der Schweizer Wirtschaftspolitik vorbei: an einer unabhängigen, der Preisstabilität verpflichteten Nationalbank, an einer ausgeglichenen Finanzpolitik und insgesamt an attraktiven politischen Rahmenbedingungen des Standorts Schweiz.