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Hohe Löhne, tiefe Un­gleich­heit und ein at­trak­ti­ver Stand­ort

Die neus­ten Daten des Bun­des­amts für Sta­tis­tik BFS be­stä­ti­gen den lang­jäh­ri­gen Trend einer sta­bil tie­fen Un­gleich­heit in der Schweiz. Ins­be­son­de­re die Markt­ein­kom­men sind deut­lich gleich­mäs­si­ger ver­teilt als in den Nach­bar­staa­ten und bei wich­ti­gen Han­dels­part­nern. Er­klä­ren lässt sich dies nicht zu­letzt auf­grund der aus­ser­or­dent­lich hohen Löhne, wel­che die Schwei­zer Un­ter­neh­men be­zah­len. Hoch in­no­va­ti­ve und pro­duk­ti­ve Un­ter­neh­men, die sich auf­grund der Stand­ort­at­trak­ti­vi­tät in der Schweiz präch­tig ent­wi­ckeln, schaf­fen gut be­zahl­te Ar­beits­plät­ze und tra­gen di­rekt zum hohen und breit ge­streu­ten Wohl­stand der Schwei­zer Be­völ­ke­rung bei.

Die Schweiz ist ein wohl­ha­ben­des Land mit hohem Ein­kom­mens­ni­veau. Die Ver­tei­lung die­ser Ein­kom­men ist je­doch für die ge­sell­schaft­li­che Wohl­fahrt min­des­tens so be­deu­tend wie das Ni­veau. Ein Ein­tau­chen in die Daten ver­deut­licht: Die Ein­kom­mensun­gleich­heit in der Schweiz ist ver­hält­nis­mäs­sig tief und blieb über die Jahre kon­stant. Die Ein­kom­men sind nicht nur im Durch­schnitt ge­wach­sen, ge­ra­de auch der Mit­tel­stand hat deut­lich pro­fi­tiert. So stieg das Haus­halts­bud­get für Kon­sum und Spa­ren1 im Mit­tel­stand (Ein­kom­mens­de­zi­le 4, 5 und 6) seit 2000 um mehr als 15 Pro­zent – das Wachs­tum der Markt­ein­kom­men vor Um­ver­tei­lung be­trägt sogar mehr als 19 Pro­zent (BFS, 2023).

Faire Ein­kom­mens­ver­tei­lung in der Schweiz

Eine Ana­ly­se des Gini-Ko­ef­fi­zi­en­ten, der die Un­gleich­heit der Ein­kom­mens­ver­tei­lung von 0 bis 1 ska­liert (0 = voll­kom­me­ne Gleich­heit und 1 = ma­xi­ma­le Un­gleich­heit), ver­deut­licht das Bild einer fai­ren Ein­kom­mens­ver­tei­lung. Im in­ter­na­tio­na­len Ver­gleich liegt die Schweiz ge­ra­de bei den Markt­ein­kom­men der er­werbs­tä­ti­gen Be­völ­ke­rung (vor Um­ver­tei­lung) bei einer deut­lich aus­ge­wo­ge­ne­ren Ver­tei­lung als ver­gleich­ba­re Län­der. Mit einem Gini-Ko­ef­fi­zi­en­ten von 0.35 steht die Schweiz 2019 deut­lich bes­ser da als die USA (0.47), Deutsch­land (0.40), aber auch Dä­ne­mark (0.40) (siehe Gra­fik 1). Die Ver­tei­lung der Ein­kom­men der er­werbs­tä­ti­gen Be­völ­ke­rung zeig­te sich be­son­ders sta­bil und lag auch ge­mäss Zah­len des Bun­des­amts für Sta­tis­tik so­wohl vor wie auch nach Um­ver­tei­lung seit 1998 kon­stant unter 0.36.2

 

Gra­fik 1:

 

Hohes Lohn­ni­veau als ent­schei­den­der Fak­tor

Dass die Ver­tei­lung der Markt­ein­kom­men in der Schweiz über die Jahre kon­stant und im in­ter­na­tio­na­len Ver­gleich sehr aus­ge­wo­gen ist, ist kein Zu­fall. Die Schweiz wies 2019 mit be­deu­ten­dem Ab­stand den höchs­ten jähr­li­chen Me­di­an­lohn (63'543 in USD, zu 2017 Kauf­kraft­pa­ri­tät) unter den OECD-Län­dern auf. Wäh­rend der Ab­stand auf das Land mit der zweit­höchs­ten Kauf­kraft in­ner­halb der OECD (Is­land) mehr als 8000 USD be­trug, steigt die­ser Ab­stand auf mehr als 27’000 USD, wenn man den OECD-Durch­schnitt als Ver­gleichs­grös­se her­bei­zieht.3

