Forschung

Swiss­Li­tho: Gros­se Schrit­te im Reich der Na­no­me­ter

Swiss­Li­tho hat sich zum Ziel ge­setzt, als jun­ges Start-up-Un­ter­neh­men mit sei­nem Na­no­F­ra­zor die Ana­ly­se und Fer­ti­gung mi­kro­sko­pisch klei­ner Bau­tei­le, bei­spiels­wei­se zur Her­stel­lung von Si­cher­heitsho­lo­gram­men auf Päs­sen und Bank­no­ten oder elek­tro­ni­schen Pro­zes­so­ren und Com­pu­ter­chips, auf eine neue Stufe zu heben. Dabei set­zen die Tüft­ler im Zür­cher Tech­no­park auf in­ter­na­tio­na­le Ver­net­zung, aka­de­mi­sche Un­ter­stüt­zung und das Zu­sam­men­spiel von pri­vat­wirt­schaft­li­chem Pio­nier­geist und staat­li­cher För­de­rung.

Seit 2012 gibt es die Swiss­Li­tho AG von Felix Holz­ner und Phi­lip Paul. Ken­nen­ge­lernt hat­ten sie sich ei­ni­ge Jahre zuvor, als sie bei IBM Re­se­arch in Rüsch­li­kon an einem vom Schwei­ze­ri­schen Na­tio­nal­fonds mit­fi­nan­zier­ten und von der ETH Zü­rich be­glei­te­ten Pro­jekt zur Na­no­tech­no­lo­gie ar­bei­te­ten. Die For­schungs­be­mü­hun­gen, die letzt­end­lich in der Ver­mark­tung des Na­no­F­ra­zors gip­fel­ten, stan­den somit von Be­ginn an im Zei­chen der Zu­sam­men­ar­beit ver­schie­de­ner Part­ner aus der Pri­vat­wirt­schaft (IBM), der Wis­sen­schaft (ETH Zü­rich) und der öf­fent­li­chen För­de­rung. 

Ent­wick­lungs­part­ner und staat­li­che Fi­nan­zie­rung blei­ben auch im drit­ten Jahr des Be­ste­hens für das Un­ter­neh­men zen­tral. Dabei spie­len zwei eu­ro­päi­sche För­der­pro­gram­me eine wich­ti­ge Rolle: Ein EU-For­schungs­pro­jekt, in wel­chem Swiss­Li­tho mit 15 an­de­ren Fir­men und Uni­ver­si­tä­ten zu­sam­men­ar­bei­tet und ein För­der­topf von ins­ge­samt 16 Mil­lio­nen Euro zur Ver­fü­gung steht, sowie ein Eu­ro­stars-Pro­jekt, wel­ches mit 1,6 Mil­lio­nen Euro und zu­sam­men mit vier Part­nern die Ent­wick­lung und kom­mer­zi­el­le Her­stel­lung der für den Na­no­F­ra­zor-Pro­zess ent­schei­den­den Po­ly­mer­be­schich­tung er­mög­licht. Dank der Bi­la­te­ra­len Ab­kom­men mit der EU kön­nen Schwei­zer Un­ter­neh­men gleich­be­rech­tigt von sol­chen For­schungs­pro­gram­men pro­fi­tie­ren. Das stärkt den For­schungs- und In­no­va­ti­ons­platz Schweiz und sorgt für mehr Mit­tel. Denn ins­ge­samt hat die Schweiz weit mehr aus dem För­der­topf der EU er­hal­ten, als sie je ein­be­zahlt hat. Auch des­halb ist der Er­halt der Bi­la­te­ra­len Ab­kom­men für die Schweiz ent­schei­dend. Felix Holz­ner be­tont aber, dass der fi­nan­zi­el­le As­pekt nur ein Vor­teil sol­cher Ko­ope­ra­ti­ons­pro­gram­me sei. Min­des­tens eben­so wich­tig sei das dar­aus re­sul­tie­ren­de Netz­werk und die Mög­lich­keit von Kol­la­bo­ra­tio­nen mit in­sti­tu­tio­nel­len Part­nern und po­ten­zi­el­len Kun­den über Lan­des­gren­zen hin­weg.

Mehr als Mil­li­me­ter­ar­beit

Mit der Grün­dung eines ei­ge­nen Un­ter­neh­mens ver­fol­gen Holz­ner und Paul ein gros­ses Ziel: Ihr Na­no­F­ra­zor soll zu einer Stan­dard­ap­pa­ra­tur wer­den, die Mass­stä­be im Be­reich der Ge­stal­tung win­zi­ger Na­no­struk­tu­ren setzt. Dabei stützt sich der Na­no­F­ra­zor nicht auf die her­kömm­li­che Elek­tro­nen­strahl­me­tho­de, son­dern ver­formt das zu be­ar­bei­ten­de Ma­te­ri­al mit­hil­fe einer win­zi­gen, heiz­ba­ren Spit­ze. 

