Ein Stromabkommen mit der EU bietet zahlreiche Vorteile

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Schweiz ist im Winter auf Stromimporte aus der EU angewiesen. Ohne Stromabkommen ist bei den Importen mit Unsicherheiten zu rechnen.
  • Ein Stromabkommen würde die Versorgungssicherheit stärken und vor allem auch günstiger machen – und zwar um 50 Milliarden Franken bis 2050.
  • Nebst einem Stromabkommen müssen dringend auch weitere Massnahmen im Inland rasch umgesetzt werden.

Bereits seit 2007 verhandelt die Schweiz mit der EU über ein Stromabkommen. 2018 war man einer Lösung nahe, doch die EU verknüpfte den Abschluss eines Abkommens mit der Klärung institutioneller Fragen. Seither lag das Stromabkommen auf Eis, bis 2024 die Verhandlungen im Rahmen des Vertragspakets der Bilateralen III wieder aufgenommen wurden. Ein Abschluss liegt nun in Reichweite und ist aus Sicht der Wirtschaft wünschenswert.

«Ohne Stromabkommen steigen die Unsicherheiten für die Schweiz»

Die Schweiz ist im Winter auf Stromimporte angewiesen. Diese Abhängigkeit wird künftig sogar noch steigen. Bereits ab 2025 drohen jedoch einschneidende Einschränkungen für die Importfähigkeit der Schweiz. Eine Bestimmung des EU-Strombinnenmarkts sieht vor, dass die EU-Länder ab Ende 2025 mindestens 70 Prozent der Kapazität ihrer Netze für den Handel zwischen den EU-Mitgliedstaaten zur Verfügung stellen müssen, die sog. 70%-Regel. Das könnte die Importfähigkeit der Schweiz zusätzlich einschränken. Auch wird ohne Abkommen die Stabilität des Stromnetzes gefährdet. Der Strom würde immer ungeplanter durch die Schweiz fliessen und aufgrund der hohen Netzbelastung könnten Wartungsarbeiten an den Netzen nicht durchgeführt werden. Das Netz stabil zu halten, führt zu massiven Mehrkosten für die Schweiz. Oft muss aus Gründen der Netzstabilität auf die wertvolle Schweizer Wasserkraft zurückgegriffen werden, deren Reserven dadurch allenfalls am Ende des Winters fehlen. Zudem kann die Schweiz nicht mehr gleichberechtigt an verschiedenen Marktplattformen teilnehmen und wird von gewissen Handelsmärkten und wichtigen technischen Gremien ganz ausgeschlossen.

«Ein Stromabkommen bietet zahlreiche Vorteile»

Ein Stromabkommen würde unsere Versorgungssicherheit stärken, respektive vor allem günstiger machen: Die Studie der ETH, die wir 2023 in Auftrag gegeben haben, hat gezeigt, dass die Schweiz rund 50 Milliarden Franken an Systemkosten (Investitionskosten, variable und fixe Betriebskosten sowie Kosten und Erträge aus dem Stromhandel) bis 2050 einsparen könnte, wenn sie aufgrund eines Stromabkommens auf unnötige Redundanzen verzichten kann. Das sind fast 2 Milliarden Franken pro Jahr. Ein Stromabkommen sichert die Zusammenarbeit im Bereich Netzstabilität, vereinfacht den Stromhandel und stärkt die Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit. Eine enge Zusammenarbeit mit der EU beim Strom ist für die Schweiz auch eine wichtige Voraussetzung, um ihre Klima- und Energieziele zu erreichen. Das Abkommen wäre ein Gewinn für die Schweiz, und auch die EU würde von einem Abkommen profitieren.

Ein Stromabkommen allein löst unsere Probleme in der Stromversorgung aber nicht in genügendem Ausmass. Darüber hinaus müssen dringend auch Massnahmen im Inland rasch umgesetzt werden: der Zubau von erneuerbaren Energien in der Schweiz muss intensiviert werden. Ein massiver Ausbau der klimaneutralen Stromproduktion mit besonderem Fokus auf die Winterstromproduktion ist essenziell. Gleichzeitig müssen wir den Aus- und Umbau unserer Stromnetze vorantreiben, die Stromeffizienz steigern, den Strommarkt weiter öffnen und die Aufhebung des Technologieverbots für Kernkraftwerke vorantreiben. Letztlich wird uns auch bei der Stromversorgung nur ein Massnahmenbündel ans Ziel führen. Das Stromabkommen ist dafür sicher ein wichtiges Element.