Di­gi­ta­le Ver­zol­lung: we­ni­ger Pa­pier, schnel­le­re Lie­fe­run­gen und noch viel Po­ten­zi­al

Ama­zon ver­zollt seine Pa­ke­te nun di­gi­tal, ge­sam­melt und im Vor­aus. Das macht den Ver­sand schnel­ler. Es ist aber nur einer von zahl­rei­chen Schrit­ten hin zur voll­um­fäng­lich di­gi­ta­len Lie­fer­ab­wick­lung. Un­ter­neh­men tüf­teln be­reits daran, wie Zoll­do­ku­men­te nicht nur di­gi­tal statt phy­sisch, son­dern gänz­lich über­flüs­sig wer­den.

«Ama­zon bläst zum Gross­an­griff», ti­tel­ten viele Schwei­zer Me­di­en letz­te Woche. Hin­ter­grund einer dro­hen­den Pa­ket­sch­wem­me ist ein Deal mit der Post, wel­che die Pa­ke­te von Ama­zon nun di­gi­tal ver­zol­le. Statt dass die Pa­ke­te ein­zeln und erst dann ver­zollt wer­den, wenn sie phy­sisch bei der Zoll­stel­le an­ge­kom­men sind, wer­den sie nun im Vor­aus di­gi­tal an­ge­mel­det. Die Ver­zol­lung kann so be­reits be­gin­nen, wenn ein Paket los­ge­schickt wird.

Das ver­schnel­lert den Lie­fer­weg tat­säch­lich. Al­ler­dings bie­tet die Post die di­gi­ta­le Ver­zol­lung stan­dard­mäs­sig und seit Lan­gem an – auch für Schwei­zer Un­ter­neh­men. Die Än­de­rung der Ver­sand­ab­wick­lung ist nur des­halb auf­se­hen­er­re­gend, da Ama­zon ein gros­ser Händ­ler ist. Neu an sich ist sie nicht.

Eine funk­tio­nie­ren­de Ab­wick­lung der Lie­fe­run­gen über die Lan­des­gren­zen hin­weg ist bei immer kom­ple­xe­ren Lie­fer­ket­ten, wach­sen­der Kon­kur­renz und stei­gen­den Kon­su­men­ten­an­sprü­chen match­ent­schei­dend. Ein WEF-Re­port zeigt: Hin­der­nis­se in der Lie­fer­ket­te kön­nen die Vor­tei­le tie­fer Lohn­kos­ten in einem Land auf­he­ben. Ge­meint sind damit etwa Ver­spä­tun­gen bei der Zoll­be­stä­ti­gung, un­ter­schied­li­che und nicht auf­ein­an­der ab­ge­stimm­te Pro­zes­se oder schlech­te Zoll­in­fra­struk­tu­ren. Das Ein­spar­po­ten­zi­al durch Zoll­re­duk­tio­nen ver­blasst im Ver­gleich dazu re­gel­recht. 

Je nach Tech­no­lo­gie wer­den zahl­rei­che Ver­zol­lungs­do­ku­men­te nicht nur di­gi­tal statt phy­sisch über­mit­telt, son­dern sogar gänz­lich über­flüs­sig.

Auch die di­gi­ta­le Zol­lan­mel­dung von Waren, wie es Ama­zon neu macht, ist ein sol­cher Hin­der­nis­ab­bau. An­ge­sichts der ra­san­ten tech­no­lo­gi­schen Ent­wick­lung müss­ten je­doch die di­gi­ta­len Mög­lich­kei­ten beim Schwei­zer Zoll be­reits viel fort­ge­schrit­te­ner sein, als sie es heute sind. Die Zei­chen der Zeit wur­den er­kannt und die Eid­ge­nös­si­sche Zoll­ver­wal­tung be­fin­det sich seit An­fang Jahr in einem gros­sen, bis 2026 an­ge­leg­ten Di­gi­ta­li­sie­rungs- und Re­or­ga­ni­sa­ti­ons­pro­jekt.

Im Rah­men die­ses Pro­jekts wurde an Os­tern eine Ver­zol­lungs-App für Rei­sen­de lan­ciert. Noch in die­sem Jahr sol­len Un­ter­neh­men Be­gleit­do­ku­men­te sowie Be­an­stan­dun­gen dem Zoll elek­tro­nisch über­mit­teln kön­nen. An­wen­dun­gen für die Fracht, die mo­dern, in­ter­na­tio­nal und mit der Soft­ware von Fir­men ver­knüpf­bar sind, las­sen hof­fent­lich auch nicht mehr lange auf sich war­ten.

