Abschottung ist gut für den Monopolisten, aber für niemanden sonst
Erinnern Sie sich noch an das Wählscheibentelefon? Das Wählen der Nummer dauerte gefühlt so lange wie heute ein durchschnittlicher Anruf. Zum Glück hielt Mitte der 1970er-Jahre das innovative Tastenwahltelefon Einzug in die Schweizer Haushalte. Weitere Innovationen liessen nicht lange auf sich warten. Bald war das Funktelefon der letzte Schrei. In der Schweiz war dieses aber lange Zeit verboten. Kritische Geister vermuteten, dass die staatliche PTT lieber ihre altertümlichen Telefonstationen zu überhöhten Preisen an die Kunden vermieten wollte. Die Konsequenz davon? Herr und Frau Schweizer kauften sich im Geschäft um die Ecke ihr eigenes Funktelefon – welches notabene «nur für den Export» bestimmt war. Im Zuge der Öffnung des Telekommunikationsmarktes verschwanden später eine Reihe vormals stolzer Unternehmen der Telefonindustrie von der Bildfläche. Im abgeschotteten Schweizer Telekommunikationsmarkt hatten sie jegliche Innovation verschlafen.
Die Geschichte zeigt Folgendes: Abschottung ist gut für den Monopolisten, aber für niemanden sonst – weder für den Kunden, noch für die Industrie, noch für die Innovation im Land. Die Service-Public-Initiative, über die wir am 5. Juni abstimmen werden, verklärt jedoch die Vergangenheit. Sie will den erfolgreichen Liberalisierungspfad der vergangenen zwei Jahrzehnte verlassen und zurück in die «gute alte Zeit», als die heute innovativen bundesnahen Unternehmen noch als träge Verwaltungseinheiten geführt wurden. Derweil schreitet die technologische Entwicklung voran. Die bundesnahen Unternehmen – in erster Linie wären Post, SBB und Swisscom betroffen – tasten sich auf neue Märkte vor, die längst nichts mehr mit Grundversorgung zu tun haben.
Was lehrt uns die Geschichte? Anstatt den bundesnahen Unternehmen neue Fesseln anzulegen, müssen wir diese so aufstellen, dass sie sich im internationalen Wettbewerb behaupten können. Die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts können nicht mit Rezepten des 20. Jahrhunderts gelöst werden. Innovation ist die Voraussetzung für eine qualitativ hochstehende Grundversorgung. Und Gewinne sind erforderlich für die Weiterentwicklung dieser Leistungen.
Die Qualität der Grundversorgung in den von der Initiative betroffenen Bereichen ist heute so gut wie nie zuvor. Und so soll es auch bleiben. Deshalb NEIN zur Service-Public-Initiative mit dem trügerischen «Pro» vorne dran.