Man muss schon ei­ni­ge Ver­glei­che her­an­zie­hen, um zu ver­ste­hen, in wel­chen Di­men­sio­nen Na­no­tech­ni­ker ar­bei­ten. Die heis­se Spit­ze des Na­no­F­ra­zors, wel­che sich durch das zu be­ar­bei­ten­de Ma­te­ri­al «fräst», ist nur rund 50 Atome breit. Da­durch ist es mög­lich, für das blos­se Auge un­sicht­ba­re Struk­tu­ren in der Grös­sen­ord­nung we­ni­ger Na­no­me­ter her­zu­stel­len. Die Vor­rich­tung, die die klei­ne Spit­ze er­hitzt und be­wegt, be­steht aus einem klei­nen Fe­der­bal­ken aus Si­li­zi­um, wel­cher es hin­sicht­lich sei­ner Grös­se mit einer mensch­li­chen Zelle auf­neh­men kann. Die von Swiss­Li­tho ent­wi­ckel­te Tech­no­lo­gie im Mi­nia­tur­for­mat ar­bei­tet aber nicht nur na­no­me­ter­ge­nau. Im Ge­gen­satz zu her­kömm­li­chen Ver­fah­ren ist sie auch in der Lage, drei­di­men­sio­na­le Ober­flä­chen­struk­tu­ren mit Na­no­me­ter­prä­zi­si­on her­zu­stel­len und dar­über hin­aus auch gleich­zei­tig zu ver­mes­sen, indem sie die her­ge­stell­ten Struk­tu­ren mit der er­kal­te­ten Nadel ab­tas­tet. 

Holz­ner und Paul sind davon über­zeugt, dass es diese Viel­sei­tig­keit ist, die ihrer Er­fin­dung in­ter­na­tio­nal zum Durch­bruch ver­hel­fen kann. Hinzu kommt, dass die Na­no­tech­no­lo­gie im di­gi­ta­len Zeit­al­ter wich­ti­ge Grund­la­gen­for­schung be­treibt und ihre Mi­kro­struk­tu­ren schon heute in ganz un­ter­schied­li­chen Be­rei­chen und un­zäh­li­gen Pro­duk­ten An­wen­dung fin­den: als Si­cher­heitsho­lo­gram­me auf Päs­sen und Bank­no­ten, zur Her­stel­lung von op­ti­schen Mi­kro­lin­sen, La­sern, elek­tro­ni­schen Pro­zes­so­ren und Com­pu­ter­chips oder zur Rea­li­sie­rung von Quan­ten­com­pu­tern. Und das sind nur ei­ni­ge we­ni­ge Bei­spie­le. 

Die heis­se Spit­ze des Na­no­F­ra­zors fräst sich durch Mo­le­kü­le und er­schafft so feins­te Struk­tu­ren.

 

«Tue Gutes und sprich dar­über»

Die Mühen jah­re­lan­ger For­schungs­ar­beit zahl­ten sich für das junge Un­ter­neh­men im ver­gan­ge­nen Jahr erst­mals auch mo­ne­tär aus. Die McGill Uni­ver­si­tät aus Mon­tre­al hat für rund 500‘000 Fran­ken das erste be­triebs­fer­ti­ge Ex­em­plar eines Na­no­F­ra­zors ge­kauft und in Be­trieb ge­nom­men. In­zwi­schen zogen Schwei­zer For­schungs­ein­rich­tun­gen wie die EPFL Lau­sanne und die ETH Zü­rich nach. Ein Pro­blem aber bleibt: Die meis­ten po­ten­zi­el­len Kun­den, er­zählt Holz­ner, hät­ten noch nichts von der neuen Tech­no­lo­gie ge­hört oder wüss­ten nicht, dass der Na­no­F­ra­zor auch für ihren For­schungs­be­reich wert­vol­le Diens­te leis­ten könne.

Um in aka­de­mi­schen Krei­sen und in der Wirt­schaft den Be­kannt­heits­grad ihrer Firma zu ver­grös­sern, lässt sich das Team um Felix Holz­ner und Phi­lip Paul ei­ni­ges ein­fal­len. So wird das Start-up im Ok­to­ber zu einem Apéro bei IBM Re­se­arch in Rüsch­li­kon ein­la­den, um die Ein­wei­hung des Na­no­F­ra­zors, den die ETH kürz­lich er­wor­ben hat, zu fei­ern und ins Ge­spräch mit Per­so­nen aus der For­schungs­ge­mein­schaft zu kom­men. Zudem win­ken dem Ge­win­ner eines in den Win­ter­mo­na­ten statt­fin­den­den Ide­en­wett­be­werbs 10‘000 Fran­ken Preis­geld. Eine Jury be­ste­hend aus Na­no­tech­no­lo­gie­ex­per­ten und Pro­fes­so­ren im Ru­he­stand wird dazu im kom­men­den Ja­nu­ar ihr Ur­teil fäl­len. Die Prei­se, die Swiss­Li­tho bis­her selbst ge­win­nen konn­te – dar­un­ter auch der Heu­ber­ger Win­ter­thur Jung­un­ter­neh­mer­preis 2013 – lies­sen die Wis­sen­schafts-Com­mu­ni­ty be­reits auf­hor­chen.

