Globale Wertschöpfungsketten managen
Die Produktion von Gütern und Dienstleistungen erfolgt zunehmend über weltweit verzweigte Wertschöpfungsketten. Mit der Digitalisierung kann dieses komplexe System zwischen Ländern und Unternehmen einfacher gesteuert werden. Davon profitiert auch die Schweiz.
Mitte Juli besuchte Bundespräsident Schneider-Ammann zusammen mit einer Wirtschaftsdelegation Singapur und Südkorea, zwei wichtige Handelspartner der Schweiz. Wie unsere Volkswirtschaft sind auch jene der beiden Tigerstaaten stark exportorientiert. Bei meinen Gesprächen mit Wirtschaftsvertretern ist mir noch eine Gemeinsamkeit aufgefallen: Ein Grossteil der Exporte sind nicht etwa fertige Produkte, sondern Bestandteile davon. Das gilt eigentlich für die ganze Welt: Inzwischen sind über die Hälfte aller Güter und fast drei Viertel der weltweit gehandelten Dienstleistungen Zwischenprodukte. Tendenz steigend.
In der Schweiz sind, gemessen am Wert, beinahe die Hälfte der importierten und exportierten Güter Teil einer internationalen Wertschöpfungskette. In Südkorea und Singapur sind es sogar noch etwas mehr: 62,1 beziehungsweise 61,6 Prozent. Für alle gilt: Produktionsprozesse werden immer stärker über Landesgrenzen hinweg organisiert und auf verschiedene Unternehmen verteilt. Diese Spezialisierung bietet für Schweizer Grossfirmen, aber gerade auch für kleinere und mittlere Unternehmen enorme Chancen. Nicht selten sind sie in einem spezifischen Teilbereich weltweit führend und erbringen für Unternehmen in anderen Ländern wichtige Vorleistungen. Sie werden so quasi zu unverzichtbaren Rädchen im Getriebe einer internationalen Wertschöpfungskette.
Inzwischen sind über die Hälfte aller Güter und fast drei Viertel der weltweit gehandelten Dienstleistungen Zwischenprodukte.
Diese Entwicklung ist nicht neu. Aber erst die fortschreitende Digitalisierung ermöglicht es im grossen Stil, die hohe Komplexität der Produktion über lange Distanzen und mit immer geringeren Kosten zu managen. Dass davon auch Schweizer KMU profitieren, bestätigte mir kürzlich etwa Alexander Nussbaumer, Manager für Forschung und Entwicklung bei der Urma AG. Das Schweizer KMU mit Sitz in Rupperswil wurde 1962 gegründet und spezialisierte sich auf die Herstellung von Präzisionswerkzeugen. Nebst Tochtergesellschaften in Europa und China sowie Lizenzpartnern in Deutschland und Japan verfügt Urma auch über Vertretungen in Singapur und Südkorea.
Gemäss Nussbaumer arbeitet das Unternehmen derzeit intensiv an der verstärkten digitalen Anbindung der Kunden und Zulieferer aus aller Welt. Bereits stark vernetzt seien die internen Produktionsabläufe. Jedem Werkzeug werden die notwendigen technischen Daten während des gesamten Prozesses elektronisch «mit auf den Weg» gegeben: Nachdem die Kundenanfrage erfasst wurde, wird die digitale Fertigungszeichnung für die weiteren Arbeitsschritte in die benötigte Programmiersprache umgeschrieben und an die computergesteuerte Maschine gesandt. Der Bediener der Maschine kann auch auf zusätzliche digitale Daten wie Werkzeugparameter zugreifen. Das senkt die Rüstzeit massgeblich. Laut Nussbaumer können so auch Stillstandzeiten auf ein Minimum reduziert werden.
Für mich zeigt dieses Beispiel eindrücklich, dass die Digitalisierung die Position der Schweizer Unternehmen im internationalen Wettbewerb stärken kann. Nicht nur Unternehmen aus Singapur oder Südkorea, sondern auch Schweizer Firmen können durch die Digitalisierung zukünftig noch stärkere Glieder internationaler Wertschöpfungsketten werden.