Denn in der Zwi­schen­zeit ma­chen Un­ter­neh­men schnel­le Fort­schrit­te in der Ver­ein­fa­chung ihrer Lie­fer­ab­wick­lung. Je nach Tech­no­lo­gie wer­den zahl­rei­che Ver­zol­lungs­do­ku­men­te dabei nicht nur di­gi­tal statt phy­sisch über­mit­telt, son­dern sogar gänz­lich über­flüs­sig. Aus dem Test einer Block­chain in der Con­tai­ner-Schiff­fahrt zie­hen Ac­cen­ture, Kühne und Nagel und wei­te­re Un­ter­neh­men zum Bei­spiel den Schluss, dass damit etwa 70 Pro­zent der heute auf Pa­pier ba­sier­ten Do­ku­men­te und bis zu 80 Pro­zent der heute nö­ti­gen ma­nu­el­len Da­ten­ein­ga­ben ent­fal­len wür­den.

Zollbeamte kontrollieren Pakete

Auch der Lo­gis­tik­kon­zern Ma­ersk und IBM ent­wi­ckeln Block­chain­an­wen­dun­gen*, die es er­mög­li­chen, Sen­dun­gen nach­zu­ver­fol­gen und mit dem Zoll zu ko­or­di­nie­ren. Jede In­for­ma­ti­on – etwa über den Stand­ort einer Ware, deren Be­ar­bei­tung, Ge­fah­ren­über­prü­fung oder Ver­si­che­rungs­ab­de­ckung – kann mit die­ser Tech­no­lo­gie klar einem Be­sit­zer zu­ge­ord­net wer­den. So brauch­te Wal­mart zwei Se­kun­den statt eine Woche, um die Sen­dung von zwei Man­gos nach­zu­ver­fol­gen. Damit sin­ken die Kos­ten und die Trans­pa­renz steigt.

Ob Block­chain oder an­de­re di­gi­ta­le Lö­sun­gen: Si­cher ist, dass sich mit den neuen tech­no­lo­gi­schen Mög­lich­kei­ten viel Pa­pier, Stem­pel­far­be und War­te­zeit ein­spa­ren lässt. Sie bie­ten ent­spre­chend nicht nur Un­ter­neh­men, son­dern auch den Kon­su­men­ten und schluss­end­lich dem Wirt­schafts­stand­ort Schweiz viel Mehr­wert.

* Die Da­ten­bank­tech­no­lo­gie Block­chain ist ein de­zen­tra­les Ver­fah­ren zum Spei­chern und Ver­schlüs­seln von Daten. Sie ba­siert auf einer ste­tig wach­sen­den Liste von auf­ein­an­der ba­sie­ren­den Da­ten­sät­zen und funk­tio­niert so, dass ein­mal ge­spei­cher­te In­for­ma­tio­nen/Daten zwar aus­ge­le­sen, aber nicht mehr ver­än­dert wer­den kön­nen. Auf­grund der Kom­bi­na­ti­on von de­zen­tra­ler Spei­che­rung, der Trans­pa­renz der Ein­trä­ge und der Ma­ni­pu­la­ti­ons­re­sis­tenz eig­net sich diese Tech­no­lo­gie als Re­gis­ter für Ver­trä­ge und di­rek­te Trans­ak­tio­nen zwi­schen zwei Par­tei­en ohne Mit­tels­män­ner. Da­durch, dass Block­chain als de­zen­tra­le Lö­sung für Leis­tun­gen ge­han­delt wird, die her­kömm­li­cher­wei­se zen­tral, zum Bei­spiel vom Staat oder Ban­ken er­bracht wer­den, stellt sich die Frage, in­wie­fern die Block­chain-Tech­no­lo­gie die Auf­ga­ben des Staa­tes oder Trans­ak­ti­ons­sys­te­me ver­än­dert. Wei­te­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie in un­se­rer Bro­schü­re Zu­kunft di­gi­ta­le Schweiz – Wirt­schaft und Ge­sell­schaft wei­ter­den­ken”.