iphone liegt auf der Strasse

Goog­le Tax und an­de­re ge­fähr­li­che Steu­ern

Weil ihre Kas­sen leer sind, wol­len viele Staa­ten die «di­gi­ta­le Wirt­schaft» be­steu­ern. Das ist ge­fähr­lich, denn be­trof­fen wäre jede Bran­che – ins­be­son­de­re die in­no­va­tivs­ten Be­rei­che.

E-Com­mer­ce, Sharing-Netz­wer­ke, User Crea­ted Con­tent, App Stores, On­line-Wer­bung, Cloud-Diens­te und On­line-Be­zahl­diens­te: So nen­nen sich die Ge­schäfts­mo­del­le, die der tech­no­lo­gi­sche Fort­schritt in den letz­ten Jah­ren er­mög­licht hat. Sie ba­sie­ren auf Soft­ware, die un­be­schränkt, gleich­zei­tig und über­all auf der Welt ge­nutzt wer­den kann. Netz­wer­k­ef­fek­te ma­chen die Dienst­leis­tun­gen über­haupt erst at­trak­tiv. Oft braucht es erst eine kri­ti­sche An­zahl Nut­zer, um ge­nü­gend Daten ge­ne­rie­ren zu kön­nen. 

Wo wird Wert ge­schöpft?

Die neuen Ge­schäfts­mo­del­le for­dern die in­ter­na­tio­na­le Steu­er­ord­nung her­aus. Die Lo­sung der OECD etwa – «Die Be­steue­rung hat dort zu er­fol­gen, wo die Wert­schöp­fung statt­fin­det» – ist schwie­ri­ger um­zu­set­zen als je zuvor. Denn: Wo in die­sem welt­um­span­nen­den Netz wer­den die Werte ge­schaf­fen? Und wie kön­nen Staa­ten die Be­steue­rungs­rech­te un­ter­ein­an­der auf­tei­len? 

Ab­ge­ord­ne­te der OECD- und G20-Staa­ten dis­ku­tier­ten das Thema auch im Rah­men des Pro­jekts zur Be­kämp­fung von Ge­winn­ver­kür­zung und -ver­la­ge­rung (Base Ero­si­on and Pro­fit Shif­ting, BEPS). In einem Punkt wur­den sie sich einig: Die so­ge­nann­te «di­gi­ta­le Wirt­schaft» gibt es nicht. Ob Re­tail, Lo­gis­tik, Fi­nanz­dienst­leis­tun­gen, Pro­duk­ti­on, Land­wirt­schaft, Bil­dung, Ge­sund­heits­we­sen oder Me­di­en – sämt­li­che Wirt­schafts­zwei­ge sind vom di­gi­ta­len Wan­del er­fasst. Die «di­gi­ta­le Wirt­schaft» kann des­halb nicht von der rest­li­chen Wirt­schaft ge­trennt wer­den. Spe­zi­el­le Steu­er­re­geln für di­gi­ta­le Un­ter­neh­men er­ge­ben damit schlicht kei­nen Sinn. Statt­des­sen müs­sen die Her­aus­for­de­run­gen des di­gi­ta­len Wan­dels um­fas­send an­ge­gan­gen wer­den.

Die «di­gi­ta­le Wirt­schaft» schröp­fen und Staats­kas­sen fül­len

An­ge­sichts klam­mer Staats­kas­sen sind ei­ni­ge Staa­ten trotz­dem dar­auf er­picht, die «di­gi­ta­le Wirt­schaft» zu schröp­fen. Ins­be­son­de­re wenn es sich um mäch­ti­ge aus­län­di­sche Gross­kon­zer­ne wie Goog­le, Ama­zon, Mi­cro­soft oder Apple han­delt. Gross­bri­tan­ni­en hat bei­spiels­wei­se eine Spe­zi­al­re­gel na­mens «Goog­le Tax» be­schlos­sen. Und weil ge­wis­se EU-Staa­ten Druck mach­ten, be­inhal­tet der BEPS-Be­richt zur di­gi­ta­len Wirt­schaft nun trotz­dem «Op­tio­nen» zur Spe­zi­al­be­hand­lung der «di­gi­ta­len Wirt­schaft». Zwei Bei­spie­le:

1) Steu­er­pflicht bei «di­gi­ta­ler Prä­senz», ba­sie­rend auf Um­satz, On­line-Prä­senz und Nut­zer­ba­sis: Ein Teil des Ge­winns soll be­steu­ert wer­den, selbst wenn ein Un­ter­neh­men weder An­ge­stell­te in einem Land hat noch an­der­wei­tig phy­sisch prä­sent ist. Es muss schlicht das In­ter­net ver­wen­den, um mit der lo­ka­len Kund­schaft in Kon­takt zu tre­ten. Dies sei ge­recht­fer­tigt, da die Kun­den selbst einen Teil der Wert­schöp­fung des Un­ter­neh­mens ge­ne­rier­ten, womit dem Land ein Be­steue­rungs­recht zu­ste­he. 

Diese Mass­nah­me wäre eine Lö­sung spe­zi­ell für die «di­gi­ta­le Wirt­schaft». Sonst müss­te jede Dienst­leis­tung, die auf einer In­ter­ak­ti­on mit Kun­den ba­siert, be­steu­ert wer­den. Im Tou­ris­mus hies­se dies bei­spiels­wei­se, dass Deutsch­land Schwei­zer Ho­tels be­steu­ern dürf­te, nur weil deut­sche Tou­ris­ten sie nut­zen.

2) Quel­len­steu­er auf in­ter­na­tio­na­le di­gi­ta­le Trans­ak­tio­nen, etwa wenn in einem aus­län­di­schen On­line-Shop ein­ge­kauft wird. 

Auch das ist eine Spe­zi­al­lö­sung. In­ter­na­tio­na­le Han­dels­ab­kom­men ver­bie­ten in der Regel, dass aus­län­di­sche An­bie­ter sys­te­ma­tisch be­nach­tei­ligt wer­den. Das wäre hier aber der Fall, da in­län­di­sche On­line-An­bie­ter von einer sol­chen Steu­er nicht be­trof­fen wären.

Kol­la­te­ral­scha­den für die Wirt­schaft

Dass Miss­bräu­che im Steu­er­be­reich ver­hin­dert wer­den müs­sen, ist un­be­strit­ten. Den di­gi­ta­len Ge­schäfts­mo­del­len aber Steu­er­ver­mei­dung zu un­ter­stel­len, ist un­red­lich. Sie sind schlicht Aus­druck des tech­no­lo­gi­schen Fort­schritts. Ge­ra­de des­halb muss sich das Steu­er­recht der neuen Rea­li­tät stel­len. Steu­er­li­che Spe­zi­al­re­geln für die «di­gi­ta­le Wirt­schaft» wür­den die be­son­ders in­no­va­ti­ven Be­rei­che tref­fen – in allen Bran­chen der Wirt­schaft. Der Kol­la­te­ral­scha­den wäre enorm. Steu­ern dür­fen des­halb nicht zu einer Brem­se des di­gi­ta­len Fort­schritts wer­den. 

 

Die­ser Bei­trag ist Teil un­se­rer Ar­ti­kel­se­rie zur Di­gi­ta­li­sie­rung. Lesen Sie nächs­te Woche über Al­ter­na­ti­ven zur Re­gu­lie­rung, die In­no­va­ti­on för­dern und nicht brem­sen. Be­reits er­schie­nen: