Es gibt keine über­zeu­gen­den Al­ter­na­ti­ven zu den Bi­la­te­ra­len III

Die Geg­ner der Bi­la­te­ra­len III pol­tern, ohne selbst einen Plan B zu haben.

Der Kom­men­tar von Fa­bi­an Schä­fer in der NZZ vom 18. Sep­tem­ber 2024 bringt es auf den Punkt. Die vor­schnel­len Kri­ti­ker an den lau­fen­den Ver­hand­lun­gen mit der EU haben kei­nen «über­zeu­gen­den Plan B». In der Tat wird die in­nen­po­li­ti­sche De­bat­te von der Frak­ti­on der Be­den­ken­trä­ger von ganz Links mit den Ge­werk­schaf­ten bis hin zu ganz Rechts mit der SVP do­mi­niert. Dass dabei auch Pro­mi­nenz aus an­de­ren Par­tei­en nicht feh­len darf, ent­spricht der ta­ges­po­li­ti­schen Not­wen­dig­keit zur Ge­ne­rie­rung mög­lichst vie­ler Clicks in den So­ci­al Media. Reich­wei­te ist zwar po­li­tisch sexy, löst aber keine Pro­ble­me.

Es stört sich auch nie­mand gross daran, dass die Ver­hand­lun­gen noch gar nicht ab­ge­schlos­sen sind. Bei der gan­zen mit Be­den­ken und For­de­run­gen durch­ge­sal­ze­nen De­bat­te dürf­ten dem auf­merk­sa­men Be­ob­ach­ter je­doch ein­zel­ne Wi­der­sprü­che nicht völ­lig ent­gan­gen sein.

Wer­fen wir einen Blick nach links: Bei den Ge­werk­schaf­ten geht es dabei nicht ein­mal um die Tat­sa­che, dass diese mit ihren For­de­run­gen of­fen­sicht­lich So­zi­al­part­ner­schaft mit eta­tis­ti­schem Manna ver­wech­seln. Son­dern es geht hier darum, dass die Ge­werk­schaf­ten das stärks­te In­ter­es­se an einer Fort­set­zung der Bi­la­te­ra­len haben. Denn bei den Al­ter­na­tiv­mo­del­len EWR oder dem EU-Bei­tritt gibt es keine Flan­kie­ren­den Mass­nah­men (FLAM) wie heute mehr. Noch we­ni­ger bei einem Al­lein­gang, da die FLAM ihren in­nen­po­li­ti­schen Anker eben im bi­la­te­ra­len Frei­zü­gig­keits­ab­kom­men mit der EU haben und die­ser ge­kappt würde.

Auf der rech­ten Seite wie­der­um fällt die Stil­le ge­gen­über dem einst­mals so laut­hals be­grüss­ten «Brex­it» auf. So ist die EU nicht un­ter­ge­gan­gen. Wohl aber hat die Wirt­schaft Gross­bri­tan­ni­ens be­trächt­li­che Sturm­schä­den zu ver­zeich­nen. Die Wachs­tums­ra­ten der zweit­gröss­ten Volks­wirt­schaft Eu­ro­pas sind ein­ge­bro­chen, dafür ist die Mi­gra­ti­on wei­ter­hin sehr hoch. Das jüngs­te Wahl­er­geb­nis der To­ries mag zudem auch in der Schweiz nicht wirk­lich zu eu­ro­pa­po­li­ti­schen Aben­teu­er­rei­sen er­mun­tern.

Mit Blick auf die Re­al­po­li­tik ist das Haupt­sze­na­rio, dass die Ver­hand­lun­gen über die Bi­la­te­ra­len III in den kom­men­den drei bis sechs Mo­na­ten be­en­det wer­den. Hin­zu­kom­men wer­den noch in­nen­po­li­ti­sche Be­gleit­mass­nah­men. Das Ge­samt­pa­ket der Bi­la­te­ra­len III kann dann mit den eu­ro­pa­po­li­ti­schen Al­ter­na­ti­ven ver­gli­chen wer­den. Jen­seits der Bi­la­te­ra­len III gibt es aus heu­ti­ger Sicht im Prin­zip nur drei Al­ter­na­ti­ven: rei­nen Frei­han­del, EWR-Bei­tritt und EU-Bei­tritt. Wie Fa­bi­an Schä­fer rich­tig schluss­fol­gert: Diese schnei­den im Ver­gleich schlech­ter ab. Ge­ra­de die Nach­tei­le einer zur­zeit viel ge­nann­ten rei­nen Frei­han­dels­lö­sung sind – ge­lin­de ge­sagt - be­trächt­lich.

Rich­tig ist auch, dass ein Schei­tern der Ver­hand­lun­gen das Ende des bi­la­te­ra­len Wegs be­deu­ten würde. Dies hätte enor­me Fol­gen für die Wirt­schaft. Das Bei­spiel der Med­tech-Bra­che, wel­che seit 2021 vom EU-Bin­nen­markt aus­ge­schlos­sen ist, ver­deut­licht dies sinn­bild­lich. Ohne eine Ak­tua­li­sie­rung des MRAs mit den Bi­la­te­ra­len III könn­ten bis zu 60% der Schwei­zer Ex­port­un­ter­neh­men ab 2026 die bar­rie­re­freie Teil­nah­me am EU-Bin­nen­markt ver­lie­ren.

Auch wenn es die Be­den­ken­trä­ger nicht wahr­ha­ben wol­len: Die EU ist un­se­re weit­aus wich­tigs­te Han­dels­part­ne­rin und wir brau­chen ein sta­bi­les Ver­hält­nis mit ihr, damit wir un­se­ren Wohl­stand be­wah­ren kön­nen.