Vier Ärzte diskutieren miteinander

Ein­schrän­kung der Arzt­wahl: wei­te­rer Fehl­ver­such gegen die Kos­ten­stei­ge­rung

Seit Ein­füh­rung der so­zia­len Kran­ken­ver­si­che­rung wird gegen stei­gen­de Ge­sund­heits­kos­ten an­ge­kämpft. Die Kos­ten­ent­wick­lung zeig­te sich davon stets un­be­ein­druckt. Seit Jah­ren be­trägt sie trotz jähr­li­cher Schwan­kun­gen rund 3,5 Pro­zent. Mit ein wenig Re­fle­xi­on käme man auf die Idee, dass die alten Re­zep­te nicht wir­ken, son­dern an­de­re Kräf­te hin­ter der Ent­wick­lung ste­hen. Nicht so der Bun­des­rat. Ges­tern prä­sen­tier­te er alter Wein in neuen Schläu­chen. Mit dem Vor­schlag, die Ärz­te­wahl ge­ne­rell ein­zu­schrän­ken, ver­schärft er sogar eine ab­ge­lehn­te Ab­stim­mungs­vor­la­ge.

Am 17. Juni 2012 hat sich die Stimm­be­völ­ke­rung mit 76 Pro­zent gegen die so­ge­nann­te Ma­na­ged-Care-Vor­la­ge aus­ge­spro­chen. Im Grun­de ge­nom­men ver­lang­te die Vor­la­ge einen Auf­preis für die freie Arzt­wahl. Diese wäre je­doch immer noch mög­lich ge­we­sen, ein­fach mit einer hö­he­ren Kran­ken­kas­sen­prä­mie. Ge­sund­heits­mi­nis­ter Alain Ber­set schlägt nun vor, die freie Arzt­wahl ganz ab­zu­schaf­fen. Alle Men­schen in der Schweiz sol­len eine Be­ra­tungs­stel­le wäh­len, an die sie sich bei ge­sund­heit­li­chen Pro­ble­men zu­erst wen­den. Erst dann wäre es mög­lich, sich von spe­zia­li­sier­ten Ärz­tin­nen und Ärz­ten be­han­deln zu las­sen. Mit an­de­ren Wor­ten will der Bun­des­rat eine ver­schärf­te Ma­na­ged-Care-Vor­la­ge.

Po­li­ti­scher Basar

Die­ser Vor­schlag ist nicht nur staats­po­li­tisch hei­kel, son­dern auch un­nö­tig. Be­reits heute wäh­len 72 Pro­zent der Ver­si­cher­ten frei­wil­lig ein Mo­dell mit ein­ge­schränk­ter Ärz­te­wahl. Statt diese freie Wahl mit ent­spre­chen­den Ra­bat­ten zu för­dern, hat der Bun­des­rat in der Ver­gan­gen­heit wie­der­holt Vor­schlä­ge ge­macht, die Ra­bat­te zu kür­zen. Zum Glück schei­ter­te er damit stets. Nun will er die ein­ge­schränk­te Ärz­te­wahl der gan­zen Be­völ­ke­rung auf­zwin­gen. Das ist nicht so­zia­le, son­dern so­zia­lis­ti­sche Ge­sund­heits­po­li­tik.

Als zen­tra­le Mass­nah­me will der Bun­des­rat für die Grund­ver­si­che­rung eine Ziel­vor­ga­be ein­füh­ren. Bund und Kan­to­ne sol­len jähr­lich fest­le­gen, wie stark die Kos­ten wach­sen dür­fen. Sie be­zie­hen dabei die wich­tigs­ten Ak­teu­re mit ein. Diese Ak­teu­re be­stim­men in ers­ter Linie, wel­che Mass­nah­men zu er­grei­fen sind, wenn die Vor­ga­ben über­schrit­ten wer­den. Sie haben rich­tig ge­le­sen: Ein po­li­ti­scher Basar be­stimmt die je­wei­li­gen Kos­ten­ent­wick­lun­gen von den sta­tio­nä­ren Spi­tal­be­hand­lun­gen, den am­bu­lan­ten Arzt­be­hand­lun­gen oder den Arz­nei­mit­teln usw.

Sie­ger: die Lob­by­is­ten

Der Bun­des­rat be­tont, dass die Pa­ti­en­tin­nen und Pa­ti­en­ten trotz­dem Zu­gang zu allen Leis­tun­gen haben. Wie er je­doch mit «sys­te­ma­ti­schen Über­le­gun­gen» her­aus­fin­den will, wel­ches Kos­ten­wachs­tum in den ein­zel­nen Be­rei­chen an­ge­mes­sen ist, kann von aus­sen nicht er­schlos­sen wer­den. Tat­sa­che ist, dass damit die In­no­va­ti­ons­tä­tig­keit be­hin­dert, die ad­mi­nis­tra­ti­ven Pro­zes­se ver­kom­pli­ziert und die Leis­tungs­er­brin­ger de­mo­ti­viert wer­den. Sie­ger wer­den die Leis­tungs­er­brin­ger­grup­pen mit den bes­ten Lob­by­is­ten sein. Somit wer­den die Res­sour­cen mit die­sem Vor­schlag weg von den In­no­va­tio­nen und hin zu den PR-Agen­tu­ren ge­lenkt. Für eco­no­mie­su­is­se ist klar: Die­ser Weg wird kaum zu einer guten Ge­sund­heits­ver­sor­gung füh­ren.