Patienten beim Arzt per Videocall

Di­gi­Santé – Bitte jetzt Fahrt auf­neh­men!

Die Di­gi­ta­li­sie­rung im Schwei­zer Ge­sund­heits­we­sen hinkt der Ent­wick­lung in an­de­ren Be­rei­chen der Bran­che und dem Aus­land hin­ter­her. Mit dem neuen Pro­gramm «Di­gi­Santé» will der Bun­des­rat das än­dern. eco­no­mie­su­is­se be­grüsst die In­itia­ti­ve, ist doch der Hand­lungs­be­darf ekla­tant. Doch der Er­folg des zen­tral ge­steu­er­ten Pro­gramms hängt davon ab, dass die ge­plan­ten Ver­bes­se­run­gen auch tat­säch­lich nut­zen­brin­gend um­ge­setzt wer­den.

Di­gi­Santé wurde vom Bun­des­amt für Ge­sund­heit (BAG) ge­mein­sam mit dem Bun­des­amt für Sta­tis­tik (BFS) er­ar­bei­tet. Es hat eine Lauf­zeit von zehn Jah­ren (2025 bis 2034). Die rund 50 Vor­ha­ben sind in vier Ka­te­go­ri­en un­ter­teilt:

  • Vor­aus­set­zun­gen für die di­gi­ta­le Trans­for­ma­ti­on
  • Na­tio­na­le In­fra­struk­tur
  • Be­hör­den­leis­tun­gen di­gi­ta­li­sie­ren
  • Se­kun­där­nut­zung für Pla­nung, Steue­rung und For­schung.

Für die Wirt­schaft sind ins­be­son­de­re der zwei­te und der vier­te Punkt wich­tig. Die Grund­la­ge soll eine na­tio­na­le In­fra­struk­tur sein, über wel­che Daten aus­ge­tauscht und ver­wen­det wer­den kön­nen. Sie ist die Vor­aus­set­zung, dass die Schweiz bei der di­gi­ta­len Trans­for­ma­ti­on in der obers­ten Liga spie­len kann. Denn da­durch ist es u.a. mög­lich, Se­kun­där­nut­zen der Daten zu ge­ne­rie­ren. Bei­spiels­wei­se könn­ten Lang­zei­tef­fek­te von Me­di­ka­men­ten dank sol­chen Se­kun­där­da­ten er­kannt wer­den. Die­ses Wis­sen ist für die Er­for­schung und Ent­wick­lung von neuen, ver­bes­ser­ten Prä­pa­ra­ten wich­tig. Die Schweiz als Phar­ma­stand­ort ist be­son­ders auf die­sen Da­ten­zu­gang an­ge­wie­sen. Wir kön­nen un­se­re pri­vi­le­gier­te Stel­lung im Phar­ma­sek­tor nur mit einer funk­tio­nie­ren­den Da­ten­in­fra­struk­tur be­haup­ten.

Eine gute Stra­te­gie…

Ge­mäss Bun­des­rat will Di­gi­Santé nur jene Vor­ha­ben um­set­zen, die in der Kom­pe­tenz des Bun­des lie­gen und dabei gleich­zei­tig die Ko­or­di­na­ti­on und Ver­net­zung aller Ak­teu­rin­nen und Ak­teu­re im Ge­sund­heits­we­sen si­cher­stel­len. Bei der Um­set­zung der ver­schie­de­nen Vor­ha­ben soll sich der Bund aus­schliess­lich dort ein­brin­gen, wo es eine Basis für die di­gi­ta­le Trans­for­ma­ti­on im Ge­sund­heits­we­sen braucht und diese nicht durch pri­va­te An­bie­ter ge­legt wer­den kann. Dies schafft die nö­ti­ge In­ves­ti­ti­ons­si­cher­heit für die Di­gi­ta­li­sie­rung im Ge­sund­heits­we­sen: So kön­nen an­schlies­send die vie­len un­ter­schied­li­chen Ak­teu­re im Ge­sund­heits­we­sen dar­auf auf­bau­end ihre ei­ge­nen Dienst­leis­tun­gen ent­wi­ckeln und ef­fi­zi­ent be­trei­ben. Die Wirt­schaft nimmt diese Sicht­wei­se des Bun­des­ra­tes wohl­wol­lend zur Kennt­nis.

…Be­darf einer guten und zeit­na­hen Um­set­zung

Al­ler­dings zeigt die Er­fah­rung, wie schwie­rig es für den Bund ist, sol­che Stra­te­gi­en er­folg­reich um­zu­set­zen. In der Stra­te­gie „eHe­alth” Schweiz aus dem Jahr 2007 wurde in einer Road­map für 2015 ein Elek­tro­ni­sches Pa­ti­en­ten­dos­sier (EPD) für alle sowie der Zu­gang zu struk­tu­rier­ten, zer­ti­fi­zier­ten und spe­zi­fi­schen In­for­ma­tio­nen im EPD in Aus­sicht ge­stellt. Heute sind wir immer noch weit davon ent­fernt. Unter einem Pro­zent der Ver­si­cher­ten nut­zen ein EPD. Das ak­tu­el­le EPD gleicht mehr einer elek­tro­ni­schen Ab­la­ge, denn einem Aus­tausch­for­mat mit struk­tu­rier­ten Daten. Im Fak­ten­blatt «Di­gi­Santé» vom 23.11.2023 gibt es im Be­reich «Ziele und Nut­zen» nun keine Jah­res­zah­len mehr. Das mag cle­ver sein, wenn man die obige Ge­gen­über­stel­lung von An­spruch und Wirk­lich­keit ver­mei­den will. Für Kos­ten von rund 400 Mio. Fr. darf man aber mess­ba­re Ziele er­war­ten. Das Par­la­ment hat die Mög­lich­keit, dies nach­zu­ho­len, damit die In­ves­ti­ti­ons­si­cher­heit nicht nur in der Theo­rie, son­dern auch in der Pra­xis vor­liegt.