Corona-Virus: Situation wird ohne Panik ernst genommen
Die Corona-Epidemie zieht weitere Kreise. In Italien ist das Virus definitiv angekommen, und auch in der Schweiz sind erste Fälle zu verzeichnen. Wie beeinflusst das Virus die hiesige Wirtschaft? economiesuisse hat unter den Mitgliedern nachgefragt und konnte so ein erstes Stimmungsbild gewinnen.
Die Umfrage von economiesuisse zur Corona-Epidemie zeigt: Die Schweizer Unternehmen gehen mit der Situation sehr umsichtig um und nehmen die Situation ernst. Viele haben vorsorgliche Massnahmen getroffen, um ihre Mitarbeitenden zu schützen und ihre Produktion aufrechtzuerhalten. So werden zumeist nur noch unvermeidliche Reisen getätigt. Mitarbeitende, die aus Risikogebieten zurückkommen, werden in Quarantäne gesteckt. Home-Office wird gefördert, die Belegschaft für Hygienemassnahmen sensibilisiert und vieles mehr.
Unterbrochene Lieferketten
Eine der Hauptsorgen der Unternehmen ist, dass die internationalen Lieferketten unterbrochen werden könnten. Momentan scheint zwar die Mehrheit der Firmen noch nicht unter Lieferengpässen zu leiden, da sie unter anderem noch genügend hohe Lagerbestände haben. Manche haben ihre Lager auch präventiv aufgestockt. Lieferengpässe schlagen sich auch deshalb noch nicht in den Produktionszahlen der Schweizer Firmen nieder, weil der Ausbruch des Virus in China erst ab Januar für Probleme sorgte – dem Monat, in dem wegen des chinesischen Neujahrsfestes die Produktion traditionell eingeschränkt ist.
Die Schweizer Unternehmen rechnen generell mit mehr Lieferverzögerungen, je länger die Krise andauern wird. Werkschliessungen, verminderte Frachtkapazitäten und längere Transportzeiten beginnen sich auszuwirken, während die Lagerbestände langsam aufgebraucht werden. Entsprechend melden vereinzelte Mitglieder erste Lieferengpässe, wobei davon jeweils sehr spezifische Komponenten betroffen sind, beispielweise in den Bereichen der Elektronik, der Rohmaterialien für die Kunststoffherstellung und der seltenen Erden. Manche Firmen, die mit Lieferengpässen konfrontiert sind, rechnen mit einer Entwarnung im Zeitraum April. Andere gehen davon aus, dass die Lieferverzögerungen noch bis in den Sommer andauern werden.
Sinkende Absätze
Die Schweizer Firmen sind auch von sinkenden Absätzen in China betroffen. Dies einerseits, weil der direkte Kundenkontakt wegen der innerchinesischen Reisebeschränkungen wie auch wegen firmeninterner Reiseverbote von und nach China erschwert ist. Andererseits können neue Produkte nicht auf den chinesischen Markt gebracht werden, da beispielsweise Maschinen in China nicht installiert werden können, technisches Personal nicht einreisen kann oder Produkte bei den chinesischen Behörden im Moment nicht zur Registrierung angemeldet werden können.
Des Weiteren macht sich die sinkende Nachfrage direkt bei den Bestelleingängen für Investitionsgüter bemerkbar. Ebenso hat die Luxusgüterindustrie (Uhren, Tabakwaren usw.) bereits mit einer nachlassenden Nachfrage aus China und von chinesischen Touristen im Ausland zu kämpfen. Am wenigsten optimistisch ist man im Tourismussektor. Die Reisetätigkeit hat bereits abgenommen und wird weiter abnehmen, und auch das Messegeschäft leidet.
Insgesamt können noch keine Schätzungen über die monetären Folgen für die Schweizer Unternehmen gemacht werden. Es besteht aber eine gewisse Verunsicherung darüber, inwiefern Versicherungen für entstehende Schäden aufkommen werden. Ebenso muss auf ein gutes Liquiditätsmanagement geachtet werden.
Fazit: Vorübergehende Abkühlung der Weltwirtschaft
Die Produktionsdrosselungen und die tiefere Nachfrage werden sich im Jahresergebnis der Firmen in den exponierten Branchen niederschlagen. Je länger die Unsicherheit dauert, desto gravierender die wirtschaftlichen Folgen. Doch die Unternehmen sind sehr rational am Werk und analysieren die Lage genau, ohne in Panik zu verfallen.
Das Fazit bleibt: Das Corona-Virus wird die Weltwirtschaft wohl stärker treffen als die SARS-Krise 2003, bei der hauptsächlich das Wachstum in China negativ betroffen war. Dieses Mal macht der Anteil von China am weltweiten Bruttoinlandprodukt 20 Prozent aus, und die chinesische Wirtschaft ist über die internationalen Lieferketten viel stärker in die Weltwirtschaft eingebunden. Das Stottern der chinesischen Wirtschaft macht sich dementsprechend stärker bei den Abnehmern der chinesischen Produkte bemerkbar. Aber auch diesmal wird der grösste Teil des Umsatzrückgangs nur temporär sein.