 

Felix Holz­ner mit einem Teil sei­nes Teams in den Räu­men des Zür­cher Tech­no­parks.

 

Welt­weit auf Kun­den­fang

Wäh­rend an der «Hei­mat­front» noch ge­kämpft wird, geht der Aus­bau eines in­ter­na­tio­na­len Ver­triebs­net­zes und die Suche nach neuen Kun­den und Märk­ten wei­ter. Da die Tech­no­lo­gie ins­ge­samt noch in den Kin­der­schu­hen steckt, lässt sich das wich­tigs­te An­wen­dungs­feld des Na­no­F­ra­zors noch nicht exakt be­stim­men. Der­zeit han­delt es sich dabei wohl um die Pro­duk­ti­on von Stem­peln, die dann für die Mas­sen­her­stel­lung etwa für Com­pu­ter-Pla­ti­nen ver­wen­det wer­den. Denk­bar ist aber al­le­mal, dass der Ap­pa­rat in ei­ni­gen Jah­ren auf ganz an­de­ren Pro­duk­ti­ons- oder Dienst­leis­tungs­fel­dern ein­ge­setzt wird. Auf­grund der dy­na­mi­schen Wei­ter­ent­wick­lung, die Swiss­Li­tho durch­macht und der Ein­zig­ar­tig­keit der Tech­no­lo­gie kann auch kein an­de­res Un­ter­neh­men als kla­rer Haupt­kon­kur­rent aus­ge­macht wer­den. Viel­mehr sind dies laut Holz­ner alle Her­stel­ler der seit Jahr­zehn­ten eta­blier­ten und be­währ­ten Elek­tro­nen­strahl­me­tho­de sowie an­de­rer neu­ar­ti­ger Tech­no­lo­gi­en für For­schungs­ein­rich­tun­gen, die zwar grund­ver­schie­den vom Na­no­F­ra­zor sind, aber den­noch um die glei­chen För­der­töp­fe rin­gen.

Hoch­ge­steck­tes Ziel: Der Na­no­F­ra­zor soll zur Stan­dard­ap­pa­ra­tur im Be­reich der Ge­stal­tung win­zi­ger Na­no­struk­tu­ren wer­den.

 

Dem Team, be­ste­hend aus 13 Mit­ar­bei­tern aus zehn Län­dern, ge­lang es trotz Neu­lings­da­sein in nur we­ni­gen Mo­na­ten, ein welt­wei­tes Netz von Dis­tri­bu­to­ren und Ver­trags­part­nern auf­zu­stel­len. Swiss­Li­tho ist mitt­ler­wei­le in allen wich­ti­gen Re­gio­nen der Welt ver­tre­ten. Seine Ver­triebs­part­ner fin­den sich in China, Japan, Süd­ko­rea, In­di­en, Is­ra­el, Süd­ame­ri­ka und den Ver­ei­nig­ten Staa­ten. Die gröss­ten Hoff­nun­gen ruhen dabei, wie aus die­ser Auf­zäh­lung schon er­sicht­lich wird, auf Asien. Der zu­letzt ge­fer­tig­te Na­no­F­ra­zor wurde al­ler­dings erst kürz­lich in die west­li­che He­mi­sphä­re zu einem eher un­kon­ven­tio­nel­len Kun­den ge­lie­fert – dem For­schungs­la­bor der US Air Force. 

Die Chan­cen ste­hen gut, dass Felix Holz­ner und Phi­lip Paul ihr selbst ge­steck­tes Ziel er­rei­chen wer­den. Für kom­men­des Jahr ist an­vi­siert, fünf Ge­rä­te zu ver­kau­fen und mit Pro­duk­ter­wei­te­run­gen die Grund­la­ge für ein star­kes Wachs­tum in den dar­auf­fol­gen­den Jah­ren zu schaf­fen. Ent­schei­dend wird sein, dass sich Swiss­Li­tho an sei­nem Schwei­zer Stand­ort auf ein Um­feld stüt­zen kann, das junge, in­no­va­ti­ve Un­ter­neh­men för­dert. So pro­fi­tiert Swiss­Li­tho neben den EU-Pro­jek­ten auch stark von na­tio­na­len För­der­pro­jek­ten der Kom­mis­si­on für In­no­va­ti­on und Tech­no­lo­gie (KTI) und den zahl­rei­chen Mög­lich­kei­ten und An­ge­bo­ten in­ner­halb der Schwei­zer Start-up-Szene. Wenn es wei­ter­hin gut läuft, zahlt Swiss­Li­tho das in sie ge­setz­te Ver­trau­en mit wei­te­rem Wachs­tum und damit ein­her­ge­hen­den Jobs und Steu­ern zu­rück. 

Der Na­no­F­ra­zor ist im Ge­gen­satz zu her­kömm­li­chen Ver­fah­ren in der Lage, drei­di­men­sio­na­le Ober­flä­chen­struk­tu­ren mit Na­no­me­ter­prä­zi­si­on her­zu­stel­len und dar­über hin­aus auch gleich­zei­tig zu ver­mes­sen.