Die welt­weit ein­zig­ar­tig hohen Löhne wi­der­spie­geln nicht nur den Wohl­stand, son­dern auch die hohe Be­deu­tung des Fak­tors Ar­beit in der Schweiz. Ver­gleicht man den An­teil des Brut­to­in­land­pro­dukts4, der sich den Löh­nen zu­wei­sen lässt, ver­deut­licht sich die­ses Bild wei­ter. Wäh­rend 2021 in der Schweiz rund 63,6 Pro­zent des BIP auf die Löhne zu­rück­zu­füh­ren waren, lag der An­teil in den Nach­bar­län­dern Deutsch­land und Frank­reich bei 58,3 bzw. 57,6 Pro­zent. In Ita­li­en und Ös­ter­reich lag der An­teil der Löhne am BIP sogar noch be­deu­tend tie­fer (53,1 re­spek­ti­ve 56,5 Pro­zent). Sieht man sich den An­teil des Fak­tors Ar­beit im Ver­hält­nis des Net­to­na­tio­nal­ein­kom­mens5 an, liegt die­ser sogar über 70 Pro­zent. Ge­mäss die­ser Mess­grös­se stieg der An­teil des Fak­tors Ar­beit von 2010 bis 2021 sogar, näm­lich von 69 auf 79 Pro­zent.

Ar­beit­neh­mer in der Schweiz ins­ge­samt und ins­be­son­de­re im Mit­tel­stand pro­fi­tie­ren also von aus­ser­or­dent­lich hohen Löh­nen. Die Schwei­ze­rin­nen und Schwei­zer sind also wie kaum ir­gend­wo sonst auf der Welt in der Lage, durch Er­werbs­ar­beit ein hohes Wohl­stands­ni­veau zu er­rei­chen. Das wi­der­spie­gelt sich nicht zu­letzt in der Zu­frie­den­heit der Be­völ­ke­rung. Ge­mäss Um­fra­gen gibt es in der OECD kaum Län­der, in denen die Be­völ­ke­rung zu­frie­de­ner ist mit ihrem Ein­kom­men (3. Platz), ihrer Ar­beit (2. Platz), aber auch ihrer ge­ne­rel­len Le­bens­zu­frie­den­heit (4. Platz).6

 

Gra­fik 2:

 

Fir­men mit sub­stan­zi­el­lem Bei­trag

Das hohe Lohn­ni­veau und die aus­ge­wo­ge­ne Ver­tei­lung sind nicht zu­letzt der At­trak­ti­vi­tät des Stand­orts Schweiz zu­zu­schrei­ben. Die at­trak­ti­ven Rah­men­be­din­gun­gen, zu wel­chen der Steu­er­stand­ort Schweiz einen gros­sen Bei­trag bei­steu­ert, er­mög­li­chen es, dass sich hoch in­no­va­ti­ve und pro­duk­ti­ve Un­ter­neh­men gut ent­wi­ckeln, in unser Land in­ves­tie­ren und ihre Ak­ti­vi­tä­ten in der Schweiz aus­bau­en. Eine flo­rie­ren­de Wirt­schaft ist der ent­schei­den­de Fak­tor für gut be­zahl­te Ar­beits­plät­ze. Die aus­ge­zeich­ne­ten Qua­li­fi­ka­tio­nen Schwei­zer Ar­beit­neh­men­den er­lau­ben es den Fir­men, die Pro­duk­ti­vi­tät der Ar­beit­neh­men­den op­ti­mal aus­zu­schöp­fen und ent­spre­chend hohe Ge­win­ne zu er­wirt­schaf­ten.

Zur Wah­rung des hohen Lohn­ni­veaus und der aus­ge­gli­che­nen Ver­tei­lung muss es im In­ter­es­se der gan­zen Schweiz lie­gen, ein at­trak­ti­ver Stand­ort für in­no­va­ti­ve und pro­duk­ti­ve Un­ter­neh­men zu blei­ben. Der Wohl­stand der Schweiz als Gan­zes, aber auch der ein­zel­nen Ar­beit­neh­men­den hängt davon ab.

Lesen Sie auch die frü­he­ren Bei­trä­ge die­ser losen Serie zur Steu­er­po­li­tik:

 

1 Ge­mäss De­fi­ni­ti­on der ver­füg­ba­ren Äqui­va­lenz­ein­ko­men des BFS.
2 Eben­falls ge­mäss Daten des BFS, 2023.
3 Die Daten der ge­sam­ten Ver­tei­lung der Me­di­an­löh­ne zu KKP fin­den Sie hier.
4 Ge­mäss der Me­tho­do­lo­gie von Sie­gen­tha­ler & Stucki (2016).
5 Ge­mäss der Me­tho­do­lo­gie von Ba­sel­gia (2018). Im Un­ter­schied zu Sie­gen­tha­ler & Stucki (2016) wird der An­teil am Net­to­na­tio­nal­ein­kom­men ge­mes­sen. Die Ein­kom­men selbst­stän­di­ger Er­werbs­tä­ti­ger kön­nen auf­grund Da­ten­ein­schrän­kun­gen nicht auf­ge­teilt wer­den.
6 Ge­mäss dem OECD Bet­ter Life Index.