Homme devant machine

Hightech, waschmaschinentauglich

Auch in der Textilindustrie hat die Digitalisierung Einzug gehalten. Die traditionsreiche Firma Schoeller im St. Galler Rheintal produziert heute Membrane für Bekleidung, deren Funktion via Mobiltelefon gesteuert werden kann.

Wenn Siegfried Winkelbeiner in die Zukunft blickt, sieht er Folgendes: Eines nicht allzu fernen Tages werden Menschen Textilien tragen wie eine zweite Haut, an der sie nach Bedarf Funktionen wie Schutz, Farbe oder Wärme anpassen können. Diese Zukunft will der CEO der Schoeller Textil AG an vorderster Front mitgestalten. Und das Unternehmen aus Sevelen im St. Galler Rheintal steht diesbezüglich vor einem wichtigen Schritt. 2018 lanciert es zusammen mit Norwegens Skilegende Lasse Kjus und weiteren Partnern die ersten Skijacken mit Hydrobot-Technologie. Die Funktion dieser neuartigen Sportbekleidung lässt sich via Mobile-App steuern: Sensoren messen Feuchtigkeit und Wärme am Körper und in der Umgebung und beeinflussen die Durchlässigkeit der eingebauten Spezialmembran. Je nach Einstellung pumpt diese Feuchtigkeit ab oder isoliert, um das perfekte Wohlfühlklima innerhalb der Jacke jederzeit zu gewährleisten.

Spezialmembran mit leitenden Fäden

Hinter dieser ambitionierten Idee stehen Partner wie der Thalwiler Technologiespezialist Osmotex, die Eidgenössische Materialprüfungsanstalt (Empa) oder der belgische Stahldrahthersteller Belginova. Schoeller stiess vor zwei Jahren zum Projekt, weil die Firma bereits viel Erfahrung mit dem Wirken und Verweben leitender Materialien vorweisen kann. Doch obwohl in Sevelen eine riesige Anzahl unterschiedlichster Spezialtextilien hergestellt werden, ist dieses Projekt auch für Winkelbeiner aussergewöhnlich: «Die vielen, teilweise komplexen Arbeitsschritte für diese Spezialmembran machen die Produktion komplex und fehleranfällig.» Der Stoff muss nach dem Weben mehrfach beschichtet und laminiert werden. Und obwohl er hohe technische Anforderungen erfüllt, muss er auch dem Alltag gewachsen sein – sprich: hoher Beanspruchung, Temperaturschwankungen und der Waschmaschine.
 

 

 

Innovativ dank Kooperationen

Trotz Produktionsstandorten in Deutschland und Indien neben dem Headquarter und einem Joint Venture in Taiwan ist Schoeller ein KMU geblieben. Und als solches muss es sich gut überlegen, welche Innovationen weiterentwickelt werden sollen. Winkelbeiner stellt klar: «Wir können es uns nicht leisten, in einen kurzen Hype zu investieren. Dafür sind die Investitionszyklen schlicht zu lang.» Die Digitalisierung der Bekleidung allerdings sei kein Hype, sondern eine grundlegende Veränderung in der Textilbranche. Diese betreffe weniger den Maschinenpark oder das Personal – in Sevelen arbeiten hauptsächlich Textiltechniker, aber auch ungelernte Personen –, bedinge aber eine engere Kooperation mit Hochschulen und Technologiepartnern, weit über die Landesgrenzen hinaus. Über das nächste Innovationsprojekt von Schoeller will Winkelbeiner noch nichts verraten. Nur so viel: Realisiert werde es mit einem grossen Partner aus dem Silicon Valley.