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Chancen der Globalisierung nutzen

In vielen westlichen Industrieländern wächst der Widerstand gegen Freihandel und Globalisierung. Dabei ist deren ökonomische Wirkung unbestritten: Freihandel ermöglicht Wachstum und Wohlstand. In einer heute publizierten Studie zeigt economiesuisse die Herausforderungen und Chancen der Globalisierung auf – für den Welthandel und insbesondere für die Exportnation Schweiz.

Globalisierungskritik ist scheinbar salonfähig geworden. Dabei hat die engere wirtschaftliche Integration der Länder rund um den Globus das Wirtschaftswachstum beflügelt und weltweit eine deutliche Einkommenszunahme bewirkt. Grund genug für den Wirtschaftsdachverband economiesuisse, in der heute veröffentlichten Studie «Der unterschätzte Wert der Globalisierung» die Fakten zum Welthandel richtigzustellen.

Dank der Globalisierung sind auf der ganzen Welt der Wohlstand gestiegen und die Armut gesunken, wie economiesuisse-Chefökonom Rudolf Minsch an der heutigen Medienkonferenz ausführte. Auch in der Schweiz hat sich die Globalisierung für praktisch alle Haushalte wohlfahrtssteigernd ausgewirkt. Ein entscheidendes Element für diese spektakuläre Entwicklung sind neben dem Handel vor allem ausländische Direktinvestitionen von Unternehmen. Hier sind gerade Schweizer Unternehmen sehr aktiv. Ausserhalb der westlichen Industrienationen beschäftigen sie gegenwärtig rund 800'000 Mitarbeitende und tragen so zum Wohlstandswachstum in Entwicklungs- und Schwellenländern bei. Die Schweiz, sagte Rudolf Minsch, tut gut daran, auf ihre Stärken zu vertrauen und diese auszubauen: Offenheit, aktive Diplomatie und eine gute Wirtschafts- und Bildungspolitik.

Bilaterale Abkommen werden wichtiger

Die Exportnation Schweiz sieht sich derzeit mit einem eskalierenden Handelskonflikt zwischen den USA, China und der EU konfrontiert, sagte Jan Atteslander, Leiter Aussenwirtschaftspolitik bei economiesuisse. Das wird zu einem Wachstumsrückgang führen und sich auf die Schweizer Exporte auswirken. Vor allem aber ist das gegenseitige Vertrauen der WTO-Mitglieder gesunken, was die WTO und den Multilateralismus tendenziell schwächt. Die Rechtssicherheit bei bestehenden internationalen Abkommen wird aber immer wichtiger.

Weil multilaterale Abkommen unter Druck geraten, werden für die Schweiz bilaterale Freihandels-, Investitionsschutz- und Doppelbesteuerungsabkommen an Bedeutung zunehmen. Ebenso verbindliche Streitschlichtungsmechanismen zur Wahrung der Rechtssicherheit. Konkret ist das Rahmenabkommen mit der Europäischen Union zu nennen, mit dem die Schweiz nun den seit zehn Jahren herrschenden europapolitischen Stillstand überwinden könne. Zudem sind Freihandelsabkommen mit China, Japan, Kanada und Mexiko zu aktualisieren. Auch sollen neue Freihandelsabkommen mit Mercosur, Indonesien, Malaysia und Vietnam abgeschlossen und ein Freihandelsabkommen mit den USA angestrebt werden. «Die Schweiz als offene und liberale Marktwirtschaft muss auf protektionistische Massnahmen verzichten, wenn sie selbst im Welthandel erfolgreich sein will», sagte Jan Atteslander.

Drei protektionistische Initiativen vor der Abstimmung

«Leider liegen derzeit mehrere politische Begehren auf dem Tisch, die auf Marktabschottung abzielen oder diese zumindest billigen», sagte Monika Rühl, Vorsitzende der Geschäftsleitung von economiesuisse. Sie verwies auf drei solche Vorhaben, die in den nächsten Wochen und Monaten zur Abstimmung anstehen: Am 23. September stimmen wir über die Volksinitiative «Für Ernährungssouveränität» der Bauerngewerkschaft Uniterre und die Fair-Food-Initiative der Grünen ab, die mehr Staatseingriffe fordern, die Konsumentinnen und Konsumenten bevormunden und zu höheren Preisen und weniger Auswahl bei den Lebensmitteln führen. Die beiden wirtschaftsfeindlichen Initiativen verletzen mit Importverboten und neuen Handelshemmnissen internationales Recht und das Landwirtschaftsabkommen mit der EU. Damit provozieren sie Gegenmassnahmen – zum Beispiel bei den Schweizer Käseexporten – und riskieren eine Benachteiligung von Schweizer Unternehmen durch andere Länder. Das bedroht den für unsere Exportunternehmen überlebenswichtigen Marktzugang auf der ganzen Welt.

Am 25. November stimmen wir über die Selbstbestimmungsinitiative (SBI) der SVP ab. Für die Wirtschaft hätte eine Annahme dieser Initiative weitreichende Folgen: Sie würde eine andauernde Rechtsunsicherheit erzeugen, weil sie Hunderte von Wirtschaftsabkommen unter Dauervorbehalt stellen würde. Diese Abkommen sichern heute der Exportnation Schweiz den Zugang zu ihren Absatzmärkten. «Bei der SBI geht es um die Grundsatzfrage: Offenheit und Vernetzung oder Abschottung und Isolation?», sagte Monika Rühl.

«Gewerkschaften und Parteien sollen Hand reichen»

Ein zentrales Dossier in der Aussenwirtschaftspolitik unseres Landes ist das Rahmenabkommen mit der EU. Die Wirtschaft unterstützt die Verhandlungen über ein solches Rahmenabkommen, denn die Schweiz braucht stabile Beziehungen zu ihrem mit Abstand wichtigsten Handelspartner. Es gibt kaum ein Schweizer Exportunternehmen, das nicht in irgendeiner Weise wirtschaftlich mit einem EU-Mitgliedstaat verbunden ist. Ein gutes Rahmenabkommen schafft in dieser Hinsicht Rechtssicherheit für die Schweizer Wirtschaft.

«Ohne ein Rahmenabkommen wird die Weiterentwicklung unserer Beziehungen zur EU infrage gestellt», sagte Monika Rühl weiter. Die heutigen bilateralen Abkommen werden sukzessive an Qualität einbüssen und der Zugang zum europäischen Binnenmarkt nach und nach schlechter werden. So wird die Schweiz als Standort für international tätige Unternehmen an Attraktivität einbüssen.

«Wir fordern die Gewerkschaften und die politischen Parteien auf, ihre Verantwortung im Interesse der gesamten Volkswirtschaft wahrzunehmen und Hand zu bieten für konstruktive Lösungen», appellierte Rühl. Damit die für die Investitionsentscheide der Unternehmen so wichtige Rechtssicherheit endlich wiederhergestellt wird. Dabei geht es auch um Investitionen in Arbeitsplätze.

Publikationen

Wohlstand: Der unterschätzte Wert der Globalisierung

Referate

Prof. Dr. Rudolf Minsch: Der unterschätzte Wert der Globalisierung

Dr. Jan Atteslander: Bilaterale Abkommen werden wichtiger

Monika Rühl: Als Handelspartner attraktiv bleiben